Stellungnahme: 23-16


zum Referentenentwurf „Selbstbestimmungsgesetz“ vom 09.05.2023

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“ vom 09.05.2023 (im Folgenden: SBGG-E). Der djb begrüßt das Vorhaben des Entwurfs, das grund- und menschenrechtswidrige Transsexuellengesetz (TSG) abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Insbesondere die Abschaffung des gerichtlichen Verfahrens und der Gutachtenpraxis sind aus grund- und menschenrechtlicher Sicht dringend geboten. Der djb erklärt sich solidarisch mit trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen und betrachtet das Vorhaben des Selbstbestimmungsgesetzes insbesondere als feministischer Verband nicht im Widerspruch zu Gleichstellungsfragen. Allerdings nimmt der djb mit Besorgnis zur Kenntnis, dass in einzelnen Regelungen und in der Begründung des Entwurfs eine Diskursverschiebung zu beobachten ist, die insbesondere trans Frauen als potentielle Gefahr und Eindringlinge in Frauenschutzräume markiert. Vor dem Hintergrund der international zunehmenden Gewalt und Diskriminierung von trans Personen tritt der djb dem klar entgegen.

Diese Stellungnahme hat folgenden Aufbau: Zunächst wird das Gebot zur Anerkennung der Geschlechtsidentität grundrechtlich verortet (I.). Sodann erfolgt eine Klarstellung zum Regelungsauftrag des Gesetzes und eine Kritik an der bereits benannten Diskursverschiebung (II.). Anschließend wird zu den einzelnen Regelungen des Entwurfs Stellung genommen (III.). Darüber hinaus möchte der djb auf die nach der Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes weiterhin bestehenden Regelungsbedarfe hinweisen (IV.). Schließlich sind die im Einzelnen zu überarbeitenden Normen des SBGG-E aufgelistet (V.).

I. Grundrechtliches Gebot der Anerkennung der Geschlechtsidentität

Der djb begrüßt das Vorhaben des Entwurfs, das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Menschenrechtlich ist dies dringend geboten. Nach der bereits seit einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1978[1] anerkannten ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) auch ein Recht auf Finden und Anerkennung der eigenen geschlechtlichen Identität.[2] Das Bundesverfassungsgericht geht dabei in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es als wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis gilt, dass das Geschlecht eines Menschen nicht allein anhand physischer Merkmale bestimmt werden kann, sondern wesentlich von der psychischen Konstitution und der nachhaltig selbst empfundenen Geschlechtlichkeit abhängt.[3] Die geschlechtliche Identität wird in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als subjektives Merkmal angesehen, über das nur die betroffene Person selbst Auskunft geben kann. Ferner gebietet es das allgemeine Persönlichkeitsrecht – auch das ist in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seit Jahrzehnten anerkannt –, im Personenstandsregister das Geschlecht abzubilden, das der Geschlechtsidentität der Person entspricht.[4] Um dies zu ermöglichen, muss die Rechtsordnung so ausgestaltet werden, dass an die Korrektur des Geschlechtseintrags für Einzelne keine unzumutbaren Bedingungen geknüpft sind.[5] In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht die Voraussetzungen, die im TSG in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 1980 normiert waren, in einer Reihe von Entscheidungen als unzumutbar, nämlich als verfassungswidrig eingestuft.[6] Im „Dritte Option“-Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2017 zudem ausdrücklich festgehalten, dass der Geschlechtseintrag im Geburtenregister auch gänzlich entbehrlich wäre.[7]

Die heutige Rechtslage stellt sich nun wie folgt dar: Für jedes in Deutschland geborene Kind werden im Geburtenregister nicht nur Name und Geburtsort beurkundet, sondern nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG auch das Geschlecht. Für den Eintrag stehen die Optionen „weiblich“, „männlich“, „divers“ oder ein Offenlassen zur Verfügung (§ 22 Abs. 3 PStG). Die Entscheidung darüber, welches Kind welchen Eintrag erhält, erfolgt allein anhand körperlicher Merkmale und wird von Dritten, in der Regel von Ärzt*innen oder Hebammen, getroffen. Die geschlechtliche Zuordnung durch das Standesamt ist obligatorisch. Es gibt keine Möglichkeit, sich ihr zu entziehen. Stellt sich der Eintrag im Verlauf des Lebens als unzutreffend heraus, hält das TSG-Verfahren zwar eine Korrekturmöglichkeit bereit. An diese sind jedoch noch immer erhebliche Anforderungen geknüpft: Um den Geschlechtseintrag oder geschlechtsspezifischen Vornamen zu korrigieren, muss in einem gerichtlichen Verfahren mittels zweier psychiatrischer Gutachten die Transgeschlechtlichkeit „bewiesen“ werden. Damit sind erhebliche finanzielle, zeitliche und psychische Belastungen verbunden.[8] Daneben existiert seit 2018 zwar eine zweite Korrekturmöglichkeit mit wesentlich geringeren Voraussetzungen im Verfahren nach § 45b Abs. 1 PStG. Diese soll nach Ansicht des Bundesinnenministeriums,[9] der sich die Standesämter und inzwischen auch der Bundesgerichtshof[10] angeschlossen haben, allerdings nur intergeschlechtlichen Personen offenstehen.[11] Nicht-binäre Personen, die nicht zugleich intergeschlechtlich sind, sollen dagegen auf eine analoge Anwendung des TSG-Verfahrens verwiesen sein.[12]

Aus der anfangs geschilderten bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich für die aktuelle Rechtslage zweierlei schlussfolgern:

  1. Der Geschlechtseintrag soll die (subjektive) geschlechtliche Identität einer Person abbilden, über die nur die Person selbst Auskunft geben kann. Da dies nach der Geburt eines Kindes aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, wäre es die grundrechtlich sensibelste Lösung, den Geschlechtseintrag ganz abzuschaffen[13] oder ihn zumindest so lange für alle offenzulassen, bis kompetent über die eigene Geschlechtsidentität Auskunft gegeben werden kann.[14] Verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere in Form von Ordnungsinteressen des Staates, stehen dem nicht entgegen. Aus menschenrechtlicher Perspektive vorzugswürdig wäre mithin die Abschaffung des Geschlechtseintrags. Der vorliegende Entwurf setzt sich mit dieser grundsätzlichen Problematik allerdings nicht auseinander.
  2. Wird gesetzgeberisch dennoch am Geschlechtseintrag festgehalten, gebietet es das Recht auf staatliche Anerkennung der Geschlechtsidentität aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, jeder Person die Möglichkeit zur Korrektur des fremdbestimmt erfolgten Eintrags zu geben. Der Grundrechtseingriff durch den obligatorischen Eintrag ist umso geringer, je niedriger die Voraussetzungen für eine Korrektur sind. Während das aktuelle TSG-Verfahren dem nicht genügt,[15] entspricht ein niedrigschwelliges Verfahren, wie es auch der Entwurf vorsieht, den menschenrechtlichen Vorgaben jedenfalls besser. Allerdings müssen Einschränkungen der gewährten Selbstbestimmung wiederum selbst verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sein. Auch im Hinblick darauf lässt der Entwurf eine Auseinandersetzung mit den grundrechtlichen Fragen vermissen.

 

Vor diesem grundrechtlichen Hintergrund begrüßt der djb die im Entwurf vorgesehene Abschaffung des TSG-Verfahrens und die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes sowie das in § 1 Abs. 1 SBGG-E festgeschriebene Ziel, die personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung und die Vornamenswahl von der Einschätzung dritter Personen zu lösen und die Selbstbestimmung der betroffenen Person zu stärken sowie das Recht jeder Person auf Achtung und respektvolle Behandlung in Bezug auf die Geschlechtsidentität zu verwirklichen.  

II. Diskursverschiebung: Was regelt das Selbstbestimmungsgesetz?

Vor der Stellungnahme zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs möchte der djb seine Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, wie der öffentliche Diskurs um das Selbstbestimmungsgesetz geführt wurde, der sich auch in der Gesetzesbegründung selbst niederschlägt. Das Selbstbestimmungsgesetz regelt das Verfahren zur Korrektur des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags, betrifft also das Verhältnis von Bürger*innen und Staat. Wie soeben dargestellt, ist es aus menschenrechtlicher Sicht jedenfalls geboten, dieses Verfahren möglichst niedrigschwellig auszugestalten. Die in der Einführung eines neuen Verfahrens zur Korrektur des Geschlechtseintrags liegende Verbesserung ist das, worum es beim Selbstbestimmungsgesetz im Kern geht. Nicht vom Regelungsbereich des Selbstbestimmungsgesetzes umfasst sind dagegen Fragen des Antidiskriminierungsrechts. Das im AGG vorgesehene Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts schützt vor Zuschreibungen bzw. vor Erwartungen[16] an ein bestimmtes Aussehen oder Verhalten einer Person aufgrund ihres Geschlechts. Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts kann daher unabhängig vom Geschlechtseintrag der Person vorliegen. So können etwa trans Frauen auch bisher – mit oder ohne Änderung ihres Geschlechtseintrags im Geburtenregister – als Frauen diskriminiert werden.

Dennoch drehte sich der öffentliche Diskurs um das Selbstbestimmungsgesetz in den letzten Monaten primär um Fragen des Zugangs zu geschlechtergetrennten Räumen wie Toiletten, Umkleideräumen, Saunen, aber auch privaten Einrichtungen wie Frauenhäusern. In diesem Diskurs wurden insbesondere trans Frauen als Eindringline in diese Räume dargestellt und damit als potentielle Gewalttäter*innen markiert. Für diese Generalisierung gibt es empirisch keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr sind trans Frauen statistisch gesehen weit überproportional von Diskriminierungen und Gewalt betroffen.[17] Bedauerlicherweise setzt der Entwurf diese Markierung nun fort, insbesondere durch die – rechtlich überflüssigen[18]– Verweise in § 6 Abs. 2 bis 4 SBGG-E und die zugehörige ausufernde und teils widersprüchliche Gesetzesbegründung.[19] Auch die explizite Aufnahme einer Sonderregelung für den Spannungs- und Verteidigungsfall in § 9 SBGG-E – wohlgemerkt in Zeiten, in denen die Wehrpflicht ausgesetzt ist – liest sich als Ausdruck eines generellen Misstrauens gegenüber allen, die ihren Geschlechtseintrag korrigieren. Zudem wird dadurch eine Unterscheidung zwischen einem „personenstandsrechtlichen“ und einem „biologischen“ Geschlecht suggeriert. Das Bundesverfassungsgericht geht hingegen von einem einheitlichen Geschlechtsbegriff aus.[20]

Der djb weist nachdrücklich darauf hin, dass auch die Einführung eines vereinfachten Verfahrens zur Korrektur des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags keine Differenzierung der Rechtsfolgen zwischen Geschlechtsidentität und körperlichen Merkmalen zulässt.

So entsteht eine Perspektivverschiebung: Während das Selbstbestimmungsgesetz eigentlich der Verbesserung der menschenrechtlichen Situation einer vulnerablen Gruppe dienen sollte, wird in der öffentlichen Diskussion ein Teil dieser Gruppe nunmehr als Gefahr für andere dargestellt und die Korrektur des Geschlechtseintrages ohne jeden empirischen Anhaltspunkt auf die Möglichkeit eines Missbrauchs reduziert. Im Mittelpunkt stehen nicht trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen und ihre Belange, sondern die – angeblichen – Erwartungen einer vermeintlichen Mehrheitsgesellschaft. Besonders mit Blick auf die international zunehmende Gewalt an und Diskriminierung von trans Personen bewertet der djb diese Verschiebung auch der deutschen Debatte als in äußerstem Maße besorgniserregend.

III. Stellungnahme zum Entwurf im Einzelnen

Nach diesen einleitenden Aussagen nimmt der djb zum Entwurf im Einzelnen wie folgt Stellung:

1. Zu § 2 SBGG-E – „Erklärungen zum Geschlechtseintrag und zu den Vornamen“

Zu Absatz 1: Vor dem soeben geschilderten menschenrechtlichen Hintergrund begrüßt der djb das in § 2 Abs. 1 SBGG-E vorgesehene neue Verfahren zur Korrektur von Geschlechtseintrag und Vornamen. Insbesondere die Abschaffung der Gutachtenpraxis und die einheitliche Führung aller Verfahren beim Standesamt stellen für trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen eine erhebliche materielle Verbesserung dar. Begrüßenswert ist auch, dass neben den Möglichkeiten, Geschlechtseintrag und Vornamen zu korrigieren und nur den Vornamen zu ändern, nun auch für alle Erklärenden die Möglichkeit besteht, lediglich den Geschlechtseintrag zu ändern.[21] Dem grund- und menschenrechtlichen Gebot der Anerkennung der Geschlechtsidentität wird das neue Verfahren besser gerecht.

Der djb begrüßt daher die im Entwurf angekündigte Einführung eines einheitlichen und vereinfachten Verfahrens zur Korrektur des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags und der Vornamen.

Der djb merkt zudem an, dass die Eintragung des korrigierten Geschlechtseintrags und der geänderten Vornamen in systematischer Hinsicht – anders als im Entwurf auf Seite 34 missverständlich formuliert – deklaratorisch ist. Die Eintragungen in den Personenstandsregistern ändern die Rechtslage nicht, sondern bilden sie nur ab bzw. spiegeln sie (sogenannte Spiegelfunktion des Personenstandsrechts).[22] Anders als etwa die Eintragungen im Grundbuch sind sie gerade nicht konstitutiv, weswegen nach § 54 Abs. 3 PStG auch der Nachweis der Unrichtigkeit einer Eintragung zulässig ist.[23] Materiell kommt es daher allein auf die Abgabe der Erklärung mit Eigenversicherung an. Dies ist der Regelungsgehalt von § 2 SBGG-E, der die bisherigen materiellen Voraussetzungen des TSG bzw. § 45b Abs. 1 PStG ersetzt. Die Eintragung in die Personenstandsregister ist – das sieht der Entwurf selbst auch nicht vor – keine materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Erklärung, vielmehr besteht bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen ein Anspruch auf Eintragung. Den Standesämtern steht daher kein Ermessensspielraum bei der Eintragung zu.

In der Begründung sollte dies entsprechend klargestellt werden.

Zu Absatz 2: § 2 Absatz 2 SBGG-E führt das rechtlich neue Institut der Erklärung mit Eigenversicherung ein, die ausweislich der Begründung die Form einer einfachen Formularerklärung, nicht einer eidesstaatlichen Versicherung haben soll.[24] Der djb erkennt grundsätzlich die Intention des Entwurfs an, die Ernsthaftigkeit der Erklärung mittels einer Erklärung über die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen zu unterstreichen. In der Umsetzung muss aber darauf geachtet werden, dass die Form der einfachen Formularerklärung dabei nicht überschritten wird. Insbesondere darf seitens des Standesamts keine inhaltliche Prüfung der Erklärung erfolgen.

Der djb weist daher darauf hin, dass dem Standesamt bei der Eintragung kein Ermessensspielraum zusteht. Ziel des Gesetzes ist es nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SBGG-E, die personenstandsrechtliche Korrektur von Geschlechtseintrag und Vornamen von der Einschätzung dritter Personen zu lösen. Bei der Geschlechtsidentität handelt es sich um eine höchstpersönliche Angabe, die außer der erklärenden Person niemand überprüfen kann. Insofern erscheint es problematisch, dass in der Begründung des Entwurfs eine Ablehnung des Standesamts in „Fällen eines offensichtlichen Missbrauchs, das heißt bei Vorliegen objektiver und konkreter Anhaltspunkte für einen Missbrauch“[25] vorgesehen ist. Worin objektive und konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch liegen könnten, lässt die Begründung offen. Die Standesbeamt*innen erscheinen durch diese Ausnahme allerdings wiederum dazu berufen, zu überprüfen, mit welchen Motiven die erklärende Person handelt. Dies steht klar im Gegensatz zu dem in § 1 Abs. 1 Nr. 1 SBGG-E festgehaltenen Ziel, die Erklärung unabhängig von der Einschätzung dritter Personen – also auch der zuständigen Standesbeamt*innen – zu gestalten. Richtigerweise heißt es in der Begründung daher auch, dass Personen, welche die Erklärung missbräuchlich abgeben, ohne dass dem Standesamt dafür Anhaltspunkte vorliegen, an alle Rechtsfolgen gebunden sind.[26] Der djb weist an dieser Stelle erneut darauf hin, dass den Standesbeamt*innen bei der Beurkundung der Erklärung kein Ermessensspielraum zusteht. Insbesondere darf es keine Rolle spielen, ob das äußere Erscheinungsbild einer Person in den Augen der beurkundenden Standesbeamt*innen mit dem selbstbestimmten Eintrag übereinstimmt. Es darf daher etwa nicht – auch nicht, um vermuteten Missbrauch auszuschließen – darauf abgestellt werden, ob eine Person, die ihren Geschlechtseintrag in „weiblich“ korrigieren möchte, „weiblich genug“, oder eine Person, die ihren Geschlechtseintrag in „divers“ korrigieren oder streichen lassen möchte, „androgyn genug“ aussieht. Klar abgrenzbare Fallgruppen, in denen konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch vorliegen sollen, sind dagegen nur schwer vorstellbar. Sollte es darum gehen, zu verhindern, dass Personen die standesamtliche Erklärung nutzen, um die Regelungen des Selbstbestimmungsgesetzes lächerlich zu machen, ist eine strikte Bindung an die Rechtsfolgen, insbesondere an die in § 5 SBGG-E vorgesehene einjährige Sperrfrist, ohne eine Ausnahme für missbräuchliche Erklärungen sogar eher dazu geeignet, solchen Missbrauch zu verhindern.

Der djb fordert daher, die Möglichkeit zur Ablehnung des Antrags in missbräuchlichen Fällen aus der Begründung zu streichen.

2.  Zu § 3 SBGG-E – „Erklärungen von Minderjährigen und Personen mit Betreuer”

Zu Absatz 1: Der djb begrüßt, dass das im Entwurf vorgesehene Verfahren nach § 3 SBGG-E grundsätzlich allen Personen ohne Altersgrenze zugänglich sein soll.

Dass § 3 Abs. 1 Satz 1 SBGG-E vorsieht, dass 14- bis 17-Jährige zur Abgabe der Erklärung vor dem Standesamt die Zustimmung ihrer Sorgeberechtigten bedürfen, sieht der djb jedoch kritisch. Die Zustimmungspflicht stellt einen Eingriff in das Recht der Minderjährigen auf Anerkennung ihrer geschlechtlichen Identität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) dar, der durch das aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG folgende elterliche Erziehungsrecht gerechtfertigt sein könnte. Das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantierte elterliche Erziehungsrecht kann zunächst als Abwehrrecht der Eltern gegen Eingriffe des Staates in die Erziehung verstanden werden.[27] Im Verhältnis zu den Rechten des Kindes ist das Elternrecht dagegen durch seine besondere Struktur als ein Recht im Interesse des Kindes zu betrachten.[28] Der Umfang des Schutzbereichs hängt daher wesentlich vom Alter des Kindes, seiner Reife und Einsichtsfähigkeit ab; mit zunehmender Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes und abnehmender Pflege- und Erziehungsbedürftigkeit tritt das elterliche Erziehungsrecht hinter den Grundrechten des Kindes zurück.[29] Im einfachen Recht ist die Berücksichtigung des Kindeswillens im Leitbild des partnerschaftlichen Erziehungsstils (§ 1626 Abs. 2 BGB) festgeschrieben. Aus dem elterlichen Erziehungsrecht folgt daher nicht zwingend, dass den Eltern ohne Ansehung der individuellen Entscheidungsfähigkeit des Kindes grundsätzlich eine Möglichkeit zu einer Entscheidung gegen den Kindeswillen – durch Verweigerung der Zustimmung – zustehen muss.

Auf der anderen Seite betrifft die Erklärung vor dem Standesamt den Kern der Persönlichkeit der erklärenden minderjährigen Person und ist in hohem Maße mit Fragen der eigenen Identität verbunden. Die Erklärung ist daher auch im Entwurf als höchstpersönliche Erklärung ausgestaltet, die grundsätzlich nur die betroffene Person selbst abgegeben kann.[30] Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SBGG-E ist es gerade Ziel des Gesetzes, die personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung und die Vornamenswahl von der Einschätzung dritter Personen zu lösen. Dieser Regelungszweck greift auch und gerade für Minderjährige, die sich in ihrem Alltag in Schule und Ausbildung häufig in Situationen befinden, in denen sie ihren Namen und ihren Geschlechtseintrag offenlegen müssen. Sie sind mithin besonders schutzwürdig und daher darauf angewiesen, ihre personenstandsrechtlichen Angaben unkompliziert ändern zu können. Trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Jugendliche beschäftigen sich oft intensiv mit ihrer geschlechtlichen Identität und können kompetent darüber Auskunft geben. Gleichzeitig sind die potentiellen rechtlichen Nachteile für Minderjährige überschaubar. Insbesondere gilt für sie die Sperrfrist nach § 5 Satz 2 SBGG-E nicht. Es besteht daher auch kein Bedürfnis, Minderjährige vor der Erklärung vor dem Standesamt zu schützen, sondern vielmehr dafür, ihre selbstbestimmte Erklärung anzuerkennen. Das Recht der Minderjährigen auf staatliche Anerkennung ihrer geschlechtlichen Identität überwiegt daher jedenfalls für die Gruppe der 14- bis 17-Jährigen im Ergebnis das elterliche Erziehungsrecht.

Eine vergleichbare Konstellation findet sich im einfachen Recht bei der Religionsmündigkeit: Minderjährige dürfen ab 14 Jahren selbständig ohne Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter*innen darüber entscheiden, welchem religiösen Bekenntnis sie angehören wollen (§ 5 Satz 1 KErzG). Dass gesetzgeberisch in einer ebenfalls höchstpersönlichen Sphäre die Mündigkeit der minderjährigen Person über das elterliche Erziehungsrecht gestellt wurde, spricht ebenso für die Streichung der Zustimmungspflicht in § 3 Abs. 1 Satz 1 SBGG-E.

Der djb fordert daher, einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag ab 14 Jahren zu ermöglichen.

Für den Fall, dass die generelle Zustimmungspflicht der gesetzlichen Vertreter*innen beibehalten wird, spricht sich der djb dafür aus, das zur Stärkung der Position von Minderjährigen in § 3 Abs. 1 Satz 2 SBGG-E vorgesehene Rechtsmittelverfahren zu überarbeiten. Vorgesehen ist, dass das Familiengericht die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter*innen ersetzen kann, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Der djb weist darauf hin, dass diese Konstellation die Gefahr birgt, dass im familienrechtlichen Verfahren mangels entsprechender Sachkenntnis der zuständigen Richter*innen Sachverständigengutachten eingeholt werden und Minderjährige ein „TSG-Verfahren light“ durchlaufen müssen. Es ist gerade Zweck des Selbstbestimmungsgesetzes, die menschenrechtswidrige Gutachtenpraxis des TSG-Verfahrens abzuschaffen. Besonders vulnerablen Minderjährigen, deren gesetzliche Vertreter*innen sie nicht unterstützen, sollte dies in keinem Fall zugemutet werden. Um anzuerkennen, dass Jurist*innen keine Generalist*innen für alle tatsächlichen Fragen sind, sollten für spezifische Lebenssachverhalte wie diese Fortbildungsmöglichkeiten geschaffen werden. Eine fachliche Weiterbildung derjenigen, die mit diesen Fragen vertraut sind, kann einen angemessenen Umgang mit dem in § 3 Abs. 1 Satz 2 SBGG-E vorgesehenen Rechtsmittel und in parallelen Konstellationen[31] ermöglichen und die Gefahr eines Abrutschens in ein „TSG-Verfahren light“ verhindern.

Alternativ hält der djb auch eine fachlich ausgerichtete Mediation für möglich. Zudem muss die im Eckpunktepapier angekündigte Unterstützung der Beratungsangebote für trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Jugendliche und ihre Familien weiterverfolgt und ausreichend finanziert werden.[32]

Der djb spricht sich daher für verpflichtende fachliche Weiterbildungen für alle Richter*innen aus, die mit diesen Fragen betraut sind.

Zu Absatz 2: Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 SBGG-E kann für unter 14-Jährige die Erklärung nur von ihren gesetzlichen Vertreter*innen abgegeben werden. Der djb erkennt an, dass die oben aufgezeigte Abwägung eher zugunsten des elterlichen Erziehungsrechts ausfällt, je jünger das Kind ist. Eine zwingende starre Altersgrenze folgt aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG wie oben dargestellt allerdings nicht. Für unter 14-Jährige besteht an dieser Stelle eine Schutzlücke: Bei fehlender Unterstützung ihrer gesetzlichen Vertreter*innen haben sie keine Möglichkeit zur Korrektur ihres Geschlechtseintrags oder Vornamens. Der djb merkt in diesem Zusammenhang an, dass bei einem identitätsprägenden Merkmal nur schwer eine Altersgrenze zu ziehen ist, ab der Minderjährige eine hinreichende individuelle Einsichtsfähigkeit haben, um kompetente Entscheidungen zu treffen. Auch die UN-Kinderrechtskonvention sieht keine starren Altersgrenzen vor, sondern regt in Art. 12 Abs. 1 UN-Kinderrechtskonvention an, „die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife“ zu berücksichtigen. Als Alternative zu einer harten Altersgrenze ist daher das Abstellen auf die individuelle Einsichtsfähigkeit der minderjährigen Person vorzugswürdig.

Der djb spricht sich daher dafür aus, auch für Minderjährige unter 14 Jahren abhängig von der individuellen Einsichtsfähigkeit des Kindes eine selbstbestimmte Entscheidung nicht grundsätzlich auszuschließen.

3. Zu § 4 SBGG-E – „Wirksamkeit; Rücknahme der Erklärung“

§ 4 Satz 1 SBGG-E sieht vor, dass die Korrektur des Geschlechtseintrags und der Vornamen nicht – wie noch im Eckpunktepapier angekündigt oder im bisherigen Verfahren nach § 45b Abs. 1 PStG – sofort wirksam wird, sondern erst nach drei Monaten. Diese Wartefrist schränkt das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgende Recht jeder Person auf staatliche Anerkennung der Geschlechtsidentität ein. Wie zuvor beschrieben liegt der Grundrechtseingriff bereits darin, dass jeder Person nach der Geburt fremdbestimmt ein Geschlecht zugeordnet wird, das nicht immer mit ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt. An die Voraussetzungen der Korrektur des Geschlechtseintrags dürfen daher nur geringe Hürden geknüpft sein, die jedenfalls als solche wiederum verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein müssen. Diese grundrechtliche Ebene wird in der Begründung des Entwurfs völlig ausgespart. Der Entwurf begründet die Wartefrist lediglich knapp damit, dass sie zum einen als Überlegungs- und Reflexionsfrist dienen und zum anderen nicht ernsthaft gemeinte Erklärungen verhindern solle.[33] Durch die Schaffung einer Möglichkeit zur weiteren Überlegung und Reflexion der Erklärung sollen also zum einen übereilte Erklärungen verhindert werden. Dabei handelt es sich im Grundsatz um einen legitimen Zweck, zu dessen Erreichung eine dreimonatige Wartefrist auch geeignet erscheint. Allerdings kann dieser Zweck auch auf andere Weise, also mit milderen Mitteln erreicht werden. Die Ernsthaftigkeit der Erklärung wird der erklärenden Person nämlich bereits durch andere im Gesetz vorgesehene Mechanismen hinreichend verdeutlicht: Die nach § 2 Abs. 2 SBGG-E erforderliche Erklärung mit Eigenversicherung, die in § 5 Abs. 1 SBGG-E vorgesehene Rechtsfolge der einjährigen Sperrfrist und die in § 10 Abs. 3 Satz 2 SBGG-E enthaltene Kostentragungspflicht sind in ihrer Gesamtschau ausreichend, um die Ernsthaftigkeit der Erklärung zu verdeutlichen und übereilte Entscheidungen zu verhindern. Hinzu kommt, dass das Recht etwa bei der Eheschließung, die erheblich stärkere Rechtsfolgen für die Eheschließenden nach sich zieht, eine vergleichbare Wartefrist nicht kennt. Warum für die Korrektur des Geschlechtseintrags und der Vornamen ein stärkerer Übereilungsschutz gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Im Hinblick auf den Zweck des Übereilungsschutzes ist die Wartefrist mithin nicht erforderlich.

Auch bei der Erreichung des Zwecks der Verhinderung nicht ernst gemeinter Erklärungen handelt es sich im Grundsatz um einen legitimen Zweck. Dazu erscheint die Wartefrist allerdings schon nicht geeignet. Wer die Erklärung etwa nutzen will, um in der Öffentlichkeit geschlechtliche Selbstbestimmung lächerlich zu machen, kann dies auch nach Ablauf von drei Monaten tun. Im Vergleich zur in § 5 Abs. 1 SBGG-E enthaltenen einjährigen Sperrfrist kann die dreimonatige Wartefrist auch keine Abschreckungswirkung entfalten. Sie ist damit zur Verhinderung nicht ernst gemeinter Erklärungen schon nicht geeignet.

Jedenfalls ist die Wartefrist im Rahmen einer Gesamtabwägung zwischen den mit ihr verfolgten Zwecken und der menschenrechtlich gebotenen Anerkennung der Geschlechtsidentität nicht angemessen. Dabei wiegt besonders schwer, dass erklärende Personen ohne gewichtigen Grund für weitere drei Monate in ihrer individuellen Lebensplanung gehindert werden, sich etwa ohne korrigierte Dokumente nicht bewerben können, mit falschen Angaben in die Geburtsurkunden ihrer Kinder eingetragen werden und bei einem Auseinanderfallen von äußerem Erscheinungsbild und Personaldokumenten stetig gezwungen sind, ihre Transgeschlechtlichkeit offenzulegen. Für Personen, die bisher das Verfahren nach § 45b Abs. 1 PStG in Anspruch nehmen konnten, liegt in der dreimonatigen Wartefrist sogar eine Verschlechterung der materiellen Rechtslage. Wie bereits dargelegt stehen dem keine überzeugenden Zwecke für eine Wartefrist gegenüber. Die in § 4 SBGG-E vorgesehene Wartefrist ist mithin unverhältnismäßig.

Der djb spricht sich daher für eine Streichung von § 4 SBGG-E aus, da die Regelung unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig ist.

4. Zu § 6 SBGG-E – „Wirkungen der Änderungen des Geschlechtseintrags und der Vornamen“

Zu Absatz 1: Der djb begrüßt, dass mit der in § 6 Abs. 1 SBGG-E vorgesehenen Regelung Rechtssicherheit über die Rechtsfolge der personenstandsrechtlichen Korrektur von Geschlechtseintrag und Zuordnung geschaffen wird. Damit wird insbesondere eine Lücke für Personen geschlossen, die das Verfahren nach § 45b Abs. 1 PStG in Anspruch genommen haben, für das eine entsprechende Regelung bisher fehlte.

Eine konsequente Umsetzung des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf staatliche Anerkennung der Geschlechtsidentität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) gebietet es zudem, in jedem Fall, in dem auch für cis Personen an das personenstandsrechtliche Geschlecht angeknüpft wird, einheitlich auf den korrigierten Geschlechtseintrag abzustellen. Ausnahmen davon stehen dem in § 1 Abs. 1 SBGG-E festgehaltenen Zweck und der Systematik des Entwurfs entgegen. Rechtsfolge der Korrektur des personenstandsrechtlichen Geschlechts muss daher sein, dass einheitlich auf den korrigierten Geschlechtseintrag abzustellen ist.

Der djb spricht sich daher dafür aus, den Zusatz „und durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist“ zu streichen.

Zu Absatz 2 bis 4: Bei § 6 Abs. 2 bis 4 SBGG-E handelt sich um lediglich klarstellende Aussagen, die keine über die bisher bestehende Rechtslage hinausgehende eigene Regelung treffen.[34] Die Rechtslage wird durch § 6 Abs. 2 bis 4 SBGG-E also nicht verändert, sondern nur wiedergegeben.[35] Gesetzestechnisch sind solche rein klarstellenden Verweise unüblich, da für sie mangels eigenen Regelungsgehalts rechtssystematisch kein Bedürfnis besteht. Auch die vom Bundesministerium der Justiz herausgegebene Handreichung zur Gestaltung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen[36] statuiert, dass überflüssige Aussagen – als Beispiele werden politische Absichtserklärungen oder deklaratorische Wiedergaben anderer Vorschriften genannt – im Regelungstext zu tilgen sind.[37]

Der djb spricht sich mithin dafür aus, § 6 Abs. 2 bis 4 SBGG-E zu streichen, da die Regelung überflüssig ist.

Gleichzeitig kritisiert der djb ausdrücklich, dass durch die unübliche Aufnahme der Regelungen in § 6 Abs. 2 bis 4 SBGG-E sowie die ausufernde Begründung auf den Seiten 43 bis 46 insbesondere trans Frauen ohne jeden empirischen Anlass als potentielle Gefahr und Eindringlinge in Frauenschutzräume markiert werden. Vor dem Hintergrund der international zunehmenden Gewalt und Diskriminierung von trans Personen gerade auch durch das Recht[38] muss einer solchen Diskursverschiebung klar entgegengetreten werden. Zudem suggerieren die genannten Beispiele – Frauentoiletten, Saunen und Umkleiden, Sport und medizinische Maßnahmen –, dass es ein „wahres” biologisches Geschlecht gäbe, auf das es in diesen Rechtsbereichen allein ankäme. Zweck des Selbstbestimmungsgesetzes ist der Diskriminierungsabbau und die Umsetzung des grund- und menschenrechtlichen Gebots zur Anerkennung der geschlechtlichen Identität in allen Rechtsbereichen. Weder der Gesetzestext noch die Begründung sollten daher durch weitere Verunsicherung die Teilhabemöglichkeiten von trans Personen verschlechtern oder gar das Diskriminierungsrisiko erhöhen.

Im Einzelnen:

Zu Absatz 2: In § 6 Abs. 2 SBGG-E heißt es, dass das Haus- und Satzungsrecht der jeweiligen Eigentümer*innen oder Besitzer*innen bzw. der jeweiligen juristischen Personen unberührt bleiben. In der Begründung zu § 6 Abs. 2 SBGG-E wird sodann angeführt, dass es beim Zugang zu geschlechtsspezifischen Toiletten und Umkleideräumen sowie Saunen bereits bisher nicht auf den personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag ankommt.[39] Zudem könne eine unterschiedliche Behandlung von zwei Personen, für die im Personenstandsregister dasselbe Geschlecht eingetragen sei, antidiskriminierungsrechtlich bei Vorliegen eines sachlichen Grundes – etwa des Schutzes der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit – gerechtfertigt sein (§ 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AGG).[40] Geschlechtsspezifische Räume existieren aus dem Bedürfnis nach Schutz vor (sexualisierter) Belästigung und Gewalt. Diese geht – im tradierten Machtverhältnis – weit überwiegend von Männern aus und betrifft Frauen, aber auch trans und nicht-binäre Personen.[41] Die Gesetzesbegründung suggeriert an dieser Stelle hingegen, dass insbesondere trans Frauen eine potentielle Gefahrenquelle für andere Frauen darstellten, indem sie das Gesetz zum missbräuchlichen Eindringen in für sie nicht vorgesehene Räume nutzen würden. Dafür gibt es keine empirischen Belege. Im Gegenteil sind, wie einführend dargestellt, gerade trans und nicht-binäre Personen von Gewalt und Belästigung betroffen.

Beim Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen wird bislang nicht an das personenstandsrechtliche Geschlecht angeknüpft. Diese Klarstellung bedeutet allerdings nicht, dass stattdessen eine Zuschreibung oder gar Kontrolle körperlicher Merkmale stattfinden darf. Das Bundesverfassungsgericht hat die Anerkennung des Geschlechts einer Person bereits 2011 von der Erfüllung körperlicher Normen entkoppelt.[42]Eine solche Verbindung darf nun nicht wieder eingeführt werden. Zudem ist wichtig anzumerken, dass bestimmte körperliche Merkmale nicht mit Gewalt- oder Belästigungsbereitschaft gleichgesetzt werden können. Den Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen von stereotyp weiblichem Aussehen oder Verhalten abhängig zu machen, forciert Geschlechterstereotype und kann für eine Vielzahl von Personen zu Ausschluss und Benachteiligung führen. Das Antidiskriminierungsrecht schützt gerade vor solchen Zuschreibungen und geschlechtlichen Erwartungen.[43] Dass trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen in besonderem Maße von Gewalt betroffen sind, muss auch antidiskriminierungsrechtlich angemessen berücksichtigt werden.

Der djb fordert, den antidiskriminierungsrechtlichen Schutz für trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen umfassend sicherzustellen und verweist in diesem Zusammenhang auf die Reformbedürftigkeit des AGG.

Zu Absatz 4: Die Formulierung im Gesetzestext ist missverständlich. Erst in der Begründung wird deutlich, dass mit der Norm klargestellt werden soll, dass alle „notwendigen” Maßnahmen im Sinne von § 27 SGB V unabhängig vom personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag von den Krankenkassen übernommen werden sollen.[44] Das betrifft etwa Behandlungen zur Prostata- oder Brustkrebsvorsorge. Keinesfalls darf gestützt auf Absatz 4 Personen der Zugang zu transitionsspezifischen Maßnahmen (z.B. Zugang zu Hormontherapie oder geschlechtsangleichenden Operationen) erschwert werden. Auch hier wirkt die vermeintliche „Klarstellung” als Verunsicherung.

5. Zu § 7 SBGG-E – „Quotenregelungen“

Der djb begrüßt die in § 7 Abs. 1 und 2 SBGG-E getroffenen Regelungen, die Rechtssicherheit bei der Besetzung von Gremien oder Organen schaffen. Dass bei der Besetzung von Gremien und Organen auf den korrigierten Geschlechtseintrag abgestellt wird, ist verfassungsrechtlich aufgrund des Rechts auf staatliche Anerkennung der Geschlechtsidentität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) geboten.

Der djb kritisiert jedoch, dass durch die ausschließliche Bezugnahme auf „Mitglieder […] weiblichen und männlichen Geschlechts“ in § 7 Abs. 1 SBGG-E die Zweigeschlechtlichkeit entgegen der „Dritte Option“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weiter im Recht perpetuiert wird. Aufgrund des Verbots der Benachteiligung wegen des Geschlechts nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG dürfen Quotenregelungen nicht-binäre Menschen nicht ignorieren.

Der djb regt daher an, das Gleichstellungsrecht im Hinblick auf die Berücksichtigung nicht-binärer Personen zu überarbeiten.

6. Zu § 10 SBGG-E – „Änderungen von Registern und Dokumenten“

Der djb begrüßt die Einführung eines ausdrücklichen Anspruchs auf Änderung der Einträge in anderen amtlichen Registern und nichtamtlichen Dokumenten in § 10 SBGG-E, der Rechtssicherheit für Personen schafft, die ihren Geschlechtseintrag oder ihre Vornamen geändert haben. Aufgrund der anfangs geschilderten hohen menschenrechtlichen Relevanz und des in § 1 Abs. 1 Nr. 1 SBGG-E erklärten Ziels, die Selbstbestimmung der betroffenen Personen zu stärken, weist der djb darauf hin, dass die in § 10 Abs. 1 SBGG-E enthaltene negative Voraussetzung „wenn dem keine besonderen Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen“ eng auszulegen ist. Dies bedeutet insbesondere, dass zur Identifizierung vorrangig auf andere Merkmale, etwa auf die Steuernummer oder das Geburtsdatum, abzustellen ist.[45]

7. Zu § 11 SBGG-E und zur Personenstandsverordnung – „Eltern-Kind-Verhältnis“

Im Abstammungsrecht besteht seit Jahren ein gravierender Reformstau: Weder die Aufhebung des Sterilisationszwangs für trans Personen im Jahr 2011,[46] die Einführung der Möglichkeit, den personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag offen zu lassen im Jahr 2013[47] oder die Ergänzung um die Option „divers” 2018,[48] noch die Öffnung der Ehe 2017[49] wurden bisher adäquat berücksichtigt. Der djb fordert daher seit Langem eine umfassende und diskriminierungsfreie Reform und hat dazu gemeinsam mit anderen Verbänden einen konkreten Vorschlag vorgelegt.[50] § 11 SBGG-E verkompliziert hingegen die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung und richtet sie insbesondere zum Nachteil der fürsorgebedürftigen Kinder an biologistischen und essentialistischen Zuschreibungen aus.[51] Eine Interimslösung für die Eltern-Kind-Zuordnung bis zu einer umfänglichen Reform sollte stattdessen durch eine Änderung der Personenstandsverordnung geschaffen werden.

a) Zu § 11 SBGG-E – „Eltern-Kind-Verhältnis“

§ 11 SBGG-E differenziert zwischen der rechtlichen Zuordnung gemäß § 1591 BGB und § 1592 Nr. 3 BGB einerseits und der Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 1 und Nr. 2 BGB andererseits. Während der personenstandsrechtliche Geschlechtseintrag für die erste Elternstelle („Mutter“) irrelevant sein soll, wird der Personenstand „männlich“ zum wesentlichen Anknüpfungspunkt für die zweite Elternstelle („Vater“).

Damit bleibt es auf der ersten Elternstelle dabei: Wer gebiert, wird als „Mutter“ in das Geburtenregister eingetragen, unabhängig vom Geschlechtseintrag.

Elternteil nach § 1592 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB („Vater“) kann hingegen nur eine Person mit männlichem Geschlechtseintrag zum Zeitpunkt der Geburt werden. Für trans Männer ist dies bereits aktuell in tatsächlicher Hinsicht oft möglich, jedenfalls durch die Abschaffung von § 11 TSG mit dem Selbstbestimmungsgesetz in Zukunft auch rechtssicher. Trans Männer, die mit der Mutter des Kindes verheiratet sind oder das Kind anerkennen, erfüllen dann alle abstammungsrechtlichen Voraussetzungen. Eine darüberhinausgehende Regelung in § 11 SBGG-E braucht es dafür nicht. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass in diesem Zusammenhang die Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Wirksamkeit der Änderung des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags – gemäß § 4 Abs. 1 SBGG-E erst drei Monate nach der Erklärung – problematisch ist. Wann genau die Änderung wirksam wird, kann von äußeren Faktoren wie der Auslastung der Standesämter abhängen. Davon im Ergebnis die Absicherung des Kindes durch einen zweiten Elternteil abhängig zu machen, erscheint aus Kindeswohlperspektive kritikwürdig.

Wer keinen „männlichen“ Personenstand hat, ist für die zweite Elternstelle allein auf die gerichtliche Feststellung der „Vaterschaft“ gemäß § 1592 Nr. 3 BGB verwiesen. Das entspricht für Personen mit dem Eintrag „divers“ oder ohne Geschlechtseintrag der bereits in § 42 Abs. 2 Satz 3 PStV existierenden Regelung. Diese wurde als biologistische Reaktion – nicht-binäre Personen müssen anders als cis Männer „beweisen“, dass sie auch wirklich an der Zeugung des Kindes beteiligt waren – auf die Einführung der personenstandsrechtlichen Option „divers“ 2018 eingeführt. Diese diskriminierende Übergangsregelung in Form einer Verordnung nun mit Gesetzesrang zu legitimieren, lehnt der djb ab. Trans Frauen konnten dagegen bislang nach den Vorschriften des TSG und des Abstammungsrechts materiell (zumindest) die Vaterschaft für ihr Kind qua Ehe oder Anerkennung erlangen.

Nach dem Selbstbestimmungsgesetz soll somit der einzige Weg zur rechtlichen Elternschaft für queere Familien, in denen der zweite Elternteil nicht „männlich“ ist, der Nachweis der genetischen „Vaterschaft“ sein. Dies biologisiert das Abstammungsrecht auf eine bisher nicht gekannte Art und Weise und greift damit einer Reform voraus: Während es für den „Mann“ gemäß § 1592 Nr. 1 und Nr. 2 BGB bisher tatsächlich und nach dem Entwurf nun auch explizit auf eine genetische Verbindung zum Kind nicht ankommen soll, ist die Genetik für nicht-männliche Personen der einzige Weg zur Elternschaft. Damit wird – so scheint es in der Begründung des Entwurfs – dem Interesse am heteronormativen Familienbild aus Mutter, Vater und Kind Vorrang vor dem tatsächlichen Bedürfnis des Kindes nach rechtlicher Absicherung gegeben.

§ 11 SBGG-E vergeschlechtlicht das Abstammungsrecht darüber hinaus sogar neu. So wird die Feststellung gemäß § 1592 Nr. 3 BGB in der Begründung des Entwurfs nicht nur als Nachweis einer genetischen Verbindung zwischen Elternteil und Kind verstanden, sondern soll laut Gesetzesbegründung die Zeugung durch „männliche Gameten“[52]feststellen. Die genetische Mutter soll gerade nicht als „Vater“ festgestellt werden dürfen.[53]Wie im gerichtlichen Beweisverfahren festgestellt werden soll, ob die genetische Verbindung aus der Ei- oder Samenzelle des Elternteils resultiert, lässt der Entwurf offen. Eine solche Differenzierung würde jedenfalls eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts gemäß Art. 3 Abs. 3 GG darstellen, deren Rechtfertigung der Entwurf schuldig bleibt.

§ 11 SBGG-E schafft somit keine Verbesserung für gebärende Elternteile und Elternteile mit männlichem Geschlechtseintrag auf der zweiten Elternstelle. Stattdessen führt die Norm neue Diskriminierungen von trans Müttern ein und verleiht der Diskriminierung von intergeschlechtlichen und nicht-binären Eltern Gesetzesrang. Die zweite Elternstelle wird rechtlich und rhetorisch vermännlicht,[54] was vor dem Hintergrund einer dringlich anstehenden Reform des Abstammungsrechts zur Beseitigung der Diskriminierung queerer und dabei auch lesbischer Eltern und ihrer Kinder aus Sicht des djb vollständig abzulehnen ist.

Die Zuordnung der rechtlichen Elternschaft erfolgt im geltenden Abstammungsrecht bereits jetzt anhand von einfach feststellbaren Kriterien (Geburt, Ehe, Anerkennungserklärung). Diese sind nicht zwingend an ein bestimmtes Geschlecht gebunden. Auch wenn eine umfassende Reform des Abstammungsrechts noch aussteht, ist eine grundrechtskonforme Auslegung der bestehenden Regelungen zur Absicherung queerer Familien möglich. Damit bestehen auch für trans und nicht-binäre Personen Anknüpfungspunkte für die Zuordnung der Elternschaft.

Der djb fordert daher, § 11 SBGG-E ersatzlos zu streichen.

b) Zur Ergänzung der Personenstandsverordnung

Daneben stellt sich allerdings die Frage, wie die materiell zugeordneten Elternteile in Geburtenregister und Geburtsurkunde zu bezeichnen sind, was primär in der Personenstandsverordnung geregelt ist.

Nach Art. 14 SBGG-E tritt das TSG mit Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes außer Kraft. Damit entfallen § 11 und § 5 Abs. 3 TSG, die derzeit vorschreiben, dass ein trans Elternteil mit „altem“ Vornamen und Geschlecht in Geburtenregister und Geburtsurkunde des Kindes einzutragen ist.[55] Der Referentenentwurf sieht nun eine Ergänzung der Personenstandsverordnung um einen Absatz 2a vor, der die Option schafft, auf Antrag statt mit der Bezeichnung „Mutter“ oder „Vater“ als „Elternteil“ in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen zu werden.[56] Dazu muss der entsprechende Elternteil den Geschlechtseintrag korrigiert haben oder weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet sein. Auch für den anderen Elternteil soll in diesen Fällen der Eintrag als „Elternteil“ möglich sein. Dies stellt zwar in gewisser Weise eine Erleichterung im Vergleich zur geltenden Rechtslage dar: Da die Geburtsurkunde das wesentliche Beweismittel im Rechtsverkehr ist, kann durch die Bezeichnung als „Elternteil“ mitunter vermieden werden, dass ein Elternteil die eigene Transgeschlechtlichkeit offenlegen muss.

Allerdings stellt bereits die zwingende Eintragung als „Mutter“ oder „Vater“ in das Geburtenregister einen Eingriff in die geschlechtliche Selbstbestimmung und das Recht auf staatliche Anerkennung der Geschlechtsidentität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) dar. Eine Auseinandersetzung mit dieser grundrechtlichen Dimension und erst recht eine Rechtfertigung für den Eingriff bleibt der Entwurf schuldig. Ebenso wie für den Geschlechtseintrag gilt auch für die personenstandsrechtliche Elternbezeichnung im Geburtenregister: Wenn der Staat eine vergeschlechtlichte Zuordnung vornimmt, muss diese so selbstbestimmt wie möglich und korrigierbar gestaltet sein.

Bis zu einer Reform des Abstammungsrechts muss es somit für trans und nicht-binäre Eltern zumindest möglich sein, auf Antrag nicht nur die Bezeichnung „Elternteil“, sondern auch „Mutter“ oder „Vater“ in die Geburtsurkunde des Kindes eintragen zu lassen. Bisher ist die Bezeichnung als „Elternteil“ in der Geburtsurkunde nur für Adoptiveltern üblich und markiert queere „Ursprungseltern” damit als „andere“. Ein gebärender trans Mann sollte etwa die Möglichkeit haben, als Vater in der Geburtsurkunde seines Kindes eingetragen zu werden.

Der djb fordert, Absatz 2a der PStV um die Option zu ergänzen, in der Geburtsurkunde die Elternbezeichnung – Mutter, Vater oder Elternteil – selbst wählen zu können.

Die Kombination der beiden Forderungen – Wegfall von § 11 und 5 Abs. 3 TSG sowie Erweiterung der PStV um die Möglichkeit, die Elternbezeichnung frei zu wählen – ist geeignet, eine angemessene Interimslösung für trans und nicht-binäre Eltern bis zu einer umfassenden Reform des Abstammungsrechts[57] zu schaffen.

8. Zu § 12 SBGG-E – „Geschlechtsneutrale Regelungen“

Der djb begrüßt grundsätzlich die in § 12 SBGG-E vorgesehene Regelung, die insbesondere für nicht-binäre Personen Rechtssicherheit schafft. Gleichzeitig weist der djb darauf hin, dass gesetzliche Regelungen, die sich durch die alleinige Bezugnahme auf Frauen und Männer – der Entwurf nennt als Beispiel „Beamtinnen und Beamte“ – perspektivisch aufgrund des Verbots der Benachteiligung wegen des Geschlechts und in Folge des „Dritte Option“-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts[58] durch Formulierungen ersetzt werden müssen, die alle Menschen einschließen.

Der djb regt daher an, bei der aktuell laufenden Neufassung des Handbuchs für Rechtsförmlichkeit zu berücksichtigen, dass Gesetzestexte in inklusiver Sprache verfasst werden sollten.

9.  Zu § 13 und 14 SBGG-E – „Offenbarungsverbot“ und „Bußgeldvorschriften“

Der djb begrüßt grundsätzlich die in §§ 13, 14 SBGG-E vorgesehene Aufnahme eines bußgeldbewehrten Offenbarungsverbots, das im Vergleich zum bisher in § 5 TSG enthaltenen Offenbarungsverbot nicht nur staatliche Stellen, sondern auch natürliche Personen adressiert. Allerdings führt die konkrete Ausgestaltung im Entwurf dazu, dass in praktischer Hinsicht kaum Anwendungsfälle verbleiben. „Offenbart” werden kann laut dem Wortlaut nur, was einer dritten Person nicht bereits bekannt ist. Zudem gibt es weite Ausnahmen beim Vorliegen eines öffentlichen oder rechtlichen Interesses gemäß § 13 Abs. 1 SBGG-E, Ausnahmen für Familienangehörige in § 13 Abs. 2 SBGG-E sowie das Erfordernis einer neben die Offenbarung tretenden „absichtlichen Schädigung“ gemäß § 14 Abs. Abs. 1 SBGG-E. Bußgeldbewehrt ist damit nur noch der Fall, dass eine familienfremde Person mit Schädigungsabsicht Dritten gegenüber, die nicht davon wissen, die Transgeschlechtlichkeit offenbart und die betreffende Person infolge dessen nachweisbar Schäden erleidet.

Zu § 13 Absatz 1: § 13 Abs. 1 SBGG-E sieht Ausnahmen vom Ausforschungs- und Offenbarungsverbot beim Vorliegen „besonderer Gründe des öffentlichen Interesses“ oder der Glaubhaftmachung eines „rechtlichen Interesses“ vor. Als Beispiele für ein „besonderes öffentliches Interesse“ werden in der Gesetzesbegründung die Führung der Melderegister und die Meldung eines Versicherungsfalles an die Rentenversicherung, für ein „rechtliches Interesse“ die Geltendmachung von zivilrechtlichen Schadensersatz- oder Unterhaltsansprüchen genannt.[59] An dieser Stelle weist der djb darauf hin, dass zu prüfen ist, ob eine Identifikation mit dem abgelegten Vornamen unerlässlich ist, oder ob nicht andere Marker wie die Steuer- oder Rentenversicherungsnummer genügen. Die Aufnahme des Merkmals „Geschlecht“ ist zur Identifikation einer Person an vielen Stellen gänzlich ungeeignet. Auch das Berichterstattungsinteresse der Presse soll laut Gesetzesbegründung explizit vom Begriff des „öffentlichen Interesses“ umfasst sein.[60] Zwar mahnt die Begründung hier eine Einzelfallabwägung und den besonders weitgehenden Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts an. Dennoch wird das Ausforschen und Offenbaren der Transgeschlechtlichkeit einer Person durch die Presse auf diese Weise nicht grundsätzlich abgelehnt. Welches Interesse im Rahmen der Presse- oder auch der in der Gesetzesbegründung genannten allgemeinen Meinungsfreiheit geeignet ist, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betreffenden Person zu überwiegen, ist nicht ersichtlich.

Der djb unterstreicht die auch in der Gesetzesbegründung selbst vorgesehene enge Auslegung des Begriffs des „öffentlichen Interesses“.

Zu § 13 Absatz 2: Problematisch ist weiterhin die sehr weite Ausnahme vom Offenbarungsverbot für Familienangehörige in § 13 Abs. 2 SBGG-E. Auch an dieser Stelle ist die eingenommene Perspektive entscheidend: Dass enge Familienangehörige weiterhin den abgelegten Vornamen und das ehemalige Geschlecht einer Person angeben und offenbaren dürfen sollen, impliziert, dass ihr „Recht auf Offenbarung“ das Recht auf Privatsphäre der trans Person überwiegt.[61] Insbesondere Familienangehörige haben im Zweifel Kenntnis von der Transition und dem abgelegten Vornamen, so dass gerade hier ein erhöhtes Schutzbedürfnis besteht. Die Familienangehörigkeit ist indes kein Umstand, der pauschal geeignet wäre, ein berechtigtes Interesse an der Offenbarung zu begründen, zumal eines, dass das Interesse der betroffenen Person an der Nichtoffenbarung überwiegen könnte. Das wäre aber für ein „Recht auf Offenbarung“ erforderlich.

Der djb mahnt, dass jedenfalls die im Entwurf vorgesehene weite Ausnahme für Familienangehörige vom Offenbarungsverbot unverhältnismäßig erscheint.

Zu § 14: Nach § 14 Abs. 1 handelt nur ordnungswidrig, wer die betroffene Person „absichtlich schädigt“. Zusätzlich zur Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung infolge der ungewollten Offenbarung muss laut Gesetzesbegründung eine „Verletzung materieller oder immaterieller Interessen, auf die es dem Täter ankam“[62] eintreten. Explizit nicht vom Offenbarungsverbot erfasst wäre hingegen ein erzwungenes Outing, das nicht zu beruflichen Nachteilen, sondern „sogar zu Solidarität“ führt.[63] Diese Tatbestandsvoraussetzung verschiebt die Verantwortung für den Schaden von der handelnden Person auf Dritte und macht den Schadenseintritt vom Zufall abhängig. Das Erfordernis der Absicht, der jeweiligen Person einen über die Offenbarung hinausgehenden selbstständigen Nachteil zufügen zu wollen, soll weiterhin dazu führen, dass „neutrale oder gar zustimmende Äußerungen“ über den geänderten Geschlechtseintrag und Vornamen nicht vom Offenbarungsverbot erfasst sind.[64] Auch an dieser Stelle steht nicht die Perspektive von trans Personen und die Auswirkungen der erzwungenen Offenbarung im Fokus. Die Schädigungsabsicht ist ohnehin schwer zu beweisen; die Gesetzesbegründung lädt zu einer Umdeutung geradezu ein.

Diese enge Fassung des Ordnungswidrigkeitstatbestands trägt den Rechtsverletzungen, die bereits der bloßen ungewollten Offenbarung innewohnen, nicht hinreichend Rechnung. Für entsprechende Verletzungen kommt es weder maßgeblich darauf an, ob ein über die Offenbarung hinausgehender materieller oder immaterieller Schaden eingetreten ist, noch darauf, ob die offenbarende Person sich von einer entsprechenden Absicht hat leiten lassen. Das Erfordernis eines tatsächlich eingetretenen Schadens würde in vielen Fällen im Übrigen in unzulässiger Weise eine Sanktionierung von der Resilienz der betroffenen Personen abhängig machen. Daher ist grundsätzlich bereits die (bedingt) vorsätzliche Offenbarung ohne Zustimmung der betroffenen Person ein hinreichender Anlass für die Verhängung eines Bußgeldes.

Der djb fordert, als Anknüpfungspunkt für die Sanktion allein die Verletzung des Offenbarungsverbots an sich zu werten und jede vorsätzliche Begehung mit einem Bußgeld zu ahnden.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass § 13 Abs. 1 SBGG-E die praktisch am häufigsten vorkommenden Fälle der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts überhaupt nicht erfasst: sogenanntes „Deadnaming“, also die Bezeichnung mit dem abgelegten Vornamen sowie „Misgendering“, die Anrede mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht bzw. die Verwendung unpassender Pronomen. Nicht nur eine ungewollte Offenbarung der Transgeschlechtlichkeit, sondern auch die wiederholte falsche Anrede stellt eine (Rechts-)Verletzung dar. Laut Gesetzesbegründung soll das Offenbarungsverbot trans und nicht-binären Personen einen „Neustart“ in einer neuen sozialen Umgebung ermöglichen, „aber andererseits [wird] ein Austausch über die Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen unter Personen, denen die Tatsachen ohnehin bereits bekannt sind, nicht verhindert“.[65] Der Schutz vor geschlechtlicher Diskriminierung besteht jedoch nicht nur in einer neuen sozialen Umgebung, wenn diese (noch) nicht von der Transgeschlechtlichkeit der Person weiß, sondern ist gerade auch im vertrauten Arbeits- oder Familienumfeld wichtig.

Der djb mahnt an dieser Stelle, die Sanktionierung von „Deadnaming“ und „Misgendering“ sicherzustellen.

10.  Zu Art. 7a EGBGB-E – „Geschlechtszugehörigkeit“

Der djb begrüßt schließlich auch die Öffnung des Selbstbestimmungsgesetzes für Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit und die Einführung einer Rechtswahlmöglichkeit in Art. 7a Abs. 2 EGBGB-E als erhebliche menschenrechtliche Verbesserung.

 IV. Weitere Regelungsbedarfe

Abschließend möchte der djb weitere Regelungsbedarfe anmahnen, die – teilweise trotz Ankündigung im Koalitionsvertrag und in dem im Juni 2022 vorgestellten Eckpunktepapier – bisher nicht aufgegriffen wurden.

1. Zum Entschädigungsfonds

Der djb kritisiert nachdrücklich, dass der Referentenentwurf entgegen den Ankündigungen im Koalitionsvertrag[66] und im Eckpunktepapier[67] keine Anerkennungsleistungen für trans und intergeschlechtliche Personen vorsieht, die aufgrund der früheren Gesetzeslage von Körperverletzungen und Zwangsscheidungen betroffen waren. Das TSG-Verfahren setzte in seiner ursprünglichen Fassung voraus, dass sich trans Personen einem geschlechtsangleichenden operativen Eingriff unterziehen mussten, dass sie fortpflanzungsunfähig waren und sich – falls sie verheiratet waren – scheiden ließen. Das Verfahren forderte also, dass sich trans Personen zwischen ihrer körperlichen Unversehrtheit und ihrer Ehe auf der einen Seite und ihrem Recht auf staatliche Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität auf der anderen Seite entscheiden mussten. Den durch diesen Konflikt entstehenden schweren Grund- und Menschenrechtsverletzungen hat das Bundesverfassungsgericht 2008 bzw. 2011 ein Ende gesetzt.[68] Auch die in nicht allzu ferner Vergangenheit sehr üblichen geschlechtszuweisenden Operationen an intergeschlechtlichen Kindern mit dem Ziel, sie geschlechtlich „eindeutig“ zu machen, stellen schwere Menschenrechtsverletzungen dar. Sie sind daher seit 2021 in Deutschland verboten.[69]

Auch wenn die persönlichen Auswirkungen des damals geltenden deutschen Rechts und der gängigen medizinischen Praxis durch finanzielle Entschädigungen nicht vollständig kompensiert werden können, war der angekündigte Entschädigungsfond doch ein begrüßenswerter Ansatzpunkt für eine Anerkennung des bei den Betroffenen verursachten Leids. Dass dies nicht in den Entwurf übernommen wurde, ist nicht nachzuvollziehen.

Der djb regt daher an, dass das im Koalitionsvertrag und im Eckpunktepapier angekündigte Vorhaben eines niedrigschwellig auszugestaltenden Entschädigungsfonds zügig vorangetrieben wird.

2. Zur Finanzierung der Beratungsangebote

Der djb begrüßt, dass der Entwurf wie auch bereits das Eckpunktepapier[70] ankündigt, Beratungsangebote insbesondere für minderjährige Personen auszubauen und zu stärken,[71] und drängt auf eine rasche Umsetzung. Insbesondere muss auch eine entsprechende dauerhafte Finanzierung zugesichert werden. 

Der djb fordert daher, die angekündigte Stärkung der Beratungsstrukturen rasch umzusetzen und eine hinreichende Finanzierung sicherzustellen.

3. Zur Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherungen

Darüber hinaus muss auch die im Koalitionsvertrag angekündigte[72] vollständige Übernahme der Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen durch die gesetzlichen Krankenkassen gesetzlich festgeschrieben werden. Für viele trans Personen ist die individuelle Auseinandersetzung mit ihrer Krankenkasse ressourcenintensiv, belastend und oft von großen Unsicherheiten geprägt. Unabhängig von der Reform des Personenstandsrechts durch das Selbstbestimmungsgesetz besteht hier weiterer Handlungsbedarf.

Der djb spricht sich für die Einführung eines gesetzlichen Anspruchs auf Kostenübernahme für geschlechtsangleichende Behandlungen durch die gesetzlichen Krankenkassen aus.

4. Zur Ausweitung des antidiskriminierungsrechtlichen Schutzes

Trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen sind in besonderem Maße von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen und werden in ihren gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten eingeschränkt.

Der djb fordert, den antidiskriminierungsrechtlichen Schutz für trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen umfassend sicherzustellen.

5. Zum Eltern-Kind-Verhältnis

Dringender Handlungsbedarf besteht darüber hinaus wie bereits geschildert[73] auch für die Regelung des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses. Hierzu verweist der djb insbesondere auf die kürzlich veröffentlichten Leitplanken zur Reform des Abstammungsrechts[74] und auf die Stellungnahme zu den Reformplänen im Familienrecht vom 17.06.2022.[75]

Der djb fordert die Gesetzgebung erneut auf, hier endlich tätig zu werden.

V. Zusammenfassung

Nach der langen Ausarbeitungs- und Verhandlungszeit bis zur Veröffentlichung des Referentenentwurfs drängt der djb nun auf eine zügige Umsetzung der angekündigten Reform.

Bei der weiteren Gesetzgebung sollten insbesondere die folgenden Punkte Beachtung finden: 

  • Die Erklärung vor dem Standesamt sollte entgegen § 3 Abs. 1 SBGG-E bereits ab 14 Jahren selbstbestimmt abgegeben werden können. Für unter 14-Jährige sollte entgegen § 3 Abs. 2 SBGG-E auf die individuelle Einsichtsfähigkeit abgestellt werden.
  • Die in § 4 SBGG-E vorgesehene Wartefrist ist zu streichen.
  • Die überflüssigen Ausführungen in § 6 Abs. 2 bis 4 SBGG-E sind zu streichen.
  • § 11 SBGG-E zum Eltern-Kind-Verhältnis ist zu streichen. § 42 Abs. 2a PStV-E (Art. 4 SBGG-E) ist um die Option zu ergänzen, in der Geburtsurkunde die Elternbezeichnung – Mutter, Vater oder Elternteil – selbst wählen zu dürfen. Gleichzeitig ist die Reform des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses zügig voranzutreiben.
  • Die Ausnahmen vom Offenbarungsverbot gemäß § 13 SBGG-E beim Vorliegen eines „öffentlichen“ oder „rechtlichen“ Interesses sind eng auszulegen. Die weite Ausnahme für Familienangehörige ist zu revidieren. Als Schaden im Sinne von § 14 Abs. 1 SBGG-E sollte bereits die Verletzung des Offenbarungsverbots gelten. Darüber hinaus ist die strafrechtliche Sanktionierung von „Deadnaming“ und „Misgendering“ sicherzustellen.

 

 

Prof. Dr. Maria Wersig
Präsidentin des djb

 

Dr. Anna Lena Göttsche
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften

 

 


[1] BVerfG, Beschluss vom 11.10.1978 – 1 BvR 16/72, BVerfGE 49, 286.

[2] BVerfG, Beschluss vom 11.10.1978 – 1 BvR 16/72, BVerfGE 49, 286; zuletzt BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, BVerfGE 147, 1; dazu ausführlich Valentiner, in: Januszkiewicz/Post/Riegel/Scheideler/Treutlein (Hrsg.), Geschlechterfragen im Recht, 2021, 129, 143.

[3] BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 – 1 BvL 3/03, BVerfGE 115, 1, 15; BVerfG, Beschluss vom 18.07.2006 – 1 BvL 1/04, 1 BvL 12/04, BVerfGE 116, 243, 264; BVerfG, Beschluss vom 27.05.2008 – 1 BvL 10/05, BVerfGE 121, 175, 190; BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, BVerfGE 128, 109, 124.

[4] BVerfG, Beschluss vom 11.10.1978 – 1 BvR 16/72, BVerfGE 49, 286, 298; BVerfG, Beschluss vom 16.03.1982 – 1 BvR 938/81, BVerfGE 60, 123, 134 f.; BVerfG, Beschluss vom 15.08.1996 – 2 BvR 1833/95, NJW 1997, 1632; BVerfG, Beschluss vom 18.07.2006 – 1 BvL 1/04, 1 BvL 12/04, BVerfGE 116, 243, 364; BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, BVerfGE 147, 1, 22.

[5] BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, BVerfGE 128, 109, 126 ff.; BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, BVerfGE 147, 1, 30.

[6] Insgesamt hat das Bundesverfassungsgericht bisher zehn Entscheidungen zu den Rechten von trans Personen getroffen. Als Voraussetzungen im TSG-Verfahren für verfassungswidrig erklärt wurden insbesondere Altersgrenzen, die strikte Beschränkung auf deutsche Staatsangehörige, die Ehelosigkeit, die dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit sowie das Erfordernis der Vornahme eines die äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriffs.

[7] BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, BVerfGE 147, 1, 25, 30.

[8] Dazu ausführlich Adamietz/Bager, Gutachten: Regelungs- und Reformbedarfe für transgeschlechtliche Menschen, 2016, 11 f.; Roßbach, in: Berghahn/Schultz, Rechtshandbuch Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, 85. Lieferung 2023, 2/2.2, S. 17 ff.

[9] Rundschreiben des BMI vom 10.04.2019, StAZ 2019, 151.

[10] BGH, Beschluss vom 22.04.2020 – XII ZB 383/19, BGHZ 225, 166.

[11] Rechtswissenschaftlich ist dies umstritten. Dazu etwa Mangold/Markwald/Röhner, zfmr 2020, 1.

[12] BGH, Beschluss vom 22.04.2020 – XII ZB 383/19, BGHZ 225, 166. Zum Ganzen ausführlich etwa auch Mangold, ZRP 2022, 180; Roßbach, in: Berghahn/Schultz, Rechtshandbuch Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, 85. Lieferung 2023, 2/2.2, S. 15 ff.

[13] So die Forderung der Yogyakarta-Prinzipien plus 10 – Zusätzliche Prinzipien und staatliche Verpflichtungen zur Anwendung internationaler Menschenrechte in Bezug auf sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale in Ergänzung der Yogyakarta-Prinzipien vom 10.11.2017, deutsche Übersetzung in der Schriftenreihe der Hirschfeld-Eddy-Stiftung – Band 4, 2020, 17, Prinzip 31.A.

[14] So der Vorschlag des Gutachtens des Deutschen Instituts für Menschenrechte Althoff/Schabram/Follmar-Otto, Gutachten: Geschlechtervielfalt im Recht, 2017, Teil 2, S. 65 ff.

[15] Im Einzelnen ausführlich Adamietz/Bager, Gutachten: Regelungs- und Reformbedarfe für transgeschlechtliche Menschen, 2016, S. 86 ff.

[16]Adamietz, Geschlecht als Erwartung, 2011.

[17] Dazu etwa die Studie European Union Agency for Fundamental Rights, EU-LGBTI II: A long way to go for LGBTI equality, 2020, 40 ff. Das Trans Murder Monitoring 2022 zählt 327 Tötungsdelikte an trans und gender-diversen Personen, abrufbar unter https://transrespect.org/en/tmm-update-tdor-2022/ (letzter Abruf: 30.05.2023). Für Deutschland ist etwa die Tötung des trans Mannes Malte am Rande des CSD 2022 in Münster zu nennen.

[18] Dazu die Stellungnahme unter III. 4.

[19] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 43 ff.

[20] Dazu insbesondere BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, BVerfGE 128, 109, 124.

[21] Bisher war dies nur im Verfahren nach § 45b Abs. 1 PStG, nicht aber im TSG-Verfahren (analog) möglich.

[22] Ausführlich Kieck, Der Schutz individueller Identität als verfassungsrechtliche Aufgabe, S. 69 ff.; Berkl, Handbuch Personenstandsrecht, 2015, Rn. 14.

[23] BT-Drucks. 16/1831, S. 51; dazu Hepting/Dutta, Handbuch Familie und Personenstand, 4. Aufl. 2022, Rn. I-10; Berkl, Handbuch Personenstandsrecht, 2015, Rn. 18.

[24] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 35.

[25] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 35.

[26] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 35.

[27] Dazu Heiderhoff, in: von Münch/Kunig Grundgesetz, 7. Aufl. 2021, Art. 6 GG Rn. 102.

[28] BVerfG, Urteil vom 09.02.1982 – 1 BvR 845/79, BVerfGE 59, 360, 382.

[29] BVerfG, Urteil vom 09.02.1982 – 1 BvR 845/79, BVerfGE 59, 360, 382; dazu Brosius-Gersdorf, in: Dreier Grundgesetz, 3. Aufl. 2013, Art. 6 GG Rn. 162.

[30] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 35.

[31] Zu denken ist insbesondere an gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern nach § 1628 BGB, wenn also bei gemeinsamer elterlicher Sorge nur ein Elternteil der Erklärung vor dem Standesamt zustimmt.

[32] Dazu auch unten IV. 2.

[33] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 40.

[34] So ausdrücklich auch die Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, vgl. für Absatz 2 S. 43, für Absatz 3 und 4 S. 46.

[35] Zur Kritik an der bisherigen Rechtslage bei der Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherer und im Antidiskriminierungsrecht unten IV. 3. und 4.

[36]BMJ, Zur Gestaltung und Prüfung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen, Stand: Januar 2023, abrufbar unter https://www.bmj.de/DE/Themen/RechtssetzungBuerokratieabbau/HDR/Einstieg_Gestaltung_Gesetze.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (letzter Abruf: 30.05.2023).

[37]BMJ, Zur Gestaltung und Prüfung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen, Stand: Januar 2023, abrufbar unter https://www.bmj.de/DE/Themen/RechtssetzungBuerokratieabbau/HDR/Einstieg_Gestaltung_Gesetze.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (letzter Abruf: 30.05.2023), S. 3.

[38] Einen Überblick über US-amerikanische Gesetze und Gesetzgebungsvorhaben, die die Rechte von trans Personen einschränken, gibt die Seite https://translegislation.com/ (letzter Abruf: 30.05.2023).

[39] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 43.

[40] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 43.

[41] Laut Polizeilicher Kriminalstatistik von 2022 sind 98,69 % der Tatverdächtigen von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Übergriffen, 87,85 % von Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen sowie 82,31 % der Tatverdächtigen von gefährlicher und schwerer Körperverletzung männlich, Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik 2022. 2021 waren 80,3 % der Opfer von Partnerschaftsgewalt weiblich, 113 Frauen wurden von ihren Partnern getötet, Bundeskriminalamt, Partnerschaftsgewalt. Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2021.

[42] BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, BVerfGE 128, 109.

[43] Adamietz, Geschlecht als Erwartung, 2011.

[44] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 46.

[45] Dazu auch die Stellungnahme zu §§ 13 und 14 SBGG-E weiter unten.

[46] BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, BVerfGE 128, 109, 126 ff.

[47] Gesetz zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften vom 07.05.2013, BGBl I, S. 1122.

[48] Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18.12.2018, BGBl I, S. 2635.

[49] Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.07.2017, BGBl I, S. 2787.

[50] Leitplanken für eine Reform des Abstammungsrechts, djb-Stellungnahme vom 05.05.2023, abrufbar unter https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st23-12 (letzter Abruf: 30.05.2023).

[51] Zum Ganzen ausführlich auch Chebout, Es steht ein Pferd auf dem Flur, Verfassungsblog am 23.05.2023, abrufbar unter https://verfassungsblog.de/pferd-auf-dem-flur/ (letzter Abruf: 30.05.2023).

[52] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 53.

[53] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 53.

[54] „Auch wird stets die Person gemäß § 1592 Nummer 3 BGB Vater, mit deren Samen das Kind gezeugt wird; hier ist ebenfalls die biologische Abstammung vom Vater – also der tatsächlich wirksam gewordene männliche Zeugungsbeitrag – entscheidend.”, Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 53, Hervorhebung djb.

[55] Instruktiv zu den abstammungsrechtlichen Regelungen des SBGG-E: Chebout, Es steht ein Pferd auf dem Flur, Verfassungsblog am 23.05.2023, abrufbar unter https://verfassungsblog.de/pferd-auf-dem-flur/ (letzter Abruf: 30.05.2023).

[56] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 13.

[57]Leitplanken für eine Reform des Abstammungsrechts, djb-Stellungnahme vom 05.05.2023, abrufbar unter https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st23-12 (letzter Abruf: 30.05.2023).

[58] BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, BVerfGE 147, 1.

[59] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 57 f.

[60] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 58.

[61] So auch die Gesetzesbegründung, in der angeführt wird, dass die Transition zugleich Teil der Lebensgeschichte der Familienangehörigen sei, Entwurf vom 09.05.2023, S. 59.

[62] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 59.

[63] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 60.

[64] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 60.

[65] Begründung des Entwurfs vom 09.05.2023, S. 58.

[66] Koalitionsvertrag 2021–2025 vom 07.12.2021, abrufbar unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf (letzter Abruf: 30.5.2023), S. 95.

[67] Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz, Juni 2022, abrufbar unter https://www.bmfsfj.de/resource/blob/199382/1e751a6b7f366eec396d146b3813eed2/20220630-selbstbestimmungsgesetz-eckpunkte-data.pdf (letzter Abruf: 30.05.2023), S. 4.

[68] BVerfG, Beschluss vom 27.05.2008 – 1 BvL 10/05, BVerfGE 121, 175; BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, BVerfGE 128, 109.

[69] § 1631e BGB, eingeführt durch Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung vom 12.05.2021, BGBl. I, S. 1082; dazu die Stellungnahme des djb vom 14.02.2020 zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Kindern vor geschlechtsverändernden operativen Eingriffen, abrufbar unter https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st20-13 (letzter Abruf: 30.05.2023).

[70] Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz, Juni 2022, abrufbar unter https://www.bmfsfj.de/resource/blob/199382/1e751a6b7f366eec396d146b3813eed2/20220630-selbstbestimmungsgesetz-eckpunkte-data.pdf (letzter Abruf: 30.05.2023), S. 3.

[71] Entwurf vom 09.05.2023, S. 2.

[72] Koalitionsvertrag 2021–2025 vom 07.12.2021, abrufbar unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf (letzter Abruf: 30.05.2023), S. 95.

[73] Dazu bereits oben unter III.7.

[74] Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts, djb-Stellungnahme vom 05.05.2023, abrufbar unter https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st23-12 (letzter Abruf: 30.05.2023).

[75] djb-Stellungnahme zu den Reformplänen im Familienrecht vom 17.06.2022, abrufbar unter https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st22-11 (letzter Abruf: 30.05.2023).