Policy Paper: 23-17


Bekämpfung bildbasierter sexualisierter Gewalt

Policy Paper vom

I. Problemaufriss

Die Digitalisierung eröffnet weitergehende Möglichkeiten der Kommunikation, auch mittels des Herstellens, Gebrauchens, Manipulierens und Zugänglichmachens[1] von Bildaufnahmen, die eine andere Person sexualbezogen wiedergeben. Wenn diese Verhaltensweisen durch die dargestellte Person selbst oder mit ihrer Einwilligung vorgenommen werden, stellen sie eine Ausübung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung in Verbindung mit dem Recht am eigenen Bild dar. Fehlt es an der wirksamen Einwilligung der betroffenen Person, werden diese Rechte hingegen schwerwiegend verletzt. Es handelt sich dann um bildbasierte sexualisierte Gewalt.

Bildbasierte sexualisierte Gewalt stellt eine massive Form digitaler Gewalt dar. Hierzu gehören Phänomene wie digitaler Voyeurimus (das Aufnehmen von Nackt- oder sexualbezogenen Bildinhalten mittels Spy Cams), Upskirting und Downblousing (das heimliche Fotografieren unter den Rock oder in den Ausschnitt),[2] Sextortion (die Drohung, Nacktfotos oder sexuell explizite Bildaufnahmen mit Dritten zu teilen), das Teilen einvernehmlich hergestellter Nacktaufnahmen oder Bildaufnahmen von sexuellen Handlungen ohne Einwilligung der wiedergegebenen Person (z. B. bei sog. Revenge Porn, also „Rachepornos“ durch Ex-Partner*innen).[3] Die Bildaufnahmen werden häufig heimlich auf Pornoplattformen hochgeladen, teils mit persönlichen Daten und herabwürdigenden Äußerungen über die Betroffenen, oder sie werden genutzt, um ihnen nachzustellen, sie zu mobben oder Kontrolle über sie auszuüben. Die Digitalisierung ermöglicht dabei die schnelle und unkontrollierte Verbreitung der Inhalte, etwa über kostenlose und frei zugängliche Pornoplattformen wie „xHamster“ oder „youporn“. Einmal online gestellt verteilen sich Kopien auch über die ursprüngliche Plattform hinaus.

Dabei beschränkt sich das Problem nicht auf Material, das ein tatsächliches Geschehen wiedergibt. Auch sog. Deepfakes stellen eine erhebliche Gefahr dar.[4] Bei sexualbezogenen Deepfakes werden Bilder und Videos mittels Künstlicher Intelligenz so manipuliert, dass der täuschend echte Eindruck erweckt wird, eine Person werde etwa bei sexuellen Handlungen oder nackt wiedergegeben. Mithilfe sog. Deepfake Apps kann jede Person selbst einfach Deepfakes herstellen und jede Person, von der ein digitales Foto über das Internet oder Social Media zugänglich ist, kann Opfer eines Deepfakes werden.

Die Lücken im strafrechtlichen Schutz vor bildbasierter sexualisierter Gewalt betreffen vor allem erwachsene Personen. Insbesondere stellt sich der strafrechtliche Schutz Erwachsener durch die §§ 184a, 184k, 201a StGB, §§ 33 i. V. m. 22 ff. KUG als vollkommen unsystematisch und lückenhaft dar. Beim zivilrechtlichen Bildnisschutz ergeben sich Schwierigkeiten bei der Abwägung mit der Meinungs- und Kunstfreiheit aus Art. 5 GG, aus den nahezu unbegrenzten digitalen Verbreitungswegen und der häufig nicht eindeutig zu beantwortenden Frage, wer die zivilrechtlich Verantwortlichen sind (etwa bei anonymen Täter*innen und Plattformbetreiber*innen mit Sitz im Ausland). Hinzu kommt, dass die herkömmlichen zivil- und strafrechtlichen Instrumente häufig zu spät greifen, weil die Inhalte längst einer nahezu unbegrenzten Anzahl von Personen zugänglich gemacht wurden.

Im Folgenden wird zunächst erläutert, was über die Verbreitung bildbasierter sexualisierter Gewalt und die Folgen der von ihr betroffenen Personen bekannt ist. Im Anschluss wird gezeigt, welche Lücken die straf-, zivil- und netzrechtliche Regulierung bildbasierter sexualisierter Gewalt aufweist und wie diese behoben werden sollten.

 

II. Empirische Daten 

Auch wenn die Problematik in Deutschland zurzeit vor allem anhand medial verhandelter Einzelfälle aufgegriffen wird, dürfte es sich um ein weit verbreitetes Phänomen handeln, das in der deutschen Forschung bislang kaum systematisch untersucht wird.

1. Bekannte Einzelfälle im deutschen Rechtsraum

Im deutschen Rechtsraum sind vor allem Einzelfälle bekannt geworden. So deckte die Journalistin Patrizia Schlosser auf, dass auf dem Festival „Monis Rache“ heimlich Aufnahmen von weiblichen Genitalien auf Toiletten angefertigt und anschließend auf der Pornoplattform „xHamster“ hochgeladen wurden.[5] Ein ähnlicher Fall stellte die Grundlage der erfolgreichen Petition von Hanna Seidel und Ida Marie Sassenberg im Jahre 2019[6] dar, die schließlich zur Kriminalisierung von Upskirting / Downblousing führte.[7] Im Leipziger Raum ging eine Gruppe betroffener Personen an die Öffentlichkeit, die herausgefunden hatte, dass ein ihnen allen bekannter Mann Bildaufnahmen von ihnen und anderen Personen auf der Pornoplattform „xHamster“ hochgeladen hatte, die teils sexuelle Handlungen, nackte Personen oder deren Körperteile zeigen.[8]

Es ist davon auszugehen, dass diese und andere Einzelfälle nur die sichtbare Spitze des Eisberges darstellen. Denn aufgrund der technischen Möglichkeiten durch die Digitalisierung lassen sich Bildaufnahmen leicht ohne Einwilligung der betroffenen Person herstellen, gebrauchen, manipulieren und – häufig via Pornoplattformen – (einer unbegrenzten Anzahl von) Dritten zugänglich machen.

2. Häufigkeit

Eine empirische Studie in Australien, Neuseeland und Großbritannien[9] ergab, dass 37,7 % der Befragten schon einmal Opfer von bildbasierter sexualisierter Gewalt wurden. Dabei dürfte von einem erheblichen Dunkelfeld auszugehen sein, da nicht jede betroffene Person von ihrer Viktimisierung weiß.[10] 60,9 % der Betroffenen erlebten bildbasierte sexualisierte Gewaltim Zusammenhang mit einer gegenwärtigen oder beendeten intimen Beziehung.[11] Bei 18,6 % der Befragten war der*die Täter*in ein*e Freund*in oder eine Person aus dem erweiterten sozialen Umfeld, bei 8,3 % der Betroffenen eine unbekannte oder fremde Person, bei 5,9 % ein Familienmitglied, bei 3,8 % eine Person aus dem beruflichen Kontext.[12]

Frauen und Männer waren zwar ähnlich häufig von bildbasierter sexualisierter Gewalt betroffen (38,1 % bzw. 37,4 %). Allerdings ergaben sich den Autor*innen zufolge aus der Berücksichtigung des Kontexts und der Folgen Unterschiede in Bezug auf das Geschlecht und andere typische Merkmale für Ungleichheit[13]: Beispielsweise waren nicht heterosexuelle Befragte mit 56,4 % deutlich häufiger von bildbasierter sexualisierter Gewalt betroffenals heterosexuelle (35,4 %),[14] Männer waren doppelt so häufig Täter als Frauen[15] und es berichteten nur Frauen, nicht aber Männer, Opfer von Deepfakes geworden zu sein.[16]

3. Folgen für die Betroffenen 

Wie schwer bildbasierte sexualisierte Gewalt wiegt, wird anhand der typischen Folgen für die Betroffenen deutlich. In einer britisch-neuseeländisch-australischen Studie berichteten 92,1 % der betroffenen weiblichen Befragten von negativen Gefühlen, 82,7 % von Sorgen über ihren Ruf und 74 % von Sorgen um ihre Sicherheit, während nur 75,9 %, 72,1 % bzw. 59,1 % der betroffenen Männer entsprechende Angaben machten.[17] Dass Frauen häufiger von negativen Folgen berichten, wird auf „das soziale Stigma und die Scham im Zusammenhang mit der weiblichen Sexualität“ zurückgeführt.[18]

Auf der Basis von Interviews beschrieben Forscher*innen zudem zerstörerische Auswirkungen auf das ganze Leben der Betroffenen. Dabei spielt vor allem die Angst eine Rolle, dass die Bilder immer wieder, also lebenslang, hergestellt und weitergegeben werden und sich auf diese Weise schnell und unkontrolliert verbreiten, was sich mittels digitaler Medien technisch leicht bewerkstelligen lässt. Die Sorge darum kann sich auf das Verhalten der Betroffenen auswirken, indem sie z. B. ständig ihre E-Mails, Social-Media-Accounts oder bestimmte Internetseiten prüfen, Angst haben, durch Bekannte und Kolleg*innen erkannt zu werden. Hinzu kann eine soziale Isolation der Betroffenen kommen, z.B. weil sie das Vertrauen in Kontakte mit anderen verlieren oder weil ihr Umfeld ihnen die Schuld an dem Geschehen zuweist. Die Betroffenen können auf diese Weise in der Freiheit ihrer Lebensführung stark eingeschränkt sein.[19] Eine kanadische Studie von Bates mit 18 befragten Betroffenen zeigte auf, dass diese an ernsthaften psychischen Folgen litten, wie z. B. einer posttraumatischen Belastungsstörung, Suizidalität, Ängsten, Depressionen, Vertrauensverlust, Kontrollverlust und Bewältigungsmechanismen wie hohem Alkoholkonsum.[20]

4. Motive

Die Motive für bildbasierte sexualisierte Gewalt sind vielfältig. Sie beschränken sich keineswegs auf die Rache an (Ex‑) Partner*innen, wie etwa die Formulierung „Revenge Porn“ nahelegt. 61,2 % der Befragten, die selbst schon einmal Inhalte ohne Einwilligung hergestellt oder geteilt hatten, gaben im Rahmen der britisch-neuseeländisch-australischen Studie als Motiv „Spaß“ an.[21] 37,8 % wollten Freund*innen beeindrucken oder mit den Bildern handeln.[22] 45 % hatten die abgebildete Person kontrollieren wollen, 38 % wollten sie „zurückbekommen“ oder beschämen.[23] Ein wichtiges Motiv für bildbasierte sexualisierte Gewalt ist damit das Bedürfnis nach Macht und Kontrolle über eine andere Person.[24] In einer weiteren Studie wurde gezeigt, dass es auch darum gehen kann, sozialem Druck in der Peer-Gruppe gerecht zu werden und den eigenen Status innerhalb der Gruppe zu erhöhen.[25] Beim Upskirting und Downblousing suchen die Täter*innen vor allem den Nervenkitzel des heimlichen Aufnehmens und die sexuelle Erregung.[26]

5. Bedarf an empirischer Forschung für Deutschland

Diese Daten legen nahe, dass auch in Deutschland bildbasierte sexualisierter Gewalt deutlich verbreiteter ist, als die bekannt gewordenen Einzelfällen vermuten lassen. Sie weisen zudem darauf hin, dass bildbasierte sexualisierte Gewalt ein Phänomen ist, das deutlich von geschlechtsspezifischen Machthierarchien geprägt ist und das als Teil der Marginalisierung von Frauen und anderen Personengruppen mittels sexueller Verobjektivierung betrachtet werden sollte.[27]Es bedarf deshalb dringend auch aus öffentlichen Geldern geförderter empirischer Forschung in Deutschland zur Verbreitung des Phänomens bildbasierter sexualisierter Gewalt einschließlich Deepfakes, zu den Betroffenen, zu den Täter*innen, ihren Motiven und den Folgen für die Betroffenen. Nur auf dieser Basis können ein fundiertes Verständnis für das Phänomen entwickelt und Maßnahmen für eine effektive Verfolgung ergriffen werden.

 

III. Bildbasierte sexualisierte Gewalt als schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf Nichtdiskriminierung nach Art. 2 Abs. 1 und 3 GG

Bildbasierte sexualisierte Gewalt stellt eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen Person nach Art. 2 Abs. 1 GG in seinen konkreten Ausprägungen als Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und als Recht am eigenen Bild dar. Genauer konkretisieren sich das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und das Recht am eigenen Bild als Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts zur Verfügungsbefugnis einer Person über Inhalte, die sie selbst nackt oder sexualbezogen wiedergeben.[28] Ein solcher Inhalt enthält Informationen über die Sexualität der wiedergegebenen Person und ist geeignet, das Selbstverständnis dieser Person und die Auffassungen anderer von ihr tiefgreifend zu beeinflussen. Deshalb ist es grundsätzlich jeder Person selbst vorbehalten zu entscheiden, ob, wann, auf welche Weise und durch wen Bild- und Videoaufnahmen, in denen sie sexualbezogen dargestellt wird, von ihr hergestellt oder genutzt werden.[29]

In den Fällen, in denen bildbasierte sexualisierte Gewalt Ausdruck geschlechtlicher Machthierarchien ist, kommt die Verletzung des Rechts auf Nichtdiskriminierung nach Art. 3 GG hinzu.

Die diskriminierungsfreie Gewährleistung der Verfügungsbefugnis über Inhalte, die eine Person sexualbezogen wiedergeben, ist eine wesentliche Bedingung für sexuelle Selbstbestimmung, für das Leben von intimen Beziehungen und für Gleichheit.[30] Der Staat trägt die Verantwortung für die Gewährleistung dieser Ausprägung des Persönlichkeitsrechts auch mittels rechtlicher Regelungen. Rechtliche Schutzlücken sind daher zu beheben.

 

IV. Strafrechtliche Aspekte

Die Lücken im strafrechtlichen Schutz vor bildbasierter sexualisierter Gewalt betreffen vor allem erwachsene Personen. Minderjährige sind vor der sexualbezogenen Wiedergabe in Inhalten durch die Pornografiedelikte in den §§ 184b, 184c StGB weitgehend geschützt. Neben der Verbreitung und dem Öffentlich-Zugänglichmachen sind nach §§ 184b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 3 StGB, 184c Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 3 StGB insbesondere das Herstellen von Inhalten, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben (reale Inhalte), das Zugänglichmachen oder Besitzverschaffen an andere, sowie der Abruf und das Besitzverschaffen an sich selbst in Bezug auf reale und wirklichkeitsnahe Inhalte verboten.[31] Hinzu kommt mit § 201a Abs. 3 StGB das Verbot, eine Bildaufnahme, die eine minderjährige Person nackt wiedergibt, herzustellen oder anzubieten, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen (§ 201a Abs. 3 Nr. 1 StGB) oder eine solche Bildaufnahme sich oder einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen (§ 201a Abs. 3 Nr. 2 StGB). Allerdings fehlt es an einem Verbot, (neutrales) Bildmaterial zwecks des Herstellens eines Deepfakes zu manipulieren. Es findet sich keine vergleichbar weitgehende Regelung zum Schutz Erwachsener. Zudem wird bildbasierte sexualisierte Gewalt gegen Erwachsene im geltenden Recht bislang nicht als eigenständig zu regelndes Phänomen verortet, sondern eher zufällig und nur teilweise durch vereinzelte Normen in unterschiedlichen Regelungsbereichen erfasst.

1. Lückenhafter und unsystematischer strafrechtlicher Schutz Erwachsener

a) § 184a S. 1 1. Alt. StGB – Gewaltpornografische Inhalte

§ 184a S. 1 1. Alt. StGB verbietet innerhalb des Pornografiestrafrechts das öffentliche Zugänglichmachen von pornografischen Inhalten sowie deren Herstellen, Beziehen, Liefern usw. zu diesen Zwecken, wenn die Inhalte Gewalttätigkeiten zum Gegenstand haben, also sexuelle Handlungen darstellen, die mit aggressiven Handlungen verbunden sind, welche die körperliche oder seelische Integrität des Opfers zumindest konkret gefährden.[32] Der Begriff der Gewaltpornografie umfasst damit nicht die Darstellung jeder Form eines sexuellen Übergriffs.

Anders als die Tatalternativen zu Kinder- und Jugendpornografie in den §§ 184b, 184c StGB verbietet § 184a 1. Alt. StGB zudem das Herstellen, Besitzen / Abrufen und Weitergeben realer und wirklichkeitsnaher gewaltpornografischer Inhalte nicht absolut. Das Herstellen zu anderen Zwecken als dem öffentlichen Zugänglichmachen, das Besitzen / Abrufen und Zugänglichmachen von Inhalten, die einen sexuellen Übergriff wiedergeben oder realistisch vortäuschen, ist damit innerhalb des Pornografiestrafrechts nicht verboten.

Diese Verhaltensweisen können zwar durch andere Normen wie § 201a Abs. 1 Nr. 1 oder 2 StGB erfasst sein, bei denen aber zusätzliche Strafbarkeitsvoraussetzungen bestehen. So muss sich die wiedergegebene Person bei § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke geschützten Raum befinden oder nach § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB hilflos sein.

Hinzu kommt, dass die Wiedergabe eines sexuellen Übergriffs nicht zwingend pornografisch im Rechtssinne sein muss. Denn ein Inhalt ist nur pornografisch, wenn er Sexualität vegröbernd-anreißerisch darstellt oder auf die Erregung eines sexuellen Reizes ausgerichtet ist.[33] Wesentliches Kennzeichen bildbasierter sexualisierter Gewalt ist aber die schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der dargestellten Person, die kein Merkmal des Pornografiebegriffes ist.[34] Für diese Verletzung kommt es zudem lediglich auf den Sexualbezug der Darstellung und die fehlende Einwilligung der dargestellten Person in dessen Herstellung, Gebrauch, Zugänglichmachen oder Manipulieren an.

Die Verfügungsbefugnis über sexualbezogene Inhalte einer Person ist damit im Hinblick auf die Wiedergabe sexueller Übergriffe nicht umfassend geschützt.

b) § 184k StGB – Verletzung des Intimbereiches durch Bildaufnahmen

§ 184k StGB stellt seit dem 01.01.2021 als Verletzung des Intimbereiches durch Bildaufnahmen im Sexualstrafrecht und außerhalb des Pornografiestrafrechts Phänomene wie das Upskirting und Downblousing unter Strafe.[35] § 184k StGB bezieht sich auf Bildaufnahmen, die die Genitalien, das Gesäß, die weibliche Brust oder die diese Körperteile bedeckende Unterwäsche einer anderen Person wiedergeben, soweit diese Bereiche gegen Anblick geschützt sind (Abs. 1 Nr. 1). Verboten ist es, solche Bildaufnahme wissentlich oder absichtlich unbefugt herzustellen oder zu übertragen (§ 184k Abs. 1 Nr. 1 StGB), eine solche Bildaufnahme zu gebrauchen oder einer dritten Person zugänglich zu machen (§ 184k Abs. 1 Nr. 2 StGB) oder eine solche befugt hergestellte Aufnahme wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich zu machen (§ 184k Abs. 1 Nr. 3 StGB). In Bezug auf spezifische Phänomene wie das Upskirting und Downblousing besteht damit ein weitgehender strafrechtlicher Schutz vor bildbasierter sexualisierter Gewalt, wobei § 184k StGB zutreffend innerhalb des Sexualstrafrechts und außerhalb des Pornografiestrafrechts verortet ist. Denn damit kommt zum Ausdruck, dass diese Phänomene das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung i. V. m. dem Recht am eigenen Bild als Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts verletzen, ohne dass die Inhalte pornografisch sein müssen.

c) § 201a Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 5 StGB – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen

§ 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt – innerhalb der Delikte, die den persönlichen Lebens- und Geheimbereich verletzen – unter Strafe, unbefugt eine Bildaufnahme von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Bereich befindet, herzustellen oder zu übertragen und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich dieser Person zu verletzen. Das gleiche gilt nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB für Bildaufnahmen, welche die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen. Nr. 4 und 5 des § 201a Abs. 1 StGB verbieten es, derartige Bildaufnahmen zu gebrauchen oder einer dritten Person zugänglich zu machen bzw. eine befugt hergestellte Bildaufnahme des bezeichneten Inhaltes wissentlich einer dritten Person unbefugt zugänglich zu machen und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich dargestellten Person zu verletzen.

Bildaufnahmen von nackten Personen, von Personen, die sich an- und ausziehen, von Genitalien und von sexuellen Handlungen sind von § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB regelmäßig erfasst.[36] Der strafrechtliche Schutz nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB hängt aber davon ab, ob sich die Person in einer Wohnung oder besonders gegen Einblicke geschützten Raum befindet. Als gegen Einblicke geschützte Räume gelten etwa ärztliche Untersuchungszimmer und nicht einsehbare Duschkabinen. Öffentlich zugängliche Saunen hingegen nicht.[37] Die Hilflosigkeit einer Person wird im Sinne des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB zur Schau gestellt, wenn Gefahrenfür Leib oder Leben in den Fokus der Bildaufnahme gerückt werden, die das Opfer selbst nicht abwehren kann.[38] Von dieser Tatvariante kann die Wiedergabe sexueller Übergriffe erfasst sein.

§ 201a StGB schützt vor Verletzungen des höchstpersönlichen Lebensbereiches, dem „vor allem, aber nicht nur die Bereiche Krankheit, Tod und Sexualität zuzuordnen [sind]“.[39] Damit schützt der Tatbestand zwar auch vor Verletzungen des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung, allerdings ist es inkonsequent, dass das unbefugte Herstellen oder Gebrauchen von Bildaufnahmen von bedeckten oder gegen Einblicke geschützten Genitalien mit § 184k StGB im Sexualstrafrecht geregelt ist, während das unbefugte Herstellen, Gebrauchen oder Zugänglichmachen von Bildaufnahmen von sexuellen Handlungen oder unbedeckten Genitalien außerhalb des Sexualstrafrechts geregelt ist. Das besonders Schwerwiegende an bildbasierter sexualisierter Gewalt gegenüber anderen Verletzungen des Rechts am eigenen Bild resultiert aus der Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung mittels Bildaufnahmen. Entsprechende Regelungen sollten deshalb im Sexualstrafrecht verankert werden.

d) § 238 Abs. 1 Nr. 6 StGB - Nachstellung

§ 238 Abs. 1 Nr. 6 StGB stellt seit dem 01.10.2021[40] als Nachstellung unter Strafe, wiederholt eine Abbildung einer Person, eines ihrer Angehörigen oder einer ihr nahe stehenden Person der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bei dieser Regelung hatte der Gesetzgeber zwar das Phänomen Revenge Porn im Blick[41], allerdings erfasst der Tatbestand nur die wiederholte Tatbegehung und mit dem Nachstellen nur Verhaltensweisen, die auf ungewollte Kommunikation mit dem Opfer gerichtet sind,[42] er erfasst also das heimliche Vorgehen nicht. Es kommt auch nicht auf einen Sexualbezug des Inhalts an. Damit schützt § 238 Abs. 1 Nr. 6 StGB nicht spezifisch vor der Verletzung der Verfügungsbefugnis über Inhalte, die eine Person sexualbezogen wiedergeben, auch wenn solche Verletzungen im Einzelfall von ihm erfasst sein können.

e) §§ 33, 22 f. KUG – Allgemeiner Schutz des Rechts am eigenen Bild

Auch die Voraussetzungen der §§ 33, 22 f. KUG können im Einzelfall gegeben sein. §§ 33 i. V. m. 22 f. KUG stellt unter Strafe, das Bildnis einer Person ohne ihre Einwilligung öffentlich zugänglich zu machen. Dabei erfasst der Begriff des Bildnisses sowohl Fotografien, Bewegtbildaufnahmen, aber auch Zeichnungen oder Karikaturen aller Art. Zwingend erforderlich ist jedoch immer, dass die abgebildete Person als solche erkennbar ist.[43] Dies kann problematisch sein, wenn die Bildnisse lediglich Körperteile einer Person zeigen. Der Tatbestand stellt zudem nur das Zugänglichmachen an mehrere Dritte unter Strafe, nicht das unbefugte Herstellen, Zugänglichmachen an einzelne Dritte oder sonstige Gebrauchen des Bildes. Er schützt allgemein das Recht am eigenen Bild und nicht spezifisch die Verfügungsbefugnis einer Person über Inhalte, die sie sexualbezogen, wiedergeben. Er kann damit auf Fälle bildbasierter sexualisierter Gewalt anwendbar sein, regelt sie aber weder umfassend noch entsprechend ihres Unrechtsgehalts.

f) Sexualbezogene Deepfakes

Inzwischen ist es für jede Person möglich, mittels Künstlicher Intelligenz sexualbezogene Deepfakes herzustellen, also Bilder, die täuschend echt eine andere Person nackt, sexualbezogen oder bei einem sexuellen Übergriff darstellen, ohne dass diese eingewilligt hat.[44] Das deutsche Strafrecht weist erhebliche Schutzlücken hinsichtlich des Beschaffens von Ausgangsmaterial, des Herstellens von sexualbezogenen Deepfakes, deren Gebrauch und des Zugänglichmachens an Dritte auf.

Werden die Originalaufnahmen, die später manipuliert werden sollen, durch Hacking, also durch den unberechtigten Zugriff auf einen zumindest passwortgeschützten Datenspeicher (eine Cloud, ein Notebook o. Ä.) beschafft, greift der Straftatbestand des Ausspähens von Daten gem. § 202a Abs. 1 StGB.[45] Dies gilt allerdings nicht für den Zugriff auf allgemein zugängliche Originalaufnahmen, z. B. auf Websites oder in sozialen Netzwerken. Auch § 42 Abs. 2 BDSG greift bei allgemein zugänglichen Daten nicht. Beim Zugriff auf allgemein zugängliche Aufnahmen kommt zwar auch ein Verstoß gegen urheberrechtliche Vorschriften wie § 106 UrhG in Betracht. Allerdings sieht § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG eine Ausnahme für den Eigengebrauch einer Originalaufnahme ohne Erwerbsabsicht vor.

Beim Manipulieren eines bereits existierenden Bildmaterials greift § 201a StGB nicht. Denn ein Herstellen einer Bildaufnahme im Sinne des § 201a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB liegt nur dann vor, wenn das Ausgangsmaterial hergestellt wird, nachfolgende Bearbeitungsschritte fallen nicht darunter.[46] Das Herstellen des Deepfakes auf der Basis einer Originalaufnahme ist auch nicht als Gebrauch einer Bildaufnahme nach § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar, denn dieser setzt voraus, dass die Originalaufnahme unbefugt im Sinne des § 201a Abs. 1 Nr. 1 und 2 hergestellt wurde.[47]

Es fehlt nicht zuletzt an einer Regelung, die umfassend das Zugänglichmachen sexualbezogener Deepfakes an Dritte verbietet. Zwar kann § 33 KUG einschlägig sein, allerdings erfasst diese Norm lediglich die Verletzung des Rechts am eigenen Bild und nicht die Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung. Zudem ist hier ein öffentliches Zugänglichmachen erforderlich, ein Zugänglichmachen an einzelne Dritte genügt nicht. Für § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB reicht zwar ein Zugänglichmachen an einzelne Dritte, allerdings setzt die Norm eine unbefugte Bildaufnahme i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 1 oder 2 StGB voraus, die bei einem Deepfake nicht vorliegt. Zwar kann ein sexualbezogener Deepfake eine ansehensschädigende Bildaufnahme darstellen, für die § 201a Abs. 2 StGB das Zugänglichmachen an Dritte verbietet.[48] Allerdings ist lässt sich nicht genau bestimmen, wann eine Bildaufnahme geeignet ist, dem Ansehen einer Person erheblich zu schaden,[49] so dass Bedenken gegen die Bestimmtheit des Tatbestandes bestehen.[50] Zudem würde die grundsätzliche Einstufung von Bildaufnahmen von sexuellen Handlungen, nackten Körpern oder Genitalien als ansehensschädigend zu Wertungswidersprüchen führen. Denn sie sind nicht qua ihres Inhalts ansehensschädigend,[51] es kommt vielmehr darauf an, ob die derart wiedergegebene Person in die Darstellung wirksam eingewilligt hat oder nicht.

g) Begleittat des Doxings

Häufig werden sexualbezogene persönliche Bildaufnahmen unbefugt mit personenbezogenen Daten, etwa den Klarnamen, den Adresse oder Telefonnummern der Betroffenen, veröffentlicht (sog. Doxing).[52] Auch Doxing kann als „Datenkontrollverlust“ erhebliche Auswirkungen auf die Lebensgestaltung der Betroffenen haben, weil diese nicht mehr einschätzen können, wer was über sie weiß, und bei der Preisgabe persönlicher Daten damit rechnen müssen, analog im privaten Rückzugsbereich aufgesucht und angegriffen zu werden.[53] Auch vor dem Veröffentlichen privater Daten schützt das Strafrecht nur unzureichend. So erfasst der Straftatbestand der Datenhehlerei nach § 202d StGB das Kernunrecht des Doxing, das Zugänglichmachen der Daten an Dritte, nur, wenn sich eine andere Person diese durch eine rechtswidrige Tat verschafft hat.[54]

Zwar stellt § 42 Abs. 1 BDSG das Zugänglichmachen personenbezogener Daten unter Strafe, allerdings ist seine Anwendbarkeit auf Privatpersonen umstritten. Teils wird vertreten, dass die Norm nur für Personen gilt, die Verantwortliche im Sinne des BDSG sind.[55] Jedenfalls dürfte eine Strafbarkeit von Privatpersonen nach § 42 BDSG in vielen Fällen bereits daran scheitern, dass sie nicht gewerbsmäßig handeln.

Im Einzelfall kann eine Tatalternative der Nachstellung, § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB, greifen, dies setzt allerdings eine wiederholte Tatbegehung voraus. Auch der im September 2021 eingeführte Straftatbestand des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten gem. § 126a StGB[56] erfasst nicht vollständig das Kernunrecht des Doxings, das im Zugänglichmachen von personenbezogenen Daten an unbestimmt viele Dritte besteht. Denn er setzt voraus, dass das Veröffentlichen dazu bestimmt ist, die betroffene oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr eines gegen sie gerichteten Verbrechens oder einer sonst gegen sie gerichteten rechtwidrigen Tat unter anderem gegen die sexuelle Selbstbestimmung auszusetzen.

h) Notwendigkeit des systematisch konsistenten Schließens strafrechtlicher Schutzlücken

Der strafrechtliche Schutz Erwachsener vor dem unbefugten Herstellen, Gebrauch, Manipulieren und Zugänglichmachen von Bildaufnahmen, die eine andere Person sexualbezogen wiedergeben oder darstellen, ist unsystematisch und lückenhaft geregelt, obwohl diese Verhaltensweisen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen als Verfügungsbefugnis über Inhalte, die sie sexualbezogen wiedergeben, teils in Verbindung mit ihrem Recht auf Nichtdiskriminierung, schwerwiegend verletzen. Es fehlt beispielsweise an einem Straftatbestand, der unabhängig von weiteren Voraussetzungen das unbefugte Herstellen, Gebrauchen und Zugänglichmachen von Bildaufnahmen, die einen sexuellen Übergriff wiedergeben, unter Strafe stellt. Der Besitz und Abruf solcher Inhalte und ihre Manipulation sind strafrechtlich nicht umfassend verboten. Es fehlt zudem an einer klaren Zuordnung zum Sexualstrafrecht außerhalb des Pornografiestrafrechts.

Vor diesem Hintergrund sollte das materielle Strafrecht im Hinblick auf den unbefugten Umgang mit Bildaufnahmen, die eine andere Person nackt oder sexualbezogen wiedergeben oder täuschend echt darstellen, grundlegend reformiert werden. Der djb fordert, dass ein einheitlicher Regelungskomplex von Straftatbeständen innerhalb des Sexualstrafrechts und außerhalb des Pornografiestrafrechts geschaffen wird, der das unbefugte Herstellen, Gebrauchen, Zugänglichmachen und Manipulieren von Bildaufnahmen unter Strafe stellt, die eine andere erwachsene Person nackt oder sexualbezogen wiedergeben. Die Strafrahmen sollten abgestuft nach dem Unrechtsgehalt verhältnismäßig bestimmt werden. Die Relevanz des Problems wurde auch durch die Europäische Kommission anerkannt, deren Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Häuslicher Gewalt in Art. 7 Kriminalisierungsanforderungen für bildbasierte sexualisierte Gewalt vorsieht.[57]

Zudem bedarf es einer eigenständigen, konsistenten und umfassenden Regelung des Phänomens des Doxings zum Schutz personenbezogener Daten, nicht nur, aber vor allem dann, wenn diese unbefugt Dritten zusammen mit persönlichen sexualbezogenen Bildaufnahmen zugänglich gemacht werden.

2. Schutzlücken hinsichtlich strafprozessualer Ermittlungen

Die einschlägigen Straftatbestände sollten als relative Antragsdelikte ausgestaltet werden. Durch eine Regelung in der RiStBV ist klarzustellen, dass das besondere öffentliche Interesse an den Ermittlungen insbesondere dann angenommen werden sollte, wenn die wiedergegebenen Personen nicht ermittelbar sind. Zudem bedarf es eines elektronischen Verfahrens zum Stellen von Strafanträgen wegen Straftaten im Zusammenhang mit bildbasierter sexualisierter Gewalt.Dabei sollten auch Beweismittel wie Screenshots rechtssicher hochgeladen werden können. Denn es ist Betroffenen häufig aus Kapazitätsgründen kaum zumutbar, gegen eine Vielzahl von unbefugten Uploads durch handschriftlich unterzeichnete Strafanträge in Papierform vorzugehen.[58]

Die einschlägigen Straftatbestände sollten nicht zum Kreis der Privatklagedelikte nach § 374 Abs. 1 StPO gehören, um der Schwere der Rechtsverletzung und ihren teils schwerwiegenden Folgen auf die Betroffenen Genüge zu tun. Darüber hinaus sollten sie in den Katalog der Nebenklagedelikte nach § 395 Abs. 1 StPO aufgenommen werden, um die Verfahrensrechte Betroffener weiter abzusichern.

Ferner beklagen Betroffene häufig einen unsensiblen und schleppenden Umgang mit ihren Fällen durch die Strafverfolgungsbehörden. Es bedarf daher des Angebotes von Fortbildungsveranstaltungen für Polizei, Staatsanwält*innen und Richter*innen zum Thema bildbasierter sexualisierter Gewalt und Doxing unter Berücksichtigung der Diskriminierungsdimension und der Verpflichtung zur Teilnahme an ihnen. Eine solche Verpflichtung könnte unter Berücksichtigung der richterlichen Unabhängigkeit im Richtergesetz des Bundes verankert werden.[59] Gegenstand dieser Fortbildungsmaßnahmen sollten das geltende Recht, seine Kritik, sowie die Ursachen und Auswirkungen von bildbasierter sexualisierter Gewalt und Doxing auf die betroffenen Personen sein.

Außerdem sollten flächendeckend Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Bereich digitaler Gewalt eingerichtet werden, die mit dem Gesamtphänomen digitaler Gewalt, auch bildbasierter sexualisierter Gewalt, und deren Folgen für die Betroffenen vertraut sind. Bei den vorhandenen Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu Cybercrime und Computerkriminalität ist sicherzustellen, dass diese sich nicht auf wirtschaftsstrafrechtliche Fragestellungen beschränken.

 

V. Zivilrechtliche Aspekte 

Gegen bildbasierte sexualisierte Gewalt stehen zivilrechtlich die klassischen Abwehrinstrumente mit den persönlichkeitsrechtlichen Schadensersatz-, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen des BGB zur Verfügung. Betroffene können einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gerichtet auf die Löschung oder Sperrung der Bildinhalte geltend machen. Zudem können sie bei Verschulden auch Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung in Form von Schmerzensgeld und Schadensersatz (insbesondere zur anwaltlichen Rechtsdurchsetzung) durchsetzen.

1. Unbefugte Bildaufnahmen im materiellen Zivilrecht

Bei unbefugten Bildaufnahmen ist in zivilrechtlicher Hinsicht zwischen dem öffentlichen Zugänglichmachen von Bildaufnahmen einerseits und dem Herstellen sowie allen anderen Formen des Gebrauchs wie privater Weitergabe, Besitz und Manipulation andererseits zu unterscheiden. Die zivilrechtlichen Ansprüche können bei der Verletzung von Schutzgesetzen i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB verfolgt werden, zu denen auch die Strafgesetze gehören. Es bedarf daher auch aus zivilrechtlicher Sicht einer Schließung der unter IV.1. und 2. aufgezeigten Strafbarkeitslücken.

a) Schutz vor dem öffentlichen Zugänglichmachen

Im Hinblick auf das öffentliche Zugänglichmachen von Bildnissen, in denen die betroffene Person erkennbar abgebildet ist, ist die rechtliche Zulässigkeit bzw. Rechtwidrigkeit in den §§ 22 ff. KUG geregelt. Die in § 23 Abs. 1 KUG vorgesehenen Ausnahmen einwilligungsfreier Veröffentlichungen (z.B. für Abbildungen bei Aufenthalt in öffentlichen Räumen bzw. als in der Öffentlichkeit stehende Person) sind im Bereich bildbasierter sexualisierter Gewalt nicht einschlägig. Hier wird stets ein berechtigtes Interesse der betroffenen Person an einer Nichtveröffentlichung diese Ausnahmeregelungen ausschließen (§ 23 Abs. 2 KUG), so dass es bei dem Erfordernis der Einwilligung bleibt. Das KUG enthält keine zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen, sondern indiziert bei fehlender Einwilligung nur die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung i.S.d. BGB-Ansprüche (Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB).

b) Schutz vor anderen Formen des unbefugten Gebrauchs

Soweit es um das unbefugte Herstellen sowie alle anderen Formen des unbefugten Gebrauchs wie das Zugänglichmachen an einzelne Dritte, den Besitz und die Manipulation von Bildaufnahmen geht, ist die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als Rahmenrecht nicht über § 823 Abs. 2 BGB indiziert. Vielmehr muss sie mittels einer Abwägung der widerstreitenden Rechte in jedem Einzelfall festgestellt werden, sodass erhebliche Rechtsunsicherheiten bestehen.

Voraussetzung für die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs ist, dass die Abwägung mit den Grundrechten der unbefugt handelnden Person, insbesondere mit der Meinungs- und Kunstfreiheit nach Art. 5 GG, zu Gunsten der abgebildeten Person ausfällt. Deep Fakes oder Revenge Porn dürften selbst von einem weiten Kunstbegriff nicht erfasst sein. Denn sie sind regelmäßig allein darauf angelegt, die abgebildeten Personen zu verunglimpfen und sie durch die Art der sexualisierten Darstellung zu verobjektivieren. In der zivilrechtlichen Praxis typisch sind aber auch Fälle, in denen Betroffene im Rahmen einer sexuellen oder romantischen Beziehung zunächst in die Erstellung der sexualbezogenen Aufnahmen eingewilligt und diese vielleicht sogar selbst weitergegeben haben. Später aber (beispielsweise nach Beziehungsende) können diese Aufnahmen zum Problem werden, weil die Abgebildeten nun nicht mehr wollen, dass der*die Ex-Partner*in über diese Aufnahmen verfügt. In diesen Fällen bleiben Einzelfallabwägungen notwendig. Eine Schließung von Strafbarkeitslücken würde insoweit zu mehr Rechtssicherheit für Betroffene führen.

2. Zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung 

Die Möglichkeiten der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche sind unzureichend und müssen dringend verbessert werden.

a) Anonyme Täter*innen

Zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz richten sich in erster Linie gegen die Täter*innen. Deren Identität lässt sich aber oftmals gar nicht feststellen, denn Klarnamenpflichten bestehen im Netz meist nicht[60] oder sie werden umgangen. Die Identität bei anonymer und pseudonymer Nutzung des Internets aufzudecken, kostet Zeit und Geld. Der zivilrechtliche „Streit auf Augenhöhe" inklusive der Durchsetzung zivilrechtlicher Auskunftsansprüche gegenüber Plattformen überfordert hilfesuchende und meist traumatisierte Opfer oft. Die Aufdeckung von Identitäten kann auch technisch unmöglich sein, häufig gerade bei vorsätzlichen und eindeutig einen Verletzungstatbestand erfüllenden Handlungen. Denn je professioneller die Angriffe sind, desto besser sind sie getarnt. Das bedeutet im Ergebnis, dass Betroffene keine Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche durchsetzen können.

b) Zeit- und Kostenintensität

Problematisch ist zudem, dass Betroffene im zivilrechtlichen Verfahren Rechtsverletzungen nur „langsam und zu spät" verfolgen können, bei der Rechtsdurchsetzung selbst aktiv werden und finanziell in Vorleistung gehen müssen. Aufwendig ist dabei die Beweissicherung, die Betroffene im Zivilverfahren selbst vornehmen müssen.[61] Ein gründliches und informiertes Ermittlungsverfahren und ein insgesamt lückenloses Strafverfahren sind daher eine Grundvoraussetzung dafür, dass auch zivilrechtliche Ansprüche gegen Täter*innen geltend gemacht werden können.

Weitergehend sind Kostenreduzierungen durch spezialisierte elektronisch gestützte Verfahren bei der zivilrechtlichen Verfolgung bildbasierter sexualisierter Gewalt denkbar. Bisher belasten insbesondere die Kosten des Auskunftsermittlungsverfahrens die Betroffenen einseitig, unabhängig vom Ausgang des Zivilverfahrens.

c) Fehlender Schutz der personenbezogenen Daten Betroffener

Betroffene beschreiten in Deutschland gegenwärtig häufig kein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen Täter*innen, weil der Schutz ihrer personenbezogenen Daten nicht hinreichend gewährleistet wird. So ist es unzulässig, c/o Adressen bei Klagen und Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes anzugeben, nur in seltenen Fällen lassen Gerichte Ausnahmen zu. Damit werden aber personenbezogene Daten den Täter*innen bekannt, so dass sich die Betroffenen mit einem gerichtlichen Vorgehen noch verletzlicher machen.[62]Es sollte deshalb in zivilrechtlichen Verfahren grundsätzlich die Angabe einer c/o Adresse für Opfer von bildbasierter sexualisierter Gewalt ausreichen.

 

VI. Vorgehen gegen Plattformen im Vergleich von NetzDG und DSA

Wenn strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet oder zivilrechtliche Ansprüche durchgesetzt wurden, können die persönlichen sexualbezogenen Inhalte längst im Netz viral gegangen und von anderen Nutzer*innen heruntergeladen worden sein, die sie auch ohne Weiteres wieder hochladen können. Es bedarf daher neben den herkömmlichen Instrumenten des Straf- und Zivilrechts effektiver rechtlicher Maßnahmen zum Vorgehen gegen bildbasierte sexualisierte Gewalt. Insbesondere lassen sich verschuldensunabhängige Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung der Bildaufnahmen (Löschung und Sperrung) gegen die vergleichsweise schnell und leicht zu identifizierenden Plattformen durchsetzen.

Dies erfolgt in Deutschland (noch) in Verbindung mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)[63] oder ergänzend aus den Grundsätzen der Störerhaftung. Nach diesen ist ein Plattformbetreiber ganz allgemein ab Kenntnis der Rechtsverletzung verpflichtet, seinen Prüfpflichten nachzukommen und eine Rechtsverletzung zu unterbinden und zu löschen.

1. Ansprüche gegen alle sozialen Netzwerke durch den DSA

Gem. § 1 Abs. 1 NetzDG sind Pornoplattformen wie „xHamster“ vom Anwendungsbereich des NetzDG ausgeschlossen, da sie zur Verbreitung spezifischer Inhalte bestimmt sind. Im Fall der unbefugten Filmaufnahmen beim Festival „Monis Rache“ konnte daher aus dem NetzDG nicht gegen „xHamster“ vorgegangen werden. Diese Schutzlücke wird mit Inkrafttreten des Digital Services Act (DSA) 2023/2024 geschlossen, denn der DSA ist auf alle sozialen Netzwerke anwendbar und verdrängt das NetzDG.[64]

2. Erfassung aller nationalen Rechtsverletzungen durch den DSA

Das NetzDG gibt wie das KUG keine eigenen zivilrechtlichen Abwehransprüche, sondern enthält einen Katalog von Strafrechtsnormen, für deren Verletzung große soziale Netzwerke ein Meldeverfahren bereithalten und kurze Löschpflichten für rechtswidrige Inhalte einhalten müssen. In diesem Katalog fehlt im Hinblick auf bildbasierte sexualisierte Gewalt eine Bezugnahme auf die bislang schon einschlägigen §§ 184a, 184c und 184k StGB.

Auch der DSA gibt den Betroffenen in Zukunft keine eigenen Abwehransprüche, denn er ist auf reine Durchsetzungsmaßnahmen beschränkt. Was als rechtswidrig gilt, bestimmt sich weiterhin nach nationalem Recht. Strafbarkeitslücken im deutschen Recht mit der Folge einer erschwerten zivilrechtlichen Durchsetzung werden damit durch den DSA nicht geschlossen. Allerdings können gemäß DSA auch „nur" zivilrechtliche Rechtsverletzungen gemeldet werden, der bisherige Anwendungskatalog des NetzDG wird also ausgeweitet. Der DSA ermöglicht damit das Melden aller Rechtsverletzungen nach nationalem Recht.

3. Keine allgemeine Überwachungspflicht der Plattformen

Der DSA sieht wie das NetzDG keine allgemeine Überwachungspflicht für Plattformbetreiber vor. Es bleibt bei einem anlassbezogenen Vorgehen im Einzelfall bzw. nach Meldung der Rechtsverletzung. Es kommt damit weiterhin auf die Kenntnis der Plattformbetreiber*innen von der Rechtsverletzung an und die Initiative für den einstweiligen Rechtsschutz wird weiterhin von den Opfern selbst ausgehen müssen, inklusive einer finanziellen Vorleistung im Hinblick auf Anwalts- und Gerichtskosten.

Allerdings wird durch den DSA das Vorgehen gegen Plattformen nun EU-weit einheitlich durch ein Melde- und Abhilfeverfahren geregelt.[65] Plattformen müssen jetzt europaweit ein einfaches Verfahren bereitstellen, über das Betroffene von unbefugten Bildaufnahmen diese Rechtsverletzung melden können. Auf die Meldungen haben Plattformen unverzüglich zu reagieren, alle Betroffenen zu informieren und zeitnah zu entscheiden. Für schwere Straftaten besteht eine Meldepflicht gegenüber den Strafverfolgungsbehörden.[66] Kommen Plattformen ihren Pflichten nicht nach, drohen ihnen u. a. Geldbußen. Auch ein Beschwerdemanagementverfahren bzw. umfassende Informationspflichten zu Rechtsbehelfen gegen Löschungen und Sperrungen sind vorgesehen.

4. Mehr Verantwortung für Plattformen wünschenswert

Für Fälle bildbasierter sexualisierter Gewalt ist zu diskutieren, wie in Form einer Gefährdungshaftung Anspruchsgrundlagen auf finanziellen Ausgleich gegen Plattformen geschaffen werden können, die z. B. über Verbände oder andere zivilgesellschaftliche Institutionen oder von Aufsichtsbehörden einfordert werden können.[67] Denn bei bildbasierter sexualisierter Gewalt handelt sich um einen Missbrauch von besonders sensiblen personenbezogenen Daten als schwerwiegende Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung i. V. m. dem Recht am eigenen Bild. Zu denken ist an eine „Gefährder*innenabgabe“, mit der die infrastrukturellen Bedrohungen und die der Allgemeinheit entstehenden Verletzungsfolgekosten in der plattformisierten Informationsgesellschaft finanziell ausgeglichen werden müssen. Inwieweit Betroffenenorganisationen auch aus einem eigenen Antragsrecht gegen geschlechtsbezogene digitale Gewalt verbreitende Accounts mit rechtsverletzenden Inhalten ohne Personenbezug vorgehen dürfen, ist unter dem Stichwort Gefahrenabwehr ebenfalls zu diskutieren. Im Bereich bildbasierter sexualisierter Gewalt sollten darüber hinaus für Pornoplattformen konkrete Vorabprüfungspflichten und gesonderte Auskunftspflichten geregelt sowie verpflichtend eine inländische Ansprechperson für Betroffene von bildbasierter sexualisierter Gewalt eingeführt werden.[68]

Einer Schadensersatzhaftung von Plattformen gegenüber individuell von Rechtsverletzungen Betroffenen steht bisher das Host-Provider-Privileg der E-Commerce-Richtlinie im Weg. Der DSA setzt mit der Verpflichtung „sehr großer Suchmaschinen und Online-Plattformen" auf Risikobewertungen, Risikominderungen sowie die Einrichtung eines Krisenreaktionsmechanismus und einer Compliance-Abteilung aber schon auf erste Instrumente einer solchen Gefahrenabwehr.[69] Hier könnte auch die datenschutzrechtliche Aufsicht gezielter ausgeübt werden, damit solches Material nicht auf Pornoplattformen gelangen kann. Einwilligungserfordernisse sicher zu stellen, könnte als datenschutzrechtliche Auflage nach der DSGVO verpflichtend gemacht werden und wäre ein erster Schritt in Richtung Gefahrenabwehr mit den bereits jetzt zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln.[70] Die DSGVO sollte insoweit nicht vom Host-Provider-Privileg verdrängt werden.

5. Zügige Rechtsdurchsetzung erforderlich

Wie sich unter der Anwendung des DSA die tatsächliche Situation bei der zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung ändert, bleibt abzuwarten. Insbesondere die Zustell- und Fristproblematiken sind dabei im Auge zu behalten. Das NetzDG hatte mit starren Löschfristen klare Pflichten definiert, die sich im DSA nicht wiederfinden. Hier wird bei Rechtsverletzungen begrifflich bei der Verpflichtung auf ein „unverzügliches" Handeln und „zeitnahes" Entscheiden zurückgegriffen, die als unbestimmte Rechtsbegriffe auszulegen sind. Das Fehlen starrer Fristen für die Löschung rechtswidriger Inhalte darf in der Praxis nicht zur Verzögerung der Bearbeitungen führen.

6. Notwendigkeit nationaler Zustellungsbevollmächtigter

Das NetzDG hatte die von seinem Anwendungsbereich erfassten sozialen Netzwerke verpflichtet, einen deutschen Zustellungsbevollmächtigten einzurichten. Der DSA fordert die Einrichtung von Kontaktstellen für Behörden und Nutzende (Art. 11 u.12 DSA) und installiert daneben einen „nationalen Koordinator für digitale Dienste" als unabhängige Aufsichtsbehörde (Art. 49 ff DSA). Inwieweit Zustellungen nach dem DSA damit vergleichbar einfach bleiben, ist unklar. Es sollten weiterhin nationale Zustellungsbevollmächtige vorgesehen werden, wie es das Eckpunktepapier des BMJ zur Einführung eines Digitalen Gewaltschutzgesetzes[71] vorsieht.

 

VII. Gewaltschutzgesetz

1. Anwendung des Gewaltschutzgesetzes auf digitale bildbasierte sexualisierte Gewalt

Das derzeitige „analoge" GewaltSchG ließe sich auch auf Sachverhalte digitaler bildbasierter sexualisierter Gewalt breiter anwenden. So könnte das Kontaktverbot bei einer dauerhaften Belästigung in Form widerrechtlicher Verletzung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts auch im Falle unbefugter Bildaufnahmen zivilrechtlich geltend gemacht werden. Der Anwendungsbereich des GewaltSchG sollte in der Praxis ausgeschöpft werden und auf Sachverhalte bildbasierter sexualisierter Gewalt insbesondere durch Kontaktverbote breitere Anwendung finden.

Der Vorteil eines solchen zivilrechtlich vollstreckbaren Titels ist, dass bei einem Verstoß gegen das Kontaktverbot sogleich in das Ordnungsgeldverfahren übergegangen werden kann. Damit entsteht ein weiterer Schutz für die Betroffenen. Begrüßenswert ist, dass der Gewaltschutz durch ein Digitales Gewaltschutzgesetz ausgebaut und ergänzt werden soll. Dies ist im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition für diese Legislaturperiode zugesagt.[72] Das im Moment vom BMJ vorgelegte Eckpunktepapier wird den an ein solches Gesetz gestellten Erwartungen jedoch bei weitem noch nicht gerecht.[73]

2. Unterstützung von Betroffenen durch zivile Verbände und Vereinigungen

Betroffene brauchen bei der Durchsetzung ihrer Rechte dringend Unterstützung durch Verbände und Vereinigungen aus der Zivilgesellschaft. Der digitale Gewaltschutz sollte deshalb um die Möglichkeit gewillkürter Prozessstandschaft und die Verbandsklage ergänzt werden. Letztere wird nunmehr durch Art. 86 DSA in Bezug auf in sozialen Netzwerken verbreitete rechtswidrige Inhalte erstmals eingeführt. Danach haben „Nutzer von Vermittlungsdiensten das Recht, eine Einrichtung, Organisation oder Vereinigung mit der Wahrnehmung der mit dem DSA übertragenen Rechte in ihrem Namen zu beauftragen". Hierzu zählt auch die Möglichkeit, den Plattformen unbefugte sexualisierte Bildaufnahmen anzuzeigen. Es ist überfällig, dass für zivilgesellschaftliche (ggf. staatlich anerkannte) Organisationen unabhängig vom DSA auch national Möglichkeiten geschaffen werden, Betroffene bei der Rechtsdurchsetzung zu unterstützen (Prozessstandschaft) und/oder Verfahren eigeninitiativ zu führen (Verbandsantragsrecht). Das Antragsrecht auf digitalen Gewaltschutz muss auf Betroffenenorganisationen übertragbar sein, damit die Opfer anonym bleiben können.[74]

3. Bereitstellung von finanziellen Mitteln

In einem Digitalen Gewaltschutzgesetz müssen gezielt finanzielle Mittel für die Ausstattung von Beratungsstellen und das Auflegen von flächendeckenden Beratungsinfrastrukturen für Betroffene vorgesehen werden. Die bestehenden Opferentschädigungsregelungen müssen zudem auf Opfer psychischer Gewalttaten, zu denen auch digitale Gewalt gehört, ausgeweitet werden.[75]Solche Maßnahmen fehlen im Eckpunktepapier des BMJ bisher vollständig. Lediglich eine Gerichtskostenfreiheit beim Auskunftsanspruch und der Amtsermittlungsgrundsatz im Zivilverfahren sind dort enthalten. Das entlastet die Betroffenen weder von anwaltlichen Kosten noch ermöglicht es niedrigschwellige Zugänge zum Recht.

4. Accountsperren

Ein Digitales Gewaltschutzgesetz sollte für Betroffene ein Antragsrecht für zeitweilige oder im Falle wiederholter schwerer Rechtsverletzungen auch dauerhafteAccountsperren vorsehen. Accountsperren sind eine schnellere und umfänglichere Sanktion beim unbefugten Zugänglichmachen sexualbezogener persönlicher Bildaufnahmen als es das Vorgehen gegen jede einzelne Bildaufnahme ist. Statt eine einzelne rechtswidrige Handlung zu adressieren und per Löschung oder Sperrung zu sanktionieren, würde darüberhinausgehend das Tatbegehungsmittel zumindest erst einmal abgeschaltet und der hinter dem Account stehenden Person entzogen. Zwar kann ein neuer Account leicht erstellt werden, dies ist aber zumindest mit einem gewissen Aufwand verbunden, soweit verlorene Reichweiten wiederhergestellt werden müssen. Das wäre eine neue Rechtsgrundlage für die Sperrung von rechtswidrigen Inhalten, die auch ohne Identifizierung der Personen hinter den Accounts auskommt und entsprechend effizient einsetzbar wäre. Unverzichtbar ist dabei der Vorbehalt einer gerichtlichen Entscheidung unter strikter Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, da eine solche Sperrung in hohem Maße grundrechtssensibel ist.[76] Soweit Plattformen verpflichtet werden, Accounts zu sperren, muss im Verfahren auch die hinter dem Account stehende Person Gelegenheit zu rechtlichem Gehör erhalten und sich dabei auch entscheiden können, ihre Anonymität aufzugeben, um den Account zu erhalten.

Das Eckpunktepapier des BMJ sieht erstmals vor, dass Betroffene Accountsperren bei der Gefahr der Wiederholung schwerwiegender Verletzungen und zeitlich befristet beantragen können. Das ist im Grundsatz zu begrüßen, im Eckpunktepapier sind die Tatbestandsvoraussetzungen für Accountsperren und auch das prozessuale Vorgehen mit Blick auf dieses neue Rechtsinstrument aber nur sehr grob umrissen.[77]Insbesondere sollte die Tatbestandsvoraussetzung der "Wiederholungsgefahr" entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BGH zu § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund einer erfolgten Rechtsverletzung zumindest vermutet werden. Eine richterliche Accountsperre muss auch greifen können, wenn bekannt ist, wer den Account betreibt und auch wenn diese Person für ihre rechtsverletzenden Inhalte mehrere Accounts verwendet. Das Antragsrecht muss zudem Betroffenenorganisationen eingeräumt werden.

 

VIII. Zusammenfassung der Forderungen

Bildbasierte sexualisierte Gewalt stellt eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der dargestellten Person als Recht auf sexuelle Selbstbestimmung i. V. m. dem Recht am eigenen Bild dar. Bislang ist der rechtliche Schutz nur lückenhaft. Zusammenfassend fordert der Deutsche Juristinnenbund e.V. deshalb Folgendes:

  • Es bedarf dringend aus öffentlichen Geldern geförderter empirischer Forschung in Deutschland zur Verbreitung des Phänomens bildbasierter sexualisierter Gewalt einschließlich Deepfakes, zu den Betroffenen, zu den Täter*innen, ihren Motiven und den Folgen für die Betroffenen.
  • Es sollte ein einheitlicher Regelungskomplex von Straftatbeständen innerhalb des Sexualstrafrechts und außerhalb des Pornografiestrafrechts geschaffen werden, der das unbefugte Herstellen, Gebrauchen, Zugänglichmachen und Manipulieren von Bildaufnahmen unter Strafe stellt, die eine andere erwachsene Person nackt oder sexualbezogen wiedergeben.
  • Es bedarf einer eigenständigen, konsistenten und umfassenden Regelung des Doxings zum Schutz personenbezogener Daten, nicht nur, aber vor allem dann, wenn diese unbefugt Dritten zusammen mit persönlichen sexualbezogenen Bildaufnahmen zugänglich gemacht werden.
  • In strafprozessualer Hinsicht sollten die einschlägigen Straftatbestände als relative Antragsdelikte ausgestaltet werden. Zudem bedarf es eines elektronischen Verfahrens zum Stellen von Strafanträgen wegen Straftaten im Zusammenhang mit bildbasierter sexualisierter Gewalt. Dabei sollten auch Beweismittel wie Screenshots rechtssicher hochgeladen werden können.
  • Die einschlägigen Straftatbestände sollten nicht zum Kreis der Privatklagedelikte nach § 374 Abs. 1 StPO gehören, um der Schwere der Rechtsverletzung und ihren teils schwerwiegenden Folgen auf die Betroffenen Genüge zu tun. Darüber hinaus sollten sie in den Katalog der Nebenklagedelikte nach § 395 Abs. 1 StPO aufgenommen werden, um die Verfahrensrechte Betroffener weiter abzusichern.
  • Es bedarf des Angebotes von Fortbildungsveranstaltungen für Polizei, Staatsanwält*innen und Richter*innen zum Thema bildbasierter sexualisierter Gewalt und Doxing unter Berücksichtigung der Diskriminierungsdimension und der Verpflichtung zur Teilnahme an ihnen.
  • Es sollten flächendeckend Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Bereich digitaler Gewalt eingerichtet werden, die mit dem Gesamtphänomen digitaler Gewalt, einschließlich bildbasierter sexualisierter Gewalt, und deren Folgen für die Betroffenen vertraut sind.
  • In zivilrechtlichen Verfahren sollte zum Schutz der personenbezogenen Daten der Betroffenen von bildbasierter sexualisierter Gewalt grundsätzlich die Angabe einer c/o Adresse ausreichend sein.
  • Für Fälle bildbasierter sexualisierter Gewalt ist zu diskutieren, wie in Form einer Gefährdungshaftung Anspruchsgrundlagen auf finanziellen Ausgleich gegen Plattformen geschaffen werden können, die z.B. über Verbände oder andere zivilgesellschaftliche Institutionen oder von Aufsichtsbehörden einfordert werden können.
  • Im Bereich bildbasierter sexualisierter Gewalt sollten darüber hinaus für Pornoplattformen konkrete Vorabprüfungspflichten und gesonderte Auskunftspflichten geregelt sowie verpflichtend eine inländische Ansprechperson für Betroffene von bildbasierter sexualisierter Gewalt eingeführt werden.
  • Das Fehlen starrer Fristen für die Löschung rechtswidriger Inhalte im Digital Services Act darf in der Praxis nicht zur Verzögerung der Bearbeitungen führen. Es sollten weiterhin nationale Zustellungsbevollmächtige vorgesehen werden, wie es das Eckpunktepapier des BMJ zur Einführung eines Digitalen Gewaltschutzgesetzes vorsieht.
  • Der Anwendungsbereich des GewaltSchG sollte in der Praxis ausgeschöpft werden und auf Sachverhalte bildbasierter sexualisierter Gewalt insbesondere durch Kontaktverbote breitere Anwendung finden.
  • Der digitale Gewaltschutz sollte um die Möglichkeit gewillkürter Prozessstandschaft und die Verbandsklage ergänzt werden.
  • In einem Digitalen Gewaltschutzgesetz müssen gezielt finanzielle Mittel für die Ausstattung von Beratungsstellen und das Auflegen von flächendeckenden Beratungsinfrastrukturen für Betroffene vorgesehen werden. Die bestehenden Opferentschädigungsregelungen müssen zudem auf Opfer psychischer Gewalttaten, zu denen auch digitale Gewalt gehört, ausgeweitet werden.
  • Ein Digitales Gewaltschutzgesetz sollte die Möglichkeit vorsehen, bei einem Gericht zeitweilige oder, im Falle wiederholter schwerer Rechtsverletzungen, auch dauerhafte Accountsperren zu beantragen. Die Tatbestandsvoraussetzung der "Wiederholungsgefahr" sollte aufgrund einer erfolgten Rechtsverletzung vermutet werden. Eine richterliche Accountsperre muss auch greifen können, wenn bekannt ist, wer den Account betreibt und auch wenn diese Person für ihre rechtsverletzenden Inhalte mehrere Accounts verwendet. Das Antragsrecht muss auch für Betroffenenorganisationen vorgesehen werden.

 

 

Impressum

Herausgeber: Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)

Präsidium: Prof. Dr. Maria Wersig (Präsidentin), Ursula Matthiessen-Kreuder (Vizepräsidentin), Prof. Dr. Dana-Sophia Valentiner (Vizepräsidentin), Petra Lorenz (Schatzmeisterin), Anke Gimbal (Geschäftsführerin, mit beratender Stimme)

Verantwortlich: PD Dr. Anja Schmidt (Vorsitzende der Fachgruppe Digitale Gewalt der Kommission Strafrecht), Anke Stelkens (Vorsitzende der Kommission Digitales)

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AG Dortmund, Vereinsreg.-Nr.: 1444 


Berlin, 2023

 

 


[1] Der Begriff des Zugänglichmachens wird hier als Oberbegriff für jedwede Art des Schaffens des Zugangs für Dritte unabhängig von ihrer Zahl verwendet. Sie umfasst damit auch das Zugänglichmachen an Einzelne und das Verbreiten einer verkörperten Bildaufnahme oder das öffentliche Zur-Schau-Stellen.

[2] Vgl. hierzu die Stellungnahmen des djb st20-19 vom 25.5.2020 und vom st19-16 vom 11.7.2019.

[3] Vgl. etwa Citron, Sexual Privacy, The Yale Law Journal 128 (2019), S. 1870 (1909 ff.).

[4] 92. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, Beschl. TOP II. 8 Bekämpfung von Gefahren durch sog. Deepfakes, 16.06.21, S. 1; Bundesregierung, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/umgang-mit-desinformation/deep-fakes-1876736 (letzter Zugriff: 18.5.2023).

[5] Vgl. Schlosser, Spannervideos: Wer filmt Frauen auf Toiletten? | STRG_F, u.a. abrufbar über die ARD-Mediathek; vgl. zu diesem Fall auch die Darstellung der Zwille Kulturrachen GmbH auf https://monisrache.wtf/ (letzter Zugriff: 18.05.2023).

[6] Petition „Verbietet #Upskirting in Deutschland!“, abrufbar unter: https://www.change.org/p/verbietet-upskirting-in-deutschland (letzter Zugriff: 18.05.2023).

[7] Durch das 59. StÄG - Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen vom 9.10.2020, BGBl. I 2075.

[8] Vgl. https://www.ourbodiesnotyours.com/was-passiert-ist/ (letzter Zugriff: 18.05.2023).

[9] Befragt wurden 6109 Personen zwischen 16 und 64 Jahren.  52,1 % der Befragten waren weiblich, 47,9 % männlich; 88,9 % identifizierten sich als heterosexuell, 11,1 % als Teil der queeren Community. Die Auswahl war nicht repräsentativ. Unter den Befragten befanden sich nicht genügend trans, inter und nichtbinäre Personen, um vergleichende Analysen vornehmen zu können. Vgl. zum Ganzen Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 10 f.

[10] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 11, 21.

[11] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 20.

[12] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 20.

[13] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 11, 35.

[14] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 37.

[15] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 69 f.

[16] Vgl. Flynn/Powell/Scott/Cama, BritJCrim 2021, 1 (5).

[17] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 47.

[18]Rackley/McGlynn/Johnson/Henry/Gavey/Flynn/Powell, Seeking Justice and Redress for Victim-Survivors of Image-Based Sexual Abuse, 2021, 293, 299: „the social stigma and shame around womens sexuality“.

[19] Vgl. zum Ganzen Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 53 ff.

[20] Vgl. Bates, Revenge Porn and Mental Health, Feminist Criminology 12 (2017), 22, 30 ff.

[21] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 71.

[22] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 73.

[23] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 73 f.

[24] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 67 f.; ähnlich Mortreux/Kellard/Henry/Flynn, Understanding the attitudes and motivations of adults who engage in image-based abuse, Melbourne 2019, 21.

[25] Vgl. Mortreux/Kellard/Henry/Flynn, 2019, S. 26, 33.

[26] Vgl. Mortreux/Kellard/Henry/Flynn, 2019, S. 43.

[27] Vgl. Henry/McGlynn/Flynn/Johnson/Powell/Scott, 2021, 38; McGlynn/Rackley/Houghton, Beyond ‘Revenge Porn’, Feminist Legal Studies 25 (2017), 25, 27 ff.

[28] Vgl. Valentiner, Das Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung, 2021, S. 399 f.; zudem Schmidt, "Missbrauchsdarstellungen" statt "Kinderpornographie"? Rechtliche Expertise zur Ersetzung der Begriffe der Kinder- und Jugendpornographie in den §§ 184b, 184c StGB, 2022, S. 26 f.

[29] Vgl. allgemeiner zu Informationen bzw. Erzählungen über das Sexualleben einer Person BVerfGE 138, 377 (387 Rn. 29) und BVerfGE 119, 1 (34).

[30] Vgl. Citron, The Yale Law Journal 128 (2019), S. 1870 (1882 ff.).

[31] Erheblicher Kritik ist dabei die Aufstufung der Besitzstrafbarkeit zum Verbrechen durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16.06.2012, BGBl. I 1810, ausgesetzt. Vgl. dazu djb, st20-23 vom 4.12.2020, S. 5 f. Vgl. zu grundlegenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit den Vorlagebeschluss des AG Buchen nach Art. 100 Abs. 1 GG vom 01.02.2023, Az. 1 Ls 1 Js 6298/21.

[32] Vgl. Hörnle, MüKo-StGB, §§ 183-184h StGB, § 184a Rn. 5 f.

[33] So zwei der Merkmale des Pornografiebegriffes, vgl. nur Hörnle, MüKo-StGB, 4. Aufl. 2021, § 184 Rn. 21; OLG Düsseldorf NJW 1974, 1474 (1475); OLG Karlsruhe NJW 1974, 2015 (2016).

[34] Vgl. Schmidt, Kritik des Pornographiestrafrechts am Maßstab gleicher sexueller Selbstbestimmung, in: Bartsch u.a. (Hrsg.), Gender & Crime, 2022, 42 (51).

[35] 59. StÄG - Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen vom 9.10.2020, BGBl. I 2075.

[36] Vgl. Kargl, NK-StGB, 6. Aufl. 2023, § 201a Rn. 62.

[37] Vgl. Graf, MüKo-StGB, 4. Aufl. 2021, § 201a Rn. 41 f.

[38] Vgl. Eisele, Schönke/Schröder-StGB, 30. Aufl. 2019, § 201a Rn. 20, 22.

[39] BT-Drs. 15/2466, S. 5.

[40] Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings sowie Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Zwangsprostitution vom 10.8.2021, BGBl. I 3513.

[41] Vgl. BT-Drs.19/28697, S. 12.

[42] Vgl. Fischer, StGB,69. Aufl. 2022, § 238 Rn. 7.

[43] Vgl. Specht-Riemenschneider, Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 22 KUG Rn. 1, 3 f.

[44] Die Bezeichnung „Deepfake“ ist eine Zusammensetzung von „deep learning“ in Bezug auf maschinelles Lernen und „fake“, vgl. etwa Thiel, „Deepfakes“ – Sehen heißt glauben?, ZRP 2021, 202 (202 f.).

[45] Vgl. Greif, Strafbarkeit von bildbasierten sexuellen Belästigungen, 2023, S. 207 f., 231.

[46] Vgl. Greif, 2023, S. 232; Lantwin, Strafrechtliche Bekämpfung missbräuchlicher Deep Fakes, MMR 2020, 78 (79).

[47] Vgl. Greif, 2023, S. 232.

[48] Vgl. Lantwin, MMR 2020, 78 (79).

[49] Vgl. Graf, MüKo-StGB, 4. Aufl. 2021, § 201a Rn. 76.

[50] Vgl. Eisele/Sieber, Notwendige Begrenzungen des § 201a StGB nach dem 49. StÄG, StV 2015, 312 (314 f.).

[51] Vgl. Greif, 2023, S.235 f.

[52] Der Begriff geht vermutlich auf das englische „document dropping“ (Dokumente abwerfen) zurück, vgl. Kubiciel/Großmann, Doxing als Testfall für das Datenschutzstrafrecht, NJW 2019, 1050 (1050).

[53] Vgl. Kubiciel/Großmann, NJW 2019, 1050 (1051 f.).

[54] Vgl. Kubiciel/Großmann, NJW 2019, 1050 (1054).

[55] So etwa Kubiciel/Großmann, NJW 2019, 1050 (1053); Greif, 2023, S. 210 f.; a. A. Ehrmann, Gola/Heckmann, DS-GVO, BDSG, 3. Aufl. 2022, § 42 BDSG Rn. 8; Bergt, Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 3. Aufl. 2020, § 42 BDSG Rn. 3; Heghmanns, Sydow/Marsch, DS-GVO, BDSG, 3. Auflage 2022, § 42 BDSG Rn. 7.

[56] Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sog. Feindeslisten, [...] vom 14.9.2021, BGBl. I 4250.

[57] Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Häuslicher Gewalt, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52022PC0105 (letzter Zugriff: 18.05.2023).

[58] Vgl. HateAid/Jun, Stellungnahme zu den Eckpunkten für ein Gesetz gegen digitale Gewalt des BMJ, abrufbar unter https://hateaid.org/stellungnahme-zu-den-eckpunkten-fuer-ein-neues-gesetz-gegen-digitale-gewalt/, S. 17 (letzter Zugriff: 18.05.2023).

[59] Vgl. Classen, von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.): Kommentar zum Grundgesetz, 7. Auflage, München 2018, Art. 97, Rn. 29a.

[60] Siehe § 19 Abs. 2 TTDSG.

[61] Dies kann auch schwer umzusetzen sein. So kann der Beweiswert eines Screenshots in Frage gestellt sein, wenn Anspruchsgegner*innen die Tat leugnen und den Screenshot als Fälschung bezeichnen; vgl. hierzu OLG Jena, Urteil vom 28.11.2018 - 2 U 524/17.

[62] Diese Vulnerabilität verursachen auch die Impressumspflicht auf professionellen Seiten von z.B. Journalist:innen oder Aktivist:innen, die als Verantwortliche eine natürliche Person benennen müssen, sowie die sehr weitgehenden Melderegisterabfragemöglichkeiten. Siehe dazu schon Stelkens, Digitale Gewalt und Persönlichkeitsrechtsverletzungen, STREIT 2016, S. 147 ff.; Der djb fordert hier entsprechende Erleichterungen und Schutzvorschriften bzw. Schutzaccounts für gefährdete Personen, dbj Stellungnahme "Mit Recht gegen Hate Speech" vom 04.11.2019 auf https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st19-23?actbackPid=71&cHash=79cef0801e7961881c9eaaf3ec513eef (letzter Zugriff: 18.05.2023); siehe aktuell dazu auch die Forderungen von Hate Aid a.a.O. Fn 55 S. 21/22.

[63] Inwieweit die Regulierungen im deutschen NetzDG geglückt sind, war umstritten, das Gesetz erlebte mehrere Reformen, vgl. dazu die Stellungnahme des djb st20-14 vom 17.02.2014 und Stelkens, Hate Speech: ein vielfältiges Phänomen, das vielfältige rechtliche Antworten braucht, djbz 2019, S. 204 ff.

[64] Art. 2 DSA definiert einen umfassenden Anwendungsbereich für sog. Vermittlungsdienste, der vom Access-Provider bis zur Online-Suchmaschine reicht.

[65] Art. 16, 17 Digital Services Act.

[66] Art. 18 DSA.

[67] Vgl. Stelkens, STREIT 2016, S. 147 (S. 155) a.a.O. Fn 61.

[68] Vgl. hierzu die gemeinsame Petition #NotYourPorn der Organisationen "HateAid", "Anna Nackt" und "Am I in Porn" auf Change Org https://www.change.org/p/notyourporn-missbrauch-auf-porno-plattformen-muss-verfolgt-werden-bmjv-bund-lambrecht (letzter Zugriff: 18.05.2023).

[69] Art. 33 ff DSA.

[70] Auf die DSGVO stützt sich auch ein Urteil des Amsterdamer Bezirksgerichts vom 12.4.23 gegen den Betreiber von „xHamster“, welches eine datenschutzrechtliche Vorabprüfungspflicht bei Einwilligungen aus der DSGVO herleitet https://uitspraken.rechtspraak.nl/#!/details?id=ECLI:NL:RBAMS:2023:2192 (letzter Zugriff: 18.05.2023).

[71] BMJ, Eckpunkte für ein Gesetz gegen digitale Gewalt, vom 25.4.2023; vgl. zudem § 7 des Entwurfs für eines Gesetzes zum Schutz vor digitaler Gewalt auf Online-Olattformen (Digitales GewaltschutzG -DigGewSchG) der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF).

[72] Vgl. SPD/GRÜNE/FDP, "Mehr Fortschritt wagen" Koalitionsvertrag 2021-2025, Zeile 486.

[73] Ausführlich hierzu die Stellungnahme des djb zu den Eckpunkten des BMJ zum Gesetz gegen digitale Gewalt, st23-15 vom 26.5.2023.

[74] So auch § 1 Abs. 2 des Gesetzesentwurfs der GFF zu einem Digitalen Gewaltschutzgesetz.

[75] Siehe zum derzeit unzureichenden Opferentschädigungsgesetz (OEG) das Themenpapier des djb "Istanbul-Konvention: Entschädigung Betroffener bei psychischer Gewalt mit schweren Folgen (Artikel 30 IK)" vom 7.2.2020 auf st20-09, inbs. S. 3.

[76] So auch § 1 Abs. 2 des Gesetzesentwurfs der GFF zu einem Digitalen Gewaltschutzgesetz; vgl. zudem HateAid/Jun, 2023, S. 11 f.

[77] Ausführlich hierzu die Stellungnahme des djb zu den Eckpunkten des BMJ zum Gesetz gegen digitale Gewalt, st23-15 vom 26.5.2023, insb. S. 13 ff. Vgl. zudem zu Zweifeln an der Praktikabilität HateAid/Jun, 2023, S. 10 ff.