Pressemitteilung: 15-34


Aufsichtsrätinnenrichtlinie der EU: Kompromissvorschlag ist richtige Weichenstellung

Pressemitteilung vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) verweist auf seine Stellungnahme 14-08 vom 19. Mai 2014 zur Aufsichtsrätinnenrichtlinie und nimmt zum Kompromissvorschlag der italienischen Ratspräsidentschaft (Ratsdokument 16300/14) dazu erneut Stellung (st15-11 vom 17. September 2015).

„Der Kompromissvorschlag bleibt zwar hinter dem Vorschlag der Kommission zurück und erst recht hinter den Vorstellungen des Europäischen Parlaments,“ bedauert Ramona Pisal, Präsidentin des djb. „Dennoch unterstützt der djb den Kompromissvorschlag als richtige Weichenstellung hin zu einheitlichen Zielvorgaben für eine gendergerechte Besetzung der Unternehmensleitungen von börsennotierten Gesellschaften in der Europäischen Union." Der djb appelliert auch an die Bundesregierung, dem Kompromissvorschlag zuzustimmen.

Der djb leitet ein von der Europäischen Kommission maßgeblich gefördertes Projekt „European Women Shareholders Demand Gender Equality“ (EWSDGE), das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt, der finnischen Handelskammer und dem djb kofinanziert wird. In diesem Rahmen sind in elf Mitgliedstaaten – Belgien, Luxemburg, Niederlande, Frankreich, Spanien, Italien, Bulgarien, Ungarn, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Irland – im 1. Halbjahr 2015 ca. 100 Hauptversammlungen der EUROSTOXX50-, SOFIX-, BUX- und FTSE100-Unternehmen besucht worden. Juristinnen haben von ihrem Fragerecht als Aktionärinnen Gebrauch gemacht und so in Erfahrung gebracht, wie es um die Situation von Frauen in diesen Unternehmen bestellt ist, in den Unternehmensleitungen wie auf den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands. Wir wollten wissen, ob und welche Unternehmensstrategien zur Förderung des unterrepräsentierten Geschlechts – von Frauen – vorhanden bzw. geplant sind. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Präsenz von Frauen in Mitgliedstaaten mit Quotenregelungen für Unternehmensleitungen und auch in Führungspositionen stärker ausfällt als in Mitgliedstaaten, die keinerlei verbindliche gesetzliche Regelungen aufweisen.

„Berichtspflichten, wie es sie demnächst in Umsetzung der CSR-Richtlinie auch in Deutschland geben wird, sind zwar schön und gut,“ so Sabine Overkämping, Vorsitzende der djb-Kommission Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht. „Entscheidend ist aber, eine Konsequenz aus den Missständen – der Unterrepräsentanz von Frauen – zu ziehen und mit der Umsetzung von verbindlichen Zielvorgaben Abhilfe zu schaffen, weshalb die Aufsichtsrätinnenrichtlinie endlich beschlossen werden sollte.“

Hintergrund:

Die Trioratspräsidentschaft Italien, Lettland und Luxemburg 2014/2015 hat in ihr Programm die Einigung unter den Mitgliedstaaten zur Aufsichtsrätinnenrichtlinie aufgenommen. Unter italienischer Ratspräsidentschaft ist deshalb im zweiten Halbjahr ein Kompromissvorschlag vorgelegt worden, der unter lettischer Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2015 beraten wurde. Um das gesetzte Ziel zu erreichen, müsste nun im 2. Halbjahr 2015 unter luxemburgischer Ratspräsidentschaft die Einigung unter den Mitgliedstaaten herbeigeführt werden.