Stellungnahme: 01-03


zu Änderungsanträgen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz - AVmG) - Ausschussd

Stellungnahme vom

Der djb legt hiermit den während der Anhörung im Bundestagsausschuss angefragten Vorschlag für geschlechtergerechte Tarife in der freiwilligen kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge vor. Außerdem macht der djb vor den anstehenden BT-Beratungen auf Widersprüche in den Änderungsanträgen zu den Freibeträgen aufmerksam.

  1. Geschlechterneutrale Tarife im Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (Alt-ZertG)
    Um Frauen mit der steuerlich geförderten Ablösung von Teilen der gesetzlichen Alterssicherung durch eine private Altersvorsorge nicht zu benachteiligen, müssen geschlechterneutrale Tarife garantiert werden. Die Regelung der privaten Altersversorgungsverträge wird mit dem AltZertG - zu Recht - nicht allein dem Markt überlassen. § 3 AltZertG nennt grundlegende Vertragsbedingungen und damit Voraussetzungen für die steuerliche Förderung.
    Der djb schlägt folgende Änderung vor, um geschlechterneutrale Tarife auch beim Aufbau der steuergeförderten privaten Altersvorsorge zu sichern:
    In Art. 6a wird in §3 als weitere Voraussetzung für die Zertifizierung vorgesehen, dass ein Vertrag gleiche Leistungen für gleiche Beiträge zusichert.
    Zur Begründung: Die steuerliche Förderung privater Altersvorsorge verstößt gegen das Diskriminierungsgebot und das Förderungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG (Gleichberechtigung von Mann und Frau), wenn geschlechtsspezifische Differenzierungen der Beiträge bei gleicher Leistungserwartung wegen der bei Frauen höheren Lebenserwartung förderungswürdig bleiben.
    Verletzt wird außerdem Art. 3 Abs. 1 GG, da für die betriebliche Alterssicherung, die als eine Art der privaten Alterssicherungsform förderungsfähig ist, die Gleichbehandlungsrichtlinie 96/87/EG über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Anwendung findet und ohne entsprechende Vorgabe für die anderen geförderten Altersvorsorgesysteme die betriebliche Alterssicherung ansonsten im Vergleich zu anderen Sicherungsformen benachteiligt werden würde.
  2. Freibetrag für Witwen- und Witwerrente
    Es sollte dem Willen aller Fraktionen entsprechen, den Freibetrag für die Witwen- und Witwerrente zumindest nur auf den am 1. Juli 2011 geltenden aktuellen Rentenwert einzufrieren. Dann kann in 10 Jahren überprüft werden, ob sich die der Änderung zugrunde liegende Annahme bestätigt, eine steigende Frauenerwerbstätigkeit könne ein deutliches Abschmelzen der Witwenrente rechtfertigen.
    Vorgesehen ist jetzt:
    • den Freibetrag für alle Witwen- und Witwerrenten der gUV auf den am 1. Juli 2011 geltenden aktuellen Rentenwert einzufrieren 1,
    • den Freibetrag für alle Witwen- und Witwerrenten der gRV auf 450 Euro statt auf 440 Euro einzufrieren 2

    Der Widerspruch wird mit der Begründung noch deutlicher. Die Änderung zur gUV soll danach der Einkommensanrechnung in der gRV entsprechen (Drs. S.10), tut dies aber bisher gerade nicht.

    Der djb schlägt folgende Änderung vor, die das Einfrieren des Freibetrags für Witwen- und Witwerrenten auf den am 1. Juli 2011 geltenden aktuellen Rentenwert verschiebt und für den Rentenbericht parallel die Informationsbasis für eine mögliche Neubewertung sichert:

    • Zu Art. 1 Nr. 33 werden in § 97 Abs. 1 Satz 1 in Nummer 1 die Wörter "das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts" durch die Wörter "das 26,4fache des am 1. Juli 2011 geltenden aktuellen Rentenwerts" ersetzt.
    • Zu Art. 1 Nr. 47 werden in § 154 Abs. 3 die Worte "im Jahre 2012" durch die Worte "im Jahre 2010" ersetzt.
  3. Freibetrag der Waisenrente
    Der Freibetrag für die Waisenrente sollte nicht eingefroren werden. Sonst müssten El-tern erstmals für den Fall ihres Todes Vorsorge zugunsten ihrer Kinder treffen, die zur Zeit von allen Versicherten (gesetzliche Rentenversicherung - gRV) bzw. Arbeitgebern (gesetzliche Unfallversicherung - gUV) getroffen wird.
    Vorgesehen ist jetzt:
    • der Freibetrag für die Waisenrente der gUV soll statt auf 440 Euro auf den am 1. Juli 2011 geltenden aktuellen Rentenwert eingefroren werden 3.
    • der Freibetrag für die Waisenrente der gRV soll - angepasst an die nächste Rentenerhöhung - statt auf 440 Euro auf 450 Euro eingefroren werden 4.

    Die Begründung zum Freibetrag für die Waisenrente der gUV, die Änderung für die gUV entspreche der Einkommensanrechnung in der gRV (Drs. S. 10), zeigt, dass die Regelung auch so nicht gemeint sein kann.
    Die Freibeträge für die Waisenrenten müssen dynamisch bleiben.
    Hierzu schlägt der djb vor:

    • Zu Art. 1 Nr. 33 entfallen die zu § 97 Nummer 2 vorgeschlagenen Änderungen
    • Zu Art. 5 Nr. 3 entfallen die zu § 68 vorgeschlagenen Änderungen.
  4. Kindbezogener Freibetrag für Hinterbliebenenrenten
    Für den kindbezogenen Freibetrag der Witwen- und Witwerrente sowie der Waisenrente soll die Dynamik dauerhaft beibehalten werden (Drs. S. 3). Dies gelingt für die gRV mit der Änderung zu Art. 1 Nr. 33. Aber es fehlt die entsprechende Änderung für die gUV. Art. 5 Nr. 2 und 3 sind für § 65 Abs. 3 Satz 3 und § 68 Abs. 2 Satz 3 SGB VII entsprechend klarzustellen.



21. Januar 2001

gez. Prof. Dr. Ursula Nelles
1. Vorsitzende des djb
gez. Prof. Dr. Ursula Rust
Vorsitzende der
Kommission Familienlastenausgleich


1 Änderung zu Art. 5 Nr. 2 (Drs. S. 10).
2 Änderung zu Art. 1 Nr. 33: Dies die Anpassung der eingefrorenen Freibeträge an die Werte der Rentenanpassung zum 1.Juli 2001, so die Begründung (Drs. S. 10).
3 Änderung zu Art. 5 Nr. 3 (Drs. S. 10): Indem die Wörter "das 17,6 fache des aktuellen Rentenwerts" durch die Wörter "das 17,6fache des am 1. Juli. 2011 geltenden aktuellen Rentenwerts" ersetzt werden, wird der Freibetrag auf einen neuen Wert festgesetzt. Wenn einleitend dazu angegeben wird, es handele sich um eine Änderung in "§ 68 Abs. 2 Satz 2", entspricht dies nicht dem nachfolgenden Inhalt. § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB VII bestimmt mit dem Wert "5,5fache des aktuellen Rentenwerts" die kindbezogene Erhöhung des Freibetrags der Waisenrente. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB VII regelt derzeit mit dem "17,6 fachen des aktuellen Rentenwerts" den für alle Waisen geltenden Freibetrag.
4 Änderung zu Art. 1 Nr. 33 (Drs. S. 3).