Stellungnahme: 01-02


zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung (Stand: 13.12.2000)

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) begrüßt es sehr, dass die Bundesregierung nunmehr ein „ Ge-setz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung“ im Entwurf vorgelegt hat. Dies ist zur Umsetzung der in dem Aktionsplan der Bundesregierung beschriebenen Maßnahmen zur dringend notwendigen Verbesserung des Schutzes von Gewalt betroffenen Frauen und ihrer Kinder als ein weiterer Schritt folgerichtig.

Es erscheint notwendig, den vorgelegten Entwurf im Hinblick auf einige Regelungen noch einmal zu überdenken. Hierbei legen wir Wert auf eine zügige Befassung des Gesetzgebers mit dem Ge-setzentwurf, damit eine Verzögerung der anvisierten Reform vermieden werden kann.

Zu Artikel 1 des Entwurfes

Wir bedauern die Entscheidung der Bundesregierung, in § 1 GewSchG-E das allgemeine Persön-lichkeitsrecht nicht ausdrücklich als Schutzgut zu erwähnen. Dies führt dazu, dass der Rechts-schutz bei Gewalthandlungen, die zu Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führen, weiterhin unter Anwendung der §§ 823, 1004 BGB analog fällt, obwohl die Ansprüche demselben Lebenssachverhalt zugrunde liegen.

Der in § 1 GewSchG-E enumerierte gerichtliche Maßnahmekatalog ist aus unserer Sicht weitestgehend gelungen. In § 1 Abs. 1 Nr. 3 GewSchG sollte das letzte Wort "muß" gestrichen werden. Hier wird der Bewegungsradius der Antragstellerin unzumutbar eingeschränkt, da ein Schutz an den Orten, an denen sie sich ohne Verpflichtung – etwa in ihrer Freizeit regelmäßig - aufhält, 2nicht ohne weiteres in Betracht kommt. Die Bestimmbarkeit der Orte, an denen die Kontaktsperre zu gelten hat, wird ausreichend durch die Voraussetzung "regelmäßig" gewährleistet.

In § 2 des Gewaltschutzgesetzes sollte das Kindeswohl bzw. die „ Beeinträchtigung der Belange des Kindes“ als Tatbestandsvoraussetzung wieder mit aufgenommen werden. Die Ungleichbehand-lung von nichtehelichen Kindern gegenüber ehelichen Kindern, deren schutzwürdige Interessen in § 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB aufgenommen wurden, ist nicht erwünscht. § 1666 BGB ist als Anspruchsgrundlage für den Schutz der Kinder nicht ausreichend. Diese Rege-lung ist nicht auf Situationen von häuslicher Gewalt ausgerichtet, in denen die Gewalthandlungen nur von einem Elternteil ausgehen. In § 4 GewSchG sollten auch Verstöße gegen § 2 GewSchG bestraft werden. Hilfsweise müsste § 2 Abs. 4 in den Aufzählungskatalog des § 1 Abs. 1 als Punkt 6 aufgenommen werden. Zu Artikel 2 des EntwurfesIn § 1361b Abs.2, 2. Halbsatz BGB-E sollte "in der Regel" gestrichen werden. Bei häuslicher Gewalt kann nur die Wohnungsüberlassung zur alleinigen Nutzung dem Schutzzweck dienen. Eine teilwei-se Wohnungsüberlassung erhöht vielmehr die Gefährdung und ist kontraindizierend.

In § 1361 b Abs. 4 BGB-E sollte das Wort "unwiderlegbar" gestrichen werden. Dies würde verhin-dern, dass eine Person durch unverschuldetes Nichtbekunden einer Rückkehrabsicht endgültig das Nutzungsrecht verliert. Zu Artikel 5 des Entwurfs§ 64b FGG-E sollte neben den Verfahren nach §§ 1 und 2 GewSchG auch auf die Wohnungsüber-lassung nach § 1361b Abs.2 BGB-E Anwendung finden, da hierdurch der einstweilige Rechtsschutz zunächst ohne mündliche Verhandlung ermöglicht wird. Die Entscheidung auch ohne mündliche Verhandlung ist in Fällen einer Gefahr für Leib und Leben unverzichtbar. Zumindest muss eine Interimsanordnung bis zur mündlichen Verhandlung analog der österreichischen Regelung ermög-licht werden. Die Rechtsposition des gewalttätigen Ehegatten wird nicht unverhältnismäßig beein-trächtigt, da ihm die üblichen Rechtsmittel zur Verfügung stehen.

 

Bonn, den 19. Januar 2001

 

gez. Prof. Dr. Ursula Nelles                                                                     gez. Dorothea Schuk

1. Vorsitzende                                                                                            Vorsitzende des Arbeitsstabs Gewalt gegen Frauen