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Editorial 2022/4

Berufseinstieg bei Juristinnen

 

Die Zwischenprüfung, das Schwerpunktstudium, das Erste Staatsexamen, dann das Referendariat mit dem Zweiten Staatsexamen. Dazwischen oder danach wird möglicherweise noch eine Promotion oder ein Masterstudium eingeschoben: die juristische Ausbildung ist eher ein Marathon denn ein Sprint. Es gibt viele Meilensteine, die die gesamte Aufmerksamkeit der jungen Juristin beanspruchen. Dennoch kommt irgendwann der Moment, in dem der Berufseinstieg bevorsteht. Der examinierten Juristin steht dann eine ganze Reihe von Berufsfeldern offen. Und weil die Frage nach dem „Warum eigentlich Jura?“ in den Mühlen der juristischen Ausbildung häufig untergeht, stellt sich manch eine frisch gebackene Volljuristin dann die Frage: Welche Tätigkeit wird mich wohl die nächsten Jahrzehnte glücklich machen – und dabei auch noch meine Miete zahlen?

Einen ersten Überblick darüber, welche juristischen Tätigkeiten zur Auswahl stehen und wie sich Juristinnen dem eigenen Traumberuf annähern können, gibt Ulrike Schultz in ihrem Beitrag über juristische Berufe. Sie beleuchtet dabei auch, wie es um den Anteil potenzieller Kolleginnen in den jeweiligen Berufsfeldern bestellt ist und welche Herausforderungen sich Frauen dort stellen.

Frisch aus der juristischen Ausbildung kommend, reflektiert die Berufsanfängerin selten, welchen (Vor-)Bildern sie an der juristischen Fakultät tagtäglich ausgesetzt ist und mit denen sie nun ins Berufsleben startet. Antonia Paulus widmet sich in ihrem Beitrag eben diesen Fragen der Sozialisation von Jurist*innen und arbeitet heraus, welches Ideal einer „accomplished young lawyer“ juristische Ausbildungsliteratur zeichnet. Dafür analysiert sie neun verschiedene Studienratgeber und zeigt pointiert auf, mit welchen Mythen und hanebüchenen Ratschlägen Jurastudierende bisweilen konfrontiert werden.

Dass die soziale Herkunft nicht nur im Studium eine Rolle spielt, sondern sich im Berufsleben fortsetzt zeigt Asif Butt auf. Er untersucht die soziale Mobilität innerhalb deutscher Großkanzleien. Dabei stellt er fest, dass auffällig viele Kinder von Anwält*innen später denselben Beruf ergreifen.

Gerade weil die Auswahl an möglichen juristischen Tätigkeiten so groß ist und die Entscheidung für den ersten Job häufig einiges an mentaler Kapazität einnimmt, geraten dabei einige – ebenfalls wichtige – Fragen in den Hintergrund: Wie sieht eigentlich der finanzielle Rahmen dieser Tätigkeit aus? Wie flexibel kann ich arbeiten? Können Sorgearbeit und Beruf vereinbart werden? Und welche Entwicklungspotenziale bietet mir dieses Berufsfeld? Acht Junge Juristinnen berichten in kurzen Schlaglichtern von ihrem Einstieg in den Beruf und gehen den eben formulierten Fragen nach. So berichten sie nicht nur aus ihrem Berufsalltag, sondern schildern auch, wie sie zu ihrem Beruf gekommen sind. Ehrlich wird über Vorteile aber auch Bedenken gegenüber dem eigenen Beruf gesprochen und finanzielle Aspekte angeschnitten. Viele der Autorinnen können außerdem aus der Perspektive als Mutter beschreiben, wie es gelingt, ihre Berufstätigkeit und das Elterndasein unter einen Hut zu bekommen.

Wenn der Traumberuf oder zumindest ein erster Job gefunden ist, hält jedes Berufsfeld eigene Herausforderungen für die junge Berufseinsteigerin bereit. Wir haben sieben erfahrene Juristinnen gefragt, welche drei Tipps sie jungen Kolleginnen in ihrer Branche geben würden, insbesondere auch in Bezug auf finanzielle Weichenstellungen. Ihre Antworten findet Ihr im letzten Teil dieses Fokus zum Berufseinstieg. Ausprobieren und Nachmachen ausdrücklich erwünscht!

Zum Schluss möchten wir noch eine Empfehlung für alle aussprechen, die weitere Inspiration zu juristischen Berufsbildern suchen: in der djbZ 4/2010 findet Ihr (weitere) Erfahrungsberichte von Juristinnen aus den verschiedensten Berufsfeldern.

Mit diesem Fokus wollen wir den Einstieg in die juristische Arbeitswelt von verschiedenen Seiten beleuchten und Fragen aufwerfen, die nicht jeder jungen Berufsträgerin direkt in den Sinn kommen. Wir danken allen Autor*innen und Mitwirkenden herzlich für ihre Unterstützung.

 

Kerstin Geppert, Farnaz Nasiriamini, Juliane Ottmann und Vera Schürmann