Stellungnahme: 22-17


zu dem Entwurf eines Gesetzes der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz zur Änderung des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme vor der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg vom 30. August 2022.

Der djb begrüßt den Willen zur Reform der juristischen Ausbildung. Die Vorschläge zum Referendariat in Teilzeit und die Einführung einer Kinderbetreuungspauschale für Prüfer*innen werden zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Der Gesetzentwurf in der geplanten Form verpasst jedoch die wichtige Chance, die juristische Ausbildung und die Prüfungen nachhaltig diskriminierungsfrei und geschlechtergerecht zu gestalten. Der djb hält hierfür weitere Regelungen für dringend notwendig.

Der djb schlägt insbesondere vor, die juristische Ausbildung in Teilzeit grundsätzlich neu zu denken: Für Studierende und Referendar*innen, die ihrer Ausbildung oftmals aufgrund sozialer und finanzieller Benachteiligung nicht ihre gesamte Zeit widmen können, sollen die Regelungen des Juristenausbildungsgesetzes Chancengleichheit ermöglichen und keine zusätzlichen Hürden errichten. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes eröffnet Referendar*innen künftig gewisse Spielräume, ihre Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Für echte Chancengleichheit sind jedoch weitere Anpassungen, etwa in Bezug auf die im Entwurf vorgesehene Verlängerung des Referendariats, erforderlich.

Auch zur Prüfungspraxis empfiehlt der djb weitergehende Reformmaßnahmen. So sollte das Ziel einer diskriminierungsfreien Prüfungspraxis in § 2 Abs. 2, Abs. 3 HmbJAG, jedenfalls aber in § 20 HmbJAG verankert werden. Zu einer solchen gehören mit Blick auf die mündlichen Examensprüfungen auch die geschlechtergerechte Besetzung der Prüfungskommissionen, vgl. § 7 Abs. 3 S. 4 JAVO Schleswig-Holstein, sowie verpflichtende Schulungen für Prüfer*innen und die Implementierung eines Beschwerde- und Kontrollsystems (siehe jüngst die Forderungen des djb-Arbeitsstabs Ausbildung und Beruf in der Zeitschrift für Didaktik der Rechtswissenschaft, S. 26 ff.; zum Vorschlag der Errichtung einer „Awareness-Stelle“ siehe auch: Personalrat 2021/2022 der Referendar*innen in Hamburg).

Weiter empfiehlt der djb, im Teil 3 des HmbJAG in einer neu einzufügenden Vorschrift die Beteiligung des Personalrates der Referendar*innen an der zweiten juristischen Prüfung zu regeln und den Personalrat mit § 31 JAO Berlin vergleichbaren Rechten auszustatten. Der Personalrat kann Beschwerden und Anregungen bündeln, weiterleiten und die Bedürfnisse der Referendar*innen sichtbar machen. In Berlin und Brandenburg etwa sorgt er spürbar für eine Entlastung der Referendar*innen und Ausbilder*innen. Eine durch die Referendar*innen zu wählende Gleichstellungsbeauftragte kann zudem als unabhängige Beratungsstelle fungieren, gerade für sorgetragende Referendar*innen. Der djb rät dazu, entsprechende Regelungen zu Wahl und Rechten einer Gleichstellungsbeauftragte im HmbJAG vorzusehen. Diese Maßnahmen können sicherstellen, dass die Ziele der geplanten Gesetzesreform auch erreicht werden.

Zu den Änderungsvorschlägen im Einzelnen:

Zu Nummer 2 (§ 1 HmbJAG) – Kritische Reflexion als Gegenstand der Ausbildung

Der djb begrüßt die Bemühungen, die ethischen Grundlagen des Rechts, seine kritische Reflexion und die Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur in die juristische Ausbildung einzubeziehen. Dies setzt die Vorgaben aus § 5a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 DRiG um. In der Begründung zum Gesetzentwurf kommt jedoch eine Verengung dieser Zielsetzung zum Ausdruck, wenn ausgeführt wird, es sollen „gerade nicht neue Studienfächer geschaffen werden, sondern anhand des jeweiligen Lehrstoffes die kritische Reflexion des Rechts und die ethischen Grundlagen vermittelt werden. Nichts anderes gilt für die Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur.“ Zutreffend handelt es sich um Querschnittsthemen, die in die bestehenden Lehrveranstaltungen zu integrieren sind. Es empfiehlt sich aber zusätzlich auch die Vermittlung in grundständigen Formaten, z.B. im Rahmen von Grundlagenveranstaltungen oder Seminaren. Dies ist in den genannten Formaten auch möglich, ohne den Prüfungsstoff insgesamt zu verbreitern. Der djb empfiehlt eine Anpassung der Begründung, um solche Formate nicht auszuschließen, sondern sie – im Gegenteil – sogar anzuregen.

Der djb schlägt zudem vor, den § 1 Abs. 2 Satz 3 HmbJAG durch einen weiteren klarstellenden Halbsatz zu ergänzen, um die besondere rechtspolitische Stellung und die damit verbundene Verantwortung von Jurist*innen in einer rechtsstaatlichen Demokratie noch deutlicher in Ansehung auch aktueller Gefährdungen für Demokratie und Rechtsstaat zu adressieren. Der Schutz von Minderheiten und die Beseitigung von Diskriminierung sind elementare Aufgaben des Rechts als System der Freiheitssicherung. Historisch und gegenwärtig bekommen Angriffe auf die Grundlagen des Rechtsstaats besonders diejenigen zu spüren, die in der Gesellschaft ohnehin marginalisiert sind. So gehen Attacken insbesondere aus dem rechten politischen Spektrum häufig mit offenem Rassismus und Frauenhass einher. Jurist*innen müssen deswegen für Rechtsfragen von Diskriminierung, Ungleichheiten und Machtmissbrauch sensibilisiert sein. Der djb schlägt aus diesem Grund vor, den § 1 Abs. 2 Satz 3 HmbJAG wie folgt zu ergänzen:

„Die universitäre Ausbildung berücksichtigt zudem die ethischen Grundlagen des Rechts und fördert die Fähigkeit zur kritischen Reflexion des Rechts, auch in Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur; sie schafft Sensibilität für menschenverachtende Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus und Sexismus sowie deren Mechanismen und Ausdrucksformen.“

Sexistische Ideologien zielen auf die Herabwürdigung von Personen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit. Dies schließt geschlechterstereotype Annahmen zur natürlichen Zweigeschlechtlichkeit, zu den Rollenerwartungen und zur sexuellen Orientierung ein. In der Vermittlung von Gender- und Diversity-Kompetenzen wird die Wahrnehmung von solchen (unbewussten) Werthaltungen und Handlungsmustern in gesellschaftlichen Hierarchieverhältnissen reflektiert. Diese sollten daher in der juristischen Ausbildung gestärkt werden. Eine entsprechende Klarstellung in § 1 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG im Zuge der anstehenden Änderungen regt der djb ausdrücklich an:

„Die Ausbildung berücksichtigt die rechtsprechende, verwaltende, rechtsberatende und rechtsgestaltende Praxis einschließlich der hierfür erforderlichen Schlüsselqualifikationen wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit sowie Gender- und Diversitykompetenz.“

Zu Nummer 4 (§ 10 HmbJAG) – Kinderbetreuungspauschale für Prüfer*innen

Der djb begrüßt die Einführung einer Kinderbetreuungspauschale für Prüfer*innen für in ihrem Haushalt lebende Kinder, die nicht das zwölfte Lebensjahr vollendet haben. Die Betreuungspauschale ist als „Anerkennung des Mehraufwandes in Form der Kinderbetreuung“ angelegt und bis zu einer Höhe von 600 Euro im Jahr steuerfrei. Der Reformvorschlag reagiert damit – ohne dies jedoch zu benennen – auf die in vielen Bundesländern in den vergangenen Jahren diskutierte Problematik der Unterrepräsentanz von Frauen als Prüferinnen.

Der djb mahnt in diesen Zusammenhang aber weitergehende Maßnahmen an, um auch tatsächlich mehr Frauen für die Prüfungstätigkeit zu gewinnen. Empirische Untersuchungen zeigen nicht nur deutlich, dass Frauen und Personen mit Migrationshintergrund in den mündlichen Prüfungen schlechter abschneiden; sie stellen auch einen Zusammenhang zur Besetzung der Prüfungskommissionen her: Die Mitwirkung von Prüferinnen wirkt potentieller Benachteiligung nachweislich entgegen (siehe Empirische Untersuchung zur Benotung in der staatlichen Pflichtfachprüfung und in der zweiten juristischen Staatsprüfung in Nordrhein-Westfalen von 2006 bis 2016, vorgelegt von Prof. Dr. Andreas Glöckner, Prof. Dr. Emanuel V. Towfigh, Prof. Dr. Christian Traxler, 2018). Es ist vor diesem Hintergrund dringend angezeigt, Frauen aktiv als Prüferinnen zu werben und zu gewinnen. Die Kinderbetreuungspauschale kann in diesem Zuge einen Anreiz für die Prüfungstätigkeit darstellen. Dies setzt jedoch voraus, dass potentielle Prüfer*innen mit Sorgeverantwortung um dieses Instrument wissen.

Für die Besetzung des Prüfungsamtes als solches ergibt sich das Ziel der gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern bereits aus § 3 Abs. 1 HmbGremBG. Die Leiterin des Prüfungsamts hat entsprechend der sich hieraus ergebende Quotierung die (übrigen) Mitglieder im Sinne des § 10 HmbJAG zu berufen. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass sich dieser Proporz auch bei der vorübergehenden Zusammensetzung der Prüfungskommissionen widerspiegelt. Um dieses Ziel zu erreichen, sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, zu denen auch eine aktive Ansprache und Werbung geeigneter Prüferinnen gehört.

Zu Nummer 6 (§ 15 HmbJAG) – Nachteilsausgleichsregelung

Der djb begrüßt grundsätzlich die beabsichtigte Ausweitung der Nachteilsausgleichsregelung in § 15 HmbJAG. Unberücksichtigt bleiben allerdings Nachteilsausgleichsregelungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Stillzeit. Der djb regt eine Klarstellung hierzu in der Gesetzesbegründung an, damit schwangere und stillende Personen – und zwar ohne zwingende amtsärztliche Begutachtung – einen Nachteilsausgleich erwirken können. Die generelle Schärfung der Nachweispflicht durch amtsärztliche Begutachtung für Nachteilsausgleiche sieht der djb kritisch.

Zu Nummer 9 (neuer § 40a HmbJAG) – Teilzeit-Referendariat

Der djb begrüßt, dass bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für das Referendariat die Belange von Referendar*innen mit Sorge- und Pflegeverantwortung, von Referendar*innen mit Schwerbehinderung und von Referendar*innen, bei denen vergleichbare besondere persönliche Gründe und eine besondere Härte vorliegen, Berücksichtigung finden sollen. Die Covid-19-Pandemie hat die Belastung dieser Referendar*innen potenziert und deutlich gemacht, dass eine solche Anpassung dringend Not tut (vgl. schon die Stellungnahmen des djb zum DRiG, zu Reformvorhaben in Niedersachsen und zuletzt in Baden-Württemberg). Es ist daher zu begrüßen, dass durch eine Änderung des Ausbildungsgesetzes die Option geschaffen werden soll, das Referendariat in Teilzeit zu absolvieren.

Der Staat kann nur so seinem Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 1 GG gerecht werden und die Fördergebote aus Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 GG verwirklichen. Der Anspruch auf Teilzeit stellt letztlich auch sicher, dass entsprechend der Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG tatsächlich ein gleicher Zugang zu staatlichen Ämtern erfolgt. Die Anspruchsberechtigung für Menschen mit Schwerbehinderung sowie die Öffnungsklausel dienen ebenfalls der Verwirklichung eines diskriminierungsfreien und gleichberechtigten Zugangs zu diesen Ämtern.

Der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form wird jedoch noch nicht zu der erforderlichen Entlastung derjenigen führen, die sich für ein Referendariat in Teilzeit entscheiden.

a) Bürokratische Hürden

Der djb sieht insbesondere die bürokratischen Hürden aus § 40a Abs. 2 HmbJAG-E kritisch. Ein Antrag auf Ableistung des Referendariats in Teilzeit ist demnach mit der Bewerbung zum Vorbereitungsdienst oder zwei Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit in Textform zu stellen. Die Bewerbung zum Vorbereitungsdienst erfolgt in den allermeisten Fällen – aufgrund der hohen Notenanforderungen in Hamburg und der daraus resultierenden Wartezeiten – deutlich vor dem Einstellungstermin. Der Antrag auf Beginn des Referendariats in Teilzeit muss vor diesem Hintergrund auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein, nämlich nach Mitteilung über das Angebot eines Ausbildungsplatzes innerhalb der Annahmefrist. Auch während des Referendariats wird eine Verkürzung der Frist auf vier Wochen angeregt.

b) Verlängerungsregelungen

Kritisch zu beurteilen sind zudem die Verlängerungsregelungen für das Teilzeitreferendariat. Immerhin sieht der Gesetzentwurf eine gestaffelte Verlängerung des Referendariats zwischen zwei bis sechs Monaten vor, je nachdem wie lange der Vorbereitungsdienst in Teilzeit abgeleistet wird. Der djb fordert aber weitergehend, statt dieser obligatorischen Verlängerung eine Option für die freiwillige Verlängerung des Referendariats einzuführen. Auf Antrag der Referendar*innen ist die Ausbildungszeit um bis zu ein halbes Jahr zu verlängern. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, weshalb die Arbeitszeitreduzierung in den Stationen eine obligatorische Verlängerung der Ausbildungszeit insgesamt zur Folge haben muss. Eine solche Verlängerung ist auch nicht verfassungsrechtlich geboten. Denn das an Voraussetzungen – etwa die Sorgeverantwortung – geknüpfte Teilzeitreferendariat dient gerade dazu, die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Chancengleichheit herzustellen, indem bestehende Nachteile ausgeglichen werden.

c) Umfang der regelmäßigen Präsenzzeiten

Um Referendar*innen mit Sorge- und Pflegeverantwortung, mit Schwerbehinderung oder vergleichbaren Härten mehr Flexibilität und zugleich Rechtssicherheit zu garantieren, braucht es großzügigere Modelle, die auf ihre Bedürfnisse individuell Rücksicht nehmen. Die pauschale – und zugleich nicht nennenswerte– Reduktion um ein Fünftel ist nicht geeignet, den Mehrbelastungen dieser Referendar*innen gerecht zu werden. Um eine spürbare Entlastung zu schaffen, ist die Arbeitszeit um mindestens ein Drittel zu verringern. Die vorgesehene Reduktion um ein Fünftel geht nicht über die derzeit in Einzelfällen praktizierte Entlastung von Referendar*innen mit besonderen Sorge- und Pflegeaufgaben, Schwerbehinderung oder vergleichbaren Härten hinaus, die von wenigen Ausbilder*innen individuell angeboten wird. Angesichts der aktuell eher freihändigen Gestaltung des Ausbildungsrahmens im Referendariat, der in der Praxis maßgeblich von individuellen Absprachen mit bzw. einseitigen Vorgaben durch die jeweiligen Ausbilder*innen bestimmt wird, muss es dringend rechtssichere Vorgaben für das Ableisten in Teilzeit geben.

Faktisch hängt es derzeit von dem*der konkreten Ausbilder*in ab, ob die im HmbJAG vorgegebene regelmäßige Präsenzzeit eingehalten wird. Der djb regt insoweit dringend an, in der Personalverwaltungspraxis bei der Zuweisung von Referendar*innen, bei denen die Voraussetzungen aus § 40a Abs. 1 HmbJAG-E vorliegen, auf besondere Bedarfe einzugehen. Dazu kann auch gehören, diesen Referendar*innen die Stationsarbeit bei Ausbilder*innen zu ermöglichen, die selbst Erfahrungen mit Teilzeitbeschäftigung haben.

Ausbilder*innen sollten zudem ausdrücklich verpflichtet werden, individuell auf die besonderen Bedürfnisse von Referendar*innen mit Teilzeitanspruch einzugehen. Dabei muss gewährleistet sein, dass diese neben den Pflichtveranstaltungen ausreichend Zeit zum Lernen haben, indem beispielsweise die Einzelausbilder*innen angehalten werden, den Umfang von Aktenbearbeitung angemessen zu halten oder zu ermöglichen, Probeklausuren flexibler zu schreiben. Der Rahmen der Stationsausbildung wird regelmäßig zulasten der persönlichen Vorbereitungszeit überzogen. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Missstand im Teilzeitmodell ohne ausdrückliche Regelungen zuspitzt und so faktisch leerläuft. Der Anspruch auf eine bedarfsgerechte Gestaltung der Stationsarbeit ist im HmbJAG zu verankern.

Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass die Ausbildungszeiten, besonders die Veranstaltungen in den Arbeitsgemeinschaften und Klausurenkursen, mit Betreuungszeiten kompatibel sind.

d) Unterhaltsbeihilfe

Positiv fällt auf, dass der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes nicht mit einer Kürzung der Unterhaltsbeihilfe für das Teilzeitreferendariat verbunden ist. Eine solche wäre hochproblematisch, weil finanzielle Gründe nicht dazu führen dürfen, dass das Teilzeitreferendariat nicht in Anspruch genommen wird. Diese Gefahr bestünde jedoch, wenn das prekäre Anstellungsverhältnis – Hamburg zählt nach wie vor zu den Schlusslichtern bei der Höhe der Unterhaltsbeihilfe im Rechtsreferendariat – dadurch noch unattraktiver würde und sich dieser Zustand über einen noch längeren Zeitraum erstreckte.

e) Misstrauensvorschrift und Mitteilungspflicht

In § 40a Abs. 4 HmbJAG-E wird der Wechsel vom Teilzeit- zum Vollzeitmodell auf die Pflichtstationen beschränkt. Zudem wird eine Mitteilungspflicht über den nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen für das Teilzeitreferendariat statuiert und der Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts für den Fall des Wegfalls der Voraussetzungen oder einen Antrag auf Wechsel von Teilzeit in Vollzeit ein Ermessensspielraum eingeräumt. Ausweislich der Gesetzesbegründung zielt die Vorschrift darauf, Missbrauchspotential einzudämmen.

Der Sinn dieser Regelung erschließt sich für den djb nicht. Das Missbrauchspotential des Teilzeitreferendariats wird in der Gesetzesbegründung nicht realistisch eingeschätzt. Es besteht kein Anlass, Referendar*innen, bei denen die Voraussetzungen aus § 40a Abs. 1 HmbJAG-E vorliegen oder vorlagen, derart gesetzlich manifestiertes Misstrauen entgegenzubringen. Fallen die Voraussetzungen nach § 40a Abs. 1 HmbJAG-E nachträglich weg, besteht kein Anspruch mehr auf das Teilzeitreferendariat. Eine einfache Mitteilungspflicht genügt, damit die Personalstelle die zur Abwicklung organisatorisch erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann.

 

Jun.-Prof. Dr. Dana-Sophia Valentiner

Vorsitzende des Landesverbandes Hamburg im djb

      Helene Evers

      Vorsitzende des Arbeitsstabs Ausbildung          und Beruf im djb