Pressemitteilung: 14-16


Keine Rente mit 65 für Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt"

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Heute vor 65 Jahren, am 23. Mai 1949, wurde das Grundgesetz vom „Parlamentarischen Rat für die Bundesrepublik Deutschland“ verabschiedet. Seitdem gilt Art. 3 Abs. 2 GG: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ So selbstverständlich, wie dieser Satz klingt, so schwierig war es, ihn mit Verfassungsrang in der Werteordnung der neuen Bundesrepublik zu verankern. Dass dies gegen immense Widerstände gelungen ist, haben wir alle im Wesentlichen einer Frau zu verdanken: Elisabeth Selbert, geboren 1896 in Kassel.

 

Unter den 65 Mitgliedern des Parlamentarischen Rats fanden sich 1948 nur vier Frauen. Eine dieser „Mütter des Grundgesetzes“ war Rechtsanwältin Elisabeth Selbert. Sie wandte sich entschieden gegen die bloße Fortgeltung der Formulierung gemäß Art. 109 Abs. 1 Satz 2 der Weimarer Verfassung „Männer und Frauen haben grundsätzlich die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten“, die die Rechtsstellung der Frauen im Übrigen nicht auf Augenhöhe mit den Männern festgeschrieben hätte. Engagiert und beharrlich trat sie für eine Formulierung mit einem klaren, imperativen Auftrag an den Gesetzgeber zur Gleichberechtigung der Frauen in allen Lebensbereichen ein. Empörte Ablehnung schlug ihr entgegen, auch ihre Kolleginnen im Parlamentarischen Rat unterstützten sie anfänglich nicht, sie scheiterte in mehreren Abstimmungen. Der Erfolg kam, als sie ihre Netzwerke nutzte, auch mithilfe der Medien, ihre Rundfunkreden berühren noch heute: Sie rief Frauen in der ganzen Bundesrepublik auf, gegen die Nichtaufnahme des Gleichberechtigungsgrundsatzes in das Grundgesetz zu protestieren und den Entwurf ansonsten abzulehnen. Politikerinnen, Gewerkschaftlerinnen und Mitglieder der zahlreichen Frauenverbände – darunter natürlich der Juristinnenbund, dessen Mitglied Elisabeth Selbert war – unterstützten sie mit Tausenden schriftlicher Eingaben, die waschkörbeweise an den Parlamentarischen Rat gingen. Nur unter diesem vereinten öffentlichen Druck der sogenannten „Waschkorbaktion“ gab der seinen Widerstand schließlich auf.

 

„Elisabeth Selberts Aktion war ein voller Erfolg. Nicht nur wir Frauen verdanken ihr viel. Art. 3 Abs. 2 GG ist insgesamt ein Gewinn für eine demokratisch verfasste Gesellschaft. Viele seiner Wirkungen hat Elisabeth Selbert in ihrem 90-jährigen Leben greifen sehen “, so Ramona Pisal, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb). „Aber ein Blick auf die Entgeltunterschiede, Altersarmut, Aufstiegschancen von Frauen im Beruf und Vieles mehr zeigen: wir sind noch lange nicht am Ziel. Keine Rente mit 65 für Art. 3 Abs. 2 GG.“