Stellungnahme: 06-28


zum Grünbuch zu den Kollisionsnormen im Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Zuständigkeit und der gegenseitigen Anerkennung

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme und begrüßt grundsätzlich den Vorschlag der Kommission, im ehelichen Güterrecht die Zuständigkeiten zu vereinheitlichen und einheitliche Kollisionsnormen zu schaffen.

Problematisch ist, nach erster Einschätzung, dass eine Regelung in Aussicht genommen wird, die nicht nur das Verfahrensrecht betrifft, sondern auch unmittelbare Auswirkungen auf das materielle Recht hat (z.B. bei der Rechtswahl). In diesem Zusammenhang kommt den Erwägungen der Kommission, die dem Entwurf zugrunde liegen, besondere Bedeutung zu. Denn eine Angleichung des materiellen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist weder angedacht noch in naher Zukunft zu erwarten. Da die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten im Güterrecht völlig unterschiedlichen Ansätzen - bezogen auf den gesetzlichen Güterstand – folgen (Errungenschaftsgemeinschaft einerseits, Zugewinngemeinschaft andererseits), bedürfen personenbezogene Aspekte wie z.B. die Einbeziehung von Ehewohnung und/oder Vertretungsregelungen sorgfältiger Prüfung, nicht zuletzt mit Blick auf den jeweiligen Vorbehalt des ordre public. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Regelungskompetenz der Art. 61 c i.V.m. Art. 65b EGV in Betracht zu ziehen. Kritisch wird im Übrigen angemerkt, dass bei einer so wichtigen Frage bedeutsame Gesichtspunkte nur in dem internen, allein in französischer Sprache veröffentlichten Arbeitspapier zum Grünbuch vorliegen. Auch angesichts der bestehenden Ressourcenknappheit im Sprachendienst der Kommission sollte von dieser praxisfeindlichen neuen Übung zugunsten eines vollständigen, in allen Sprachen übersetzten Grünbuchs wieder Abstand genommen werden.

Zu den Fragen im Einzelnen:

Frage 1:

a)  Sollten in die künftige Regelung bestimmte personenbezogene Aspekte des Güterstands einbezogen werden, die nicht in den vorgenannten Rechtsinstrumenten erfasst sind, oder sollten nur die vermögensrechtlichen Wirkungen, die sich aus einem Eheverhältnis ergeben, berücksichtigt werden? Wenn ja, welche und warum?

b)  Sollte die künftige Regelung für vermögensrechtliche Wirkungen gelten, die sich im Laufe der Ehe aus dem Eheverhältnis ergeben, oder nur für die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung oder Trennung?

Aus Gründen der Übersichtlichkeit sollten hier nur Aspekte einbezogen werden, die sich auf die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten beziehen.

Nun stellt sich aber die Frage, welche Aspekte dies sind. So ist insbesondere hinsichtlich der Vertretungsbefugnisse zwischen den Ehegatten anzumerken, dass diese in den verschiedenen Mitgliedsländern der Gemeinschaft völlig unterschiedlich geregelt sind. So gibt es Mitgliedsländer ohne Vertretung wie z.B. Italien, Schweden und eingeschränkt auch Griechenland, in anderen Ländern gibt es eine Vertretung zwischen den Ehegatten, in Deutschland nur im Rahmen der Schlüsselgewalt. Ähnliches gilt für Fragen des Schutzes der Ehewohnung, der in einigen Mitgliedsländern existiert und in anderen wiederum nicht. In Deutschland gibt es eine Regelungsmöglichkeit nur im Rahmen von Trennung und Scheidung. Schließlich sind andere Fragen, wie z.B. im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs, untrennbar mit den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts verbunden.

Hieraus wird schon ersichtlich, dass bei allen angestrebten Regelungen diese in einigen Mitgliedsländern zu hinkenden Rechtsverhältnissen führen, wenn nämlich dort die Frage an andere Kriterien angeknüpft werden sollte.

Um diese Probleme möglichst klein zu halten, sollten innerhalb der Europäischen Union die Anknüpfungspunkte im Internationalen Privatrecht möglichst gleich sein, wobei der djb darauf hinweist, dass auch Art. 65 lit. b EGV für das Güterrecht keine ausreichende Kompetenznorm bildet.

Der djb weist weiterhin darauf hin, dass im Rahmen von freien Wahlmöglichkeiten im Rahmen der Rechtswahl für viele Einzelfragen das „forum shopping“ begünstigt wird. Dies kann insbesondere problematisch für den finanziell schwächeren Partner in der Ehe sein, der auch heute noch wegen der Kindererziehung häufig die Frau ist.

Hinsichtlich des Güterrechts soll eine Regelung angestrebt werden, die sich sowohl auf Fragen bei der Beendigung des Güterstandes bezieht, als auch auf Fragen des Güterstandes während der Ehe, da widerstreitende Entscheidungen in der gleichen Rechtsfrage für den Fall der bestehenden Ehe und der sich auflösenden Ehe zum einen nicht verständlich wären und zum anderen zur Manipulation führen könnten. Darüber hinaus sollten sich die Regelungen aus den vorgenannten Gründen nicht umfassend auf sämtliche Vermögensaspekte zwischen Ehegatten beziehen.

Frage 2:

a)  Nach welchen Anknüpfungspunkten bestimmt sich das auf die ehelichen Güterstände anwendbare Recht? Und in welcher Rangfolge, wenn mehrere Anknüpfungspunkte gegeben sind (z. B. gewöhnlicher Aufenthalt der Eheleute, Staatsangehörigkeit? Weitere Anknüpfungspunkte?)

b)  Wenn die künftige Regelung für alle vermögensrechtlichen Wirkungen gilt, die sich aus einem Eheverhältnis ergeben, sollten dann während des Zusammenlebens der Eheleute und ab Beendigung des Eheverhältnisses dieselben Anknüpfungspunkte gelten?

Hier ist darauf hinzuweisen, dass nach dem deutschen IPR nach der so genannten „Kegelschen Leiter“ in erster Linie an die gemeinsame Staatsangehörigkeit und erst danach auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft wird.

Angesichts der grundsätzlichen, aus dem gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot fließenden Bedenken gegen die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit, namentlich unter Berücksichtigung der Regelung in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003, die einheitlich an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpft, und der Tatsache, dass einige Länder ohnehin die Staatsangehörigkeit an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfen, scheint es sachgerecht, zur Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse auch das Güterrecht an den gewöhnlichen Aufenthalt anzuknüpfen.

Frage 3:

Sollte für alle vom anwendbaren Recht erfassten güterrechtlichen Aspekte derselbe Anknüpfungspunkt gelten, oder könnten für verschiedene Aspekte unterschiedliche Anknüpfungspunkte herangezogen werden (Rechtsspaltung)? Wenn ja, welche Umstände sind zu berücksichtigen?

Im Güterrecht existiert die Rechtsspaltung für Immobilien in einigen Ländern schon seit langem, diese ergibt sich daraus, dass diejenigen Länder, die das Güterrecht an die Staatsangehörigkeit anknüpfen, die Anknüpfung hinsichtlich der Immobilien für die Belegenheit der Immobilien (lex rei sitae) grundsätzlich ermöglichen. Diese Regelung hat sich daraus ergeben, dass das Sachenrecht wegen der Rechtssicherheit der Grundstückseigentümer den örtlichen Gegebenheiten folgen sollte.

Dies ist nach Meinung des djb sachgerecht und sollte auch so bleiben.

Ansonsten sollte – wie bereits angesprochen - insbesondere aus Gründen des Schutzes des finanziell schwächeren Partners in der Ehe die Regelung möglichst übersichtlich und daher möglichst gleichförmig gestaltet werden.

Frage 4:

Soll sich das auf den Güterstand anwendbare Recht automatisch ändern, wenn sich bestimmte Anknüpfungspunkte (z. B. der gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute) ändern? Wenn ja, kann diese Änderung rückwirkend eintreten?

Die Frage nach der Wandelbarkeit des Güterstandes wird vom djb ausdrücklich verneint. Es erscheint kaum möglich, einen Güterstand mit Ende der Ehe aufzulösen, in welchem die Ehegatten mehrfach zwischen den Güterständen der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft gewechselt haben. So entsteht z. B. bei Ehegatten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei Eheschließung in Dänemark haben, eine Gütergemeinschaft an allen Gütern. Bei dem Umzug nach Deutschland wird aus dieser Gütergemeinschaft eine Gütertrennung, wobei sich dann hier die Frage stellt, ob die Früchte und Nutzungen aus dem ursprünglichen Gesamtgut dem Gesamtgut zufallen oder in das Privatgut des Ehegatten fallen, der sie durch seine Verwaltung zieht.

Dieselbe Frage stellt sich bei einem Umzug von Deutschland in einen Staat, in dem der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gilt, wie Spanien oder Frankreich. Das Unternehmen, das ein Ehegatte in Deutschland gegründet hat und das in einigen weiteren Mitgliedsländern operiert, gehört ursprünglich zum Eigentum des Ehegatten, der das Unternehmen gegründet hat. Nach dessen Umzug nach Frankreich fallen die Nutzungen und Früchte in das Gesamtgut der Ehegatten, und diese gemeinschaftlichen Güter sind nach dem Rückzug nach Deutschland womöglich auch noch vom Zugewinn, der ausschließlich bei Beendigung der Gütergemeinschaft – strenges Stichtagsprinzip – bestimmt wird, abzugrenzen.

Diese Einordnungsfragen scheinen so schwierig, dass nach Meinung des djb der Güterstand im Interesse allseitiger Rechtssicherheit nicht nach Wohnsitzwechsel wandelbar sein kann.

Frage 5:

a)  Sollte den Eheleuten die Möglichkeit gegeben werden, das auf ihren Güterstand anwendbare Recht zu wählen? Wenn ja, welche Anknüpfungspunkte kämen hierzu in Betracht?

b)  Sollte eine Rechtswahl zugelassen werden, der zufolge bestimmte Güter einer anderen Rechtsordnung unterliegen würden?

c)  Muss diese Wahl jederzeit vor oder während der Ehe getroffen oder geändert werden können oder nur zu einem bestimmten Zeitpunkt (bei Auflösung der Ehe)?

d)  Muss in diesem Fall der Wechsel des anwendbaren Rechts rückwirkend gelten?

Die Ehegatten sollten die Möglichkeit erhalten, einen Güterstand für ihre Ehe zu wählen. Hier sollte wegen des erwünschten Gleichlaufs zwischen den verschiedenen familienrechtlichen Fragen an die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 angeknüpft werden.

Eine Rechtswahl in Bezug auf bestimmte Güter sollte nur entsprechend den bisherigen Regelungen bezogen auf Immobilien zugelassen werden. Die gesonderte Anknüpfung eines Unternehmens, welches in einem Mitgliedstaat belegen ist, erscheint schwierig, da sich – jedenfalls in den Güterständen, in welchen Gesamtgut entstehen kann, die Frage der Früchte und Nutzungen stellt, die in den Aufenthaltsstaat transferiert werden und deren Rechtsnatur dann ungeklärt ist.

Die Rechtswahl sollte auch während der Ehe möglich sein. Eine Rückwirkung dieser Vereinbarung wird aus oben genannten Gründen kritisch gesehen. Es stellt sich dann auch die Frage, ob nicht Dritte von den Veränderung betroffen sein könnten, die in ihren Rechten im Nachhinein beschnitten werden könnten.

Frage 6:

Müssen die Formvorschriften der Vereinbarung vereinheitlicht werden?

Die Formvorschriften sollten nach Meinung des djb vereinheitlicht werden. Am Schriftformerfordernis sollte – aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit - festgehalten werden. Hierbei sollte aus Gründen der Sicherheit für beide Ehepartner und auch aus Gründen einer ausführlichen Beratung hinsichtlich der Folgen einer Rechtswahl darauf geachtet werden, dass an einer notariellen Form oder einer vergleichbaren Regelung festgehalten wird.

Frage 7:

a) Soll im Falle der Beendigung der Güterstandsregelung durch Scheidung oder Trennung das nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 für Ehesachen zuständige Gericht auch über die Auflösung des Güterstands und die Vermögensauseinandersetzung entscheiden?

b) Soll bei einem Erbfall das für Erbsachen zuständige Gericht auch über die Auflösung des Güterstands und die Vermögensauseinandersetzung entscheiden?

Für die gerichtliche Zuständigkeit kann auf die Verordnung (EG) Nummer 2201/2003 verwiesen werden, d.h. das Gericht, das für die Ehesache zuständig ist, sollte auch für die „Auflösung“ des Güterstandes zuständig sein. Zum einen ist dies eine kostengünstige Variante und zum anderen wird hier eine Kompetenzbündelung erreicht. Auch die Gefahr widerstreitender Regelungen – positive oder negative Normenkonflikte - wird hier verringert.

Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts wird im Hinblick auf die Vorschläge des Grünbuchs KOM(2005) 65 - Erb- und Testamentsrecht – kritisch gesehen, da dieses mit Blick auf die gerichtliche Zuständigkeit eine „flexible“ Regelung vorsieht. Aus Gründen eines besseren Verständnisses i. S. v. Transparenz sollte unseres Erachtens kein „zusätzlicher“ Gerichtsstand geschaffen werden.

Im Übrigen dürfte auch hier das materielle Recht vorrangig sein, mit der weiteren Konsequenz, dass sich ein Regelungsbedürfnis u.U. nicht stellt. So endet - bezogen auf das nationale deutsche Recht - der Güterstand mit dem Tod (§ 1371 BGB). Für den Fall, dass der überlebende Ehegatte Erbe wird, kommt (ohnehin) die „erbrechtliche Lösung“ zum Zuge (§ 1371 Abs. 1 BGB); für den Fall, dass dieser nicht Erbe wird (§ 1371 Abs. 2 BGB), bleibt es hingegen bei der güterrechtlichen Regelung. Diese Regelung ist nur auf das deutsche Recht bezogen und findet sich - jedenfalls nach Kenntnis des djb - in den anderen Mitgliedsländern so nicht wieder.

Frage 8:

a)  Welche Regeln für die internationale gerichtliche Zuständigkeit sind anderenfalls zu erlassen, insbesondere für Fragen vermögensrechtlicher Art, die während der Ehe auftreten (z. B. Schenkungen, Verträge zwischen Ehegatten)?

b)  Soll ein einziger, allgemeiner Anknüpfungspunkt vorgesehen werden oder eher mehrere alternative Kriterien wie in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (z. B. gewöhnlicher Aufenthalt, gemeinsame Staatsangehörigkeit)?

Die zu treffende Regelung sollte sich sowohl hinsichtlich der kollisionsrechtlichen Anknüpfung als auch der internationalen Zuständigkeit auf das Güterrecht im engeren Sinne beschränken, um Abgrenzungsprobleme zu anderen Bereichen und Wertungswidersprüche zu vermeiden. Schenkungen und andere, möglicherweise dem Gesellschaftsrecht unterfallende Verträge bedürfen keiner besonderen Regelung.

Frage 9:

a) Ist denkbar, dass nur ein Gericht über alle Arten von Gütern – bewegliche und unbewegliche – entscheidet, auch wenn sie sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden?

b) Sollen die allgemeinen Vorschriften gelten, wenn Dritte am Rechtsstreit beteiligt sind?

Aus Gründen der Einheitlichkeit und aus Gründen der Übersichtlichkeit sollte bei obigen Fragen keine der Regelung der VO 2201/2203 widersprechende Regelung getroffen werden. Hinsichtlich der Zuständigkeit eines Gerichts für Fragen des unbeweglichen Vermögens ist anzumerken, dass auch hier die Unterschiede in den verschiedenen Mitgliedstaaten erheblich sind. Insbesondere wenn auf ein Exequaturverfahren verzichtet wird, könnte es zu Entscheidungen ausländischer Gerichte kommen, die auf das deutsche Sachenrecht erst angepasst werden müssen. Dies scheint schwierig, aber nicht unüberwindbar.

Da sich die Frage einer Drittbeteiligung häufig erst im Prozess herausstellt, scheint es nicht praktikabel, hier andere Regelungen zu schaffen, die Folge müsste dann die Abweisung des Prozesses mit Kostenfolge sein.

Frage 10:

Soll den Parteien die Wahl des zuständigen Gerichts überlassen werden? Wenn ja, in welcher Weise?

Von einem Wahlrecht der Parteien sollte abgesehen werden. Gerichtsstandsvereinbarungen bedürfen bestimmter Anknüpfungspunkte und Voraussetzungen, wie z.B. Schriftform, die in mögliche Kollisionsnormen einzuarbeiten wären. Dies könnte im Ergebnis dazu führen, dass der wirtschaftlich und in Rechtsangelegenheiten erfahrenere Ehepartner (regelmäßig der Ehemann) versuchen wird, eine „Bestenauslese“ aus seiner Sicht zu betreiben. Hinzu kommt, dass die nationalen Gerichte gleichwohl nicht gehindert sind (sein dürften), ihre eigene Zuständigkeit zu prüfen mit der Folge, dass die Verfahren in der Sache unangemessen verzögert werden.

Frage 11:

Wäre es zweckmäßig, in diesem Bereich die Verweisung an ein Gericht in einem anderen Mitgliedstaat zuzulassen? Wenn ja, unter welchen Umständen?

Eine Verweisung sollte aus Gründen der Transparenz und Vereinheitlichung nur in Anlehnung an Art. 4 der VO (EG) Nummer 2001/2003 möglich sein. Wobei insbesondere angesichts der unterschiedlichen Definitionen der einzelnen Zuständigkeitskriterien die Möglichkeit der Verweisung auf eine spätere Phase der Harmonisierung verlegt werden sollte.

Frage 12:

Sind Zuständigkeitsvorschriften für außergerichtliche Stellen vorzusehen?

Wenn ja, sollten für sie die gleichen Zuständigkeitskriterien gelten wie für Gerichte?

Könnte hier die weit gefasste Definition des Begriffs „Gericht“ in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 als Vorbild dienen?

Ein Bedürfnis für die Schaffung von Regelungen für außergerichtliche Stellen wird jedenfalls zurzeit nicht gesehen. Dies würde – durch die unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten – zu weniger Übersichtlichkeit der Regelungen führen, die einer Rechtsvereinheitlichung dienen sollen.

Frage 13:

Sollte die mit der Auseinandersetzung des Vermögens befasste Behörde auch dann zuständig sein, wenn ein Teil des Vermögens außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs belegen ist?

Nein, wobei die Erwägungen zu Frage 12) vorgreiflich sind.

Frage 14:

Sollten gewisse Formalitäten bei den Behörden eines anderen Mitgliedstaats als dem erledigt werden können, der nach der allgemeinen Kollisionsnorm zuständig ist?

Dem könnte grundsätzlich zugestimmt werden. Andererseits wird zu bedenken gegeben, dass der Begriff „gewisse Formalitäten“ auf der Ebene der Mitgliedstaaten schwer zu präzisieren und damit einzugrenzen sein wird, zumal er nicht losgelöst vom materiellen Recht betrachtet werden kann (z.B. Antrag auf Umschreibung des Grundbuchs).

Frage 15:

Sollte die künftige EG-Regelung das Exequaturverfahren für in ihrem Anwendungsbereich erlassene gerichtliche Entscheidungen aufheben? Welche Gründe für die Nichtanerkennung gerichtlicher Entscheidungen wären anderenfalls vorzusehen?

Das Exequaturverfahren könnte abgeschafft werden, wenn die Vollstreckung in den verschiedenen Ländern ähnlich geregelt wäre. Eine Beschleunigung der Vollstreckung und des ganzen Verfahrensablaufes würde vom djb ausdrücklich begrüßt. Im nationalen Recht wären dann die Regelungen des IntFamRVGs anzupassen.

Es kann allerdings derzeit nicht überblickt werden, ob die Standards in den verschiedenen Mitgliedsländern in den Vollstreckungsverfahren ähnlich sind und wird auch bezweifelt. In einem Rechtsbereich, der in den verschiedenen Mitgliedsländern derart divergiert, könnte die Vollstreckung eines Titels dazu führen, dass in missverständlicher Weise eine Forderung vollstreckt werden würde, die im Ursprungsland selbst nicht vollstreckt werden könnte. So ist zum Beispiel im deutschen Eherecht die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens möglich, aber nicht vollstreckbar. Ohne Exequaturverfahren wäre dann denkbar, dass in einem anderen Mitgliedsstaat die Vollstreckung eines Titels möglich wäre, der im Ursprungsland nicht zu vollstrecken wäre.

Es ist daher zu überlegen, ob nicht aus Gründen der Rechtssicherheit und wegen der starken Unterschiede in den Mitgliedstaaten das Exequaturverfahren grundsätzlich erst einmal weiterhin bestehen sollte.

Frage 16:

Wäre es denkbar, dass in einem Mitgliedstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen zu den vermögensrechtlichen Folgen einer Ehe von Rechts wegen anerkannt werden und eine Umschreibung der Grundbücher vorgenommen werden kann, ohne dass es hierzu einesweiteren Verfahrens in den übrigen Mitgliedstaaten bedarf? Könnte hier Artikel 21 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 als Vorbild dienen?

Hinsichtlich der Umschreibung der Grundbücher ist darauf hinzuweisen, dass es in vielen europäischen Staaten Grundbücher im deutschen Sinne nicht gibt und/oder sie nicht den gleichen öffentlichen Glauben genießen wie im deutschen Recht. Auch könnte es sein, dass diese gerichtliche Entscheidung sachenrechtlich noch nicht automatisch zu einem Eigentumswechsel führt, sondern noch weitere Rechtshandlungen nötig sind. Die sachenrechtliche Wirkung einer gerichtlichen Entscheidung sollte daher dem jeweiligen nationalen Recht überlassen werden, wobei damit die Anerkennung ausländischer Entscheidungen nicht ausgeschlossen ist.

Frage 17:

Können auf von außergerichtlichen Stellen errichtete Urkunden wie Eheverträge dieselben Vorschriften angewandt werden wie für die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen?

Wenn nein, welche Vorschriften sind anzuwenden?

Die Anerkennung und Vollstreckung außergerichtlicher Urkunden ist bislang (nur) durch die Verordnung (EG) Nummer 805/2004 geregelt. Der Anwendungsbereich erstreckt sich nicht auf die ehelichen Güterstände (Artikel 2 Abs. 2 a). Unterhaltstitel sind (dies aus Gründen der Vollständigkeit), seien sie von Notaren oder Jugendämtern (§§ 59, 60 SGB VIII) errichtet, von der Verordnung ebenfalls erfasst (zur nationalen Umsetzung: §§ 1079 ff. ZPO). Problematisch ist die Anerkennung z.B. notarieller Urkunden namentlich deshalb, weil nicht alle Mitgliedstaaten das lateinische Notariat haben: Der Notar nimmt in diesem System unmittelbar staatliche Aufgaben wahr und übt öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 45 EG-Vertrag aus. Die Beweiswirkung und Aufklärungspflichten sind daher insoweit nicht vergleichbar.

Für eine Erweiterung der vorstehenden Regelungen besteht aus der Sicht des djb kein Bedarf. Denn die Ausgestaltung der Eheverträge zum Gegenstand Güterrecht ist vorrangig eine Frage des materiellen Recht, welches die Ehepartner ggf. im Vertrag vereinbaren oder bestimmen. Wegen der bereits mehrfach aufgezeigten Unterschiede im materiellen Recht der Mitgliedstaaten bleibt für eine (einheitliche) Kollisionsnorm wenig Raum (= Anwendungsbereich). Da aber die vermögensrechtlichen Fragen im Übrigen, wie z.B. Unterhalt, schon einer Regelung zugeführt worden sind, sollte es dabei sein Bewenden haben.

Frage 18:

Wie lässt sich die Eintragung der Güterstände in der Union verbessern? Sollte beispielsweise in allen Mitgliedstaaten ein Güterrechtsregister eingeführt werden?

Wie soll mit Hilfe dieses Registers die Unterrichtung betroffener Dritter sichergestellt werden?

Mit der Einführung eines Güterrechtsregisters in allen Mitgliedstaaten könnte die Transparenz der Güterstände für Dritte verbessert werden. Es wird in diesem Zusammenhang aber darauf hingewiesen, dass das deutsche Güterregister kaum genutzt wird. Da aber die Rechtsunsicherheit zurzeit daraus resultiert, dass die gesetzlichen Güterstände in der EG derart differieren sollte nach Meinung des djb das Augenmerk erst einmal auf wesentlichere Fragen gerichtet werden, zumal die Rechtssetzungskompetenz der Gemeinschaft hierfür nach unserer Ansicht nicht besteht.

Im Übrigen scheint es auch schwierig, durch die unterschiedliche Organisationsstruktur der verschiedenen Mitgliedsländer ein Register so zu verorten, dass es für jeden auffindbar ist. Es wäre daher eher an ein zentrales Register der EG zu denken. Die Güterstände sollten in ihrer nationalen Bezeichnung eingetragen werden, wobei sicherzustellen wäre, dass die Mitgliedstaaten, z.B. im Gerichtsatlas, den Inhalt ihrer güterrechtlichen Regelungen für die anderen Mitgliedstaatenangehörigen in verständlicher Form darstellen.

Frage 19:

a)  Soll es für die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften spezielle Kollisionsnormen geben?

b)  Soll sich das auf die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften anwendbare Recht nach dem Recht am Ort der Eintragung richten? Weitere mögliche Rechtsordnungen ?

c)  Soll das durch die Kollisionsnormen bezeichnete Recht für alle Sachverhalte gelten oder sollen noch andere Anknüpfungspunkte herangezogen werden?

Vorab wird darauf hingewiesen, dass im deutschen Sinne die eingetragene Lebenspartnerschaft eine gleichgeschlechtliche ist. Durch die Form der Frage wird aber davon ausgegangen, dass es sich bei den Erwägungen hier um die nichteheliche Lebensgemeinschaft handelt, insoweit ist die weitere Beantwortung der Frage zu verstehen.

a)  Die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften können kollisionsrechtlich nach Ansicht des djb nur speziell geregelt werden. Eine Anwendung der für das Güterrecht in der Ehe geltenden Kollisionsnormen erscheint nicht möglich.

Das Recht der eingetragenen oder nichteingetragenen nichtehelichen Lebenspartnerschaft ist nicht europaweit einheitlich ausgestaltet, so gibt es Länder, in welchen eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft als Ehe geführt werden kann – hier gelten dann die güterrechtlichen Normen unmittelbar – und Länder, in welchen diese Lebenspartnerschaft gesondert geregelt ist – wie in Deutschland. Es gibt Mitgliedstaaten, die die nichtehelichen Lebensgemeinschaft geregelt haben und andere, die sie nicht regeln.

Um hier einen Gleichlauf zu ermöglichen, sollten Regelungen, die für diese Lebenspartnerschaften herbeigeführt werden, den Regelungen des Güterrechts nachgebildet sein, aber vom Ehegüterrecht grundsätzlich unabhängig sein, um den Ländern, in welchen z.B. gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gegen den ordre public verstoßen würden, eine Herausnahme dieser Regelungen zu ermöglichen.

b) Anwendbar sollte grundsätzlich das Recht sein, welches auch für die Ehe gilt.

c) Das durch die Kollisionsnormen bezeichnete Recht sollte aus Gründen der Transparenz und praktischen Handhabbarkeit für alle Sachverhalte gelten. Es wird kein Bedürfnis gesehen, noch weitere Anknüpfungspunkte heranzuziehen.

Frage 20:

Soll es zur Regelung der vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften spezielle Vorschriften über die internationale gerichtliche Zuständigkeit geben?

Falls ja, welche? Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts am Ort der Eintragung der Partnerschaft (das für die Auflösung der Partnerschaft zuständig ist)? Oder sonstige Anknüpfungspunkte (gewöhnlicher Aufenthalt des Antragsgegners oder einer der Parteien, Staatsangehörigkeit eines oder beider Partner)?

Frage 21:

Auf welche Weise sollen in einem Mitgliedstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen zu den vermögensrechtlichen Wirkungen einer eingetragenen Partnerschaft in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden?

Frage 22:

a) Soll es für die Vermögensverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften spezielle Kollisionsnormen geben? Wenn ja, welche?

c)  Wenn nicht, sollte es wenigstens besondere Regeln in Bezug auf die Wirkungen der Auflösung dieser Gemeinschaften gegenüber Dritten geben (Haftung für Schulden, Ansprüche gegenüber Dritten (Beispiel: Lebensversicherung))?

d) Soll bei unbeweglichen Gütern ausschließlich das Recht des Ortes maßgeblich sein, an dem die Güter belegen sind°?

Frage 23:

Soll es für die vermögensrechtlichen Verhältnisse nichtehelicher Gemeinschaften spezielle Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung von Entscheidungen geben?

Zusammenfassend ist für die Lebensgemeinschaft (in welcher Form auch immer) darauf hinzuweisen, dass im Hinblick darauf, dass es schon für die Ehe schwierig ist, die verschiedenen Güterstände europaweit einheitlich zu regeln. Wobei hinsichtlich der Ehe immerhin eine gemeinsamer Rechtsstandpunkt dergestalt existiert, dass es die Ehe als Rechtsinstitut gibt.

Dieser gemeinsame Rechtsstandpunkt existiert aber für die nichteheliche Gemeinschaft nicht.

Demgegenüber erscheint es derzeit nach Ansicht des djb für die nichteheliche Lebensgemeinschaft, die auch noch gleichgeschlechtlich ausgestaltet sein kann, ausgesprochen schwierig – wenn nicht gar unmöglich –, ein europaweites Kollisionsrecht zu schaffen.

Der djb verkennt nicht, dass auch eine Nichtregelung zu Problemen der Anerkennung führen kann, kann aber auch nicht erkennen, wie es Kollisionsnormen für einen Bereich geben kann, der in bestimmten Mitgliedsländern überhaupt nicht existiert.

Eine Regelung sollte daher vorerst unterbleiben.

 

Jutta Wagner
Präsidentin          

Dr. Angelika Nake
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften

Dr. Katja Rodi
Vorsitzende der Kommission Öffentliches Recht,
Europa- und Völkerrecht