Pressemitteilung: 09-13


zum Referentenentwurf zur Verordnung zur Anpassung der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) – Stand: 11.12.2009

Pressemitteilung vom

 

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) setzt sich seit über einem Jahrzehnt für eine Koppelung der öffentlichen Auftragsvergabe mit Maßnahmen der Frauenförderung ein und hält diese sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich für geboten. Denn eine solche Regelung wird für die Wirtschaft ein Anreiz sein, Frauen zu fördern und strukturelle Benachteiligungen abzubauen (vgl. zuletzt djb-Stellungnahme vom 28.4.2008 zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts des BMWi).

1. Nach der EU-Vergaberichtlinie 2004/18/EG können die öffentlichen Auftraggeber zusätzliche Bedingungen für die Ausführung eines öffentlichen Auftrags vorschreiben, sofern diese mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben werden. Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags können insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen (Art. 26 Richtlinie 2004/18/EG). Zur Umsetzung dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) §  97 Abs. 4 um Satz 2 und 3 ergänzt. Damit ist klargestellt, dass eine Verknüpfung der öffentlichen Auftragsvergabe mit sozialen und damit auch mit gleichstellungspolitischen Zielen zulässig ist. Die Einhaltung bestehender Gleichstellungsgebote ist zudem im Rahmen der Prüfung der nach § 97 Abs. 4 S. 1 GWB erforderlichen Zuverlässigkeit und Gesetzestreue der Bieter zu berücksichtigen. Weiter können Maßnahmen zur Förderung der gleichberechtigten Teilhabe am Erwerbsleben als Bedingungen für die Beteiligung am Bieterverfahren normiert werden. Schließlich ist es möglich, die Vertragsbedingungen, die den öffentlichen Aufträgen zu Grunde gelegt werden, derart zu fassen, dass Frauenförderungsmaßnahmen als Nebenbedingungen zum Vertragsbestandteil gemacht werden. Vor diesem Hintergrund bieten die Novellierung der VOB/B und VOL (hier allerdings müsste der B Teil neu gefasst werden) die Möglichkeit, endlich im Sinne gleichstellungspolitischer Zielsetzung tätig zu werden.

Von all diesen Möglichkeiten macht der Referentenentwurf für die Novellierung der Vergabe- und Verfahrensordnungen VOB, VOL und VOF keinen Gebrauch. Eröffnete Freiräume bei der Gesetzgebung werden nicht genutzt. Vor dem Hintergrund des staatlichen Schutzauftrags des Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG ist dies nicht nachvollziehbar. Der djb fordert deshalb eine Überarbeitung des Entwurfs zur Novellierung der VOL und der VOF sowie eine Änderung und Neufassung der bereits im Bundesanzeiger veröffentlichen VOB. Frauenförderungsmaßnahmen sollten an geeigneter Stelle ausdrücklich erwähnt werden.

2. Der djb fordert im Hinblick auf die vorgelegten Entwürfe weiter, VOB/A § 6 Abs. 3 und VOL/A § 6 Abs. 5 und entsprechend VOF § 4 Abs. 5 um eine Regelung zu ergänzen, die Bewerber vom Teilnahmewettbewerb ausschließt, die nachweislich gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen haben.

3. Nach § 97 Abs. 4 S. 1 GWB sind Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Gesetzestreue und Zuverlässigkeit Voraussetzungen der Eignung eines Auftragnehmers. Zur Gesetzestreue und der Zuverlässigkeit gehört die Einhaltung der geltenden Gesetze und damit insbesondere auch des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und des Gebots gleichen Entgelts für Männer und Frauen (Gesetzesbegründung 16/170116, S. 16). Erst wenn über § 97 Abs. 4 S. 1 GWB hinausgehende Anforderungen gestellt werden sollen, ist gem. § 97 Abs. 4 S. 2 GWB ein Sachzusammenhang mit dem Auftragsgegenstand erforderlich. Der djb fordert daher die Streichung des Halbsatzes „die durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sind“ in § 6 Abs. 3 VOL/A n.F. und § 4 Abs. 3 VOF.

4. Weiter fordert der djb, dass die allgemeinen Vertragsbedingungen so gefasst werden, dass:

  • bei der Beschaffung von Waren-, Bau- und Dienstleistungen frauenfördernde Maßnahmen Vertragsbestandteil werden;
  • Diskriminierungsverbote und Frauenförderung vertraglich festgelegt werden;
  • Vertragsstrafen für die Nichterfüllung dieser Bedingungen vorgesehen werden;
  • Regelungen aufgenommen werden, die die Rückabwicklung von Verträgen ermöglichen, wenn der Auftragnehmer gegen ein Diskriminierungsverbot, insbesondere gegen das AGG verstößt;
  • Regelungen zur gleichberechtigten Besetzung der Vergabeprüfstellen und Vergabekammern mit Frauen vorsieht.

Die geforderten Nachbesserungen sind aus Sicht des djb unabdingbar, um dem staatlichen Schutzauftrag des Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG gerecht zu werden.

Jutta Wagner
Präsidentin

Prof. Dr. Marlene Schmidt
Vorsitzende der Kommission Arbeits-,
Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht