Stellungnahme: 08-02


zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts.

Der djb begrüßt ausdrücklich die Änderungen insbesondere zum Zugewinnausgleich, der als gesetzlicher Güterstand der mehrheitlich gelebte Güterstand ist. Der Zugewinnausgleich bot bisher durch das Stichtagsprinzip – speziell beim Endvermögen – und der fehlenden Berücksichtigung von Schulden im Anfangsvermögen in vielen Fällen keine gerechte Teilhabe an dem, was die Ehepartner während der Ehe gemeinsam erwirtschaftet hatten. Insofern war eine Reform längst überfällig. Mit den Instrumentarien, die der Gesetzgeber nun erdacht hat, wird aber weiterhin eine Manipulation bis zum Stichtag möglich sein, der zwar durch das Instrument des vorzeitigen Zugewinnausgleichs begegnet, die aber damit nicht ausgeschlossen werden kann.

Auch führt die geplante Neufassung der Begrenzung des Ausgleichs auf nur noch die Hälfte des zum Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes noch vorhandenen Vermögens sogar zu einer Benachteiligung des ausgleichsberechtigten Partners gegenüber der jetzigen Situation.

Im europäischen Ausland herrscht der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft vor; die deutsche Zugewinngemeinschaft ist auf europäischer Ebene einzigartig. Im Zuge der Bestrebungen zur Vereinheit­lichung des europäischen Familienrechts, nicht nur in prozessualer Hinsicht, wird die Zugewinngemeinschaft auch in der jetzt reformierten Variante daher möglicherweise von begrenzter Lebensdauer sein.

Im Folgenden wird nur auf die Normen des Gesetzesvorschlags eingegangen, die aus Sicht des djb erörterungs- und verbesserungsbedürftig sind:

 

§ 1370 BGB-E

Die Vorschrift war in der Praxis bisher von geringer Bedeutung. Bis jetzt hätte ein Ausgleich der Wertsteigerung im Zugewinn erfolgen müssen. Das ist selten praktiziert worden und systematisch auch nicht nachvollziehbar. Die Regelung war unpraktikabel.

Der djb stimmt der Streichung daher zu. An der Berücksichtigung der Aussteuer im Anfangsvermögen ändert die Streichung nichts, so dass eine Benachteiligung von Frauen nicht zu befürchten ist.

 

§ 1374 Abs. 1 BGB-E

Der Neuerung, wonach Verbindlichkeiten nunmehr nicht nur noch bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden können, und Schaffung der Möglichkeit, dass das Anfangsvermögen hiermit negativ werden kann, stimmt der djb ausdrücklich zu.

Frauenpolitisch zu begrüßen ist das auch aus der Sicht der zweiten Ehefrau, wenn diese in der zweiten Ehe die Verbindlichkeiten des Ehemannes zu tilgen hilft, die dieser aus der ersten Ehe mitbringt.

 

§ 1374 Abs. 3 BGB-E

Die Vorschrift des § 1374 Abs. 3 BGB-E, dass Verbindlichkeiten auch beim privilegierten Anfangsvermögen über die Höhe des Vermögens hinaus abgezogen werden können, ist bedenklich.

Der Grundsatz der Halbteilung gilt – anders als beispielsweise im Versorgungsausgleichsrecht – innerhalb des güterrechtlichen Ausgleichs nicht uneingeschränkt, da neben den §§ 1372 ff. BGB noch zahlreiche andere Anspruchsgrundlagen zur Anwendung gelangen, die für eine „gerechte“ Vermögensaufteilung herangezogen werden können bzw. heranzuziehen sind (Palandt-Brudermüller, 66. Aufl., § 1372 Rn. 27 m. w. N.).

Hinzu kommt, dass die Wertansätze des § 1374 Abs. 1 und Abs. 2 BGB entsprechend den "Grundaussagen der Norm getrennt voneinander zu erfolgen haben" (BGH NJW 95, 2165/2166), „denn ein Ehegatte braucht den anderen – auch nicht teilweise – an der privilegierten Zuwendung zu beteiligen. Zu diesem Ergebnis käme es aber, wenn ein defizitäres Anfangsvermögen mit einem solchen Hinzuerwerb (wie hier beabsichtigt) verrechnet würde“ (BGH a. a. O., S. 2167).

Davon ausgehend wird der vom Bundesgerichtshof herausgearbeitete Grundgedanke nunmehr aufgegeben. Soweit in der Begründung zur Einzelnorm zahlreiche Beispiele gebildet werden, die auf erste Sicht einen "gerechten"Ausgleich naheliegend erscheinen lassen, ist Zurückhaltung geboten. Denn die Berechnungen lassen völlig außer Acht, dass die Berücksichtigung privilegierten Anfangsvermögens in der Regel nur bei einer längeren Ehezeit anfällt und in diesen Fällen zunächst die Bewertung nach § 1376 BGB zu erfolgen hat. Die uneingeschränkte Berücksichtigung von Verbindlichkeiten – auch bei gemäß § 1374 Abs. 2 BGB erworbenem Vermögen – kann nach dem Entwurf dazu führen, dass der Hinzuerwerb negativ ist.

Das wird indes von der bisherigen herrschenden Meinung abgelehnt. Soweit sich daraus eine Verringerung des Endvermögens ergibt, kann die Korrektur über § 1375 Abs. 2 BGB erfolgen. Es wird daher angeregt, den Absatz 3 zu ergänzen um folgenden Halbsatz: "... es sei denn, es handelt sich um negativen privilegierten Erwerb."

Denn entgegen den Ausführungen in der Begründung erfolgt keine Korrektur über die Neufassung des § 1378 Abs. 2 BGB-E.

Das Beispiel (S. 26 oben) "kippt", wenn das privilegierte negative Anfangsvermögen gleich hoch oder höher ist als das Anfangsvermögen.

 

Die Beispiele sind weiter verkürzt, weil auch eine Indexierung nicht berücksichtigt ist.

Wir halten überdies in diesem Zusammenhang auch die Änderung des § 1378 Abs. 2 BGB-E für kontraproduktiv. Dieser macht die Verbesserungen bei § 1374 Abs. 2 BGB-E beim Ausgleich wieder zunichte. § 1378 Abs. 3 BGB schützt nur, wenn der/dem Pflichtigen am Ende noch ausreichend Vermögen verbleibt.

 

§ 1375 Abs 1 S. 2 BGB-E

Die Änderung wird als notwendige Folgeänderung akzeptiert.

 

§ 1378 Abs. 2 BGB-E

Eine Begrenzung auf nur die Hälfte des noch vorhandenen Vermögens ist nicht nachzuvollziehen. Dies stellt sogar eine erhebliche Benachteiligung des Ausgleichsberechtigten gegenüber der jetzigen Situation dar. Ein strenger Halbteilungsgrundsatz ist nicht durchsetzbar. Die/der Pflichtige soll zwar keine Schulden aufnehmen müssen, um den Anspruch bedienen zu können; jedoch soll sie/er sich nicht noch zu Lasten der/des Berechtigten auf den Halbteilungsgrundsatz berufen dürfen.

 

§ 1379 BGB-E

Die Verpflichtung zur Vorlage von Belegen wird ausdrücklich begrüßt. Die bisherige Regelung krankte an der mangelnden Möglichkeit, Belege einzufordern, die im Unterhaltsrecht gegeben ist.

Dass nunmehr die Auskunftsverpflichtung sich auch auf das Anfangsvermögen erstreckt, ist notwendig hinsichtlich der nach dem Entwurf im Anfangsvermögen anzurechnenden Schulden.

 

§ 1384 BGB-E

Der djb begrüßt, dass für die Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs und die Höhe der Ausgleichsforderung jetzt insgesamt die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgeblich sein soll.

Der djb weist aber darauf hin, dass oft die Vermögensverschiebungen schon vor Zustellung des Scheidungsantrags stattgefunden haben, da zwischen der Trennung und der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags das Trennungsjahr abzuwarten ist. Vermögensverschiebungen der/des Ausgleichsverpflichteten, die in diesem Zeitraum stattgefunden haben, sind häufig nicht mehr nachzuvollziehen. Diesen in der Praxis häufigen Manipulationen begegnet der Entwurf nicht.

 

§ 1386 BGB-E

Der djb begrüßt die Umstellung der Gestaltungsklage in eine Leistungsklage, gerade vor dem soeben angeschnittenen Gesichtspunkt. Damit wird den Manipulationen zumindest zum Teil begegnet werden können.

 

§ 1568a BGB-E

Das Verhältnis von § 1568b Abs. 1 und Abs. 3 BGB-E ist unklar. Nach dem Wortlaut stellt Absatz 3 die Anspruchsgrundlage dar, so dass fraglich ist, welchen Regelungsgehalt Absatz 1 haben soll.

Zu § 1568 a Abs. 3 BGB-E ist aus Sicht des djb ein frauenpolitischer Aspekt zu bedenken. Die Zuweisung der Wohnung läuft ins Leere, wenn die Vermieterin bzw. der Vermieter sodann mit einer Frist von einem Monat außerordentlich kündigen kann (§ 563 Abs. 4 BGB). Zwar ist die Kündigung an das Vorliegen eines wichtigen Grundes geknüpft, wobei dieser dem des § 553 Abs. 1 S. 2 BGB entspricht (Palandt-Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 563 Rn. 23, 24 m. w. N.), d. h. er muss in der Person der Mieterin/des Mieters liegen oder in den damit zusammenhängenden „Umständen".

Fraglich ist, ob insbesondere Frauen insoweit über die Sozialklausel ausreichend geschützt sind.

 

§ 1813 Abs. 1 Nr. 3 BGB-E

Die Änderung der Vorschrift des § 1813 Abs. 1 Nr. 3 BGB wird kritisch gesehen. Es ist zwar richtig, dass die Kreditinstitute zum Teil die Online-Kontoführung durch die Betreuerin/den Betreuer aus diesem Grund ablehnen, wesentlich wichtigere Gründe sind aber die Möglichkeit der Kontoüberziehung und die mangelnde Sicherheit der Online-Kontoführung. Die Kontoüberziehung ist eine Kreditaufnahme, die ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht wirksam ist. Dies führt dann zu schwebend unwirksamen Überweisungen, für die die Bank gegebenenfalls haften muss.

Der djb weist darauf hin, dass der Vormund bzw. die Betreuerin/der Betreuer nunmehr in unbeschränkter Höhe über das Konto des Mündels verfügen darf, dies wird diesseits aber abgelehnt. Die Kontrollmöglichkeit durch die Rechnungslegung des Vormunds bzw. der Betreuerin/des Betreuers, die durch das Vormundschaftsgericht überprüft wird, reicht hier nicht aus, da die Rechnungslegung erst Monate nach der Verfügung durchgeführt wird und teilweise sogar Jahre später, wenn der Vormund bzw. die Betreuerin/der Betreuer die Rechnungslegung verzögert oder auch in Fällen, in welchen das Vormundschaftsgericht wegen Überlastung die Rechungslegung erst später prüft.

Der djb weist darauf hin, dass ein Höchstbetrag für Verfügungen des Vormunds bzw. der Betreuerin/des Betreuers erhalten bleiben sollte.



Jutta Wagner
Präsidentin

Dr. Angelika Nake
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften