Stellungnahme: 08-07


zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG-RefE) vom 12. Februar 2003

Stellungnahme vom

Grundsätzlich begrüßt der Deutsche Juristinnenbund (djb) den Gedanken der gerechten Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Vorsorgevermögen. Angesichts der Probleme, die die Barwertverordnung mit sich bringt und der Schwierigkeiten, die bei der Handhabung des derzeitigen Versorgungsausgleichs bestehen, ist der Gedanke einer grundsätzlichen systeminternen Teilung im Grundsatz dem der externen Teilung vorzuziehen. Die ausgleichsberechtigte Person nimmt hier an den Chancen und Risiken der ausgleichspflichtigen Person teil, was insbesondere deshalb gerecht ist, weil die Ehegatten in der Ehe die Versorgung der nach der Ehe ausgleichspflichtigen Person in der Regel gemeinsam entschieden haben.

Dass der Grundsatz der internen Teilung keine Kosten verursachen würde, wird aber vom djb in Zweifel gezogen. Die interne Teilung verursacht lediglich für die Versorgungsträger keine Kosten, da die Kosten von den Ehegatten getragen werden. In diesem Zusammenhang muss aber im Auge behalten werden, dass die Kosten, die auf die Ehegatten umgelegt werden, nicht so hoch sein dürfen, dass die Kosten die Altersvorsorge aufzehren. Eine pauschale Kostentragungsregel, die abhängig ist von einem Prozentsatz der angesparten Altersvorsorge, wird daher abgelehnt. Die Übertragung von hohen Anwartschaften kann nicht teurer für die Ehegatten sein als die Übertragung von geringen Anwartschaften. Insbesondere ältere Ehegatten, die einen erheblichen Teil ihrer Altersvorsorge bereits angespart haben und kurz vor der Rente stehen, würden hier über die Maßen zur Kasse gebeten. Die Beträge, die der Versorgungsträger als Kosten geltend macht, würden auf diese Weise der Altersvorsorge der Ehegatten entzogen und die Planung für das Alter wäre für die beiden Ehegatten völlig unwägbar – insbesondere im fortgeschrittenen Alter.

Im Folgenden wird nur zu den Vorschriften Stellung genommen, die aus Sicht des djb der Änderung bedürfen:
 

§ 3 Abs. 3 VAStrRefG-E: Ehezeit, Ausschluss bei kurzer Ehe

Der djb regt die Streichung des Abs. 3 an bei entsprechender redaktioneller Änderung der Überschrift.

Gegen die Regelung, dass ein Versorgungsausgleich bei einer Ehezeit von weniger als 3 Jahren ohne Einschränkung ausgeschlossen sein soll, bestehen Bedenken. Auch bei einer kurzen Ehezeit können ehebedingte Nachteile in Bezug auf die Altersvorsorge dem Grund oder der Höhe nach eintreten, die eines Ausgleichs bedürfen.

Das sind z. B. diejenigen Partner, die im Hinblick auf die Eheschließung ihre Anstellung aufgeben und zum anderen Partner ziehen, ohne einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden.

Zu denken ist auch an diejenigen Ehepartner, die nicht berufstätig sind und zu Hause Kinder des anderen (Stiefkinder) versorgen. Insbesondere muss eine Benachteiligung vermieden werden, wenn die Partner erst nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes heiraten und der erziehende Elternteil nach der Eheschließung nicht berufstätig ist. Wenn die 36-monatige Anrechnung von Kindererziehungszeiten ganz oder teilweise vor der Ehezeit liegt, die Ehe scheitert und der Scheidungsantrag vor Ablauf von drei Jahren zugestellt wird, würden diese Berechtigten, in der Regel handelt es sich um die Mütter, ganz oder teilweise leer ausgehen. Es wäre unzumutbar, ihnen anzuraten, in einer gescheiterten Ehe solange „durchzuhalten“, bis die Ehezeit die Drei-Jahres-Frist überschreitet.

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs würde in der Mehrzahl zum Nachteil von Frauen gehen, denn sie sind es, die sich bei Unvereinbarkeit eher auf Ehe und Haushaltsführung zu Lasten eigener Berufstätigkeit einstellen. In der Regel gehören sie bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs zum ausgleichsberechtigten Personenkreis. Ihre Interessen überwiegen und gehen denjenigen von Familiengerichten und Versorgungsträgern nach Entlastung vor.

Es sollte eine Billigkeitsklausel vorgesehen oder festgelegt werden, nach der ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nur dann in Frage kommt, wenn beide Ehegatten in der Ehezeit berufstätig gewesen sind und davon ausgegangen werden kann, dass sie annähernd gleich hohe Anwartschaften erworben haben. Anderenfalls wäre der verfassungsrechtliche Anspruch auf gleiche Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Vorsorgevermögen nicht gewahrt.

Einer Übertragung von Kindererziehungszeiten auf den nicht-versorgenden Elternteil könnte durch eine Entscheidung nach § 27 VAStrREfG-E entgegengewirkt werden. § 27 VAStrRefG bezieht sich ausdrücklich auf Billigkeitserwägungen. Auch gem. § 18 VAStrRefG kann das Familiengericht den Versorgungsausgleich ausschließen, wenn der Wert der Ausgleichwerte gering ist. Hiervon werden häufig kurze Ehen betroffen sein.

Der Wert der beschleunigten Scheidung an sich kann hier nicht nachvollzogen werden. Nach Ansicht des djb muss auch in kurzen Ehen die Auskunft eingeholt werden, da wie bereits erläutert auch hier ausnahmsweise der Ausgleichwert hoch sein kann und beim Nichtausgleichen eine gleiche Teilhabe an den Versorgungswerten nicht mehr stattfinden kann. Jedenfalls muss die Regelung insoweit ergänzt werden, dass auf den Hinweis eines Ehegatten, dass der Ausgleichswert hier trotz der kurzen Ehe hoch sein kann, der Versorgungsausgleich durchgeführt werden muss.

§ 4 VAStrRefG-E: Auskunftsansprüche

Es wird angeregt, Absatz 1 Satz 1 der Norm – nach dem Komma – um die Worte „auf Verlangen“ zu ergänzen, da Abs. 1 ansonsten auch ohne Verlangen zu einer Verpflichtung führen könnte, die zu vermeintlichen Pflichtverletzungen und entsprechenden Schadensersatzansprüchen führen könnte.

§ 5 VAStrRefG–E: Bestimmung von Ehezeitanteil und Ausgleichswert

Insoweit wird zu bedenken gegeben, dass sich – entgegen der Einzelbegründung zur Norm – aus dem Wortlaut nicht ohne weiteres erschließt, dass allein der Zeitraum zwischen dem Ehezeitende und dem Schluss der mündlichen Verhandlung gemeint ist. Dies erhellt erst § 225 FamFG-E, wonach eine Abänderung nur der Anrechte des § 32 VAStrRefG-E in Betracht kommt, d. h. nicht auch solcher aus der „2. und 3. Säule“. Sollte eine Regelung, wie sie z. B. nach geltendem Recht in § 1587a Absatz 7 BGB vorgesehen ist, angedacht sein, wäre eine Klarstellung hilfreich.

§ 6 VAStrRefG-E: Regelungsbefugnisse der Ehegatten

Der djb begrüßt die Erweiterung der Dispositionsbefugnisse der Ehegatten zur Schließung von Vereinbarungen unter Fortfall der „Zeitschranke“ des § 1408 Absatz 2 BGB.

Systematisch bedarf das Verhältnis von § 6 Absatz 2 zu § 8 Absatz 2 VAStrRefG-E aus Sicht des djb jedoch der Korrektur. Denn die Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle, die begrifflich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt (BGH NJW 04, 930; 05, 2386; 06, 2331; BverfG NJW 01, 957 ff.), knüpft an die Verletzung materiell-rechtlicher Vorschriften an. Von daher wird unter Wahrung des konzeptionellen Ansatz des Entwurfs angeregt, § 6 Absatz 2 zu streichen und § 8 Absatz 2 zu erweitern.

§ 8 VAStrRefG–E: Besondere materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen

In Absatz 2 bedarf es der Ergänzung um die Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle der Eheverträge.

§ 9 VAStrRefG-E: Rangfolge der Ausgleichsformen, Ausnahmen

Die Regelung in Abs. 3, dass die interne Teilung der externen Teilung vorgeht und dass die externe Teilung nur unter besonderen Bedingungen möglich ist, wird vom djb ausdrücklich begrüßt.

§ 10 VAStrRefG–E: Interne Teilung / § 11 VAStrRefG-E: Anforderungen an die interne Teilung

Gegen die Änderung des Versorgungsausgleichsverfahrens durch Einführung der internen Teilung aller Anrechte, die während der Ehezeit begründet oder erworben worden sind, erhebt der djb im rechtlichen Ausgangspunkt keine Einwände, wie bereits eingangs dargestellt.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang nicht zu verkennen, dass mit Rücksicht auf § 10 Absatz 2 VAStrRefG-E durch die Prüfung der „Regelungen der Versorgungsträger“ auf die Gerichte eine erhebliche Mehrbelastung zukommen dürfte. Die Zuweisung der Verrechnung an die Versorgungsträger kann die Gerichte insoweit nicht entlasten, als diese immer noch überprüfen müssen, ob dem Halbteilungsgrundsatz hier Genüge getan wurde, siehe hier insbesondere § 11 Abs. 1 VAStrRefG-E. Eine völlige Übertragung auf den Versorgungsträger, der ansonsten nicht überwacht würde, würde dem grundgesetzlichen Anspruch auf den gesetzlichen Richter widersprechen.

Insbesondere mit Blick auf die erheblichen Unterschiede in den Säulen 2 und 3, was die Versorgungsträger angeht, kann das Verfahren und insbesondere die Bewertung der gleichen Teilhabe nicht auf Versorgungsträger übertragen werden, die der privaten Wirtschaft zugehörig sind und die keinerlei „Staatsgebundenheit“ aufweisen. Hier sei auf die Rechtsprechung zu den Kompetenzen der Krankenkassen insbesondere hinsichtlich der Rabattverträge hingewiesen.

Kritisch wird in diesem Zusammenhang gesehen, dass hinsichtlich der Einzelheiten des Vollzugs der internen Teilung auf die untergesetzlichen Bestimmungen in Versorgungsordnungen, Satzungen, vertraglichen Vereinbarungen oder vergleichbaren Regelungen hingewiesen wird, ohne dass hinsichtlich des Halbteilungsgrundsatzes hier klare Regelungen vom Gesetzgeber vorgegeben werden. Es ist zwar bereits nach geltendem Recht so, dass den Versorgungsträgern nach § 1 Abs. 2 S. 2 VAHRG ein weiter Spielraum eingeräumt wird, dies ist aber vor dem Hintergrund, dass die Altersversorgungen der 2. und 3. Säule zunehmen und hier auch private Unternehmen der freien Wirtschaft über Riester- und Rürüprenten einen immer größeren Raum einnehmen und die verschiedensten Produkte anbieten, kritisch zu überprüfen.

Die Überprüfung der Einzelfallanwendungen und der Beachtung des Halbteilungsgrundsatzes bleibt dann in schwierigen Fällen trotzdem Sache des einzelnen Familienrichters.

§ 13 VAStrRefG-E: Teilungskosten des Versorgungsträgers

Die in Aussicht genommene Kostenregelung hält der djb für bedenklich. Die Ermächtigung, dass die Versorgungsträger die bei der internen Teilung der Kosten mit den Anrechten beider Ehegatten verrechen können, soweit sie angemessen sind, ist zu weit gefasst.

Zwar ist davon auszugehen, dass infolge der Teilung für das Versorgungssystem des ausgleichpflichtigen Ehegatten ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand durch die Aufnahme des ausgleichberechtigten und in der Regel betriebsfremden Ehegatten entsteht, Kosten verursacht, die Vorschrift müsste jedoch präzisiert und die Kosten für Familiengericht und Parteien vorhersehbar sein.

Auch widerspricht die Vorschrift den Eingangserwägungen, wonach den Eheleuten keine zusätzlichen Kosten entstehen (Buchstabe E). Zudem ist zu berücksichtigen, dass durch die Kostenfolge eine „Wertaufzehrung“ der Anrechte erfolgt/erfolgen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Eheleute – bezogen auf den Zeitpunkt der Ehescheidung – noch ein längeres Erwerbsleben vor sich haben.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass aus Sicht des djb sehr wohl eine Kostenregelung für die externe Teilung notwendig ist. Zwar besteht für das abgebende System der Verwaltungsaufwand lediglich darin, dass der Kapitalbetrag an einen anderen Versorgungsträger überwiesen wird, das aufnehmende System wird aber die Verwaltungskosten dem ausgleichsberechtigten Ehegatten in Rechnung stellen.

Der djb verkennt nicht, dass durch die Neufassung des VVG ab dem 1. Juli 2008 die Versicherer in Euro und Cent angeben müssen, welche Kosten sie in die Prämie eingerechnet haben. Dies war im Übrigen einer BVerfGE aus dem Jahr 2006 geschuldet. Die neue Regelung über die Kostentransparenz ist für den ausgleichsberechtigten Ehegatten unverzichtbar, um überhaupt eine Vorstellung davon zu haben, welche Prämie mit der Einzahlung des Kapitalbetrages langfristig verbunden ist.

Allerdings sind aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zum Rückkaufswert bei den meisten Lebensversicherern die Rückkaufswerte in den ersten Jahren deutlich niedriger als die Summe der gezahlten Beträge und insbesondere möglicherweise auch des eingezahlten Kapitalbetrages. Anfangs würde es dann eine lange Zeit (die meisten Versicherer gehen hier von mindestens 3 Jahren aus) gar keinen Rückkaufswert der Versicherung geben, obwohl ein nomineller Kapitalbetrag in die Versicherung eingezahlt worden ist. Wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte die Versicherung in dieser Zeit aus finanziellen Gründen kündigen muss, würde er seinen gesamten Versorgungsanteil verlieren.

Aber auch in dem Fall, in dem eine Kündigung nicht erfolgt, gehen die Kosten der Neuversicherung völlig zu Lasten des ausgleichsberechtigten Ehegatten (in der Regel der Ehefrau). Dies widerspricht dem Grundsatz der gleichen Teilhabe elementar. Die Kostentragung hinsichtlich der externen Teilung muss daher im Gesetz noch geregelt werden und zwar in einer Weise, die dem Halbteilungsgrundsatz entspricht, indem beispielsweise der ausgleichsverpflichtete Ehegatte die Kosten des Neuvertrages hälftig übernimmt. Dies gilt umso mehr, als der Versorgungsträger gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 eine externe Teilung verlangen kann. In diesem Fall hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte gar keine andere Wahl als einen Neuvertrag abzuschließen, falls er noch keinen Vertrag hat, die Kosten werden ihm dann quasi vom Versorgungsträger aufgelastet.

Besonders im Rahmen des externen Ausgleichs der betrieblichen Altersvorsorge kann die Argumentation, dass sich die zertifizierten Rentenversicherungsverträge statistisch häufig günstiger entwickeln als die Betriebsrenten, nicht tragen, da das betriebliche Altersvorsorgesystem äußerst komplex ist und auch die in ihrem Ertrag nicht so günstigen Direktzusagen und Unterstützungskassen steuerliche Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben. Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds können eine erhebliche Rendite haben. Der Gedanke der gleichen Teilhabe an den erwirtschafteten Versorgungsbeträgen wird dann jedenfalls für diesen Bereich aufgegeben.

§ 14 VAStrRefG-E: Externe Teilung

Der djb begrüßt die Regelung des § 14 Abs. 3 VAStrRefG-E, der die externe Teilung der Höhe nach begrenzt. Ein unbeschränktes Wahlrecht des Versorgungsträgers der ausgleichspflichtigen Person wäre nach Ansicht des djb nicht grundrechtskonform und würde den ausgleichsberechtigten Ehegatten – in der Regel die Ehefrau – zu stark benachteiligen.

§ 33 VAStrRefG-E: Anpassung wegen Unterhalt

Die Vorschrift läuft im Ergebnis auf eine Benachteiligung des ausgleichsberechtigten Ehegatten, in der Regel die Ehefrau, hinaus. Dies wird auch in der Begründung zur Einzelnorm nicht verkannt. Ob die damit verbundene Bevorzugung der Rententräger gerechtfertigt ist, erscheint zweifelhaft.

Sofern mehrere Versorgungen betroffen sind, die aufgrund des Vorrangs der internen Teilung zunehmen werden, ist die Praxistauglichkeit des Abs. 4 der Vorschrift fraglich.

§ 45 VAStrRefG-E: Sondervorschriften für Anrechte nach dem Betriebsrentengesetz

Nach Ansicht des djb sollte es nicht dem Versorgungsträger überlassen werden, ob dieser einen Rentenbetrag mitteilt. Um eine Vergleichbarkeit der Altersvorsorge insbesondere im Hinblick auf die Bewertung einer neu einzurichtenden Versorgung sicherzustellen, sollte dem Betriebsrententräger aufgegeben werden, auch einen Rentenbetrag mitzuteilen, wenn dies im Rahmen der Art der Betriebsrente möglich ist. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Anrechte aus privaten Versicherungen.

Hier muss das Kosteninteresse des Versorgungsträgers hinter dem Informationsinteresse des ausgleichsberechtigten Ehegatten zurückstehen.

Jutta Wagner
Präsidentin  

Dr. Angelika Nake
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften