Pressemitteilung: 15-27


Deutsche Bank „Leistung aus Leidenschaft“: djb fordert kühlen Kopf im Kern-geschäft und ein leidenschaftliches Bekenntnis der Chefetage auch für mehr Frauen im Vorstand

Pressemitteilung vom

Mit der Hauptversammlung der Deutschen Bank AG in Frankfurt setzt der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) die von ihm initiierte Aktion „European Women Shareholders Demand Gender Equality“ heute fort. Im Rahmen des Projektes stellt der djb kritische Fragen zum Anteil der Frauen in Führungspositionen der Unternehmen.

Im Aufsichtsrat der Deutschen Bank sitzen sieben Frauen, mithin 35 Prozent. Damit wird das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ bereits erfüllt. Im Group Executive Committee sind seit dem letzten Jahr zwei von insgesamt 22 Positionen mit Frauen besetzt. Im Vorstand bleiben nach wie vor alle acht Positionen Männern vorbehalten. Die zahlreichen Umbauten im Vorstand und die jüngste Vakanz durch den geplanten Weggang von Neske haben nicht dazu geführt, dass die Deutsche Bank endlich weibliche Expertise ins operative Geschäft holt. Im Gegenteil, die Aufgaben werden stattdessen unter den bestehenden sieben Männern neuverteilt.

Der Frauenanteil an Führungspositionen in Deutschland beträgt bei der Deutschen Bank für alle Führungsebenen 30,2 Prozent. Da Frauen fast die Hälfte der Belegschaft in Deutschland stellen, ist noch deutlich Luft nach oben. Für Deutschland hat die Deutsche Bank bislang keine Ziele festlegt; das wird nun gemäß der gesetzlichen Verpflichtung nachzuholen sein. Bis Ende 2018 möchte die Deutsche Bank jedoch weltweit einen Frauenanteil an Führungspositionen von 35 Prozent erreichen.

djb-Präsidentin Ramona Pisal: „Eine moderne, weltweit agierende Bank, die Hälfte der Belegschaft weiblich, und dann nur Männer im Vorstand – das ist schon ein irritierender Befund und befremdlicher Anblick heutzutage. Keine der vielen Turbulenzen des Geldinstituts führt dazu, es einmal wieder mit weiblicher Expertise an der Spitze zu versuchen. „Leistung aus Leidenschaft“ ist der Slogan des Unternehmens. Leidenschaft scheint für Geldgeschäfte eher ein schlechter Ratgeber, wenn man die Nachrichten zur Deutschen Bank bilanziert. Da wünschen wir uns eher einen kühlen Kopf. Der viel beschworene Kulturwandel dagegen fordert ein leidenschaftliches Bekenntnis der Chefetage auch für mehr Frauen im Vorstand.“

 

Hintergrund

Das am 6. März 2015 im Bundestag verabschiedete „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ legt u.a. eine feste Quote von 30 Prozent Frauen für die Aufsichtsräte der circa 100 größten deutschen Unternehmen fest. Der djb begrüßt die Frauenquote grundsätzlich als einen wichtigen ersten Schritt zur Verwirklichung der im Grundgesetz und auf europäischer Ebene garantierten Gleichstellung der Frauen. Die Größenordnung ist aber wenig ambitioniert. Gefordert wird daher weiterhin eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent für Aufsichtsräte, Vorstände und alle Führungspositionen.

Dies wird auf europäischer Ebene ähnlich gesehen. Der derzeit verhandelte Entwurf der EU-Richtlinie zur „Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen“ sieht die vom djb geforderte Zielquote von 40 Prozent vor. Allerdings wurde mit Art. 4b) dort kürzlich eine „Flexibilitätsklausel“ eingefügt, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, diese Zielquote unter bestimmten Bedingungen auszusetzen. Darauf könnte Deutschland sich jetzt berufen, denn dafür soll eine verbindliche Quote von 30 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten ausreichen.

Das vom djb initiierte Projekt „European Women Shareholders Demand Gender Equality“ erhielt 2014 von der Europäischen Kommission neben 16 weiteren europäischen Projekten den Zuschlag für eine Förderung nach dem PROGRESS-Programm. Es wird kofinanziert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt und der Finnischen Handelskammer. Zu den Projektpartnern gehören neben dem djb: die vier Juristinnenorganisationen European Women Lawyers Association (EWLA), EWLA Bulgarien, Association française des femmes juristes (AFFJ), der Ungarische Anwältinnenverband sowie die Finnische Handelskammer und die Universität von Westengland. Die Hochschule Magdeburg Stendal ist für die Medienarbeit zuständig.

Juristinnen und andere Fachfrauen besuchen seit Beginn des Jahres in elf EU-Mitgliedstaaten circa 100 Hauptversammlungen großer börsennotierter Aktiengesellschaften. In den Beneluxstaaten, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien und Spanien müssen sich die im EURO STOXX 50 notierten Unternehmen den kritischen Fragen der Juristinnen stellen, in Bulgarien, Ungarn und dem Vereinigten Königreich sind es die im BUX-, SOFIX- und FTSE-notierten Unternehmen.

Das Projekt schließt an das vom BMFSFJ geförderte deutsche Projekt „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“ an und setzt es europaweit fort. Mitglieder des djb und andere Aktionärinnen haben von 2009 bis 2013 insgesamt 300 Hauptversammlungen börsennotierter Aktiengesellschaften in Deutschland besucht und von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch gemacht. Die Antworten der Aufsichtsräte und Vorstände auf die Fragen nach den Frauen in Führungspositionen des Unternehmens sind ausgewertet und in vier Studien veröffentlicht worden.