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Editorial 2021/4

Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten – Der Dritte Gleichstellungsbericht der Bundesregierung

 

Im Juli 2021 wurde der Dritte Gleichstellungsbericht der Bundesregierung veröffentlicht. Damit folgt die Bundesregierung der Verpflichtung, einmal pro Legislaturperiode einen Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern vorzulegen. Die Berichte bestehen jeweils aus dem Gutachten einer von der Bundesregierung einberufenen unabhängigen Sachverständigenkommission, der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Empfehlungen der Sachverständigen und einer Bilanz zur Umsetzung des vorangegangenen Gleichstellungsberichts. Die Gleichstellungsberichte sind für die Regierung inzwischen ein wichtiger institutioneller Mechanismus zur Durchsetzung von Gleichstellung. Gleichzeitig werden die Handlungsempfehlungen in der Politik und der Zivilgesellschaft aufgegriffen.

Ebenso wie der Erste und der Zweite Gleichstellungsbericht befasst sich der Dritte Gleichstellungsbericht mit den Verwirklichungschancen von Frauen und Männern in Deutschland. Anders als die vorherigen Berichte konzentriert sich der Bericht jedoch auf ein Schwerpunkthema: die geschlechtergerechte Gestaltung der Digitalisierung. Der Berichtsauftrag der Bundesregierung lautete: Welche Weichenstellungen sind erforderlich, um die Entwicklungen in der digitalen Wirtschaft so zu gestalten, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben?

Das Gutachten der Sachverständigenkommission befasst sich demzufolge mit dem Zusammenspiel von digitalen Technologien und Geschlechterverhältnissen in verschiedenen Wirtschaftsbereichen. Darüber hinaus werden aber auch die Veränderungen des gesellschaftlichen Lebens durch digitale Technologien jenseits der Wirtschaft thematisiert. Dazu gehört etwa der Einfluss Sozialer Medien auf Geschlechterbilder oder die neue Qualität geschlechtsbezogener digitaler Gewalt.

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) diskutiert bereits seit einigen Jahren die gleichstellungsbezogenen Herausforderungen der Digitalisierung. Seit 2017 gibt es den Arbeitsstab Digitales, der im Hinblick auf die gesellschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen neuer Technologien unter besonderer Berücksichtigung von Geschlechterverhältnissen Pionierarbeit geleistet hat.

Nicht zuletzt war der Arbeitsstab federführend bei der Vorbereitung des 43. Bundeskongresses zu frauen- und rechtspolitischen Herausforderungen des digitalen Wandels. Mit dabei waren die Juristinnen in der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht: Professorin Dr. Indra Spiecker genannt Döhmann und Professorin Dr. Katja Nebe.

Grund genug, den Dritten Gleichstellungsbericht bzw. das Thema geschlechtergerechter Digitalisierung auch in der djbZ vertiefter in den Blick zu nehmen. Die Beiträge sollen erstens einen Überblick zu den gleichstellungsrechtlich relevanten Inhalten und Handlungsempfehlungen des Dritten Gleichstellungsberichts vermitteln. Das Interview mit Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok, Vorsitzende der Sachverständigenkommission, gibt zudem einen Eindruck in die Arbeitsweise und Zusammensetzung der Kommission. Zweitens werden die Themen Mobile Arbeit, Plattformarbeit, Algorithmische Systeme und Diskriminierung sowie gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente vor dem Hintergrund aktueller rechtlicher und politischer Entwicklungen vertieft diskutiert. Drittens werden Projekte bzw. Initiativen vorgestellt, die schon jetzt gegen digitale Gewalt aktiv werden.

Ich wünsche Ihnen eine interessante und erkenntnisreiche Lektüre.

 

Prof. Dr. Maria Wersig

Präsidentin des djb