Stellungnahme: 06-09


zu den Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 421/05 und 1 BvR 465/05 (heimliche Vaterschaftstests)

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet.

In beiden Verfahren ist zunächst zu klären, wie sich die Grundrechtspositionen gestalten, die die Beschwerdeführer geltend machen können. Beide Verfahren werfen sodann zwei Fragen auf: Die erste Frage dreht sich um die Verfassungsmäßigkeit der Ausgestaltung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens. In jeweils fallspezifischer Form geht es hier vor allem um die Darlegungsanforderungen, die die Zivilgerichte von Verfassungs wegen an die Schlüssigkeit des Vorbringens im Vaterschaftsanfechtungsverfahrens stellen dürfen. Davon zu trennen ist die Frage der Verwertbarkeit einer DNA-Analyse, die heimlich, also ohne die Kenntnis und Einwilligung anderer Beteiligter, eingeholt worden ist und die die fehlende Abstammung des betroffenen Kindes von dem beteiligten Mann belegen soll.

A.     Grundrechtspositionen der Beschwerdeführer

Den Beschwerdeführern, denen die in den Ausgangsverfahren beklagten Kinder rechtlich zugeordnet und die somit deren rechtliche Väter sind, vermittelt das verfassungsrechtliche Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG grundsätzlich das Recht auf Kenntnis, ob das jeweilige Kind von ihnen abstammt (BVerfGE 108, 82 <105>). Aus dem Persönlichkeitsrecht lässt sich weiter grundsätzlich das Recht der Beschwerdeführer herleiten, dass der Staat ihnen die Vaterrolle nicht oder nicht mehr zuweist, sofern das Kind nicht von ihnen abstammen sollte. Anders als der Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 465/05 meint, folgt daraus allerdings kein unvermittelter Anspruch auf Anfechtung einer Vaterschaft. Da die Vaterschaft nach § 1592 BGB auf einer rechtlichen Zuordnung beruht, muss der Gesetzgeber die Möglichkeiten einer Beendigung dieser Zuordnung im Rückbezug auf deren Gestaltung ihrerseits rechtlich ausgestalten. Dabei stehen ihm Spielräume zu. Das gilt insbesondere in den Konstellationen, in denen die Zuordnung der Kinder nicht allein von Gesetzes wegen erfolgt, sondern eine Anerkennung der Vaterschaft erfordert (§ 1592 Nr. 2 BGB). Hier kommt es auf das Zusammenspiel der ursprünglichen Zuordnungs- und der nachträglichen Anfechtungsregelungen (und ihrer Auslegung und Anwendung) an. Das Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vermittelt den Beschwerdeführern lediglich einen Anspruch darauf, dass der Staat ihnen die Vaterschaft nicht in einer mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben unvereinbaren Weise zuordnet. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG.

B. Ausgestaltung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens

Die gegenwärtige gesetzliche Ausgestaltung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens, auf die sich die zivilgerichtlichen Entscheidungen stützen und deren Verfassungsmäßigkeit insbesondere im Verfahren 1 BvR 465/05 angezweifelt wird, ist verfassungsmäßig. Auch die zivilgerichtliche Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen, insbesondere die Konkretisierung der Darlegungsanforderungen, führen nicht zu einer Verletzung der Grundrechte der Beschwerdeführer.

I. Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Ausgestaltung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens

Zunächst kommt es auf die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Ausgestaltung des Vaterschaftsanfech­tungsverfahrens an, denn wenn bereits die einschlägigen gesetzlichen Regelungen grundrechtswidrig wären, verstießen auch die sich darauf stützenden zivilgerichtlichen Entscheidungen gegen die Grundrechte der Beschwerdeführer. Bei der Prüfung am Maßstab des Verfassungsrechts ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber wegen der komplexen Interessenlagen und der unterschiedlichen auszugleichenden Grundrechtspositionen weite Entscheidungsspielräume zustehen. Nur wenn die gegenwärtigen Regelungen den notwendigen Grundrechtsausgleich offensichtlich verfehlten, könnte das Bundesverfassungsgericht sie als verfassungswidrig einstufen.

Vorab ist zur tatsächlichen Lage klarzustellen, dass es entgegen dem Vortrag des Beschwerdeführers im Verfahren 1 BvR 465/05 keine gesicherten Studien zur Quote der Kinder gibt, die einem Mann als biologisch „eigenes“ Kind zugeordnet sind, ohne dass dies mit der tatsächlichen genetischen Abstammung übereinstimmte. Das ergibt sich selbst aus dem von dem Beschwerdeführer angeführten Buch von Haas / Waldenmaier, Der Kuckucksfaktor, 2004, bei dem es sich nicht um ein wissenschaftliches, sondern um ein von Betreibern eines Genlabors bzw. genetischer Untersuchungen herausgegebenes Buch handelt. Es ergibt sich aber auch aus allen seriösen Ausführungen. Die Schätzungen der Quote, die zum Teil ohne jeden Beleg vorgenommen werden, bewegen sich insgesamt zwischen 1 % und 25 %. Dabei stützen sich die höheren Schätzungen oft einfach auf unfundierte Angaben über die Negativergebnisse durchgeführter Vaterschaftstests, deren Höhe zum einen von den wirtschaftlichen Interessen der Genlabore an „Erfolgs­­meldungen“ geprägt ist und denen zum anderen allein die bereits massiv zweifelnden Väter als Basis­gruppe zugrunde liegen. Seriösere Schätzungen gehen unter Hinweis auf die in ihnen enthaltenen Un­sicherheiten sämtlich davon aus, dass die Quote bei 5 % bis zu 10 % liegen dürfte.

1. Gesetzliche Grundlagen

Für die Fälle, in denen Zweifel an der biologischen Vaterschaft eines Mannes bestehen oder umgekehrt die biologische Vaterschaft festgestellt werden soll, stellt das Familienrecht in §§ 1600 ff. BGB ein geregeltes Verfahren der Vaterschaftsanfechtung zur Verfügung.

Dieses Verfahren regelt bestimmte Voraussetzungen und damit auch Grenzen der Anfechtung. Anfechtungsberechtigt sind nach § 1600 BGB grundsätzlich der Mann, dem die Vaterschaft wegen der Ehe zugerechnet wird oder der sie anerkannt hat, die Mutter, das Kind und unter eingeschränkten Voraussetzungen auch der (mutmaßliche) biologische Vater. Für die Anfechtung gilt eine Frist von zwei Jahren ab Kenntnis der gegen die Vaterschaft sprechenden Umstände (§ 1600 b Abs. 1 BGB, der bei dem Kind durch die Sonderregelungen der §§ 1600 b Abs. 3 S. 2, 1600 b Abs. 5 BGB relativiert wird). Die Darlegungsanforderungen, die im Rahmen der Schlüssigkeit einer Anfechtungsklage zu erfüllen sind, werden nicht speziell geregelt, sondern richten sich nach allgemeinen Grundsätzen, wobei die entsprechende Geltung der Verfahrensvorschriften in Ehesachen zu beachten ist (§ 640 Abs. 1 ZPO).

Die Klage ist begründet, wenn die Vaterschaftsvermutung nach § 1600 c BGB durch den vollen Beweis entkräftet ist, d. h. wenn das Gericht feststellt, dass das Kind genetisch nicht von dem Mann abstammt, der bislang vom Gesetz als Vater angesehen wurde. Das entsprechende gerichtliche Gestaltungsurteil ist nach geltendem Recht zwingend mit einer Statusänderung verbunden.

2. Auszugleichende Grundrechtspositionen

Mit Blick auf Konstellationen, wie sie den vorliegenden Verfassungsbeschwerden zugrunde liegen, muss der Gesetzgeber bei der Gestaltung des Anfechtungsverfahrens mehrere kollidierende Grundrechte miteinander ausgleichen.

Auf der einen Seite stehen die aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG folgenden Rechte des wegen einer Vaterschaftsanerkennung rechtlichen, aber möglicherweise nicht biologischen Vaters, der das Interesse hat, die rechtliche Zuordnung nachträglich wieder aufzulösen (vgl. Punkt A.).

Auf der anderen Seite sind zunächst die Grundrechte der Kindesmutter zu berücksichtigen, die einer Anfechtung der zunächst anerkannten Vaterschaft entgegenstehen. Wesentlich ist das Interesse der Frau daran, dass ihr Kind keinen Schaden dadurch nimmt, dass überhaupt oder zu einem in der Kindesentwicklung ungünstigen Zeitpunkt oder nach einer längeren Zeit, in der ein Mann der rechtliche Vater gewesen ist, die Vaterschaft in Zweifel gezogen wird. Dieses Interesse der Kindesmutter wird im Rahmen des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG geschützt, aufgrund dessen ihr die Verantwortung für das Kindeswohl obliegt. Hinzu kommt das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Interesse der Frau daran, dass ihre bestehende familiäre Beziehung zu dem Kind nicht gestört wird. Außerdem gewährleistet das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG der Frau einen Schutz davor, dass sie in der Rolle der Kindesmutter einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren seitens des zuvor wegen einer Vaterschaftsanerkennung rechtlich zugeordneten Vaters ausgesetzt wird, ohne dass es für nachträgliche Zweifel an der Vaterschaft einen hinreichenden Anlass gäbe. Des weiteren wird das Interesse der Frau, dass ihre Sexual­beziehungen nicht offengelegt werden, grundsätzlich durch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre geschützt (BVerfGE 96, 56 <61, 63 ff.>).

Wichtig sind daneben die Grundrechte des betroffenen Kindes. Aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgt nicht nur ein grundsätzliches Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung, sondern auch das (negative) Recht, dass die Abstammung nicht ohne sein Einverständnis durch einen genetischen Test oder ein förmliches Gerichtsverfahren geklärt wird und dass es bei einer gegebenen rechtlichen Zuordnung zu einem Vater bleibt. Ebenso wie der Kindesmutter steht dem Kind ein Schutz davor zu, dass es einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren seitens des zuvor wegen einer Vaterschaftsanerkennung rechtlich zugeordneten Vaters ausgesetzt wird, ohne dass es für nachträgliche Zweifel an der Vaterschaft einen hinreichenden Anlass gäbe. Das Kind, das in einer Familie aufwächst, die auch allein in der Beziehung zur Mutter bestehen kann, hat außerdem einen Anspruch auf Schutz dieser Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG. Es sind viele Konstellationen denkbar, in denen es dem Kindeswohl entspricht, wenn die biologische Vaterschaft eines bestimmten Mannes nicht oder jedenfalls nicht zu dem gegebenen Zeitpunkt in Frage gestellt und wenn weitergehend die bestehende rechtliche Zuordnung nicht gelöst wird.

3. Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen

Angesichts der unterschiedlichen Grundrechtspositionen sowie der komplexen Interessenlagen und mit Blick auf die dem Gesetzgeber zustehenden Beurteilungsspielräume sind die gegenwärtigen Regelungen verfassungsmäßig, auch soweit sie der Möglichkeit einer Vaterschaftsanfechtung Grenzen setzen.

Die Grenzen der Anfechtungsberechtigung sind in Konstellationen, wie sie hier vorliegen, unproblematisch; ihre Verfassungsmäßigkeit ist aber etwa bei der Beschränkung des Anfechtungsrechts des potenziellen biologischen Vaters anerkannt (BVerfGE 108, 82 <105 ff.>). Verfassungsmäßig ist insbesondere auch die Verankerung einer Anfechtungsfrist. Im Zuge der Kindschaftsreform 1997 hatte der Gesetzgeber überlegt, ganz auf die Frist für die Vaterschaftsanfechtung zu verzichten (vgl. BTDrs 13/4899, S. 87 f.). Er hat sich jedoch mit Rücksicht auf die Funktion dagegen entschieden, die die Frist erfüllt: Die zweijährige Zeitspanne nach Kenntnis soll vor allem der Rechtssicherheit und dem Schutz der sozialen Familie dienen (vgl. dazu BVerfGE 90, 263 <271>; siehe auch BVerfGE 79, 256 <270>). Eine Möglichkeit zu einer fristunabhängigen Anfechtung kann nach Einschätzung des Gesetzgebers zu unerträglichen Ergebnissen führen. Der Gesetzgeber führt das Beispiel eines Kindes an, das in Kenntnis seiner Abstammung jahrelang Unterhaltsleistungen bezogen hat und dann in einem Zeitpunkt, in dem der nicht-biologische Vater seinerseits auf Unterhaltsleistungen des Kindes angewiesen ist, die Vaterschaft anficht(BTDrs 13/4899, S. 87 f.). In der Kommentarliteratur wird das Beispiel angeführt, dass sich ein Mann im Falle einer fristunabhängigen Anfechtungsmöglichkeit lediglich deshalb aus der Vaterschaft lösen könnte, weil das Kind eine aus seiner Sicht „ungünstige Entwicklung“ nimmt (Holzhauer, in: Ermann, BGB, 11. Aufl. 2004, § 1600 b, Rn 3). Als „unerträglich” mag man auch das Beispiel bezeichnen, dass ein nicht-biologischer Vater in Kenntnis der Abstammungsverhältnisse die Vaterschaft zu einem Kind bewusst anerkennt, mit der Kindesmutter zusammenlebt und mit ihr weitere Kinder bekommt, dann eine neue Frau kennenlernt, die Beziehung zur Kindesmutter löst und die Vaterschaft nunmehr mit Blick auf allein die eigenen Interessen anficht, obwohl das betroffene Kind ihn als seinen Vater ansieht und in einer sehr schwierigen Entwicklungsphase steckt. Verfassungsrechtlich tragfähig ist die Anfechtungsfrist allerdings ebenfalls in den Fällen, in denen der möglicherweise nicht-biologische Vater nie mit der Mutter zusammengelebt hat, weil eine zweijährige Überlegungsfrist den Interessen des Mannes ausreichend Rechnung trägt und Mutter und Kind dann Rechtssicherheit in der Frage benötigen, ob es bei der Vaterschaft bleiben oder ob diese angefochten werden soll.

Auch in der Literatur wird die zweijährige kenntnisabhängige Frist als interessengerecht eingestuft. So wird darauf hingewiesen, dass die zweijährige Frist jedem Anfechtungsberechtigten eine vernünftige Überlegungsfrist gebe und damit dessen Persönlichkeitsrecht wahre, andererseits aber ein widersprüchliches Verhalten des Anfechtungsberechtigten verhindern solle sowie der Rechtssicherheit der Abstammung, der Bestandskraft des Kindschaftsstatus und dem Schutz von Ehe und Familie diene (Diederichsen in: Palandt, BGB, 65. Aufl. 2006, § 1600 b, Rn 1). Der EGMR hat ebenfalls anerkannt, dass eine Anfechtungsfrist für den potenziellen Scheinvater mit Art. 14 i.V.m. Art. 6 und Art. 8 EMRK vereinbar ist (EGMR, NJW 1986, S. 2176 <2176 f.>, zum dänischen Recht).

Soweit sich aus der gesetzlichen Fristregelung zwingend ergibt, dass die anfechtende Person über die bloße Behauptung hinaus, das Kind stamme nicht von ihm (bzw. in anderen Konstellationen: vom rechtlichen Vater), Umstände darlegen muss, die gegen die Vaterschaft sprechen, sind auch diese Voraussetzungen einer Anfechtung verfassungsrechtlich tragfähig. Der BGH entnimmt der Vorschrift des § 1600 b Abs. 1 BGB in überzeugender Weise eine inhaltlich angereicherte Darlegungslast (BGH JZ 1999, 41 <41 ff.>; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 1996, 894 <894 f.>; OLG Dresden FamRZ 1997, 1297 <1297>; OLG Köln FamRZ 1998, 696 <697>), weil die Fristbestimmung anderenfalls leerliefe. Aus der Vorschrift ergebe sich, so der BGH, dass der die Ehelichkeit anfechtende Mann die Umstände kennen müsse, die gegen seine Vaterschaft sprächen (BGH JZ 1999, 41 <43>). Die Regelung der Anfechtungsfrist mit ihren eben beschriebenen Schutzfunktionen liefe, dies wäre an dieser Stelle zu ergänzen, gerade in den Fällen leer, in denen sich die Behauptung eines anfechtenden Mannes, das Kind stamme nicht von ihm, als unzutreffend erweist. Reichte die bloße Behauptung aus, könnte ohne jede zeitliche Begrenzung ein Anfechtungsverfahren eingeleitet werden. Die Fristbestimmung in § 1600 b Abs. 1 BGB soll ihren Funktionen nach aber keineswegs vorrangig die Möglichkeit des Einwandes bieten, die Abstammungsverhältnisse seien seit längerem bekannt. Sie soll vielmehr Rechtssicherheit im Hinblick darauf schaffen, ob bestimmte Umstände, die Zweifel an der Vaterschaft zu wecken vermögen, eine Anfechtung auslösen oder nicht. Sie soll Kindesmutter und Kind daher in Einklang mit den betroffenen Grundrechtspositionen grundlegend davor schützen, zu einem beliebigen Zeitpunkt einem Vater­schaftsanfechtungsverfahren ausgesetzt zu werden, ohne dass dies durch hinreichende Gründe – etwa denjenigen, dass der Anfechtende gerade erst selbst von Umständen erfahren hat, die Zweifel begründen – gerechtfertigt wäre.

Auch wenn man deswegen bereits den gesetzlichen Regelungen entnimmt, dass die anfechtende Person im Rahmen der Schlüssigkeit überhaupt Umstände vortragen muss, die gegen die Vaterschaft sprechen – nähere Anforderungen an die Darlegungslast wären Fragen der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen (dazu sogleich unter Punkt B.II.) –, sind die daraus resultierenden Grenzen der Anfechtung verfassungsmäßig. Der Gesetzgeber darf hier den Zusammenhang zwischen der nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgenden Zuordnung der Vaterschaft und dem späteren Anfechtungsverfahren berücksichtigen. Ist ein Mann kraft eigener Anerkennung rechtlicher Vater, ist es ihm zuzumuten, im Falle einer Anfechtung vorzutragen, welche Umstände ihn nunmehr an der Vaterschaft zweifeln lassen. Das ist ein sachgerechter Ausgleich der erläuterten unterschiedlichen Grundrechtspositionen und Interessen, zu denen insbesondere das Kindeswohl gehört.

In den gerne präsentierten Fällen, in denen der Mann nach seinem Vorbringen so gut wie nichts mit der Kindesmutter zu tun hatte, mag sich die Klärung der biologischen Vaterschaft damit auf die Vaterschaftsanerkennung verschieben. Das ist aber auch der interessengerechte Ort. Der Gesetzgeber darf bei seinen Regelungen der Vaterschaftsanfechtung voraussetzen, dass eine gewünschte Klärung an dieser Stelle erfolgt; die betroffenen Frauen haben dies gegebenenfalls hinzunehmen. Entgegen dem Vortrag des Beschwerdeführers im Verfahren 1 BvR 421/05 ist es nicht so, dass dies von vornherein gesellschaftspolitisch unerwünscht wäre. Gesellschaftspolitisch unerwünscht und deswegen über Anfechtungsgrenzen zu steuern sind vielmehr die Konstellationen, in denen jemand lange Zeit rechtlicher Vater ist und sich dann aufgrund allein seiner Interessen aus dieser Bindung lösen will, obwohl dadurch für Mutter und Kind unzumutbare Nachteile entstehen und ein gegebenenfalls anderer biologischer Vater möglicherweise gar nicht mehr greifbar ist. Daher sind Anfechtungsfristen und grundlegende Darlegungsanforderungen im Anfechtungsverfahren notwendig. Insgesamt betrachtet gibt es gute Gründe dafür, dass eine Anfechtungsklage „ins Blaue hinein“ nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht möglich ist.

Zu den rechtspolitischen Bestrebungen einer Änderung des Anfechtungsverfahrens im Jahre 2005, die der Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 465/05 anführt, weist der Deutsche Juristinnenbund darauf hin, dass die einschlägigen Überlegungen bisher nicht zu dem Ergebnis geführt haben, dass es eine bessere Lösung gibt als die gegenwärtige Ausgestaltung. So ist der – offensichtlich verfassungswidrige – Vorschlag, heimliche Abstammungstests ausdrücklich zu legalisieren, schnell wieder fallengelassen worden. Aber auch Überlegungen zu einem „niederschwelligeren“ Verfahren sind zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die gegenwärtige Ausgestaltung ein durchdachtes, interessengerechtes System ist, das gar keine übertriebenen Anforderungen stellt. Die außerdem diskutierte Möglichkeit, ein gesondertes Verfahren ohne statusrechtliche Folgen (isolierte Feststellungsklage) zur Verfügung zu stellen, mit dem man das Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung und die statusrechtlichen Positionen entkoppelt, führte zu zahlreichen Rechtsproblemen und könnte Konfliktsituationen noch verschärfen. Vor diesem Hintergrund ist keine Gesetzesänderung in Gang gesetzt worden.

Unabhängig davon, ob und unter welchen Voraussetzungen eine andere gesetzliche Regelung der Vaterschaftsanfechtung überhaupt verfassungsmäßig wäre, ist der Gesetzgeber jedenfalls mit den gegenwärtigen Regelungen zu einem Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen gelangt, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.

II. Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen durch die Zivilgerichte

Die Beschwerdeführer kritisieren auch weniger die gegenwärtige gesetzliche Ausgestaltung der Vaterschaftsanfechtung als vielmehr die Auslegung und Anwendung der Regelungen in Verbindung mit den zivilprozessualen Anforderungen an die Darlegungslast. Insoweit sind die angegriffenen Entscheidungen aber ebenfalls nicht zu beanstanden.

Dass der BGH und die Vorinstanzen überhaupt Anforderungen an die Darlegung von Umständen stellen, die gegen die Vaterschaft sprechen, ist, sofern man diesen Punkt nicht bereits bei der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen berücksichtigt, eine verfassungsmäßige Auslegung und Anwendung dieser Regelungen. Kind und Kindesmutter werden im Einklang mit ihren Grundrechten davor geschützt, ohne jeglichen Anlass mit einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren überzogen zu werden, während es dem Mann zuzumuten ist, die Frage der Vaterschaft entweder bereits bei der Vaterschaftsanerkennung klären zu lassen oder im Falle einer späteren Anfechtung Umstände darzulegen, die ihn nachträglich an der Vaterschaft zweifeln lassen (vgl. Punkt B.I.3.).

Im Übrigen hat der BGH in den angegriffenen Entscheidungen ebenso wie die Vorinstanzen davon abgesehen, die Anforderungen an die Darlegungslast im Einzelnen festzuschreiben. Deren Konkretisierung bleibt vielmehr grundsätzlich der Entscheidung im Einzelfall überlassen.

Hierzu weist der Deutsche Juristinnenbund darauf hin, dass die familiengerichtliche Rechtsprechung nicht etwa grundsätzlich zu hohe Anforderungen an den Vortrag stellt, mit dem die Zweifel an der Vaterschaft dargelegt werden müssen. Die Rechtsprechung hebt im Gegenteil regelmäßig hervor, dass diese Anforderungen nicht zu hoch angesetzt werden dürfen ( BGH JZ 1999, 41 <43>; OLG Hamm, FamRZ 1996, 894 <894 f.>). Die vorgetragenen Umstände müssen geeignet sein, Zweifel an der Vaterschaft zu wecken und die Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann als nicht ganz fern liegend erscheinen zu lassen (BGH JZ 1999, 41 <43>).

Nach Ansicht des OLG Köln bleibt es zwar zu unsubstantiiert, wenn der Kläger lediglich vorträgt, die Mutter habe außer mit ihm auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt, ohne dies irgendwie zu konkretisieren (OLG Köln, FamRZ 1998, 696 <697>). Zur Begründung weist es auf die mit dem Anfechtungsverfahren verbundene gravierende psychische Belastung für Mutter und Kind hin (OLG Köln, a.a.O.). Einig ist sich die Rechtsprechung aber etwa darüber, dass der Anfechtungsberechtigte keine detaillierten Angaben über einen Geschlechtsverkehr der Mutter des Kindes mit einem anderen Mann zu machen und auch nicht den aus seiner Sicht „wahren“ Vater zu benennen braucht. Häufiger relevant und in den vorliegenden Verfahren ebenfalls einschlägig ist die Rechtsprechung, dass die pauschale Behauptung, das Kind sehe weder der Kindesmutter noch dem anfechtenden Vater ähnlich, die Darlegungsanforderungen nicht erfüllt. Dagegen gibt es keine verfassungsrechtlichen Einwände, denn eine solche ganz pauschale Behauptung kann immer gemacht werden und somit kein hinreichend substantiiertes Vorbringen sein. Deswegen ist es ein durchaus konsistentes Anforderungsprofil, wenn das OLG Dresden im Gegenzug ausführt, es reiche aus, wenn der Anfechtende substantiiert vortrage, das Kind sei einem anderen Mann „wie aus dem Gesicht geschnitten“ (OLG Dresden, FamRZ 1997, S 1297 <1297>).

Die zivilgerichtliche Rechtsprechung verkennt somit keineswegs grundsätzlich die Grundrechtspositionen eines anfechtenden Mannes. Grundrechtsverstöße sind auch in den anhängigen Verfahren nicht erkennbar. Im Verfahren 1 BvR 421/05 haben die Gerichte die Aspekte des Vortrags, über die in anderen Verfahren bereits rechtskräftig entschieden worden ist, zu Recht außer Acht gelassen. Es begegnet aus den vom BGH dargelegten Gründen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, den Hinweis auf die Weigerung der Mutter, die Einholung einer heimlichen DNA-Analyse nachträglich zu genehmigen oder deren Verwertung im Verfahren zuzustimmen, nicht als Erfüllung der Darlegungsanforderungen anzusehen. Im Verfahren 1 BvR 465/05 werden die Grundrechte des Beschwerdeführers nicht dadurch verletzt, dass die Gerichte seiner Ansicht, die bloße Behauptung einer fehlenden Abstammung reiche für die Schlüssigkeit seines Vorbringens aus, nicht gefolgt sind. Auch hinsichtlich der von ihm angeführten mangelnden Ähnlichkeit des Kindes mit ihm und der Kindesmutter ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das OLG in der angegriffenen Entscheidung den Vortrag des Beschwerdeführers als zu unsubstantiiert eingestuft hat, weil dieser keinerlei Angaben dazu gemacht hat, inwieweit seine sowie der Kindesmutter Haut-, Augen- und Haarfarbe überhaupt von der des beklagten Kindes abweichen soll.

C.     Verwertung heimlicher DNA-Analysen

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer auch nicht dadurch in ihren Grundrechten, dass der jeweils vorgelegte heimliche Vaterschaftstest nicht als ein die Darlegungsanforderungen erfüllendes Vorbringen verwertet worden ist. Bei der Beurteilung dieser Frage haben die Zivilgerichte die Grundrechtspositionen der Beschwerdeführer in Abwägung mit den Grundrechten der anderen Beteiligten, hier insbesondere des jeweils beklagten Kindes, angemessen berücksichtigt.

In dieser Hinsicht sind zwei Schritte zu unterscheiden. Erstens missachtet es die Grundrechte der Beschwerdeführer nicht, dass die Gerichte die Anfertigung heimlicher Vaterschaftstests durch die rechtlichen, aber potentiell nicht-biologischen Väter als rechtswidrig eingestuft haben. Zweitens stellt es keine Grundrechtsverletzung dar, dass die Gerichte die Verwertung der rechtswidrig erlangten Analyseergebnisse abgelehnt haben.

I. Verfassungsmäßigkeit der Beurteilung heimlicher DNA-Analysen als rechtswidrig

Eine heimliche DNA-Analyse, die ohne die Kenntnis und Einwilligung anderer Beteiligter, insbesondere der Person, deren Körpermaterial untersucht wird, eingeholt wird, ist in Deutschland zwar bisher nicht spezialgesetzlich verboten.

Die Gerichte haben ein solches Verbot in den angegriffenen Entscheidungen jedoch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht, und hier näher: auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht, des beklagten Kindes hergeleitet. Sie haben dabei unmittelbar auf Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG zurückgegriffen. Da das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung aber ebensowenig wie das verfassungsrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht unmittelbare Drittwirkung entfaltet, kann in den vorliegenden Konstellationen nur das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht gemeint sein. Dieses Recht leitet der BGH in ständiger Rechtsprechung als zivilrechtliches Rahmenrecht unter Berücksichtigung des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG mit im Wesentlichen deckungsgleichen, allerdings partiell durch die zivilrechtlichen Kontexte modifizierten Inhalten her.

Damit die Beurteilung heimlicher DNA-Analysen als rechtswidrig verfassungsrechtlich tragfähig ist, müssen die Zivilgerichte entweder bei der Konkretisierung des zivilrechtlichen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht oder bei der Bestimmung seiner Grenzen sowohl die Grundrechte des betroffenen Kindes als auch die Grundrechte der Beschwerdeführer als potenzieller Scheinväter in Rechnung stellen. Dies ist in den angegriffenen Entscheidungen in einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Weise erfolgt.

Auf Seiten des betroffenen Kindes sind zunächst dessen Interessen daran, dass niemand seine Abstammung ohne sein Einverständnis testen lässt, auf Grund des verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsrechts und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 GG unter verschiedenen Aspekten geschützt (vgl. Punkt B.I.2). Zusätzlich ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 I i.V.m. 1 I GG relevant. Diesem kommt bei DNA-Analysen regelmäßig besonderes Gewicht zu. Denn aus dem Körpermaterial als genetischer Probe können weit mehr Informationen gewonnen werden als die Angaben über Abstammungsverhältnisse, nämlich zum Beispiel Informationen über Krankheitsdispositionen. Die meisten der einschlägigen Labore bieten nicht nur Vaterschaftstests an, sondern auch andere biologische oder genetische Untersuchungen, da die erforderliche Ausstattung dieselbe ist. Etwa wird unter www.vaterschaftstest-immd.de neben Vaterschaftstests die Möglichkeit angeboten, genetische Dispositionen für Bluterkrankungen, Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen und einiges mehr überprüfen zu lassen. Die Labore wären daher immer auch in der Lage, mit den ursprünglich zum Zwecke des Vaterschaftstests eingesandten Materialien Untersuchungen durchzuführen, die Aussagen über den Gesundheitszustand bzw. über die genetische Disposition desjenigen erlauben, von dem die Probe stammt. Hinzu kommt, dass sich die Möglichkeiten genetischer und biologischer Untersuchungen rasant weiterentwickeln. Es ist unkontrollierbarer, zumal wenn sich Labore im Ausland befinden, ob nicht aus den eingesandten Körpermaterialien personenbezogene Proben angefertigt, personenbezogene Daten gespeichert und interessierten Kreisen, etwa Versicherungen, weitere personenbezogene Auswertungen der Proben angeboten werden. Deshalb hatte der Referenten-Entwurf zu einem Gendiagnostikgesetz, der im Jahre 2005 vom BMGS vorgestellt worden ist, ausführliche Regelungen gegen Missbräuche getroffen: Abstammungsanalysen waren auf solche Untersuchungen zu beschränken, die zur Klärung der Abstammung auch tatsächlich erforderlich sind; außerdem unterlagen die Aufbewahrung, Verwendung und Vernichtung der Proben, die Aufbewahrung und Vernichtung des Untersuchungsergebnisses sowie die Mitteilung an Dritte besonderen Vorschriften. Auf einer allgemeinen Ebene hat jede Person Anspruch darauf, dass der Staat sie davor schützt, dass Dritte ihr Körpermaterial personenbezogen an beliebige Labore einsenden und daran genetische Tests durchführen lassen. Dieser aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende besondere Schutzanspruch ist von den Zivilgerichten bei der rechtlichen Beurteilung heimlicher Vaterschaftstests zu berücksichtigen.

Auf Seiten des Mannes, der einen heimlichen Vaterschaftstests durchführen will, steht das Interesse an der Klärung und etwaigen Auflösung seiner Vaterschaftsrolle (vgl. Punkt A.).

Die angegriffenen Entscheidungen haben die Grundrechtspositionen beider Seiten weder verkannt noch fehlgewichtet. Insbesondere hat der BGH nicht übersehen, dass er die konkrete Konstellation heimlicher Vaterschaftstests im Vorfeld eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens zu beurteilen hat. Mit den Beispielen aus anderen Rechtsbereichen und aus dem Ausland hat er nur – zu Recht – das Gewicht des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung betont, das diesem wegen der Spezifika genetischer Proben und Daten in allen einschlägigen Konstellationen und deswegen auch bei heimlichen Abstammungstests zukommt. Auch durfte der BGH in der Abwägung berücksichtigen, dass ein geregeltes Verfahren der Vaterschaftsanfechtung zur Verfügung steht. Indem – losgelöst von der Beurteilung heimlicher Vaterschaftstests – festgestellt werden kann, dass dieses Verfahren auch mit seinen Anfechtungsgrenzen verfassungsmäßig ist, dürfen die Beschwerdeführer darauf verwiesen werden, und diese Möglichkeit darf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit heimlicher Tests mitprägen.

Unzutreffend ist weiter die Rüge beider Beschwerdeführer, der BGH habe gar keine Abwägung durchgeführt. Richtig ist vielmehr, dass sich unter Berücksichtigung aller Umstände – der Missbrauchsgefahren, des zur Verfügung stehenden Anfechtungsverfahrens – schon auf einer relativ abstrakten Ebene der Fallbeurteilung eine Vorrangrelation zu Gunsten der Grundrechte des Kindes ergibt. Es ist kein spezieller Vortrag der Beschwerdeführer ersichtlich, der es dem BGH erlaubt hätte, von dieser Vorrangrelation abzuweichen, und der eine Auseinandersetzung mit dem ganz konkreten Fall erfordert hätte.

Vor diesem Hintergrund ist verfassungsrechtlich nichts dagegen einzuwenden, dass die Gerichte die Anfertigung heimlicher DNA-Analysen, die die Beschwerdeführer veranlasst haben, als einen Eingriff in das (richtigerweise: zivilrechtliche) Persönlichkeitsrecht des Kindes eingestuft haben, der rechtswidrig ist.

Der Deutsche Juristinnenbund weist zusätzlich darauf hin, dass ein heimlicher Abstammungstest, der ohne Einwilligung der sorgeberechtigten Person(en) durchgeführt wird, einen rechtswidrigen Eingriff in das Personensorgerecht darstellt. Er ist auch aus diesem Grund, ohne dass dagegen verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, als rechtswidrig einzustufen.

Die Beschwerdeführer bestreiten im Ergebnis auch nicht ernsthaft, dass ihr Verhalten rechtswidrig war. Stattdessen sind sie der Ansicht, dass die Gerichte die Analysen trotzdem hätten verwerten müssen.

II. Verfassungsmäßigkeit der Ablehnung der Verwertung rechtswidrig erlangter Analyse­ergebnisse im Vaterschaftsanfechtungsverfahren

Die Verfassungsbeschwerden sind auch insoweit unbegründet, als die Beschwerdeführer vortragen, die Gerichte hätten die Analyseergebnisse, obwohl die Beschwerdeführer sie rechtswidrig erlangt haben, in den jeweils angestrengten Vaterschaftsanfechtungsverfahren im Rahmen der Darlegungsanforderungen berücksichtigen müssen. An diesem Punkt haben die angegriffenen Entscheidungen den Grundrechtspositionen der Beschwerdeführer in Abwägung mit den Grundrechtspositionen insbesondere des beklagten Kindes ebenfalls angemessen Rechnung getragen.

Im Grundsatz gilt für das zivilgerichtliche Verfahren, dass Beweismittel, die einer der Beteiligten rechtswidrig erlangt hat, nicht verwertet werden dürfen. Eine Verwertung widerspräche den Prinzipien einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung; die Rechtsbeeinträchtigung auf Seiten der Betroffenen würde durch aktives Handeln der Gerichte vertieft, und damit griffen die Gerichte in Konstellationen wie den vorliegenden selbst in die Grundrechte der Betroffenen ein (BVerfGE 106, 28 <bes. 48 ff.>). Deswegen kommt eine Verwertung allenfalls in Ausnahmesituationen in Betracht. Das hat das Bundesverfassungsgericht für die Konstellationen der zivilrechtlichen Verwertung heimlich mitgehörter Telefongespräche festgehalten (BVerfGE 106, 28 <50>). Bei der zivilgerichtlichen Verwertbarkeit heimlicher DNA-Analysen kann die Interessenabwägung erst recht nicht anders ausfallen.

Insbesondere die angegriffenen oberlandesgerichtlichen Entscheidungen haben ausführlich die Gründe dargelegt, warum eine Verwertung ausscheidet. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Kindes würde noch vertieft. Die Gerichte griffen im Falle einer Verwertung in einer nicht gerechtfertigten Weise in die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und aus Art. 6 Abs. 1 GG ein. Würde man heimliche DNA-Analysen im Rahmen der Darlegungsanforderungen berücksichtigen, würden zudem die gesetzlichen Voraussetzungen des verfassungsmäßigen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens unterlaufen. Es bestehen keinerlei Sicherungen, dass ein potenzieller Scheinvater nicht Körpermaterial anderer Personen untersuchen lässt und mit dem notwendig negativen Ergebnis ein Anfechtungsverfahren einleitet. Vorliegend ergibt sich zumindest im Verfahren 1 BvR 465/05, dass das Kind ausdrücklich bestritten hat, dass das eingesandte und ausgewertete Haar von ihm stammt. Unabhängig davon besteht bei den privaten, nicht zertifizierten Laboren keinerlei Sicherheit, dass die DNA-Analysen sachverständig durchgeführt werden und nicht fehlerbehaftet sind.

Bereits aus diesen für jedes Vaterschaftsanfechtungsverfahren geltenden Überlegungen ergibt sich ein Vorrang der Grundrechte des betroffenen Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG in der Abwägung mit den Grundrechten des anfechtenden Mannes und damit die Unverwertbarkeit heimlicher DNA-Analysen im Anfechtungsverfahren. Eine gerade ihren konkreten Fall betreffende Abwägung, wie sie die Beschwerdeführer verlangen, brauchte der BGH unter diesen Umständen nicht mehr vorzunehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführer besondere Gründe für eine Ausnahmesituation vorgebracht haben, mit denen der BGH sich hätte auseinandersetzen müssen.

9. Mai 2006

Jutta Wagner
Präsidentin                                                                                                               

Prof. Dr. Marion Albers
Vorsitzende der Kommission Gentechnologie

Dr. Angelika Nake
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften