Stellungnahme: 20-04


zum BVerfG-Verfahren 1 BvL 7/18 – 13 III Nr. 1 EGBG, Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen

Stellungnahme vom

zum BVerfG-Verfahren 1 BvL 7/18 – 13 III Nr. 1 EGBG,
Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen


Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das vorliegende Verfahren betrifft die Frage nach der Verfassungswidrigkeit der
kollisionsrechtlichen Regelung des Art. 13 III Nr. 1 EGBGB, die mit dem „Gesetz zur
Bekämpfung von Kinderehen“ eingeführt wurde.
Das „Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen“ hatte einerseits auf sachrechtlicher Ebene die
Möglichkeit des gerichtlichen Dispenses für 16- und 17-jährige Eheschließungswillige (§ 1303
II-IV BGB a.F.2) aufgehoben und unter anderem Ehen von unter 16-jährigen als Nichtehen
(§ 1303 S. 2 BGB) sowie Ehen von 16- und 17-jährigen als aufhebbare Ehen (§§ 1303 S. 1, 1314
I Nr. 1 BGB) eingestuft. Andererseits hatte es auf der kollisionsrechtlichen Ebene für den Fall
des ausländischen Eheschließungsstatuts (d.h. die Verlobten haben keine deutsche
Staatsangehörigkeit, Art. 13 I EGBGB) und der wirksamen Eheschließung nach ausländischem
Recht angeordnet, dass (gleichwohl) Ehen von unter 16jährigen als Nichtehen (Art. 13 III Nr. 1
EGBGB) und Ehen von 16- und 17-jährigen „nach deutschem Recht … aufhebbar“ sein sollen
(Art. 13 III Nr. 1 EGBGB).

Obschon generell der Schutz von Kindern vor der Eheschließung selbstverständlich breitesten
Konsens fand, wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren der Regierungsentwurf in der
Literatur und von den interessierten Verbänden – zumindest im Hinblick auf Art. 13 III Nr. 1
EGBGB – ganz überwiegend scharf kritisiert, so auch vom djb.

(...)

Gerade die schutzbedürftigsten, weil jüngsten, Eheschließenden, werden durch das Gesetz schutzlos gestellt. Die individuellen Folgen bleiben mangels Einzelfallprüfung außer Acht. Die Regelung dient damit nicht dem Kindeswohl, sondern begründet – wie noch dazulegen sein wird – vielmehr sogar einen Verstoß dagegen.

Art. 13 III Nr. 1 EGBGB verletzt die Betroffenen in schwerwiegender Weise in ihren
Grundrechten. Der damit verfolgte Schutzzweck wird verfehlt. Das Kindeswohl wird nicht
geschützt, sondern gefährdet. Der djb hat, wie viele andere, diese Vorschrift seit ihrer Genese
scharf kritisiert. Es ist zu hoffen, dass das BVerfG die Verfassungswidrigkeit des Art. 13 III Nr. 1
EGBGB feststellen wird.