Unterstützung Afghanischer Juristinnen


Kooperationsprojekt mit der Deutsch-Afghanischen FreundschaftsGesellschaft e.V Baaham

Nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 ist der systematische Abbau von Frauenrechten und rechtsstaatlicher Strukturen die erschreckende Realität in Afghanistan. Ehemalige Richterinnen, Staatsanwältinnen und Anwältinnen sind in akuter Lebensgefahr. Sie haben in ihren jeweiligen Berufen als Frauen Machtpositionen ausgeübt, was dem Weltbild der Taliban widerspricht, sie werden also als Frauen verfolgt. Gleichzeitig besteht nach der Öffnung der Gefängnisse die Gefahr von Racheakten, die Frauen sind deshalb wegen ihrer früheren beruflichen Tätigkeit doppelt gefährdet. Es wurden nach Informationen der Internationalen Richterinnenvereinigung bereits Kopfgelder auf sie ausgesetzt. Die Juristinnen stehen vor der aktuellen Situation, dass sie ihren Beruf verloren haben, massiv bedroht werden, sich deshalb mit ihren Familien verstecken und aus dem Land fliehen müssen. 

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. setzte sich gemeinsam mit der Internationalen Richterinnenvereinigung, der Deutsch-Afghanischen FreundschaftsGesellschaft e.V. Baaham und weiteren Organisationen für die humanitäre Aufnahme der betroffenen Frauen und ihrer Familien in Deutschland ein. Wir forderten die Anerkennung und Aufnahme aller betroffenen Kolleginnen als besonders gefährdete Personen, unabhängig von vorherigen Bezügen zu Deutschland.

Das Projekt war ab Januar 2022 zunächst auf zwei Jahre angelegt. Unterstützt wurden Frauen, die in Afghanistan als Richterin, Staatsanwältin oder Anwältin vor der Machtübernahme der Taliban tätig waren.

Aktueller Stand (Jahresende 2024)

Im Jahr 2024 konnten wir wichtige Fortschritte erzielen, insbesondere durch die neu aufgebaute Kooperation mit der Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit (IRZ). Diese Stiftung bietet Fortbildungsprogramme für Jurist*innen aus dem Nahen Osten an. Einige unserer Teilnehmerinnen erhielten die Möglichkeit, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen. Dies hat nicht nur die juristische Weiterbildung unterstützt, sondern auch neue Kontakte zu syrischen und ägyptischen Juristinnen ermöglicht.

Zwar endete die Kooperation mit dem Verein Deutsch-Afghanische Freundschaftsgesellschaft Baaham e.V. planmäßig Ende 2023. Die Online-Deutschkurse wurden jedoch weiterhin angeboten, organisiert von Mitra Hashemi vom Baaham e.V.  Einige Teilnehmerinnen haben mittlerweile die Sprachprüfung Deutsch B2 erfolgreich abgeschlossen, alle sind auf einem guten Weg. Der Einführungskurs in das deutsche Recht fand wie geplant statt. Die Finanzierung des Dolmetschers für Dari erfolgte durch Baaham e.V. mit Fördermitteln der Bundesbeauftragten für Migration. Der Legal Roundtable wurde erfolgreich fortgesetzt. Dabei kam es zu einem Austausch mit Juristinnen, die am Fortbildungsprogramm der IRZ teilgenommen haben und über ausländische Juraabschlüsse verfügen. Dieser Erfahrungsaustausch war für die Teilnehmerinnen von großer Bedeutung. Eine Vernetzung fand auch vor Ort statt: Die Afghaninnen konnten an Veranstaltungen des djb teilnehmen und Kolleginnen vor Ort kennenlernen. Herzlichen Dank an alle, die dies ermöglicht haben!

Der Verein Neuer Afghanischer Juristinnenbund ist weiterhin in der Entwicklung: die in den Vorstand gewählten Frauen besuchen zurzeit eine Fortbildung, angeboten von Baaham e.V., mit dem Ziel, die erforderlichen Kenntnisse für die Leitung eines Vereins zu erwerben.

Eine kurze Info zum dem mittlerweile gestoppten Aufnahmeprogramms der Bundesregierung für besonders schutzbedürftige Afghaninnen: Wir hatten im Namen des djb 24 Richterinnen vorgeschlagen. Das Auswärtige Amt hat alle kontaktiert, um eine Aufnahmezusage zu prüfen. Leider ist es uns nur gelungen, vier Richterinnen und deren Familien nach Deutschland zu holen, bevor das Programm eingestellt wurde. Die Einstellung des Programms war eine große Enttäuschung für die verbleibenden Frauen in Afghanistan, da die Gründe für die Einstellung nicht transparent kommuniziert wurden. Das BMI hat fehlende Haushaltsmittel als Begründung genannt.

Weiterhin fanden individuelles Coaching und Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Sprachkursen, Praktikumsplätzen und ehrenamtlichen Tätigkeiten statt.

Für das nächste Jahr 2025 stehen wir vor der Herausforderung, berufliche Perspektiven für die afghanischen Juristinnen zu entwickeln. Ein Ziel für das kommende Jahr ist es, Möglichkeiten zur beruflichen Qualifikation zu schaffen, mit dem Ziel, eine Tätigkeit im Bereich der sozialen Arbeit oder öffentlichen Verwaltung zu ermöglichen. Die Jobagenturen sind mit der Beratung von Akademiker*innen aus dem Ausland überfordert. Aus den Kontakten zur IRZ und deren Erfahrung ergaben sich potenzielle Perspektiven, beispielsweise ein Masterstudiengang im deutschen Recht für Juristinnen mit ausländischem Universitätsabschluss. Diese Programme werden bereits von deutschen Universitäten in Präsenz angeboten. Für unsere Teilnehmerinnen wäre ein Online- oder Hybrid-Format perfekt, da sie nach wie vor im gesamten Bundesgebiet verteilt sind. Erste Gespräche mit der Hochschule Wismar zu diesem Thema scheiterten leider. Für Ideen sind wir jederzeit offen!

Einen herzlichen Dank, auch im Namen der afghanischen Juristinnen an alle, die das Projekt bisher in welcher Form auch immer unterstützt haben!

 

Spendenkonto

Deutsch-Afghanische FreundschaftsGesellschaft e.V Baaham

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Verwendungszweck: Unterstützung Afghanischer Juristinnen