Stellungnahme: 23-04


zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Justizgesetzes (Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 19/54) Hier: Änderungsvorschlag der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 12.01.2023, Vorlage 2

Stellungnahme vom

Der Landesverband Niedersachsen des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb) bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem vorgelegten Änderungsvorschlag zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Justizgesetzes. Die vorliegende Stellungnahme bezieht sich ausschließlich auf Ziff. 3 des Änderungsvorschlags.

Der djb begrüßt, dass durch den vorgeschlagenen Artikel 2 die grundlegenden Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen der Richter*innen und Staatsanwält*innen ergänzend zu den bereits vorhandenen Regelungen in § 5 Abs. 1 bis 3 NRiG gesetzlich geregelt werden sollen. Der Änderungsvorschlag lässt allerdings einige Möglichkeiten ungenutzt, die Transparenz der dienstlichen Beurteilungen im Interesse einer geschlechtergerechten Beurteilungspraxis zu verbessern.

Im Einzelnen:

Zu Ziff. 3 a):

Abweichend zur bisherigen Praxis sollten in § 5 Abs. 1 NRiG Regelbeurteilungen– wie bei Beamt*innen im Landesdienst üblich – zu einem Stichtag vorgesehen werden, um die Vergleichbarkeit von Beurteilungen zu verbessern und damit die Transparenz des Beurteilungswesens zu erhöhen. Auch sollte erwogen werden, zugleich die Altersgrenze für Regelbeurteilungen festzulegen. Die Altersgrenze sollte nicht zu niedrig angesetzt werden. Da Regelbeurteilungen regelmäßig Anlass für ausführliche Personal(entwicklungs)gespräche sind, sollte das Interessen von Richter*innen und Staatsanwält*innen mit Familienaufgaben an einer Personalentwicklung auch im höheren Lebensalter berücksichtigt werden.

Zu Ziff. 3 b):

Es ist nicht klar, was unter den „Grundsätzen für dienstliche Beurteilungen“ zu verstehen ist, deren Festlegung dem Verordnungsgeber überlassen werden soll, da § 5 Abs. 1 bis 3 NRiG aus Sicht des djb diese Grundsätze bereits im Wesentlichen regelt. Die noch nicht erfassten Grundsätze sollten benannt werden, alternativ sollten die Worte „die Grundsätze für dienstliche Beurteilungen sowie“ gestrichen werden.

Es sollte außerdem eine Pflicht zur Evaluierung der Beurteilungskriterien – unter Berücksichtigung von Belangen der Geschlechtergerechtigkeit – in gewissen zeitlichen Abständen im Gesetz festgeschrieben werden.

§ 5 Abs. 4 Satz 2 NRiG-E, nach dem in der Rechtsverordnung auch die Erstellung eines Beurteilungsspiegels vorzusehen ist, wird dem Grunde nach begrüßt. Ein Beurteilungsspiegel ist geeignet, die Transparenz von Beurteilungen zu erhöhen und damit die Geschlechtergerechtigkeit zu fördern. Die Regelung ist aber aus Sicht des djb ergänzungsbedürftig. Der Beurteilungsspiegel sollte vollständig sein und neben Anlass- auch Regelbeurteilungen erfassen; das sollte ausdrücklich vorgesehen werden. Auch ist ein Gewinn an Transparenz mit einem Beurteilungsspiegel nur verbunden, wenn zugleich eine Pflicht zur Veröffentlichung vorgesehen wird. Das in der Begründung benannte Ziel der geschlechtergerechten Beurteilung wird nur erreicht werden, wenn der Beurteilungsspiegel nach Geschlecht differenziert; auch diese Anforderung sollte im Gesetz benannt werden.

Fehlende Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung für Anforderungsprofile:

Der djb begrüßt die Beschlussempfehlung des 73. Deutschen Juristentages über die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung, die Anforderungsprofile für Beförderungsämter regelt (vgl. Empfehlungen zur Regelung zur Sicherung der Unabhängigkeit der Justiz bei der Besetzung von Richterpositionen des 73. Deutschen Juristentages 2022, B. III. Nr. 15). Da das Niedersächsische Justizgesetz eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht enthält, sollte die Gelegenheit der Gesetzesänderung genutzt werden, um sie aufzunehmen. Die bereits vorhandenen Anforderungsprofile könnten um die noch ausstehenden ergänzt und im Verordnungsweg erlassen werden.

Abschließend bittet der djb um die Gelegenheit, auch zur beabsichtigten Rechtsverordnung über dienstliche Beurteilungen Stellung nehmen zu dürfen.

 

Brigitte Meyer-Wehage
Vorsitzende des Landesverbands Niedersachsen

 

Prof. Dr. Sina Fontana
Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung