Stellungnahme: 20-27


zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abstammungs-, Kindschafts- und Kindesunterhaltsrechts (BMJV)

Stellungnahme vom

A. Zum Abstammungsrecht

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Pläne zur Einführung einer weiteren rechtlichen Mutterschaft qua Ehe oder Anerkennung nachdrücklich.

Reformbedarf ist nicht zu leugnen, um nicht zu sagen „überfällig“. Darüber besteht seit langem Konsens, auch in der juristischen Debatte[1]; die Dringlichkeit der Einführung einer originären rechtlichen Elternstellung auch für nicht-männliche Partner*innen ist mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare noch deutlicher geworden.

Der djb hat wiederholt eine Anpassung des Rechts an die gesellschaftliche Realität gefordert.[2] Die Ermöglichung der Absicherung durch zwei Elternteile qua Geburt ist nicht nur aus gleichheitsrechtlicher Perspektive, sondern vor allem zur Wahrung des Kindeswohls geboten. Das nach wie vor bestehende Adoptionserfordernis ist diskriminierend für die Eltern und birgt aufgrund der langen Dauer Gefahren für das Kind. Eine Regelung der Materie noch in dieser Legislaturperiode ist aus Sicht des djb daher unabdingbar.

Kritisch ist jedoch anzumerken, dass der Entwurf die (verfassungswidrige) Diskriminierung im Hinblick auf trans* Eltern und Eltern mit „divers“-Eintrag bzw. ohne Geschlechtseintrag nicht mit in den Blick nimmt, sondern (weiter) festschreibt. Nicht nur in lesbischen Ehen müssen nach wie vor gemeinsame Kinder adoptiert werden, sondern auch wenn der zweite Elternteil einen „divers“-Personenstandseintrag hat oder der Eintrag offengelassen wurde. Gebärende trans* Männer, inter* und nicht-binäre Personen werden nicht entsprechend ihres Geschlecht(seintrags), sondern gemäß den Vorgaben des völlig veralteten Transsexuellen­gesetzes von 1980 als „Mutter“ in die Geburtsurkunde und das Geburtenregister eingetragen.

Bei der Einführung nichtdiskriminierender Rechtsbezeichnungen für diese Eltern handelt es sich – anders als bei der Frage nach Leihmutterschaft – nicht um neue, noch zu diskutierende Problemlagen. Die Rechtslage ist vielmehr identisch mit der im Gesetzesentwurf adressierten, denn es gibt eine gebärende Person und eine mit ihr verheiratete Person bzw. eine Person, die die Elternschaft für das Kind anerkennt. Im Übrigen liegt ein klarer Verfassungsauftrag vor: In der Entscheidung zur dritten Geschlechtsoption von 2017 hat das Bundesverfassungs-gericht deutlich gemacht, dass, wenn der Staat an geschlechtlichen Bezeichnungen festhält, eine nicht-diskriminierende Option für jene geschaffen werden muss, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig sind.[3] Nichts anderes kann für das Abstammungsrecht gelten, zumal es sich bei den Elternbezeichnungen um geschlechtlich besonders aufgeladene und daher grundrechtsrelevante Informationen handelt. Die betroffenen Eltern in diesem Zusammenhang auf langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren zu verweisen, um ihr berechtigtes Anliegen, als Eltern ihrer Kinder im Geburtenregister eingetragen zu werden, zu erreichen, ist weder vermittel- noch zumutbar.

Aus Sicht des djb ist der Verfassungsauftrag in dieser Frage eindeutig.

Im Detail wirft der Entwurf aber Folgefragen auf. So stützt sich die weitere Mutterschaft nicht konsistent auf die Einwilligung zur Insemination. Dies wirkt sich auf die – im Gegensatz zur Vaterschaft – fehlende gerichtliche Feststellungsmöglichkeit und die, wie unter anderem vom djb geforderte,[4] präkonzeptuelle Anerkennungsmöglichkeit aus. 

Die Inkonsistenz zeigt sich auch im Hinblick auf die Anfechtungsregelungen. Aus den §§ 1600 Abs. 1 Nr. 1, 1600b Abs. 1 Nr. 1 BGB-E, § 171 Abs. 2 S. 3 FamFG-E geht hervor, dass die weitere Mutter ihre Mutterschaft (nur) anfechten kann, wenn das Kind nicht im Wege „künstlicher Befruchtung“, sondern durch „Beiwohnung“ eines Mannes entstanden ist. Unabhängig davon, dass sich der djb wiederholt gegen diesen Begriff ausgesprochen hat,[5] erscheint der damit verbundene „intime Blick ins Schlafzimmer“ unnötig normierend. Die Berechtigung zur Anfechtung sollte nicht an die Art und Weise der Zeugung des Kindes anknüpfen, sondern an die fehlende Einwilligung.

B. Die gemeinsame elterliche Sorge

1) Dem geltenden § 1626 Abs. 3 BGB, der u.a. postuliert, dass der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen in der Regel zu seinem Wohl gehört, soll nachfolgender Satz angefügt werden:

„Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Bezug auf eine Person, die Gewalt gegen das Kind, gegen einen Elternteil oder gegen eine andere Person im Sinne des Satzes 2 verübt hat, sofern die Gewalt Auswirkungen auf das Kind hat.“

Die mit dem neuen Satz 3 klarstellende Bestimmung, die mit Blick auf Artikel 31 der Istanbul-Konvention erfolgt, ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sollte der einschränkende letzte Halbsatz („sofern die Gewalt Auswirkungen auf das Kind hat") entfallen. Zum einen dürften solche Auswirkungen bei familiärer Gewalt in der Regel anzunehmen sein, zum anderen ist dieser Aspekt ohnehin Teil der Kindeswohlprüfung im Rahmen der Umgangsregelung. Denn bei der Frage, ob im konkreten Einzelfall der Umgang des Kindes mit seinen Eltern (§ 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB) oder einer ihm nahestehenden Person im Sinne des § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB dem Kindeswohl dient, ist jedenfalls zu prüfen, in welcher Form familiäre Gewalt verübt wurde und welche Auswirkungen das Erleben und/oder Miterleben der familiären Gewalt auf das Kind hatte.

2) Daneben enthält der Entwurf eine (Neu-)Regelung zur Begründung der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern (§ 1626a BGB).

Das bestehende Sorgerecht geht davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. § 1627 BGB verlangt denn auch, dass die Eltern die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben haben. Eltern, die bei der Geburt eines Kindes miteinander verheiratet sind oder später einander heiraten, haben von Gesetzes wegen (gleichsam automatisch) die gemeinsame Sorge für das Kind (§ 1626 BGB). Eltern, die den rechtlichen Schritt einer Eheschließung nicht gehen wollen, können gegenwärtig die gemeinsame elterliche Sorge nur mit Hilfe eines Vaterschaftsanerkenntnisses und der Abgabe einer Sorgeerklärung erwerben (§ 1626a I Nr. 1 BGB). Beides muss die Mutter mittragen, d.h. sowohl dem Vaterschaftsanerkenntnis zustimmen (§ 1595 I BGB) wie auch eine entsprechende Sorgeerklärung abgeben.

Nach geltendem Recht entscheiden sich die Beteiligten mithin bewusst (wegen der Formbedürftigkeit der Erklärungen nach Belehrung) für die Gründung einer Familie, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass das für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge erforderliche Maß an Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern vorliegt (§ 1627 BGB).

Der Entwurf beabsichtigt nun, die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge qua Gesetzes dahingehend zu erweitern, dass diese bereits mit der Anerkennung der Vaterschaft und – insoweit folgerichtig (s.o.) – der Mutterschaft erworben wird.

Dagegen wendet sich der djb. Denn die dem Entwurf zugrundeliegende Annahme, bei einem Vaterschaftsanerkenntnis sei immer auch von einem Grundkonsens der Eltern auszugehen, der das Potenzial für eine gemeinsame Verantwortungsübernahme gegenüber dem Kind enthalte, ist nicht richtig. Im Gegenteil: Ein Anerkenntnis der Vaterschaft dient häufig der Vermeidung eines gerichtlichen Vaterschaftsfeststellungsverfahrens und der damit verbundenen hohen Kosten, die durch die Begutachtung (§ 177 Abs. 2 FamFG) anfallen.

Soll hier die Mutter etwa die Zustimmung zum (Vaterschafts-)Anerkenntnis verweigern, obwohl sie weiß, wer der leibliche Vater des Kindes ist, da sie keine Basis für eine gemeinsame Sorge sieht? Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die bloße Klärung des Abstammungsverhältnisses sorgerechtliche Konsequenzen haben soll. Der abstammungsrechtliche Begriff der Elternschaft und der sorgerechtliche Begriff der Elternschaft sollten nicht ohne weiteres verquickt werden.

Es kann auch nicht Ziel des Gesetzes sein, eine Mutter, die ihrem Kind Unterhalts- und Erbansprüche sichern will, dazu zu zwingen, mit dem Vater gemeinsam das Sorgerecht auszuüben.

Schließlich ist in die Überlegungen mit einzubeziehen, dass in der Praxis bei einem bestehenden Grundkonsens der Eltern in der Regel neben der Anerkennung der Vaterschaft sogleich auch die Sorgeerklärungen beurkundet/abgegeben werden, wie der Entwurf keineswegs verkennt. Beide Erklärungen sind kostenfrei, auch wenn sie vor dem*der Notar*in erfolgen. Ein plausibler Grund, von der beschriebenen Systematik und der bisherigen gesetzlichen Regelung, die elterliche Sorge von der Abstammung eines Kindes strikt zu trennen, abzuweichen, ist dem Entwurf nicht zu entnehmen.

Das geltende Recht – getrennte Erklärungen – findet zudem allgemein Akzeptanz und wird gelebt. So gab es im Jahr 2018 nicht nur 197.808 von beiden Elternteilen übereinstimmend abgegebene Sorgeerklärungen, sondern zusätzlich war die Zufriedenheit mit der öffentlichen Verwaltung (die Erklärung kann auch durch das Jugendamt beurkundet werden, §§ 59, 60 SGB VIII) in diesem Punkt sehr hoch (Destatis/Politische Bildung und gesellschaftliche Partizipation/Auszug aus dem Datenreport 2018/Kapitel 9.4.4).

3) Bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern kann nach geltendem Recht das Gericht angerufen werden, wenn es sich um eine einzelne Angelegenheit oder eine bestimmte Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge handelt, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (§ 1628 BGB).

Der Entwurf beabsichtigt eine Änderung der Vorschrift, die zu hinterfragen ist. § 1628 I BGB-E soll folgende Fassung erhalten:

„(1) Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge nicht einigen, sollen sie einen außergerichtlichen Einigungsversuch bei einer Beratungsstelle oder einem Beratungsdienst der Träger der Kinder- und Jugendhilfe oder im Wege der Mediation unternehmen.“

Der damit normierte „Einigungszwang“ ist im Hinblick auf die detaillierten verfahrensrechtlichen Regelungen in § 156 FamFG überflüssig. Zudem eröffnet die materiell-rechtliche Regelung, dass Eltern bei jedweder Unstimmigkeit eine Beratung oder gar eine Mediation in Anspruch nehmen „sollen“, ohne Not ein weiteres Konfliktfeld. Wenn sich die Eltern in einer für das Kind eher unwichtigen Angelegenheiten nicht einigen können, kann das durchaus auf sich beruhen. Nicht immer ist in solchen Situationen ein aufwändiger und/oder kostenträchtiger Schlichtungsprozess erforderlich oder gar sinnvoll. Eine § 156 FamFG vergleichbare Einschränkung, wonach das Gericht auf ein Einvernehmen nur hinwirken soll, "wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht", fehlt.

§ 156 FamFG ist für Konfliktfälle, wie die Praxis zeigt, völlig ausreichend und die in diesem Zusammenhang vorzugswürdigere Lösung.

Im Übrigen ist aufgrund der Verankerung der Norm im materiellen Recht unklar, ob es sich um eine Zugangsvoraussetzung für eine gerichtliche Entscheidung handelt oder nicht. Der Entwurf schweigt hierzu.

Ähnlich problematisch ist die angedachte Änderung zu § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB-E (Übertragung der Alleinsorge bei Getrenntleben der Eltern), die an Vorstehendes anknüpft. Danach ist 

Dem (ist) Antrag stattzugeben, soweit

  1….

„2. zu erwarten ist, dass eine Konfliktlösung durch Übertragung einer Entscheidung nach § 1628 Absatz 2 nicht in Betracht kommt und die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.“

Die Regelung setzt – wie bisher – eine sorgfältige Aufklärung des Sachverhalts (§ 26 FamFG) und eine umfassende Interessenabwägung voraus, die zwangsläufig Einfluss auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens haben. Wenn nun ergänzend noch zu prüfen ist, ob u.U. eine Konfliktlösung über § 1628 BGB (und damit außergerichtlich) in Betracht kommt, stellt sich die Frage, ob dies im Sinne der Betroffenen, insbesondere der Kinder ist. Denn sie könnten sich nun wiederholt Verfahren ausgesetzt sehen, wenn lediglich immer nur ein Streitpunkt beigelegt wird (werden kann).

Der djb regt an, beide Änderungsvorschläge zu überarbeiten.

4) Fazit: Angesichts des Konsensmodells im deutschen Sorgerecht (§ 1627 BGB), welches ganz im Sinne der betroffenen Kinder liegt, ist für die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge grundsätzlich eine bewusste Entscheidung beider Eltern gefordert – sei es durch den rechtlichen Akt der Eheschließung oder die Abgabe einer einverständlichen Sorgeerklärung. Die Verknüpfung von elterlicher Sorge und Abstammung wird daher abgelehnt.

C. Das Wechselmodell

Die Änderung der Vorschrift übernimmt für das Wechselmodell die vom Bundesgerichtshof erarbeitete Lösung, wonach eine Gewichtung der Barunterhaltsteile der beiderseits barunterhaltspflichtigen Eltern stattfindet, wenn das Kind (annähernd) paritätisch betreut wird. Die Vorschrift schafft daher sicherlich Klarheit, weil die Anrechnung des Kindergeldes bei der Ermittlung des Unterhalts in der Praxis ganz erhebliche Probleme aufwirft, obgleich die Rechtsprechung des BGH zum Abzug des Kindergeldes – wie der Regierungsentwurf zutreffend feststellt – als gefestigt gelten dürfte.

Die Anrechnung des Kindergeldes nach dem im Entwurf vorgeschlagenen Modus erscheint im Verhältnis zu dem auf die Betreuung entfallenden Kindergeldanteil aber nicht ganz widerspruchsfrei. Denn während bei dem auf den Barunterhalt entfallenden Anteil mit mathematischer Genauigkeit gearbeitet wird, reicht es bei dem auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteil aus, wenn die Anteile „im Wesentlichen“ gleich sind. Dann soll dieser Teil – immer, genau – hälftig zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Das scheint nicht in allen denkbaren Konstellationen geboten. Betreut etwa eine als Nachtschwester berufstätige Mutter ein Kleinkind immer tagsüber und das Kind übernachtet immer beim Vater, ist der zeitliche Aufwand für die Betreuung gleich, obwohl die Mutter faktisch die weitaus größere tatsächliche Betreuungslast trägt. Hier sollte eine Öffnungsklausel Raum für anderweitige Gewichtungen lassen.

Die Anrechnung des Kindergeldes nach Wirtschaftskraft schützt den einkommensstärkeren Elternteil – in der Regel den Vater. Es ist jedoch geboten, auch die Belange der einkommensschwächeren Elternteile – noch immer ganz überwiegend die Mütter – bei Unterhaltsfällen im Wechselmodell besser abzubilden. Denn auch im Residenzmodell beteiligen sich die Mütter am Barunterhalt der Kinder, weil die Haftung des Vaters auf den nach seinen Einkommensverhältnissen geschuldeten Betrag gedeckelt ist. Hier hat die Unterhaltsrechtsreform im Jahr 2008 durch die Abschaffung der gleitenden Anrechnung des Kindergeldes eine Mehrbelastung bewirkt. Bis dahin wurde das Kindergeld gem. § 1612b Abs. 5 BGB nur dann beim barunterhaltspflichtigen Elternteil zur Hälfte angerechnet, wenn er Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrages nach der Regelbetragsverordnung (damals nach der 6. Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle) aufbringen konnte. Fiel seine Leistungsfähigkeit hinter den damals gültigen Einsatzbeträgen zurück, kam es nicht zur Kindergeldverrechnung und dieser Teil kam dem Haushaltsbudget der Mutter zugute. Mit der Reform aus dem Jahr 2008 verfolgte der Gesetzgeber das Ziel einer Vereinfachung und Harmonisierung des Unterhaltsrechts mit dem Sozialrecht; seither gilt Kindergeld in der Regel als bedarfsdeckend. Der Effekt einer Mehrbelastung der betreuenden Elternteile ist seinerzeit nicht berücksichtigt worden. Es scheint unangemessen, wenn nun im Wechselmodell die Mehrbelastung der überproportional barunterhaltspflichtigen Elternteile so abgebildet werden soll, dass die gleitende Anrechnung hier wieder zu Gunsten des einkommensstärkeren Elternteils eingeführt wird.

Der djb weist in diesem Zusammenhang auch nachdrücklich darauf hin, dass die in Aussicht genommenen (Teil-)Änderungen des Unterhaltsrechts auf keinen Fall eine adäquate Gesamtlösung der durch die paritätische Betreuung entstehenden Unterhaltsprobleme darstellen. Vor allem dann, wenn während einer Partnerschaft die Aufgabenverteilung einem Elternteil die häuslichen Aufgaben zuwies, während der andere einer Erwerbsstätigkeit nachging, kommt es nach der Trennung zu unerträglichen Mehrbelastungen des ursprünglich für die Kinderbetreuung zuständigen Elternteils – in der Regel der Mutter. Die Einkommenseinbußen, die diese wegen der in der Vergangenheit gelebten Rollenverteilung hinnehmen muss, trägt sie allein, ihr werden fiktive Einkünfte zugerechnet, wenn sie keine vollschichtige Beschäftigung findet (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2017 – XII ZB 565/15 –, BGHZ 213, 254-270, zitiert nach Juris, Rn. 27 ff.). Gerade angesichts der infolge der Pandemie zu erwartenden Einbrüche im Arbeitsmarkt steht erneut zu befürchten, dass das Budget der Mütter künftig noch schwerer belastet wird.

Fazit: Der Entwurf wird auch in diesem Punkt zu überdenken sein; ggf. wird die Änderung zum Abstammungsrecht – zur Vermeidung weiterer Verzögerungen – isoliert auf den Weg zu bringen sein.

 

Prof. Dr. Maria Wersig  
Präsidentin                                               

Brigitte Meyer-Wehage
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und
Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften

 


[1] Siehe nur Deutscher Juristentag, Verhandlungen des 72. Deutschen Juristentages Essen 2016, Band I, Gutachten, Verlag C.H.Beck München, S. 69 f.; Arbeitskreis Abstammungsrecht, Abschlussbericht 2017.

[2] Pressemitteilung des djb vom 18.3.2019: Ohne Umwege: Rechtliche Elternschaft für lesbische Frauen! https://www.djb.de/presse/pressemitteilungen/detail/pm19-12; Siehe schon die Stellungnahme des djb vom 14.3.2019 zu BT-Drs. 19/2665, https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K2/st19-08/; Stellungnahme vom 6.5.2019 zum Diskussionsteilentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Abstammungsrechts, https://www.djb.de/presse/pressemitteilungen/detail/st19-11.

[3] Bundesverfassungsgericht vom 10.10.2017, BVerfGE 147, 1.

[4] Stellungnahme vom 6.5.2019 zum Diskussionsteilentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Abstammungsrechts, https://www.djb.de/presse/pressemitteilungen/detail/st19-11, B. 2.

[5] Stellungnahme vom 6.5.2019 zum Diskussionsteilentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Abstammungsrechts,               
https://www.djb.de/presse/pressemitteilungen/detail/st19-11, B. 9.