Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung
Was im Jahr 2009 mit dem Besuch von drei Hauptversammlungen begann, entwickelte sich durch großen Zuspruch und Solidarität innerhalb des djb schnell zu der „größten Aktion, die Deutschlands Hauptversammlungsbesucher je erlebt haben“ (Kessler, Gregor/Smolka, Klaus-Max: Hohe Nachfragequote, in: Financial Times Deutschland v. 10.05.2010).
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung
Die Rechtsanwältin und Notarin Mechtild Düsing hatte in Erfahrung gebracht, dass eine einzige Aktie ausreichend ist, um vom Auskunftsrecht nach § 131 Aktiengesetz (AktG) Gebrauch zu machen. Dies schreibt vor, dass der Vorstand Aktionärinnen und Aktionären auf Verlangen in der Hauptversammlung Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft geben muss. Das Projekt „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“ des djb spricht so auf unkonventionelle und innovative Weise sowohl die Verantwortlichen in den Unternehmen als auch die Anteilseignerinnen und Anteilseigner an. djb-Vertreterinnen fragten die Verantwortlichen u.a. danach, was das jeweilige Unternehmen unternommen hat, um Führungspositionen mit Frauen zu besetzen bzw. ob Frauen in die Auswahl einbezogen wurden. Neben Frauen in Führungspositionen auf allen Managementebenen wurden Vorstände und Aufsichtsräte in den Blick genommen.
300 Hauptversammlungen in vier Jahren
Der djb fordert einen Anteil von Frauen in Führungspositionen, Vorständen und Aufsichtsräten von mindestens 40 Prozent. Um dieses Ziel zu erreichen, nahmen Mitglieder des djb und kooperierender Verbände seit 2009 an Hauptversammlungen von börsennotierten Unternehmen in Deutschland teil. Von 2010 bis 2014 besuchte der djb jedes Jahr alle 30 DAX-Unternehmen sowie 45 weitere börsennotierte Unternehmen.
Dabei begleitete das Projekt die Unternehmen kritisch bei ihrem Umgang mit den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) und der Selbstverpflichtung der 30 DAX-Unternehmen vom 17. Oktober 2011. Das Projekt warTeil des Stufenplanes „Mehr Frauen in Führungspositionen“ des BMFSFJ und wurde von diesem finanziell gefördert. Der djb stellte die „Womenpower“ in Form von Aktionärinnen und Teilnehmerinnen und leistete die organisatorische Arbeit. An die 160 Teilnehmerinnen und 60 Aktionärinnen und Aktionäre, die ihre Aktien zur Verfügung stellen, unterstützten das Projekt.
Das Projekt "European Women Shareholders Demand Gender Equality" (Laufzeit 24 Monate, finanziell gefördert von der Europäischen Union und Co-finanziert vom BMFSFJ) setzte die ursprüngliche Projektidee auf europäischer Ebene fort. 2015 wurden die Hauptversammlungen von etwa 125 börsennotierten Unternehmen in elf Mitgliedstaaten der Europäischen Union besucht und/oder die Board-Mitglieder schriftlich befragt, darunter die 14 im EURO-STOXX gelisteten deutschen DAX-Unternehmen. Ergebnisse und Empfehlungen wurden am 11. Februar 2016 in Brüssel präsentiert.
Freiwillig wird nicht geteilt
Die Einführung einer Geschlechterquote von 30 Prozent für neu zu besetzende Aufsichtsräte börsennotierter und voll mitbestimmter Unternehmen ab 2016 per Gesetz war ein echter Durchbruch. Hierfür hat der djb zahlreiche juristische Stellungnahmen abgegeben und Veranstaltungen organisiert, vier Studien herausgegeben und er hat seit 2009 im Rahmen des Projekts „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“ vor rund einer halben Million Aktionärinnen und Aktionären Fragen zu Frauen in Führungspositionen an Vorstände und Aufsichtsräte gestellt, ein europäisches Projekt initiiert und auch im Verbund mit anderen Organisationen und politisch Verantwortlichen jahrelang gekämpft.
Der djb war auch 2016 und 2017 bei fast allen Hauptversammlungen der DAX-Unternehmen vertreten. In den Vorständen waren Frauen noch immer erheblich unter- oder oft auch gar nicht repräsentiert. Die Antworten ließen ein mitunter alarmierend „entspanntes“ Verhältnis zu der Verantwortung erkennen, die der Gesetzgeber den Unternehmen für die Anhebung des Frauenanteils im Vorstand 2015 verpflichtend übertragen hat. Die Unternehmen scheinen also auch hier auf gesetzliche Vorgaben zu warten.