Wege zur Diskriminierungsfreiheit in Unternehmen


Wege zur Diskriminierungsfreiheit in Unternehmen

Unser Ziel ist eine geschlechtergerechte Unternehmenskultur, die gleiche Verwirklichungschancen für alle Geschlechter garantiert. Diese ist Voraussetzung dafür, dass Frauen ihre Existenz eigenständig sichern und wirtschaftlich unabhängig leben können – mit oder ohne neben der Erwerbsarbeit zu erbringender unbezahlter Sorgearbeit. Wir beschränken uns nicht auf Frauen in Führungspositionen – so wichtig dies auch ist. Unser Anspruch ist, dass durch Regulierungen den Interessen und Bedürfnissen von Frauen auf allen Arbeitsplätzen und in allen Beschäftigungsbereichen Rechnung getragen wird.

Trotz besserer Bildungsabschlüsse von Mädchen und Frauen ist der Arbeitsmarkt noch immer stark geschlechtshierarchisch segregiert. Dass dringender Handlungsbedarf besteht, zeigt insbesondere der Gender Pay Gap, der noch immer bei 18 Prozent liegt. Der Gender Care Gap indiziert den unterschiedlichen Zeitaufwand, den Frauen und Männer für unbezahlte Sorgearbeit aufwenden. Er liegt bei 52,4 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich mehr als doppelt so viel Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit, machen längere Erwerbsunterbrechungen und sind überrepräsentiert in vielen Formen prekärer und atypischer Beschäftigung. Deutliche Rückschlüsse auf den Stand der Gleichstellung lassen auch der Gender Pension Gap und der Gender Overall Earnings Gap sowie der Digital Gender Gap zu. Im europäischen Ländervergleich schneidet Deutschland bei diesen Indikatoren besonders schlecht ab.

All diese Gaps belegen empirisch, dass die Verwirklichungschancen für Frauen und nichtbinäre Personen in der Erwerbsarbeit noch nicht gleich sind. Die gesamtgesellschaftlichen, betrieblichen und auch die privaten Strukturen wirken auf die individuellen Entscheidungen ein, begründen, verstärken und perpetuieren sie, die wiederum auf die äußeren Strukturen zurückwirken. Die Gaps werden gespeist aus diesem Wechselspiel, dem zu entkommen es vor allem des Ausbaus geschlechtergerechter Erwerbsbedingungen bedarf. Gelingt es etwa, den Gender Pay Gap zu schließen, wird das Auswirkungen auf den Gender Care Gap und den Gender Pension Gap haben.

Um echte Gleichstellung im Erwerbsleben zu erreichen, ist die Überwindung diskriminierender Strukturen in Unternehmen ein entscheidender Schlüssel.

Bisherige Gleichstellungsgesetze reichen nicht aus

Alle bisherigen Gesetze mit dem Anspruch, die Gleichstellung der Geschlechter herzustellen, tragen einen Makel, der entscheidend zu ihrer mangelnden Effizienz führt. Denn sie gewähren lediglich Individualansprüche, d.h. sie setzen darauf, dass die einzelnen diskriminierten Individuen ihren Anspruch auf Gleichbehandlung selbst durchsetzen. Dem stehen jedoch besonders im Kontext des Erwerbslebens sowohl individuelle als auch strukturelle Barrieren im Weg. Die Durchsetzung scheitert in vielen Fällen an der verständlichen Zurückhaltung der Betroffenen, ganz auf eigenes Risiko den Rechtsweg zu beschreiten – oft verbunden mit mangelnden Ressourcen und der begründeten Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Hinzu kommt, dass ein gerichtlich durchgesetzter Erfolg nur für die Klägerin gilt, nicht für gleichermaßen betroffene Kolleginnen. Als eine von 100 Organisationen im zivilgesellschaftlichen Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“ hat der Deutsche Juristinnenbund e. V. (djb) im Januar 2023 eine umfassende Ergänzungsliste zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und eine Stellungnahme mit elf zentralen Forderungen vorgestellt.

Der gleiche Makel haftet dem 2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetz an. Es regelt in komplizierter Form Auskunftsansprüche einzelner Beschäftigter über die Entgeltstrukturen im Unternehmen und hat folglich, wie vom djb im Gesetzgebungsverfahren vorausgesagt und nun durch die Ergebnisse der Evaluation belegt, keinen nennenswerten Beitrag zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit geleistet.

Das Führungspositionengesetz I und II bestimmt gesetzliche Quoten für Aufsichtsräte und Führungskräfte und ist insofern durchaus ein Fortschritt, weil es an den unternehmerischen Strukturen ansetzt. Der Anwendungs- und Wirkungsbereich ist jedoch eng begrenzt und trägt der Vielzahl an Unternehmensarten und Beschäftigteninteressen nicht ausreichend Rechnung. Quoten sind zwar wichtige Instrumente zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit, aber nur, wenn sie mit anderen Instrumenten verknüpft sind, die darauf abzielen, die Strukturen in den Unternehmen ganzheitlich zu verändern.

Es braucht daher einen gesetzlichen Impuls. Die Unternehmen selbst müssen dazu verpflichtet werden, dass Beschäftigte im Erwerbsleben gleiche Verwirklichungschancen haben, unabhängig von der Branche, der Betriebsgröße und analogen oder digitalen Geschäftsmodellen. Die Unternehmen werden angehalten, Beschäftigungsbedingungen, Personalentscheidungen, Arbeitszeitregime und Entgeltregelungssysteme auf Diskriminierungsrisiken hin zu analysieren und mittels selbstentwickelter Gleichstellungsmaßnahmen abzubauen. Der Staat hat dabei eine aktivierende, moderierende und prüfende Rolle.

 

 Der djb fordert unter anderem:                                                    

  • ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, das nach dem Regulierungsmodell der regulierten Selbstregulierung die Diskriminierungsfreiheit in Unternehmen herstellen kann;
  • die Schaffung von Transparenz unternehmerischen Gleichstellungshandelns insbesondere durch effektive Berichtspflichten;
  • die Gewährleistung einer lebensphasenorientierten Arbeitszeitgestaltung durch ein Wahlarbeitszeitgesetz, welches Beschäftigten einen Anspruch auf Arbeitszeiten zusichert, die ihren Bedürfnissen entsprechen, ohne die Unternehmen zu überfordern;
  • die Stärkung und den Ausbau der Rechte der Interessenvertretungen von Beschäftigten (Gewerkschaften, Betriebs-/Personalräte);
  • die Einrichtung von Verbandsklagemöglichkeiten;
  • eine Ausweitung der nicht übertragbaren Elternzeit, der sogenannten Vätermonate, zur Förderung tatsächlicher Gleichberechtigung der Geschlechter

 

 

 

Pressemitteilungen und Stellungnahmen


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www.bundesverfassungsgericht.de dazu auch: Beschluss des BVerfG 1 BvR 1351/95 vom 2. Mai 2006) Der Deutsche Juristinnenbund e.V. bedankt sich für die… mehr 

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Stand: 15. August 2000 Die grundlegenden Vorschläge der Europakommission der djb für eine Grundrechtecharta (Stand Mai 2000) finden sie hier Das… mehr 

1. Gesetzentwurf der PDS-Fraktion Der djb hat das hier vorgeschlagene Verfahren einer auf einer vorherigen Wahl basierenden Bestellung der… mehr 

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Die Grundrechtscharta der Europäischen Union wird das Europa der Bürgerinnen und Bürger um einen großen und entscheidenden Schritt voranbringen. Der… mehr 

Der vorgelegte Entwurf beabsichtigt über notwendige Anpassungen an das europäische Gemeinschaftsrecht hinaus strukturelle Verbesserungen beim… mehr 

djb in der Presse


Ein Zusammenschluss aus Verbänden und Personen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft setzt sich für die bessere rechtliche Absicherung zur Vereinbarkeit von Familie und eigenem Betrieb ein. Link zur Webseite öffnen

"Jedes Jahr dasselbe", schreibt der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) in seiner Pressemitteilung zum Equal Pay Day. Dieser markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen arbeiten müssten, um auf das Gehalt zu kommen, das Männer bereits am 31. Dezember erzielt haben. In diesem Jahr ist das der heutige Dienstag, der 7. März. Der Equal Pay Day fällt also fast zusammen mit dem Weltfrauentag, der jährlich am 8. März begangen wird. Link zur Webseite öffnen

Der Deut­sche Ju­ris­tin­nen­bund (djb) mahnt an, die EU-Richt­li­nie zur Ver­bes­se­rung der Ver­ein­bar­keit von Beruf und Pri­vat­le­ben voll­stän­dig um­zu­set­zen. "Ins­be­son­de­re ein ver­gü­te­ter Frei­stel­lungs­an­spruch für den zwei­ten El­tern­teil nach der Ge­burt un­ab­hän­gig von der El­tern­zeit ist längst über­fäl­lig", er­klär­te djb-Prä­si­den­tin Maria Wer­sig. Die Um­set­zungs­frist für die Richt­li­nie war am 02.08.2022 ab­ge­lau­fen. Link zur Webseite öffnen