Pressemitteilung: 18-32


Ein Vorbild für Juristinnen und Feministinnen: Erna Scheffler wäre heute 125 Jahre alt

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Anlässlich ihres 125. Geburtstags erinnert der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) an Dr. Erna Scheffler. Erna Scheffler (21.09.1893–22.05.1983) wurde 1951 zur ersten und bis zum Ende ihrer Amtszeit 1963 alleinigen Richterin des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Speziell Art. 3 Abs. 2 GG, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, wurde ihr Thema:

  • Unter ihrer Mitwirkung wurde entschieden, dass ab 1. April 1953 Mann und Frau auch im Bereich von Ehe und Familie gleichberechtigt sind (BVerfGE 3, 225).
  • Unter ihrer Federführung wurde die Zusammenveranlagung im Steuerrecht für verfassungswidrig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht stellte gegen den damaligen Zeitgeist klar, dass zur Gleichberechtigung der Frau gehört, dass sie die Möglichkeit hat, „mit gleichen rechtlichen Chancen marktwirtschaftliches Einkommen zu erzielen wie jeder männliche Staatsbürger“ (BVerfGE 6, 55 ff.).
  • Der Stichentscheid des Vaters bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern wurde für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 10, 59).
  • Die Bevorzugung des männlichen Erben nach der Höfeordnung, dem landwirtschaftlichen Erbrecht, wurde für verfassungswidrig erklärt (BVerfG 15, 337).
  • Für mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar wurde erklärt, dass der Wert der Leistungen als Mutter, Hausfrau und Mithelfende in der Sozialversicherung unberücksichtigt gelassen wird (BVerfGE 17, 1 ff, 38 ff.  – Waisenrenten und BVerfGE 17, 62 – Witwenrente).

Und doch war nichts in ihrem Leben selbstverständlich: weder die gymnasiale Ausbildung, noch das Studium, die Staatsexamina 1922 und 1925 oder die Zulassung zur Anwalt- oder Richterschaft 1925 und 1928. Eine geradlinige Karriere war Frauen damals nicht möglich. 1933 erhielt sie aufgrund ihrer „nichtarischen" Herkunft Berufsverbot. Erst 1945 kehrte sie als Unbelastete in den Berliner Justizdienst zurück. Mit diskriminierenden Sorgerechtsregelungen nach ihrer Scheidung, dem drohenden Kuppeleiparagraphen wegen ihrer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und frauendiskriminierenden Beamtengesetzen war sie selbst konfrontiert.  

Erna Scheffler war brillant und überzeugend und sie schuf und nutzte Verbindungen. Sie war Mitglied des 1914 gegründeten Deutschen Juristinnen-Vereins e.V. (DJV), dem Vorgängerverein des djb, der in den 30er Jahren seine Arbeit einstellte. Sie trat nach dessen Gründung 1949 dem djb bei, dessen zweite Vorsitzende sie von 1950 bis 1952 war. Sie war Wegbereiterin für ein modernes Frauenleben. Die Erinnerung an ihr Lebenswerk verpflichtet auch heute noch: zum Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit und gegen Diskriminierung.