Pressemitteilung: 19-11


Equal Pay: Ein Prinzip ohne Praxis! Juristinnenbund fordert effektives Gesetz

Pressemitteilung vom

Frauen verdienen in Deutschland noch immer 21 Prozent weniger als Männer. Und das obwohl der Grundsatz der Entgeltgleichheit im deutschen wie europäischen Recht verankert ist – bislang ein Prinzip ohne Praxis.  „Die Durchsetzungsschwäche ist so eklatant, dass der sogenannte Gender Pay Gap sich über Jahrzehnte hinweg kaum verringert hat. Es fehlt an Transparenz, durchsetzungsstarken sozialen Akteur*innen und dem Willen der Verantwortlichen, Diskriminierungen zu beseitigen. Die gravierenden gesetzlichen Mängel müssen endlich behoben werden.“, sagt Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb).

Ein großes Manko ist, dass die betriebliche Prüfung der Entgeltgleichheit nicht gesetzlich verpflichtend ist. Das Entgelttransparenzgesetz enthält lediglich eine Aufforderung dazu. Für ein effektives Recht müssen außerdem staatliche oder zivilgesellschaftliche Institutionen ermächtigt werden, die Einhaltung der Entgeltgleichheit vor Gericht durchzusetzen. Gleiche Bezahlung gerichtlich einzufordern ist in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern allein den diskriminierten Personen überlassen. Indes bestehen im Verbraucherschutzrecht und dem Umweltschutz entsprechende Verbandsklagemöglichkeiten bereits.  Wersig dazu: „Die Gleichstellung der Geschlechter ist, wie im Grundgesetz verankert, eine staatliche Aufgabe. Die Erreichung dieses Ziels kann also nicht ausschließlich denen überlassen werden, die selbst von Diskriminierung betroffen sind. Das ist umso unsinniger, da diese sich häufig in Vertragsbeziehungen befinden, die von einem strukturellen Machtungleichgewicht geprägt sind. Risiko und Kosten sind so hoch, dass Betroffene von ihren individuellen Rechten selbst dann kaum jemals Gebrauch gemacht haben, wenn sie von ihrer Benachteiligung wussten. Darüber hinaus hat eine erfolgreiche Individualklage keine rechtliche Wirkung auf vergleichbare Fälle; so bleiben diskriminierende Entgeltsysteme und -praxen selbst unangetastet.“

Die Anträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die in der heutigen öffentlichen Anhörung im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend diskutiert werden, enthalten ebenfalls die Forderung nach einem Verbandsklagerecht. Auch die SPD forderte dies schon in einem Gesetzentwurf von 2012. Um die gravierenden Fehler des Entgelttransparenzgesetzes auszubessern, bedarf es aber weiterer gesetzlicher Schritte, wie den ausführlichen djb-Stellungnahmen vom 27. Februar 2017 und vom 11. März 2019 zu entnehmen ist. Der Gender Pay Gap zeigt die weiterhin fortbestehenden Machtunterschiede und Diskriminierungen in unserer Gesellschaft. Dem muss durch effektive gesetzliche Regelungen begegnet werden.