Stellungnahme: 14-15


zu § 17 VersAusglG: Ein altes Problem im neuen Gewand

Stellungnahme vom

Im Versorgungsausgleich, der gleiche Teilhabe an der während einer Ehe aufgebauten Altersvorsorge im Scheidungsfall gewährleisten soll, führte die bis zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (1.9.2009) notwendige Saldierung aller Werte zu ungerechten Teilungsergebnissen, weil die am Maßstab der gesetzlichen Versicherungswerte umzurechnenden Barwerte aus anderen (einzubeziehenden) Versorgungsanrechten viel zu gering ausfielen. Grundgedanke der Reform des Versorgungsausgleichsrechts war, die beschriebene Bewertungsproblematik insbesondere für private und betriebliche Altersvorsorgeprodukte zu vermeiden. Die Lösung lag – zumindest für den Gesetzgeber – darin, statt der Saldierung nun generell eine interne Teilung der einzelnen Anrechte vorzunehmen. Ausgleichsberechtigte erhalten – so der Grundsatz – bei der internen Teilung die Hälfte des vorhandenen Anrechts und wird gleichsam wie der Ausgleichspflichtige Vertragspartner. Das (geteilte) Anrecht entwickelt sich ebenso wie das Anrecht des Ausgleichspflichtigen weiter.

Die interne Teilung als der geplante Standardfall im Versorgungsausgleich kommt jedoch bei einer Vielzahl von Rentenanrechten der sogenannten Dritten Säule nicht zur Anwendung. Grund dafür ist die im Gesetzgebungsverfahren auf Betreiben der Versorgungsträger durchgesetzte Privilegierung der Betriebsrenten nach § 17 VersAusglG, die auch bei Ausgleichswerten von aktuell rund 71.000 Euro eine externe Teilung ermöglicht. In der Realität des Versorgungsausgleichs führt die dabei notwendige Bewertung von Betriebsrenten deswegen auch heute noch zu empfindlichen Einbußen, die mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht zu vereinbaren sind. Grund für die Verringerung der ermittelten Werte ist, dass den Betriebsrententrägern bei der Bewertung gemäß § 45 VersAusglG die Möglichkeit eröffnet worden ist, den Zinssatz nach dem Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) einzusetzen, der jedenfalls aktuell ein reiner Buchungszins und am Kapitalmarkt nicht zu realisieren ist.

Ausgehend von der beschriebenen Bewertungsmethode erhalten ausgleichsberechtigte Ehegatten – in der Regel noch immer die Ehefrau – einen deutlich zu geringen Ausgleichswert. So wird aus einem in 25 Jahren erreichbaren Kapitalstock in Höhe von rund 180.000 Euro bei einer Abzinsung nach dem BilMoG (5,25%) nur ein Barwert in Höhe von rund 50.000 Euro. Wird der bei Eintritt in das Rentenalter erreichbare Kapitalstock dagegen mit einem am Markt erzielbaren Zins diskontiert, dann ergibt sich – etwa bei einem Zinsfuß für langfristig angelegte Geldanlagen von drei Prozent – ein Barwert in Höhe von annähernd 86.000 Euro.

Der beschriebene Effekt fällt bei der externen Teilung wertmäßig hoher Anrechte in den Betriebsrenten besonders intensiv aus. Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) fordert aus dem genannten Grund daher die Aufhebung des § 17 VersAusglG, während der Deutsche Familiengerichtstag e.V. (DFGT) es für ausreichend hält, die Privilegierung in § 17 VersAusglG einzuschränken, indem entweder die Wertgrenze herabgesetzt oder die Bewertungsvorschrift des § 45 VersAugslG modifiziert wird. Die Diskussion lässt sich dahin zusammenfassen, dass nur eine interne Teilung des Anrechts auch eine gleichwertige Teilhabe an der tatsächlichen Zinsentwicklung des Anrechts gewährleistet.

Die Rechtsprechung – soweit veröffentlicht – hat einen anderen Weg gewählt, um die negativen, die Halbteilung verfehlenden Auswirkungen des § 17 VersAusgLG zu meiden und für die Bewertung die Billigkeitserwägungen des § 42 VersAusglG fruchtbar gemacht. So ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Februar 2012 (Az. 12 UF 207/10) der Barwert abweichend von der Mitteilung des Versorgungsträger mit einem realistisch am Markt erzielbaren Zins (3,25%) berechnet worden. Das führte – im konkreten Fall – dazu, dass statt des vorgeschlagenen Teilungswerts in Höhe von 50.216 Euro ein Teilungswert in Höhe von 67.027,48 Euro übertragen wurde. Die Ehefrau hat also nach aktueller Wertbetrachtung rund 17.000 Euro für sich gutschreiben können. Da außerdem die Wertgrenze für die externe Teilung überschritten war, ist das Anrecht insgesamt intern geteilt worden.

Die Kommission für Zivil-, Familien-und Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften stimmt dem DFGT und dem DAV im Ausgangspunkt zu, wonach § 17 VersAusglG im Lichte des geltenden Halbteilungsgrundsatzes anzuwenden und ggf. auszulegen ist. Da andererseits aber nicht zu erwarten steht, dass der Gesetzgeber sich der Forderung nach einer Änderung der genannten Vorschrift zeitnah annehmen wird, müssen die Ausgleichsberechtigten, zumeist die Frauen, vorerst darauf achten und ggf. den Rechtsmittelweg beschreiten, um zu vermeiden, dass im Versorgungsausgleichsverfahren die Anwendung eines unrealistischen Papierzinses zu einer Benachteiligung führt, die das Kernanliegen der Versorgungsausgleichsreform konterkariert.

Dem Bundesgerichtshof (BGH) liegt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Beschluss vom 1.10.2013, Az. 1 UF 121/13) vor, so dass höchstrichterlich eine Auseinandersetzung mit der dargestellten Problematik zu erwarten ist. Es bleibt zu hoffen, dass der BGH einer „Wertkorrektur“ den Weg ebnet.

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) wird danach prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist dieser mit Blick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Versorgungsausgleich – wie der jüngst ergangene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Mai 2014 (NJW 2014, 2093 ff.) verdeutlicht – nicht zwingend.

Brigitte Meyer-Wehage
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften

Dr. Gudrun Lies-Benachib
Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften