Offener Brief: 24-17


Versprechen halten: Steuergutschrift für Alleinerziehende umsetzen!

Offener Brief vom

Sehr geehrter Herr Kanzler Scholz,
sehr geehrter Herr Vizekanzler Habeck,
sehr geehrter Herr Bundesminister Lindner,
sehr geehrte Frau Bundesministerin Paus,

im Koalitionsvertrag ist festgelegt: „Alleinerziehende, die heute am stärksten von Armut betroffen sind, entlasten wir mit einer Steuergutschrift.“ Wir appellieren an Sie, dieses Versprechen in der aktuellen Legislaturperiode noch umzusetzen! Dafür ist das Jahressteuergesetz 2024 die letzte Gelegenheit: Der aktuelle Entwurf enthält jedoch noch keine entsprechende Regelung. Die Steuergutschrift als Abzugsbetrag von der Steuerschuld bis hin zu einer echten Steuergutschrift könnte auch endlich die Alleinerziehenden mit mittleren und kleinen Einkommen tatsächlich erreichen. Das wäre eine zielgenaue, lang erwartete Unterstützung von Alleinerziehenden!

Der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b Einkommenssteuergesetz ist zeitnah zu einer Steuergutschrift weiterzuentwickeln: Diese ist als Abzugsbetrag von der Steuerschuld auszugestalten. Ist die Steuerschuld geringer als die Steuergutschrift, ist die Differenz auszuzahlen. Dabei darf es selbstverständlich zu keiner Verschlechterung kommen, auch nicht im Zusammenspiel mit anderen Leistungen. Die Steuergutschrift muss aktuell mindestens bei 1.920 Euro im Jahr liegen und sollte dynamisiert sein.

Eine Steuergutschrift kann somit im Gegensatz zu dem jetzigen steuerlichen Entlastungsbetrag besser für Alleinerziehende typische Mehrbelastungen ausgleichen. Alleinerziehende tragen die Hauptverantwortung für Fürsorgearbeit und das Erwirtschaften des Lebensunterhalts. Ihre Erwerbstätigenquote liegt bei 74 Prozent, alleinerziehende Mütter arbeiten mit 46 Prozent deutlich häufiger in Vollzeit oder vollzeitnah als Mütter in Paarfamilien mit 31 Prozent. Im Gegensatz zu Paarfamilien profitieren Alleinerziehende jedoch nicht von Synergieeffekten einer gemeinsamen Haushaltsführung, sondern haben u.a. zusätzliche Ausgaben für die notwendige Kinderbetreuung zu tragen, Betreuungslücken treffen sie unmittelbar. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits 2009 konstatiert hat, sind das erhöhte Armutsrisiko sowie die regelmäßig vorliegende besondere zeitliche und psychosoziale Belastung von Alleinerziehenden Gründe, die eine steuerliche Entlastung rechtfertigen. Es hat dem Gesetzgeber hierbei einen großen Gestaltungsspielraum eingeräumt (vgl. BVerG 2 BvR 310/07, Beschluss vom 22.05.2009).

Klar ist: Wer eine Verbesserung verspricht, muss Geld in die Hand nehmen. Die Finanzierung darf keinesfalls „kostenneutral“ durch eine Umverteilung zwischen Alleinerziehenden unterschiedlichen Einkommens erfolgen. Gleichzeitig ist eine Steuergutschrift für Alleinerziehende eine Investition in die Zukunft, denn sie kann dazu beitragen, weitergehende Erwerbswünsche zu realisieren und Kinderarmut zu bekämpfen. Es ist ungewiss, welche Verbesserungen oder auch Verschlechterungen die Kindergrundsicherung für Alleinerziehende bringt. Umso wichtiger ist, sie und ihre Kinder durch die Steuergutschrift gezielt zu unterstützen und dieses Versprechen aus dem Koalitionsvertrag Realität werden zu lassen!

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende
Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV)

Yvonne Fritz, Vorstand Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e. V.
Federführender Verband der Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehende (AGIA)

Kathrin Sonnenholzner, Vorsitzende des Präsidiums
AWO Bundesverband e. V.

Elke Hannack, Stellvertretende Vorsitzende
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin
Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)

Holger Hofmann, Geschäftsführer
Deutsches Kinderhilfswerk e.V. (DHKW)

Svenja Kraus, Geschäftsführerin
evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf)

Irene Pabst, Geschäftsführerin
Evangelischer Fachverband für Frauengesundheit e.V. (EVA)

Angelika Weigt-Blätgen, Vorsitzende
Evangelische Frauen in Deutschland e.V. (EFiD)

Kai-Uwe Bevc, Vorstand
MIA - Mütterinitiative für Alleinerziehende e.V.

Juliane Meinhold, Abteilungsleitung Soziale Arbeit
Der Paritätische Gesamtverband

Birgit Uhlworm, Bundesvorsitzende
Selbsthilfeinitiativen Alleinerziehender e.V. (SHIA)

Sara Buschmann, Gründerin und Geschäftsführerin
SOLOMÜTTER

Maria Noichl und Ulrike Häfner, Bundesvorsitzende in Doppelspitze
SPD FRAUEN

Heidi Thiemann, Geschäftsführende Vorständin
Stiftung Alltagsheld:innen

Asiye Balıkçı-Schmidt, Bundesvorsitzende
Verband binationaler Familien und Partnerschaften e.V. (iaf)

Britta Altenkamp, Vorsitzende
Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF)