Stellungnahme: 08-01


zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) BT-Drucksache 16/6308 anlässlich der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses de

Stellungnahme vom

Unabhängig von der Neuordnung der familiengerichtlichen Verfahren wird die Einrichtung eines "Großen Familiengerichts" – insgesamt – begrüßt. Insbesondere bei den Ansprüchen zwischen den Ehegatten im Rahmen der so genannten unbenannten Zuwendungen und den Ausgleichsansprüchen zwischen Ehegatten als Miteigentümer ist es sachdienlich, wenn diese Angelegenheiten demselben Gericht zugewiesen sind und im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den übrigen familienrechtlichen Ansprüchen verhandelt werden können. Auch die Aufspaltung der Zuständigkeiten im Rahmen von steuerrechtlichen Ansprüchen ist nicht nachvollziehbar.

Dass nunmehr alle Gewaltschutzsachen vor dem Familiengericht verhandelt werden sollen, wird ausdrücklich unterstützt. Bereits in seiner Stellungnahme vom 1. Oktober 2004 hat der Deutsche Juristinnenbund (djb) gefordert, dass die prozessualen Zuständigkeiten dringlich einer Vereinfachung und Neuregelung bedürfen. Die Zuständigkeitsstreitigkeiten, die zu Lasten der Antragstellerinnen und Antragsteller ausgetragen werden, kosten unnötig Ressourcen, die für die Sachbearbeitung der gerade in diesem Bereich arbeitsintensiven Fälle dringend erforderlich sind. Die Verfahren vor dem Familiengericht und die Verfahren vor dem Zivilgericht folgen grundsätzlich unterschiedlichen Verfahrensordnungen. Die für das im Verfahren vor dem Zivilgericht geltende Parteimaxime ist für das Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz vor allem deshalb ungeeignet, weil damit die Frage der Strafbarkeit nach § 4 GewSchG an den Wahrheitsvortrag einer Partei gebunden ist, ohne investigative Elemente seitens des Gerichts zu ermöglichen. Dies ist angesichts des § 2 StGB zumindest bedenklich. Demgegenüber ist das an den Amtsermitt­lungs­grundsatz gebundene Verfahren vor dem Familiengericht an einen objektiven Wahrheitsbegriff geknüpft, der dieser Problematik eher gerecht wird. Ein praktikables Eilverfahren ist darüber hinaus unabdingbar, da nur so der akuten Bedrohungssituation der Antragsteller angemessen Rechnung getragen werden kann. Daher wird diesseits auch die Schaffung eines isolierten Eilverfahrens ausdrücklich begrüßt.

Gewaltschutzsachen sollten aber auch beschleunigt und vorrangig durchgeführt werden, da sie dem unmittelbaren Schutz der Antragsgegner, aber auch der Kinder dienen. Kinder, selbst wenn sie nicht selbst Opfer von unmittelbaren Gewalterfahrungen sind, die Gewalt gegenüber einem Elternteil aber immer mit ansehen müssen, sind in ihrem Erleben ebenfalls misshandelt und traumatisiert. Es ist daher im Rahmen der §§ 210 ff. FamFG eine Regelung ähnlich dem § 155 FamFG einzuführen, nach welchem Gewaltschutzverfahren vorrangig und beschleunigt durchzuführen sind.

Es wird hier aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Aufgabenerweiterung des Familien­gerichts durch personelle Maßnahmen unterstützt werden muss, damit die Vorteile der Neuregelung nicht durch eine Verzögerung und Verlängerung der Verfahrensdauer zunichte gemacht werden.

Buch 1 – Allgemeiner Teil

§ 36 FamFG (Vergleich)

Im Gegensatz zu dem im FamFG durchgehend durchgehaltenen Wunsch, eine gütliche Einigung der Parteien herbeizuführen, werden im § 36 FamFG die Gewaltschutzsachen ausdrücklich ausgenommen. Dies wird diesseits begrüßt, weil nur durch die so genannte vollstreckbare Anordnung des Gerichts für die Betroffene bzw. den Betroffenen die Bestrafungsgrundlage des § 4 GewSchG geschaffen werden kann. Der Vergleich der Betroffenen kann aber nicht zur Bestrafungsgrundlage bei weiteren Verstößen dienen. Bei einer vergleichsweisen Regelung und weiteren Verstößen der Antragsgegnerin/des Antragsgegners müsste dann immer ein weiterer Antrag bei Gericht eingereicht werden, der dann durch die Anordnung des Gerichts wiederum weitere Verstöße zur Strafbarkeit erfordern würde. Dies kann nicht im Sinne eines konsequenten und effektiven Rechtsschutzes für die von Gewalt Betroffenen sein.

Es bleibt allerdings zu hoffen, dass diese Ausnahme vom Einigungswunsch in Familiensachen sich in der Praxis auch durchsetzen kann.

§ 39 FamFG (Rechtsbehelfsbelehrung)

Die Einführung einer notwendigen Rechtsbehelfsbelehrung wird ausdrücklich begrüßt.

Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang aber auch, dass bei der Zustellung einer neuen Klage in familienrechtlichen Verfahren ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine bestellte Rechtsanwältin/ ein bestellter Rechtsanwalt in einem anderen familienrechtlichen Verfahren, wenn die Klage nicht in den Verbund fällt, die neue Klage nicht automatisch zugestellt erhält.

Es kommt in der Praxis regelmäßig vor, dass beispielsweise Trennungsunterhalt anhängig ist und die Gegenpartei die Scheidungsklage einreicht. In diesen Fällen geht die Antragsgegnerpartei fast immer davon aus, dass die Anwältin/der Anwalt die Klage auch zugestellt erhält. Insbesondere in Verfahren wie Unterhaltssachen, in denen auch ein Versäumnisurteil ergehen kann, kann dieser Irrglaube für die Beklagten fatale Folgen haben.

§ 49 ff. FamFG (Einstweilige Anordnung)

Grundsätzlich bestehen keine Bedenken dagegen, dass eine einstweilige Anordnung auch ohne gleichzeitige Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens oder der Anhängigkeit eines Prozesskostenhilfe­antrages für ein Hauptsacheverfahren ergehen kann. Die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens ist auch nach Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 52 Abs. 1 S. 1 FamFG möglich, nach der Formulierung „hat das Gericht auf Antrag eines Beteiligten das Hauptsacheverfahren einzuleiten“ wird auch klargestellt, dass ein dementsprechender Prozesskostenhilfeantrag nicht mangels Rechtsschützbedürfnisses abgewiesen werden kann. Dies wird ausdrücklich begrüßt, da durchaus Fälle zu denken sind, in welchen trotz Erlass einer einstweiligen Anordnung noch das Bedürfnis besteht eine abschließende Hauptsacheentscheidung zu erhalten.

Es stellt sich aber die Frage, ob die Begründung, dass gerade in Umgangssachen ein regelmäßiges Bedürfnis besteht, eine zeitnahe Regelung zu erhalten, in der Praxis auch für alle Umgangsverfahren sinnvoll ist.

Gemäß § 155 FamFG wird für Kindschaftssachen (Aufenthalt des Kindes, Umgangsrecht und Herausgabe des Kindes) nach dem Gesetzentwurf ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot kodifiziert. Es soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahren ein Termin mit allen Beteiligten stattfinden (§ 155 Abs. 2 und 3 FamFG), eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen und unter Glaubhaftmachung des Verlegungsgrundes möglich. Diese Vorschrift gilt im Übrigen auch für den Erlass einer einstweiligen Anhörung in Kindschaftssachen. Auch hier ist eine Anhörung aller Beteiligten vorgeschrieben, es sei denn, es stehen Gründe des Kindeswohls dagegen oder in Fällen „erkennbarer häuslicher Gewalt“. Hier stellt sich dann die Frage, wann häusliche Gewalt innerhalb dieser äußerst kurzen Frist tatsächlich für das Gericht und auch für die beteiligten Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte erkennbar ist und ob die Glaubhaftmachung der häuslichen Gewalt in der Kürze der Zeit überhaupt möglich ist. Häufig stellt sich auch für die vertretende Rechtsanwältin/den vertretenden Rechtsanwalt erst im zweiten oder dritten Gespräch heraus, dass in einer Familie häusliche Gewalt vorgekommen ist. Die Opfer schämen sich häufig dafür, dass sie selbst geschlagen worden sind und die betroffenen Mütter schämen sich häufig noch mehr dafür, dass sie während der Ehe nicht in der Lage waren, die Kinder vor der Gewalt des Partners zu schützen.

Durch das Beschleunigungsgebot in Kindschaftssachen macht eine einstweilige Anordnung z. B. im Umgang nur dann Sinn, wenn sie zeitlich noch straffer durchgeführt wird als die im Hauptsacheverfahren vorgegebene Einmonatsfrist. In dieser Zeit ist es aber schon aus organisatorischen Gründen kaum möglich, Fälle von häuslicher Gewalt zu erkennen und dann auch noch glaubhaft zu machen. Es stellt eine „weitere Misshandlung der Kinder“ dar, wenn innerhalb kürzester Frist der Umgang zum gewalttätigen Elternteil hergestellt wird, ohne dass die Kinder und der betreuende Elternteil die Möglichkeit hatten, die häusliche Gewalt glaubhaft zu machen. Es wird hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass häusliche Gewalt nicht nur auf körperliche Misshandlungen zu reduzieren ist, die man anhand von Fotos nachweisen kann. Sehr häufig ist die psychische Misshandlung wesentlich belastender und verletzender für die Opfer. Diese Misshandlungen innerhalb eines derart kurzen Zeitraums nachzuweisen ist schier unmöglich. Schon allein einen Termin bei einer Psychologin/einem Psychologen oder einer Kinderpsychologin/einem Kinderpsychologen zu erhalten, um ein Attest über psychische Misshandlungen zu erhalten, ist innerhalb einer Frist von einem Monat schon mehr als unwahrscheinlich. Innerhalb einer noch kürzeren Frist aber gänzlich unmöglich. Zum Teil bestehen bei Kinderpsychologinnen/Kinderpsychologen Wartezeiten von Monaten.

Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung bei häuslicher Gewalt sind daher deutlich zu verringern. Es muss der Vortrag ausreichen, dass es häusliche Gewalt gegeben hat, um eine Verlegung des Termins zu ermöglichen. Eine andere Vorgehensweise würde die öffentliche Gewalt zu einem Handlanger des Täters machen, der durch die Erlangung einer einstweiligen Anordnung die Kinder wieder in seinen Machtbereich ziehen könnte, um die Gewalt weiter ausüben zu können. Hierzu können aber weder Gerichte noch Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte beitragen.

In diesem Zusammenhang ist auch die Vorschrift des § 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG zu kritisieren. Es ist eine Unterlaufung des Rechtsschutzes der Parteien, wenn das Gericht im Zuge des Erlasses einer einstweiligen Anordnung eine Frist bestimmen kann, vor der die Einreichung eines Hauptsacheantrages unzulässig ist. Dies zementiert eine falsche einstweilige Anordnung und entzieht den Verfahrensbeteiligten ihre verfassungsrechtlichen Garantien auf ein faires Verfahren. Es wird hier in Frage gestellt, dass das Gericht innerhalb der hier vorgesehenen engen zeitlichen Möglichkeiten überhaupt in der Lage ist, zu bestimmen, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens nicht möglich sein soll. Der § 52 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist daher ersatzlos zu streichen. Insbesondere in den Fällen, in welchen die Beteiligten von einer Rechtsanwältin/einem Rechtsanwalt vertreten sind, muss diese/r selbst abschätzen können – und dies kann sie/er in der Regel auch – ob ein Hauptsacheverfahren in dieser Sache notwendig ist und zu welchem Zeitpunkt es eingeleitet werden soll. Die Anlehnung an die einstweilige Verfügung des § 926 ZPO kann hier nicht als Argument angeführt werden, da es bei den einstweiligen Verfügungen der ZPO in erster Linie um vermögensrechtliche Ansprüche geht und bei den einstweiligen Anordnungen des FamFG um Menschen und sehr häufig um Kinder.

§ 57 FamFG (Rechtsmittel)

Rechtsmittel gegen die ergangene einstweilige Anordnung bezüglich des Umgangs sind gem. § 57 FamFG nicht möglich, es sei denn, der Umgang wird gänzlich ausgeschlossen. Dies ist kritisch zu betrachten und verletzt den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Es ist nicht nachzuvollziehen, auch aus den Gesetzesbegründungen nicht, warum der Ausschluss des Umgangs justiziabel sein soll, wohingegen der erzwungene Umgang gegen den Willen des Kindes nicht justiziabel sein soll. Der im Gesetzentwurf viel gelobte Kinderschutz kann dies jedenfalls nicht fordern. Die Begründung des Gesetzgebers, dass bei Ausschluss des Umgangs wegen Kindesmissbrauchs und/oder Kindesmisshandlung eine Entfremdung zwischen Kind und Umgangsberechtigtem eintreten würde, ist hier nicht nachzuvollziehen. Der Gesetz­geber sollte sich einmal vergegenwärtigen, dass eine Entfremdung zwischen Gewalttäter und Kind mit der Tat eintritt und nicht erst beim hierauf beruhenden Umgangsausschluss. Kein Erwachsener würde ernsthaft erwägen, einen regelmäßigen Umgang mit einem Täter zu pflegen, der ihn missbraucht oder misshandelt hat.

Die Norm enthält eine ungeschriebene Unterstellung, nämlich dass es häufig vorkommt, dass Missbrauch und Misshandlung zu Unrecht vorgeworfen werden. Anhand von Statistiken ist dies allerdings nicht empirisch untersucht worden. Häufig haben die misshandelten und missbrauchten Kinder ganz erhebliche Probleme, von ihrem Erlebten zu erzählen. Bei einem Missbrauch kann das Kind häufig erst Jahre später davon berichten. Auch im Rahmen einer psychologischen Therapie dauert es in der Regel mehrere Sitzungen, bis die/der Betroffene über das Erlebte sprechen kann. Daraus ist aber keinesfalls zu schließen, dass es sich um einen zu Unrecht vorgeworfenen Missbrauch handelte.

Dass in solchen Fällen, in welchen Missbrauch und Misshandlung im Raum stehen, gegen den umgangsgewährenden Beschluss kein Rechtsmittel existiert, ist nicht akzeptabel und verstößt gegen Grundrechte sowohl der Kinder wie auch des betreuenden Elternteils. Auch der Hinweis auf die Anhörungsrüge des § 44 FamFG (derzeit § 29a FGG) kann hier keinen zufriedenstellenden Rechtsschutz herbeiführen. Die Anhörungsrüge ist beim Ausgangsgericht einzulegen. Dieses wird nur in äußerst wenigen Fällen zu dem Ergebnis kommen, dass es selbst wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt hat. Aus meiner eigenen Prozesserfahrung ist mir kein einziger Fall bekannt, in dem der Anhörungsrüge stattgegeben worden wäre und es konnte auch keine veröffentlichte Entscheidung mit diesem Ergebnis gefunden werden.

Die Anfechtungsmöglichkeit gegen einen umgangsgewährenden Beschluss muss daher ausdrücklich in den § 57 FamFG aufgenommen werden.

§ 68 Abs. 3 FamFG (Gang des Beschwerdeverfahrens)

Gemäß § 68 Abs. 3 FamFG ist gegen die (End-)Entscheidungen des Familiengerichts die Beschwerde möglich, bei der das Beschwerdegericht von der Durchführung eines Termins oder einer mündlichen Verhandlung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug stattgefunden haben und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Diese Regelung ist hoch problematisch und wird abgelehnt. Sie ist § 69g Abs. 5 Satz 3 FGG nachgebildet, einer in der gerichtlichen Praxis häufig angewandten Verfahrensvorschrift in Betreuungssachen. Die Vorschrift geht über die Möglichkeit der Zurückweisung von Berufungen im Beschlussverfahren gemäß § 522 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO weit hinaus, weil sie auch die Abänderung erstinstanzlicher Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung ermöglicht. Die mündliche Verhandlung in zweiter Instanz sollte in Familienstreitsachen (Unterhalts­sachen, Güterrechtsstreitigkeiten, sonstigen Familiensachen sowie den jeweils entsprechenden Lebens­partnerschaftssachen) nicht in das Ermessen des Beschwerdegerichts gestellt werden.

§ 81 Abs. 1 FamFG (Grundsatz der Kostenpflicht)

Die Vorschrift sollte ergänzt werden, indem an § 168a FamFG ein § 168b FamFG angefügt wird, der lautet: „In Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 1 bis Nr. 3 FamFG sind die Kosten in der Regel gegeneinander aufzuheben; das Gericht kann die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht.“

Die in § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG vorgesehene Möglichkeit, den Ausgang des Verfahrens auf die Kostenentscheidung durchschlagen zu lassen, ist geeignet, in Verfahren um das Sorge- und Umgangsrecht den Konflikt der Eltern zu verschärfen und damit das Kind in der Folgezeit zusätzlich zu belasten. Sie verschafft den Eltern eine zusätzliche Ebene, um Streitigkeiten weiter gegeneinander auszutragen und Schuldzuweisungen vorzunehmen. Daher sollte es inhaltlich bei der bisherigen Regelung bleiben, wonach in Streitigkeiten um das Kind eine Kostenerstattung nur stattfindet, wenn dies „der Billigkeit entspricht“ (d. h. hierfür besondere, über das reine Obsiegen hinausgehende Gründe vorliegen müssen). Die Aufhebung der Kosten in den Verfahren zur elterlichen Sorge und zum Umgang entspricht am besten der Tatsache, dass zu den in den Bereich der elterlichen Sorge fallenden Konflikten in aller Regel beide Elternteile beigetragen haben. Für die Scheidung samt Folgesachen ist dieser Erkenntnis in § 150 FamFG Rechnung getragen; sie sollte auch für den ebenso sensiblen Bereicht der Streitigkeiten um das Kind umgesetzt werden.

Kritisch ist die Vorschrift des § 81 Abs. 2 Nr. 5 FamFG, wonach einer/einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegt werden sollen, wenn jene/jener einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Abs. 1 S. 4 FamFG nicht nachkommt und dies nicht genügend entschuldigt. Der wesentliche Kritikpunkt an der Vorschrift besteht aber darin, dass diese Regelung zwar das äußere Wohlverhalten der Eltern befördern dürfte, aber wohl kaum die notwendige innere Bereitschaft, sich auf eine Beratung durch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe einzulassen. Es ist sehr fraglich, ob die außergerichtliche Konfliktlösung hiermit tatsächlich vorangetrieben werden kann. Stattdessen wird dem Gericht durch die im Vorfeld wirkende Kostendrohung eine der Möglichkeiten genommen, anhand des Prozessverhaltens der Beteiligten die Tiefe des bestehenden Elternkonflikts und den jeweiligen Beitrag der Eltern hierzu objektiv einzuschätzen. § 81 Abs. 2 Nr. 5 FamFG sollte daher gestrichen werden.

§ 89 FamFG (Ordnungsmittel)

Es wird nicht verkannt, dass mit der Vorschrift ein Gleichlauf mit internationalen Verfahrensordnungen geschaffen werden soll; gegen die Vorschrift bestehen aber Bedenken, da die Anordnung von Ordnungsmitteln wie Ordnungsgeld oder sogar Ordnungshaft im Rahmen der Kindschaftssachen nicht zielführend ist und die Situation der Kinder verschlechtert. Das Kindeswohl bleibt hier auf der Strecke.

Nach der bisherigen Regelung des § 33 FGG sind vor der Festsetzung eines Zwangsgeldes Eltern und Kind persönlich zu hören, im Einzelfall muss geprüft werden, ob die Regelung unter dem Aspekt des Kindeswohls noch gerechtfertigt ist (OLG Düsseldorf, FamRZ 1993, 1349; OLG Zweibrücken, FamRZ 1996, 877 ff.). Wenn schon im Verfahren auf Herausgabe eines Kindes eine am Kindeswohl orientierte Überprüfung der Maßnahme notwendig ist, so muss diese erst recht notwendig sein, wenn Ordnungshaft gegen den betreuenden Elternteil verhängt werden soll. Ob es überhaupt mit dem Kindeswohl vereinbar ist, ein Kind zwangsweise unter Inhaftnahme des betreuenden Elternteils zu der/dem Umgangsberechtigten zu verbringen, muss hier bezweifelt werden, jedenfalls wird das Kind den Besuch bei der/dem Umgangs­berechtigten kaum positiv erleben. Es geht hier um die Durchsetzung der Rechte der/des Umgangs­berechtigten ohne Rücksichtnahme auf die Interessen und das Wohl des Kindes.

Im Übrigen ist es systemwidrig, die zivilprozessualen Ordnungsmittel mit ihrem Sanktionscharakter in familienrechtlichen Konflikten zu verwenden und insoweit auch noch mit einem Anscheinsbeweis für das Verschulden des Umgangsverpflichteten zu arbeiten, dem dann nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG der Nachweis für sein mangelndes Vertretenmüssen obliegt. Die Schuld der Täterin/des Täters ist jedoch im Rahmen des Strafrechts – und um eine Norm mit strafrechtlichem Charakter handelt es sich hier – nachzuweisen. Ein Anscheinsbeweis kann hier nicht genügen. Das BVerfG hat eine zivilprozessuale Beweiserleichterung für die Feststellung der Schuld im Verfahren gemäß § 890 ZPO in einer Entscheidung vom 23. April 1991 (BVerfG, NJW 91, 3139) nur deshalb für verfassungsgemäß erklärt, weil es sich um die Durchsetzung privatrechtlicher Verpflichtungen zwischen Gläubigern und Schuldnern handelte und der Grundsatz der Amtsermittlung nicht galt. Dies ist bei Kindschaftssachen aber eben nicht der Fall. Eine strafrechtsähnliche Ahndung der Tat ohne Feststellung der Schuld der Täterin/des Täters ist rechtsstaatswidrig, BVerfGE 58, 159 (163).

Auch das in der Gesetzesbegründung angegebene Beispiel der Exkulpation kann hier nicht überzeugen. Um nachzuweisen, dass der betreuende Elternteil auf das sich weigernde Kind einzuwirken versucht hat, muss das Kind zum Zeugen im Verfahren gemacht werden. Das Kind muss sich entscheiden zwischen Inhaftnahme des betreuenden Elternteils und der Aussage, dass es den Umgang mit der/dem Umgangsberechtigten grundsätzlich gegen den Willen des betreuenden Elternteils verweigert. Dies dient dem Kindeswohl mit Sicherheit nicht.

Buch 2 – Verfahren in Familiensachen

§ 122 FamFG (Örtliche Zuständigkeit)

Diese Norm modifiziert die bisherige Regelung zur örtlichen Zuständigkeit. § 122 FamFG bezieht sich auf alle gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, wenn aber mehrere gemeinschaftliche Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei jeweils einem Elternteil in verschiedenen Gerichtsbezirken oder an einem dritten Ort in einem anderen Bezirk haben, ist die Zuständigkeit nach § 122 Nr. 2 ff FamFG einschlägig. Dies ist dann der Ort, an dem die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, wenn einer der Ehegatten ihn beibehalten hat. Es ist aus Sicht des Kinderschutzes sachgerechter, auf das Alter des jüngsten Kindes abzustellen. Jüngere Kinder sind i. d. R. schutzbedürftiger als ältere, so dass ihnen im Falle der persönlichen Anhörung vor Gericht eine weite Anreise erspart werden sollte und weil für sie die Zusammenarbeit zwischen Familiengericht und dem örtlich zuständigen Jugendamt von größerer Wichtigkeit sein kann.

Zuständigkeitsprobleme bleiben auch nach der Entwurfsregelung, wenn die Kinder in verschiedenen Bezirken und nicht sämtlich bei einem Elternteil leben. Wenn z. B. beide Ehegatten den Bezirk des bisherigen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts verlassen und in verschiedene Bezirke ziehen, ein Ehegatte ein Kind mitnimmt und eins bei Dritten (Großeltern oder Pflegeeltern nach einer Entscheidung nach § 1666 BGB) im bisherigen Bezirk zurücklässt, ist nach Nummer 3 das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Antragsgegnerin oder der Antragsgegner ihren oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Auch wenn bei diesem Ehegatten kein Kind lebt, gelangt die Scheidungssache vor ein Gericht, in dessen Bezirk sich keines der Kinder aufhält. Dieses Ergebnis, das sich ausschließlich nach der jeweiligen Parteistellung richtet, ist nicht sachgerecht. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Die Eltern lebten bisher mit zwei Kindern in Berlin. Die Mutter zieht mit einem Kind nach Köln, das zweite Kind bleibt bei der Großmutter in Berlin, der Vater zieht ohne Kind nach Hannover. Wenn die Ehefrau einen Antrag auf Ehescheidung stellen will, ist das Familiengericht in Hannover zuständig, obwohl keines der Kinder dort seinen Aufenthalt hat. Ein derartiges Resultat sollte vermieden werden.

§ 128 FamFG (Persönliches Erscheinen der Ehegatten)

Dass das Familiengericht die Ehegatten nicht nur zum Sorgerecht, sondern zusätzlich zum Umgangsrecht anzuhören hat, wird vom djb seit langem gefordert; dass diese Anhörung – im Gegensatz zum ersten Entwurf – nunmehr in den § 128 Abs. 2 FamFG aufgenommen wurde, wird ausdrücklich begrüßt.

§ 135 FamFG (Außergerichtliche Streitbeilegung über Folgesachen)

Diese Vorschrift sollte gestrichen werden. Die Parteien sind anwaltlich beraten bzw. sollten sich anwaltlich beraten lassen. Mediatorinnen/Mediatoren sind in der Regel nicht geeignet, über Scheidungsfolgen von erheblicher finanzieller Bedeutung wie Versorgungsausgleich, Unterhalt und Güterrechtssachen zu beraten. „Mediator/in“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Rechtsberatung ist Aufgabe der Anwaltschaft.

Im Übrigen geht es zu weit, wenn das Gericht die Parteien anweist, eine Mediation in Anspruch zu nehmen und den Eheleuten bestimmte Personen oder Stellen zwecks Mediation verbindlich zuweist und insoweit ihre Wahlfreiheit einzuschränkt. Das liefe de facto auf eine Zwangsberatung hinaus. Dem Familiengericht dürfte auch die Kompetenz fehlen, dritte Stellen wie das Jugendamt oder die freien Träger in die Pflicht zu nehmen, ohne Rücksicht auf ihre Kapazität entsprechend tätig zu werden.

Sinnvoll und erforderlich allein ist Mediation in Kindschaftssachen, wie es der djb seit langem unter Hinweis auf die Notwendigkeit der Einrichtung von kompetenten und kostenfreien Beratungsstellen fordert.

§ 140 Absatz 2 Nummer 4 FamFG (Abtrennung)

Das Verlangen nach einer möglichen Beschleunigung des Ausspruchs der Ehescheidung sollte keinen Anlass bieten, für derartige Verfahren eine erleichterte Abtrennungsmöglichkeit des Versorgungsausgleichs einzuführen. Eine vorzeitige Abtrennung kann bei der ausgleichsberechtigten Partei zu wirtschaftlichen Nachteilen führen, denn Unklarheiten gehen zu ihren Lasten. Hiervon sind in der Mehrzahl Frauen betroffen, die anspruchsberechtigt sind, weil sie in der Regel geringere Anwartschaften besitzen.

Des Weiteren ist die Anknüpfung der Sechsmonatsfrist an den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit nicht sachgerecht. Wenn sich beispielsweise die Parteien nach Zustellung des Scheidungsantrags wochenlang Zeit lassen, Erklärungen zum Versorgungsausgleich abzugeben, besteht keine Veranlassung, diese Folgesache abzutrennen.

Ob beide Parteien alles Erforderliche getan haben, kann das Gericht nicht ohne Weiteres beurteilen. Bereits der Begriff der „erforderlichen Mitwirkungshandlung“ ist unklar und gibt Anlass zu Zweifeln. Reicht es aus, die Formulare zum Versorgungsausgleich auszufüllen oder müssen auch die Anträge auf Kontenklärung bzw. auf Anrechnung von Kinderziehungszeiten mit oder ohne Anlagen vollständig vorliegen? Die bisherige lange Verfahrensdauer lässt sich in der Mehrzahl der Fälle damit erklären, dass die Parteien zum Versorgungsausgleich eben gerade nicht das Erforderliche tun und ihre Fehlzeiten nicht rechtzeitig klären.

Eine vorzeitige Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich dürfte für die Justiz zudem Nachteile bringen. Ob die Parteien die erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorgenommen haben, kann letztlich erst beurteilt werden, wenn für beide ein vollständiger Versicherungsverlauf vorliegt. Wenn die Parteien aber bereits geschieden sind, haben sie oder einer von ihnen häufig kein Interesse mehr, etwa bestehende Versicherungslücken aufzuklären und weiter in dem Verfahren mitzuwirken. Die Kontenklärung seitens des Familiengerichts führt zu erheblichem Arbeitsaufwand verbunden mit Anschreiben, Mahnungen, Anhörungen und häufig fruchtlosen Zwangsmaßnahmen. Derzeit ist der Scheidungsverbund die einzige wirksame Handhabe, unwillige Parteien zur Klärung ihrer Versicherungskonten zu veranlassen.

Unter diesen Umständen sollte es bei der Abtrennungsmöglichkeit nach § 140 Absatz 2 Nr. 5 FamFG verbleiben, damit das Familiengericht bei außergewöhnlicher Verzögerung die Voraussetzungen für eine Abtrennung prüfen kann.

Abschnitt 2 – Verfahren in Kindschaftssachen

§ 153 FamFG (Abgabe bei einseitiger Änderung des Aufenthalts des Kindes)

Es bestehen Bedenken gegen die Abgabemöglichkeit an das Gericht des früheren gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes bei einseitiger Änderung des Kindesaufenthaltes während der Trennungsphase. Unter dem Aspekt, dass die Kindesinteressen im Zentrum des Verfahrens stehen sollen, erscheint die Neuregelung nicht sachgerecht. Nach der Begründung könnte der Eindruck entstehen, es handele sich um eine Strafbestimmung gegen einen unbotmäßigen Elternteil – in der Regel gegen Frauen–, es wird eine Kindesentziehung unterstellt. Nun besteht beim Scheitern der Ehe oft der Konsens zwischen den Ehegatten, dass sie sich räumlich trennen wollen, nur über die Modalitäten sind sie sich noch nicht einig geworden. Es fragt sich, ob ihnen bei einem in Aussicht genommenen Ortswechsel des betreuenden Elternteils zugemutet werden soll, sich wegen des Aufenthalts der Kinder bereits in einem frühen Stadium an das Familiengericht zu wenden. Dann müssten sie für die Dauer des Verfahrens entweder getrennt in der Ehewohnung leben, was bei Streitigkeiten in der Familie nicht zum Wohle der Kinder sein dürfte. Oder es müsste eine vorübergehende Unterkunft am bisherigen Aufenthaltsort gesucht werden, was mit zusätzlichen Kosten und ggf. weiterem Schulwechsel für die Kinder verbunden ist.

Ein Wegzug – auch gegen den Willen des anderen Elternteils – ist nicht stets negativ zu bewerten. Eine räumliche Distanz zum bisherigen Umfeld kann durchaus zum Wohle des Kindes sein. Zu denken ist an die Fälle, in denen an einem anderen Ort bessere Betreuungs-, Wohn- oder Arbeitsmöglichkeiten bestehen oder in denen die Kinder räumlichen Abstand von hoch streitigen Familienkonflikten und unzumutbaren Verhältnissen wie Gewalt in der Familie, Suchtproblemen oder Einmischung in die Streitigkeiten durch andere Familienangehörige (Großfamilie) bekommen sollen. Es würde das Verfahren der Zuständigkeits­prüfung überfrachten und die Justizkapazitäten vermeidbar belasten, wenn das Familiengericht in diesem Verfahrensstadium die regelmäßig streitigen Einzelheiten zum Zwecke der Abgabemöglichkeit zu prüfen hätte.

Die Regelung kann Kinder dadurch benachteiligen, dass ihre Anhörung erschwert wird, wenn sie zu einem weiter entfernten Gerichtsort gebracht werden müssen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist es – dies ergänzend – sogar möglich, das Verfahren an ein Gericht abzugeben, in dessen Bezirk sich auch der andere Elternteil nicht mehr aufhält.

§§ 155 und 156 FamFG (Beschleunigungsgebot, Hinwirken auf Einvernehmen)

Soweit das Gericht auf das Einvernehmen der Eltern hinwirken soll, wird Wert gelegt auf die Feststellung, dass die Erörterungen ergebnisoffen geführt werden müssen. Um die Verhandlungen führen zu können, sollten alle beteiligten Professionen über eine qualitative Zusatzausbildung verfügen oder sie erhalten. Hier ist insbesondere auch in Betracht zu ziehen, dass von häuslicher Gewalt betroffene Elternteile bei gemeinsamen Gesprächsterminen überhaupt nicht dazu in der Lage sind, sich gleichberechtigt mit dem anderen Elternteil auseinanderzusetzen. Eine weitere Frage ist auch, ob ihnen dies überhaupt zumutbar ist. Die „Vermittler“ des neuen Familienverfahrensrechts sind in der Regel – jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt – in keiner Weise geschult, derart schwierige Gespräche zu leiten.

Der djb fordert seit vielen Jahren, die Familienberatung in Kindschaftssachen zu verbessern, d. h. die Angebote auszuweiten und sicherzustellen, dass eine zeitnahe und qualitative Beratung und/oder Mediation stattfinden kann. Im Gegensatz zu anderen Folgesachen, die in § 137 FamFG genannt sind, sind die oft hochemotionalen Themen, die Kinder betreffen, in Mediationsverfahren besser aufgehoben. Hierbei müssen die Personen, die die Gespräche führen sollen, aber eine Zusatzausbildung in diesem Bereich machen und insbesondere auch den Umgang mit durch Gewalt traumatisierte Kinder und betreuende Elternteile – i. d. R. die Mütter – lernen.

Die Einführung der (unanfechtbaren) Anordnung zur Beratung mit der Kostenfolge des § 81 Abs. 2 Nr. 5 FamFG bei Nichtbefolgung wird allerdings nicht unterstützt. Zum einen ist es zweifelhaft, ob eine „Zwangsberatung“ in hochstreitigen Kindschaftssachen zum Einvernehmen zwischen den Eltern wirksam beitragen kann. Für den Kreis der Prozesskostenhilfeberechtigten dürfte die Androhung ohnehin ohne Belang sein. Zum anderen wäre die Kostenübernahme grundsätzlich zu klären. Es kann unter Umständen nicht zumutbar sein, dass Eltern mit Kosten der Beratung oder Mediation belastet werden, insbesondere wenn ihnen Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.

§ 158 (Verfahrensbeistand)

Statt dem bisherigen „das Gericht kann einen Verfahrenspfleger bestellen“ (§ 50 Abs. 1 FGG) heißt es nunmehr „hat einen Verfahrensbeistand zu bestellen“. In der Sache entsprach dies aber auch der bisherigen herrschenden Auffassung. Trotzdem gibt es viele Gerichte, die Verfahrenspfleger nie bestellen oder die Verfahrenspfleger nur bestellen, um sich der Anhörung des Kindes zu entledigen. Dass die Aufgaben des Verfahrensbeistandes erheblich erweitert werden, ist positiv. Es wird auch begrüßt, dass der Verfahrensbeistand das Kind über das Verfahren informieren soll und insbesondere, dass er Gespräche mit weiteren Bezugspersonen führen und auch auf eine einvernehmliche Regelung hinwirken kann. Er kann auch im Interesse des Kindes Rechtsmittel einlegen.

Problematisch ist, dass wie bisher keine Mindestanforderungen an die Qualifikation des Verfahrens­beistandes bestehen. Es wird nicht verkannt, dass in den allermeisten Fällen vom Gericht eine geeignete und insbesondere verantwortungsvolle Person bestellt wird, trotzdem sollten Mindeststandards für Verfahrenspfleger festgelegt werden.

§ 163 FamFG (Fristsetzung bei schriftlicher Begutachtung; Inhalt des Gutachtenauftrags)

Im Einklang mit dem Bestreben, familiengerichtliche Verfahren zu beschleunigen, dürfte die Maßnahme stehen, der/dem Sachverständigen bereits zum Zeitpunkt der Auftragserteilung eine Frist für die Fertigung des Gutachtens zu setzen. Es trägt einerseits zur Beruhigung der Situation bei, wenn Eltern und Kinder konkret wissen, mit welcher Verfahrensdauer sie in etwa zu rechnen haben. Andererseits nimmt eine konkrete Fristbestimmung die Sachverständige/den Sachverständigen besser in die Pflicht und erspart Debatten darüber, ob von der Kann-Bestimmung des § 411 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht werden soll.

Die nunmehr vorgesehene Möglichkeit, die Sachverständige/den Sachverständigen zusätzlich zu beauftragen, auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinzuwirken, erscheint grundsätzlich vernünftig. Sie entspricht einer weit verbreiteten familiengerichtlichen Praxis, die sich bisher allerdings in einer Art Grauzone bewegt hat.

Allerdings muss sichergestellt werden, dass die Verfahrenabschnitte übersichtlich bleiben. Zunächst sollte das Gutachten – ggf. schriftlich – erstattet werden, damit erkennbar ist, von welchen Feststellungen die/der Sachverständige ausgeht. Erst in einem zweiten Schritt kann sie/er mit der Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten betraut werden. Die/der Sachverständige darf nicht zur Familientherapeutin/zum Familientherapeuten mutieren.

Artikel 2 – Gesetz über die Gerichtskosten in Familiensachen

§ 41 FamGKG (Einstweilige Anordnungen)

Im Hinblick auf die Kostenregelungen des FamGKG wird darauf hingewiesen, dass der Streitwert der einstweiligen Anordnung zum jetzigen Zeitpunkt in der Regel bei 500 Euro bzw. einem Teil der Kosten der Hauptsache angesetzt wird. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt auch konsequent, da die Hauptsache bisher mit der einstweiligen Anordnung verbunden war. Wenn diese Verbindung aber aufgegeben wird und die einstweilige Anordnung auch ohne Hauptsache erlassen werden kann, erfordert sie auch den Arbeitsaufwand einer Hauptsache. Hier ist es nicht sachgerecht, den hälftigen Wert gem. § 41 FamGKG anzusetzen, da der Aufwand und die Arbeit für die am Prozess Beteiligten nicht geringer als bei der Hauptsache sind. Es besteht hier die Gefahr, dass die Beteiligten vor Gericht nicht mit dem für die Sache angemessenen Einsatz vertreten werden. Die gewünschten Verbesserungen könnten hier der Sparsamkeit zum Opfer fallen.

§ 51 FamGKG (Unterhaltssachen)

Auch die Regelung, dass beim Kindesunterhalt nur der Mindestunterhalt als Streitwert angesetzt wird (§ 51 Abs. 1 FamGKG), kann nicht nachvollzogen werden und es wird darauf hingewiesen, dass bei der Kostenordnung der Eindruck entsteht, dass die Tätigkeit für Kindesunterhalt und Kindschaftssachen weniger wiegt als die für den Ehegatten- oder anderen Verwandtenunterhalt. Im Übrigen steigt für die Anwältin/den Anwalt bei höheren Unterhaltsbeträgen auch das Regressrisiko der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts. Den Streitwert hier auf den Mindestunterhalt zu begrenzen ist nicht sachgerecht.

Die Reduzierung der Gebühren in Kindschaftssachen und Gewaltschutzsachen entgegen aller Kostensteigerungen im täglichen Leben kann nicht nachvollzogen werden und ist nicht sachgerecht. Auch die Begründung in den allgemeinen Erwägungen, dass aus sozialpolitischen Gründen in Kindschaftssachen niedrigere Gebührensätze gelten sollen als in übrigen Familiensachen, ist hier überhaupt nicht nachzuvollziehen. Es sollten in Kindschaftssachen meiner Meinung nach grundsätzlich höhere Gebührensätze gelten, da diese zum einen besonders aufwendig sind und zum anderen Kinder in unserer Gesellschaft einen stärkeren Schutz brauchen. In den anderen Familiensachen sind Erwachsene beteiligt, die in der Regel auf sich selbst aufpassen können, bei Kindern ist dies nicht so und diese sollten daher den ganzen Schutz der Gesellschaft genießen.

Dr. Angelika Nake

Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften