Pressemitteilung: 18-08


Antiquierte Sparkassen-Formulare: Klagen hilft nicht – oder doch?

Pressemitteilung vom

Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt heute in dritter Instanz über das Begehren einer Klägerin, in Vordrucken ihrer Sparkasse als „Kundin“, „Kontoinhaberin“, „Einzahlerin“ oder „Sparerin“ bezeichnet zu werden. Die Klägerin ist zuletzt vor dem Landgericht Saarbrücken gescheitert. In der Entscheidung heißt es – offenbar in Unkenntnis der Forschungen in der Psycholinguistik und Kognitionspsychologie –, dass es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspreche, wenn männliche Bezeichnungen auch für Frauen verwendet werden. Das generische Maskulinum werde bereits seit 2.000 Jahren als Kollektivform verwendet. Es handele sich insoweit um nichts weiter als eine historisch gewachsene Übereinkunft über die Regeln der Kommunikation.

Der Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), Prof. Dr. Maria Wersig verschlägt es angesichts solcher Erklärungen fast die Sprache. „Frauen sind gut ausgebildet, verdienen ihr eigenes Geld und sind nicht nur die Anhängsel ihrer Männer. Die Bezeichnung „Kontoinhaber“ ist seit 1958 überholt, denn seitdem können Frauen ein Konto auf ihren eigenen Namen eröffnen. Sprache ist ein Spiegel gesellschaftlicher Strukturen und damit auch ein Ausdruck von hergebrachten Hierarchien. Kommen Frauen in Sprache nicht vor, werden damit Realitäten geschaffen oder zementiert. Wer denkt denn an eine Frau, wenn es z.B. ‚der Bankdirektor’ heißt. Wenn Frauen sprachliche Anerkennung erst einklagen müssen, so ist dies ein Armutszeugnis.“

Linguistinnen, Frauenverbände und Betroffene setzen sich seit den 1970er Jahren dafür ein, dass Frauen im Rechts- und Geschäftsverkehr sprachlich als solche erkennbar bleiben und nicht im „Nebel“ des „Generischen Maskulinums“ verschwinden. Die linguistische Forschung zeigt, dass die Verwendung des „Generischen Maskulinums“ nicht geschlechtsneutral aufgefasst wird. Vielmehr bewirkt es, dass Frauen gedanklich in einem geringeren Maße bedacht und einbezogen werden. Geschlechtergerechte Sprachformen können das ändern.

Beklagte in der anstehenden BGH-Verhandlung ist die Sparkasse Saarbrücken, die auf ihrer Homepage durchaus bei den eigenen Angestellten zwischen „Beraterinnen“ und „Beratern“ zu unterscheiden weiß. Und selbst beim Vorstand der Sparkasse ist die Bezeichnung „Vorsitzende“ zumindest sprachlich vorgesehen. Warum also nicht bei ihren Kundinnen? Dass es die Sparkasse auf einen derartigen Prozess ankommen lässt, ist zum einen erstaunlich, weil sie dem saarländischen Landesgleichstellungsgesetz (LGG) unterliegt, das in § 28 geschlechtergerechte Sprachformen vorschreibt. Zum anderen suchen Frauen auch bei Banken nach Wertschätzung, Respekt und Achtung. Fehlt es daran, suchen sie Alternativen und finden sie auch, denn es gibt durchaus auch Banken, die Frauen als Zielgruppe erkannt haben.

Bei Formularen und Vordrucken geht es allerdings nicht nur um die Verwendung männlicher oder weiblicher Bezeichnungen, sondern auch um hierarchische Ordnungen. Bestes Beispiel ist der Vordruck für die jährliche Einkommensteuererklärung. 40 Jahre nach der Abschaffung des Ernährermodells im Recht wird nach wie vor erst der „Ehemann“ und dann die „Ehefrau“ aufgeführt. Die Reihung ist selbst dann einzuhalten, wenn Frauen das Familieneinkommen allein erwirtschaften. Andere Bezeichnungen (Person oder Lebenspartner/in) sind nur für gleichgeschlechtliche Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften vorgesehen.

„In Sachen geschlechtergerechter Sprache bleibt viel zu tun. Dazu gehört es zumindest, dass rechtliche Vorgaben wie die im LGG umgesetzt werden“, fordert die Präsidentin des djb.

Unabhängig davon, wie der BGH entscheidet: Wenn die Sparkasse Saarbrücken ihre Formulare nicht ändert, wären ihre Kundinnen gut beraten, das Kreditinstitut zu wechseln.