Pressemitteilung: 17-17


Reproduktive Rechte stärken - Versorgung durch Hebammen sicherstellen

Pressemitteilung vom

Anlässlich des Welthebammentages am 5. Mai ruft der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) zu gesetzlichen Maßnahmen auf, die die massive Versorgungskrise in der Geburtshilfe endlich lösen. Seit Jahren steht das Angebot an Leistungen durch Hebammen für schwangere Frauen quantitativ und qualitativ unter massivem Druck. Vor allem in ländlichen Regionen verschärft sich das Problem einer guten Versorgung mit wohnortnahen Leistungen und Sicherstellung der Wahlfreiheit für Geburtshilfe-, aber auch ihren Begleitleistungen. „Praktisch ist die Vielfalt der Leistungserbringer_innen im Bereich der Geburtshilfe schon jetzt nicht mehr flächendeckend gewährleistet. Dabei haben schwangere Frauen in der gesetzlichen Krankenversicherung einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf eine freie Wahl des Geburtsortes, sei es ambulant oder stationär im Krankenhaus, in einer von einer Hebamme geleiteten Einrichtung, in einer ärztlich geleiteten Einrichtung oder im Rahmen einer Hausgeburt. Die fehlende Umsetzung dieses Anspruchs betrifft ausschließlich Frauen in der Ausnahmesituation der Geburt, die ohne Selbstbestimmung und angemessene Begleitung eine besonders traumatisierende Erfahrung sein kann. Dies ist eines modernen Gesundheitssystems unwürdig und frauenpolitisch abzulehnen.“, kritisiert Ramona Pisal, Präsidentin des djb.

Zu den Hintergründen:

Freiberuflich tätige Hebammen sind in ihrer wirtschaftlichen Existenz zunehmend bedroht. Sie müssen für ihre Tätigkeit berufshaftpflichtversichert sein. Die Prämien für die Berufshaftpflicht steigen seit einigen Jahren ungebremst jährlich an. Mittlerweile liegen die Kosten bei 6.843 Euro pro Jahr. Maßnahmen wie ein seit 2010 eingeführter spezieller Zuschlag zum Honorar der freiberuflich tätigen Hebammen in der gesetzlichen Krankenversicherung konnten die steigenden Prämien nicht auffangen. Bereits seit Sommer 2016 verhandeln die Krankenkassen und die Hebammenverbände erfolglos über die Höhe der Honorare; auch für die Geburtsbegleitung durch freiberufliche Hebammen in Kliniken („Beleghebammen“). Die Belastung aufgrund der Prämien hat sich für freiberuflich tätige Hebammen, die Geburten begleiten, 2016 noch einmal signifikant erhöht (neun Prozent). Für 2017 ist ein Anstieg um weitere elf Prozent zu erwarten.

Gerade im ländlichen Raum werden Krankenhausgeburten in erheblichem Umfang durch freiberufliche Hebammen betreut. Durch die Entwicklung der Versicherungsprämien sinkt auch das Angebot an ambulanter Schwangerschafts- und Wochenbettbetreuung.

Gleichzeitig ist die Anzahl der Krankenhäuser, die Entbindungen durchführen, zwischen 1991 und 2015 um rund 40 Prozent zurückgegangen. Dabei kümmert sich nach einem aktuellen Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages[1] fast die Hälfte der Hebammen bei Geburten in den Krankenhäusern „um drei Frauen gleichzeitig während der Geburt“. Eine leitliniengerechte 1:1 Betreuung ist damit nicht während der gesamten Entbindung gesichert. Vor diesem Hintergrund erscheint es umso wichtiger, die bestehende Versorgung durch Beleghebammen im Krankenhaus zu stärken.

Forderungen des djb:

Der djb fordert Politik und Gesetzgebung auf,

  • kurzfristig einen kostendeckenden Zuschlag für freiberuflich tätige Hebammen bei der Vergütung durch die gesetzlichen Krankenkassen gesetzlich sicherzustellen,
  • mittelfristig: Die Einführung eines Haftungsfonds zu projektieren, der bei Geburtshilfe-Schäden (oberhalb einer bestimmten Deckungssumme) einspringt und so die geburtsbegleitenden Hebammen finanziell entlastet.

 


[1] Vom 24.2.2017