Stellungnahme: 20-22


zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Ablösung des Frauenfördergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum genannten Referentenentwurf und äußert sich zum Entwurf für ein Gleichstellungsgesetz für Frauen und Männer des Landes Sachsen-Anhalt (GleiG LSA) wie folgt:

Leider erfüllt der vorgelegte Entwurf die hohen Erwartungen an die Ablösung des nicht mehr zeitgemäßen Frauenfördergesetzes durch ein modernes Gleichstellungsgesetz nicht. Es muss festgestellt werden, dass lediglich Änderungen innerhalb des Korsetts des alten Gesetzes erfolgt sind. Das führt leider zu Inkonsequenzen und Widersprüchlichkeiten. Es ist nicht zu erkennen, dass das bisherige Frauenfördergesetz umfassend kritisch unter die Lupe genommen und grundsätzlich über mögliche neue Wege in der Gleichstellungspolitik des Landes Sachsen-Anhalt nachgedacht wurde.

 

Im Einzelnen:

Zu § 1 (Zielsetzung)

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe. Deswegen ist es zu begrüßen, dass neben dem für Gleichstellung zuständigen Ministerium ausdrücklich auch die anderen Ressorts der Landesregierung für die Verwirklichung der Gesetzesziele in die Pflicht genommen werden. Die ausdrückliche Zielsetzung in Absatz 2, Entgeltungleichheit abzubauen, ist ein deutliches Signal und eine gute Grundlage für entsprechende Maßnahmen, wie z.B. Entgeltgleichheits-Checks in den Behörden der Landesverwaltung.

Zu § 2 (Geltungsbereich)

Die Einbeziehung von Landesbetrieben in den Geltungsbereich und die konkretere Definition des Begriffs Dienststelle durch Verweis auf das Landespersonalvertretungsgesetz werden begrüßt. Ebenso grundsätzlich erfreulich ist die Einbeziehung privatrechtlicher Unternehmen, an denen die öffentliche Hand Anteile hält. Jedoch enthält die in Absatz 2 gewählte Hinwirkungspflicht eine sehr schwache Regelungs- und vor allem Bindungswirkung, zumal sich die Pflicht nur darauf bezieht die Ziele des Gesetzes zu berücksichtigen und nicht etwa die darin enthaltenen Instrumente anzuwenden. Darüber hinaus sind nur Mehrheitsbeteiligungen der öffentlichen Hand erfasst. Hinwirken auf die Berücksichtigung der Ziele des Gesetzes kann die öffentliche Hand jedoch auch im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung. Deshalb sollte überlegt werden, Absatz 2 auf jegliche Beteiligung der öffentlichen Hand zu erweitern.

Zu § 3 (Begriffsbestimmungen)

Die in § 3 enthaltenen Begriffsbestimmungen begegnen zum Teil erheblichen Bedenken.

 

a) Zu Nr. 2 (Bereich)

Der für die praktische Gesetzesanwendung wichtige Begriff „Bereich“ ist schon deshalb schwer fassbar, weil er nicht abschließend bestimmt ist. So sind unter dem Begriff „insbesondere“ Besoldungs- und Entgeltgruppen etc. benannt. Es wird zunächst eine abschließende Aufzählung durch Streichung des Wortes „insbesondere“ empfohlen. Sehr problematisch ist, dass die jeweiligen Besoldungsgruppen, Laufbahnen oder Fachrichtungen durch die Ressorts oder Dienststellen als Handlungsfelder identifiziert werden und Steuerungsbedarf aufweisen müssen. Hier besteht großes Verhinderungspotential, schon weil verschiedene Ansichten über die Existenz von Problemen bestehen werden. Ein geringer Frauenanteil in einem „Bereich“ allein garantiert noch nicht das Erkennen bzw. Zugestehen von Handlungsbedarfen. Im Zweifel kann aufgrund der weichen Formulierung die Führungsebene eines Ressorts oder einer Dienststelle ausargumentieren, warum kein Steuerungsbedarf z.B. für eine Laufbahn besteht. Damit wäre diese Laufbahn kein „Bereich“ im Sinne des Gesetzes und die Durchführung aller an „Bereichen“ anknüpfenden Gleichstellungsmaßnahmen, von der gezielten Ansprache in Stellenausschreibungen (§ 4), über die Vorgabe zur Einladung zu Bewerbungsgesprächen (§ 5 Abs. 1) hin zu verbindlichen Zielvorgaben im Gleichstellungsplan (§ 23 Abs. 2), könnte nicht erzwungen werden.

Demgegenüber knüpft eines der wesentlichen Frauenförderungsinstrumente des Gesetzes, die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen bei der Stellenbesetzung (§ 5 Abs. 2) an einen eigenen Bereichsbegriff, nämlich konkret an die Unterrepräsentation von Frauen „in der Funktion, in der Entgelt- oder Besoldungsgruppe“ an. Man könnte hierin auch die (im Gesetz einzige) Konkretisierung des Bereichsbegriffs aus § 3 Abs. 2 sehen. Das ist auch insoweit nachvollziehbar, als es um eine konkrete Stellenbesetzung geht. Aber auch Stellenausschreibungen und Bewerbungsgespräche beziehen sich auf konkrete Stellen. Es wird eine einheitliche und abschließende Verwendung des Begriffs „Bereich“ oder aber jeweils an den einzelnen Regelungspunkten eine konkretere und passgenaue Definition, wie in § 5 Abs. 2, empfohlen.

 

b) Zu Nr. 3 (Unterrepräsentanz)

Die Feststellung der für diverse Instrumente erforderlichen Unterrepräsentanz knüpft jeweils an einem „Bereich“ i.S.d. Nr. 2 an. Die Problematik des nicht abschließenden und teilweise wertenden Bereichsbegriffs verdeutlicht sich angesichts folgenden Fallbeispiels: Eine Laufbahngruppe kann einen Frauenanteil von 70 Prozent und keine einzige Frau im entsprechenden Endamt bzw. auf der Führungsebene haben. Nach der Bereichsdefinition besteht hier entweder eine Unterrepräsentanz von Männern (Anknüpfungspunkt Laufbahngruppe) oder eine Unterrepräsentanz von Frauen (Anknüpfungspunkt Führungsebene bzw. entsprechende Besoldungsgruppe). Das bloße Abstellen auf Zahlen stößt aber auch bei einer engeren Bereichsdefinition an seine Grenzen. Zumal das ursprüngliche Ziel von Frauenförderung in der Arbeitswelt, nämlich die gleiche Teilhabe am Arbeitsmarkt bzw. hier am öffentlichen Dienst, mittlerweile weitgehend erfüllt ist. Es geht nunmehr um die gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen, u.a. damit die Interessen von Frauen angemessen durchgesetzt werden. Und so stellt sich im obigen Fallbeispiel die Frage, ob die Frauen der Laufbahngruppe (und ihre Interessen) hinreichend auf der Führungsebene repräsentiert wären, wenn ihr Anteil an den entsprechenden Besoldungsgruppen 50 Prozent betragen würde. 

Ein möglicher alternativer Ansatz zur Feststellung einer Unterrepräsentanz vergleicht die Anteile der Geschlechter in der Gesamtbelegschaft (oder hier z.B. einer Laufbahngruppe) mit den jeweiligen Anteilen an den Führungspositionen und entsprechenden Besoldungs- und Entgeltgruppen. Eine Unterrepräsentation wird hier unter anderem angenommen, wenn die Abweichung zwischen den Anteilen eine gewisse Prozentpunktzahl übersteigt.[1]

 

c) Zu Nr. 4 (Strukturelle Benachteiligung)

Dass der Gesetzentwurf auch das Ziel verfolgt, Männer in einzelnen Bereichen zu stärken, ist vor dem Hintergrund des allgemeinen Frauenanteils im öffentlichen Dienst von ca. 60 Prozent und der zahlenmäßig klaren Unterrepräsentanz von Männern in einzelnen Fachrichtungen grundsätzlich einleuchtend. Entsprechende Instrumente zur Förderung von Männern benötigen jedoch – ebenso wie Maßnahmen der Frauenförderung – verfassungsrechtlicher Rechtfertigung, da sie grundsätzlich immer auch eine gegen Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG verstoßende Bevorzugung aufgrund des Geschlechts darstellen. Anknüpfungspunkt hierfür ist Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG, dessen Ziel die Herstellung von Chancengleichheit, nicht jedoch von Ergebnisgleichheit ist.[2] Deswegen genügt das bloße Abstellen auf eine zahlenmäßige Unterrepräsentanz eines Geschlechts nicht, um bevorzugende Maßnahmen zu rechtfertigen. Vielmehr muss davon auszugehen sein, dass diese Unterrepräsentanz Folge einer spezifischen strukturellen Benachteiligung des jeweiligen Geschlechts ist.[3] Davon ist bei Frauen insbesondere mit Blick auf die Chancengleichheit beim beruflichen Aufstieg in der Regel auszugehen. Angesichts eines Frauenanteils unter den Beschäftigten im öffentlichen Dienst von mehr als 50 Prozent kann grundsätzlich von genügend für den Aufstieg in Führungspositionen qualifizierten Frauen ausgegangen werden. Ihr dennoch weitaus geringerer Anteil an diesen Führungspositionen lässt sich mithin nicht anders erklären als durch eine nach wie vor bestehende faktische und strukturelle Benachteiligung. Demgegenüber ist die Unterrepräsentanz von Männern in einigen Bereichen und Fachrichtungen eher Ausdruck bestimmter beruflicher Präferenzen. Jedenfalls bestehen keinerlei Anhaltspunkte für strukturelle, einzelfallunabhängige Benachteiligungen, die Männern im öffentlichen Dienst den beruflichen Aufstieg versperren würden.[4]

§ 3 Nr. 4 des Entwurfs sowie alle Regelungen zu konkreten Förderinstrumenten, die an die strukturelle Benachteiligung anknüpfen sollten lediglich Frauen erfassen, da eine strukturelle Benachteiligung von Männern nicht existiert.

 

d) Zu Nr. 7 (Gremien)

Nicht ganz klar wird, inwieweit Gremien auf kommunaler Ebene als Gremien im Sinne des Gesetzes zu betrachten sind. Gemäß § 2 Abs. 1 fallen Gemeinden und Landkreise grundsätzlich in den Geltungsbereich des Gesetzes. Nr. 7 a) erfasst jedoch lediglich Gremien, deren Mitglieder u.a. durch die Landesregierung bestimmt werden oder die durch eine oberste Landesbehörde als wesentlich bestimmt werden. Es ist fraglich, ob kommunale Gremien unter 7 b) zu subsumieren sind oder gar nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes und der entsprechenden Regelungen fallen sollen.

Zu § 4 (Stellenausschreibung)

Der in Satz 2 vorgesehene Hinweis auf die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung erfasst grundsätzlich alle Stellenausschreibungen und somit auch solche für Führungspositionen. Für eine stärkere Signalwirkung sollte jedoch überlegt werden, die Teilzeitmöglichkeit für Führungspositionen hier ausdrücklich zu benennen.

Zu § 5 (Stellenbesetzung)

In Konsequenz der obigen Ausführungen wäre jedenfalls Absatz 2 Satz 3 zu streichen.

Zu § 8 (Fort- und Weiterbildung)

Die Regelungen in Absatz 3 und 4 könnten konkreter und spezifischer gestaltet sein. Anstatt in den Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen „dem Gleichstellungsauftrag mehr Beachtung zu verschaffen“ könnte man z.B. konkret in das landeseigene Fortbildungsprogramm aufzunehmende Gleichstellungsthemen (z.B. sexuelle Belästigung, Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familienaufgaben, geschlechtersensibles Beurteilungswesen etc.) benennen. Hinsichtlich der Form der Veranstaltungen könnte man in Absatz 4 grundsätzlich die Möglichkeit von Teilzeitfortbildungen, Inhouse-Schulungen oder E-Learning vorsehen.

Zu § 10 (Arbeitszeit)

Die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen und insbesondere der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit ist wahrscheinlich der wichtigste Ansatzpunkt zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familienaufgaben für alle betroffenen Beschäftigten. Vor diesem Hintergrund wird die in Absatz 2 enthaltene Regelung, vor allem in der Form eines Anspruchs („sind im Einzelfall … einzuräumen“), sehr begrüßt.

Die vorrangige Berücksichtigung von aus familiären Gründen Teilzeitbeschäftigten bei der Besetzung von Vollzeitstellen in Absatz 4 birgt allerdings insbesondere in Aufstiegs- und Beförderungsämtern die theoretische Gefahr, dass ein männlicher Teilzeitbeschäftigter einer weiblichen externen Bewerberin vorgezogen wird. Im Einzelfall kann dies aber gerechtfertigt sein, weil gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 auch die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen bei Stellenbesetzungen nur erfolgen kann, wenn personenbedingte (und insbesondere soziale) Gründe des Mitbewerbers nicht überwiegen.

Zu § 11 (Beurlaubung)

Sehr positiv herauszuheben sind die Anrechnung der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen auf die Arbeitszeit nach der Rückkehr (Absatz 1 Satz 2) sowie die Pflicht zur Durchführung von Beratungsgesprächen für beurlaubte Beschäftigte (Absatz 1 Satz 4). Wünschenswert wäre eine Hinweispflicht der Dienststelle gegenüber Beschäftigten, die sich langfristig beurlauben lassen oder in Teilzeit gehen wollen. Dies wird überwiegend von Frauen gewünscht. Vor dem Hintergrund der bestehenden geschlechtsspezifischen Altersvorsorgelücke (Gender-Pension-Gap), die vor allem aus den rollenspezifischen Lebens- und Erwerbsverläufen von Frauen resultiert, ist die Information der Beschäftigten über die negativen Langzeitfolgen in Form verminderter Rentenansprüche etc. (z.B. durch ein Merkblatt) äußerst wichtig.

Zu Abschnitt 4 (Gremien)

Die Differenzierung der Gremien in Aufsichts- und wesentliche Gremien einerseits und sonstige Gremien andererseits leuchtet nicht ganz ein. Es ist insbesondere fraglich welcher Anwendungsbereich für die sonstigen Gremien und damit § 12 verbleibt, der im Gegensatz zu § 13 zumindest vorsieht, dass die Dienststellen auf eine paritätische Besetzung „hinzuwirken haben“. Für Aufsichts- und wesentliche Gremien sieht demgegenüber § 13 nur vor, dass die Dienststellen auf die paritätische Besetzung „hinwirken sollen“. Es handelt sich hierbei um eine weitaus schwächere Formulierung, obwohl den von ihr betroffenen wesentlichen Gremien offenbar im Vergleich zu anderen Gremien eine besondere Bedeutung zukommen soll. Diese Aufweichung der Pflicht zur paritätischen Besetzung bzw. Berufung lässt daran zweifeln, dass in den wirklich wichtigen Gremien tatsächlich eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen erreicht werden kann. Das ist auch vor dem Hintergrund schade, dass § 12 und § 13 gute detaillierte Regelungen zu diversen tatsächlichen Herausforderungen bei der Herstellung von Parität in Gremien enthalten.

Angesichts der klaren Ausführungen zur Zielsetzung des Gesetzes (Seite 1 des Vorblatts), dass der Gesetzentwurf sich auf Frauen und Männer fokussiert und Personen, die sich nicht in das binäre Geschlechtsmodell einordnen, nicht in den Förderauftrag einbezieht, verwundert es, dass diese Personen im Rahmen der Regelungen zur Gremienbesetzung in § 12 Satz 2 und § 13 Abs. 1 Satz 3 nun doch berücksichtigt werden. Das zeigt einerseits Bewusstsein dafür, dass auch nichtbinäre Personen in Gleichstellungsgesetzen auf irgendeine Art und Weise berücksichtigt werden sollten. Es offenbart aber auch fehlende Konsequenz vor dem Hintergrund der klaren Positionierung zur Zielstellung. Sollte dennoch die umfassende regelungstechnische Berücksichtigung von nichtbinären Personen bei der Besetzung von und Entsendung in Gremien gewollt sein, empfehlen sich konkretere Regelungen in einer nach § 14 zur erlassenden Rechtsverordnung.

Zu Abschnitt 5 (Gleichstellungsbeauftragte)

Die umfassenden Regelungen zu den verschiedenen Arten von Gleichstellungsbeauftragten führen zu diversen, mitunter kritischen Fragestellungen. Vor dem Hintergrund, dass es teilweise schon Schwierigkeiten bei der Unterscheidung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten von den Gleichstellungsbeauftragten innerhalb der Dienststellen gibt, ist die weitere Unterteilung letzterer in haupt- und ehrenamtliche einer Rechtsklarheit nicht dienlich. Eine Systematik der Gleichstellungsbeauftragten ist schwer erkennbar.

Demgegenüber verfügt Sachsen-Anhalt über ein etablierte Landesgleichstellungsbeauftragte, für deren Arbeit sich allerdings soweit ersichtlich keine Rechtsgrundlage findet, weder im bisherigen Frauenfördergesetz noch im vorliegenden Referentenentwurf. Sie wird lediglich in § 23 Absatz 6 als Empfängerin der Gleichstellungspläne benannt. Das Gesetzgebungsvorhaben wäre eine gute Gelegenheit, die Landesgleichstellungsbeauftragte durch eine klare Rechtsgrundlage zu stärken.

Der Entwurf sieht unterschiedliche Vorgaben für das Geschlecht der unterschiedlichen Gleichstellungsbeauftragten vor. Während die kommunalen und die hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten weiblich sein müssen und letztere auch nur durch eine Frau vertreten werden kann, können ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte männlich sein und gleichzeitig durch einen Mann vertreten werden. Das steht im krassen Widerspruch zueinander. Im Einzelnen:

Zu § 15 (Hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in den obersten Landesbehörden, im Landesverwaltungsamt und im Landesschulamt)

Aus Absatz 1 ergibt sich durch die Verwendung des Plurals, der für weibliche und männliche Gleichstellungsbeauftragte der gleiche ist, nicht ohne weiteres, dass die hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten weiblich sein müssen. Die erschließt sich erst im folgenden Absatz 2 Satz 1 durch die Formulierung „keine Gleichstellungsbeauftragte“. Absatz 2 Satz 1 lässt Fragen offen, weil er die Fälle regelt, in denen keine Gleichstellungsbeauftragte oder aber Stellvertreterin bestellt werden kann. Im ersten Fall, wenn also grundsätzlich eine Stellvertreterin verfügbar ist, stellt sich die Frage, warum diese nicht zur Gleichstellungsbeauftragten bestellt werden kann. An den zweiten Fall, also das Fehlen einer Stellvertreterin, sind keine Rechtsfolgen geknüpft. Absatz 2 Satz 2 regelt nur die Übertragung der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten, enthält aber keine Regelungen zum Fehlen der Stellvertreterin. Satz 2 sollte darüber hinaus näher erläutern, wie das Einvernehmen der Gleichstellungsbeauftragten der anderen obersten Landesbehörde zur Aufgabenübertragung konkret ausgestaltet sein muss, da es sich hierbei um eine nicht unerhebliche Zusatzbelastung handelt. Die konkrete Ausgestaltung des Einvernehmens und der Aufgabenübertragung könnte in einer Rechtsverordnung geregelt werden, auf die hier verwiesen werden müsste.

Zu § 16 (Aufgaben und Rechte der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten in den obersten Landesbehörden, im Landesverwaltungsamt und im Landesschulamt)

Positiv ist, dass die Gleichstellungsbeauftragte umfassend und vor allem frühzeitig zu beteiligen ist. Es stellt sich allerdings die Frage, warum sie die entsprechende Beteiligung aktiv verlangen müssen soll. Zielführender wäre ein stetiger Informationsfluss und die automatische Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten über eventuell gleichstellungsrelevante Maßnahmen. So könnte auch verhindert werden, dass die Gleichstellungsbeauftragte sich nicht beteiligt bzw. nicht beteiligt wird, weil sie schlicht keine Kenntnis von einem Vorgang hatte. Inwieweit die Gleichstellungsbeauftragte dann nach Eingang der Information aktiv wird, entscheidet sie selbst.

Hinsichtlich des konkreten Aufgabenkatalogs in Absatz 2 wird angeregt, den Themenkomplex Beurteilungsrichtlinien aus Nr. 8 herauszulösen und einer eigenen Nummer zuzuordnen. Das Thema geschlechtergerechtes Beurteilungswesen ist von erheblicher Bedeutung für die Förderung von Frauen beim beruflichen Aufstieg und sollte entsprechend solitär präsentiert werden. Zu Nr. 11 stellt sich die Frage, ob die hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zugleich Beschwerdestelle nach § 13 AGG sein soll. Eine Klarstellung wäre hilfreich. Hinsichtlich der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten an der Erstellung von Gleichstellungsplänen (Nr. 12) wird als problematisch gesehen, dass die Gleichstellungsbeauftragte keinen Zugang zu Personaldaten hat. Praktisch kann die Mitwirkung also nur so ablaufen, dass die Personalabteilung den Gleichstellungsplan entwirft und den Entwurf der Gleichstellungsbeauftragten zur Überarbeitung vorlegt. Sehr positiv wird die Vorgabe gesehen, dass dem Gleichstellungsplan die abschließende Stellungnahme der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten unmittelbar beizufügen ist. Zu Nr. 13 stellt sich die Frage, welche Rechte die Gleichstellungsbeauftragte hat, wenn die verschiedenen Personalräte sie schlicht nicht zu ihren Sitzungen einladen. So könnte leider sehr einfach die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten boykottiert werden.

Zu § 17 (Einspruchs- und Klagerecht der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten in den obersten Landesbehörden, im Landesverwaltungsamt und im Landesschulamt)

Zu Absatz 1 Nr. 1 stellt sich die Frage, wann die Frist nach § 23 Abs. 1 Satz 2 so „erheblich verletzt“ ist, dass das Einspruchsrecht der Gleichstellungsbeauftragten besteht. Es wird vorgeschlagen, eine zahlenmäßig konkrete Frist in Verbindung mit der Möglichkeit der (konkreten) Nachfristsetzung vorzusehen. Äußerst bedenklich wird die nach Absatz 2 Satz 3 bestehende Möglichkeit der Gleichstellungsbeauftragten eingeschätzt, durch einfache Mitteilung auf ihr Einspruchsrecht zu verzichten, ohne dass eine nähere Begründung erforderlich ist. Es wird dringend empfohlen Satz 3 aus Absatz 2 zu streichen oder die einfache Mitteilung durch eine Begründungspflicht zu ersetzen.

Zu § 18 (Ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte)

Als äußerst problematisch werden die Regelungen zum Geschlecht der ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten angesehen. Dabei mag es, wenn (im Vergleich zu den strengen Vorgaben für hauptamtliche und ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte) auch nicht konsequent, so doch noch vertretbar sein, diese Position auch durch Männer ausüben zu lassen. Es ist in diesem Fall aber sehr kritisch, dass nach dem aktuellen Entwurf ein männlicher Gleichstellungsbeauftragter ganz unproblematisch einen männlichen Stellvertreter haben kann. Die Argumentation für ausschließlich weibliche Gleichstellungsbeauftragte und auch die Beschränkung des aktiven Wahlrechts für diese Position auf Frauen, nämlich, dass nur Frauen wirklich die Interessen von Frauen vertreten können, verfängt hier dann nicht mehr. Im Gegenteil besteht eine erhebliche Gefahr für das Vorankommen der Gleichstellung in der Dienststelle, wenn sowohl Gleichstellungsbeauftragter als auch Vertreter männlich sind. Zur Sicherstellung, dass die Interessen von Frauen im Gleichstellungsteam angemessen berücksichtigt werden können, wird dringend die Ergänzung empfohlen, dass mindestens 50 Prozent des Teams aus Gleichstellungsbeauftrager*m und Stellvertretung weiblich sein müssen. Unabhängig von dieser Problematik erscheint es nicht einleuchtend, warum potentiell männliche Gleichstellungsbeauftragte und Stellvertretungen ausschließlich von Frauen gewählt werden dürfen, wie es Absatz 3 vorsieht. Wenn man schon die Gleichstellung im modernen Wortsinn als Thema ansieht, das Frauen und Männer angeht und dementsprechend Männern aktive Gleichstellungsarbeit und entsprechende Positionen ermöglicht, wäre es nur konsequent, sie auch darüber mitbestimmen zur lassen, wer in der Dienststelle die Gleichstellungsarbeit überwacht bzw. durchführt. Der hiergegen regelmäßig eingebrachte Vorwand, durch das ausschließliche aktive Wahlrecht der Frauen werde ihnen letztlich die Kontrolle überlassen, überzeugt angesichts der Länge der Wahlperiode der Gleichstellungsbeauftragten und der Tatsache, dass nach dem aktuellen Entwurf ein ausschließliches Männerteam aktiv sein kann, nicht. Hinsichtlich des aktiven Wahlrechts erscheint es außerdem problematisch, gemäß Absatz 3 Satz 2 von diesem Frauen auszunehmen, die länger als zwölf Monate, z.B. wegen einer Elternzeit, beurlaubt sind bzw. sein werden. Denn es kann z.B. bei einer angespannten Kinderbetreuungssituation sehr leicht passieren, dass die Elternzeit und Beurlaubung unfreiwillig verlängert werden muss. Es ist außerdem zu bedenken, dass die Gleichstellungsbeauftragten gerade auch die Interessen von Frauen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben und der Rückkehr aus der Elternzeit vertreten sollen. Ihnen vor diesem Hintergrund das Wahlrecht abzuerkennen ist schwer nachvollziehbar. Wenn das aktive Wahlrecht schon dermaßen beschränkt werden soll, sollte die Dauer der Beurlaubung mindestens verdoppelt werden.

Zu § 19 (Aufgaben und Rechte ehrenamtlicher Gleichstellungsbeauftragter)

Die Umformulierung des bisherigen § 18 Abs. 1 Frauenfördergesetz in § 19 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs sind schwer nachvollziehbar. Während zuvor weibliche Beschäftigte zur beruflichen Förderung und Beseitigung von Benachteiligungen beraten und unterstützt wurden, soll die frauenspezifische Beratung jetzt nur noch zur beruflichen Förderung stattfinden. Demgegenüber sollen die Beratung und Unterstützung bei der Beseitigung von Benachteiligungen allen Beschäftigten offenstehen. Hiermit wird wie in § 3 Nr. 4 suggeriert, Benachteiligungen würden in gleichem Maße weibliche und männliche Beschäftigte betreffen, so dass für alle gleicher Beratungsbedarf besteht. Dem ist nicht so. Es sollte daher überlegt werden, die ursprüngliche Formulierung des § 18 Abs. 1 Frauenfördergesetz lediglich um eine allgemeine Beratung aller Beschäftigter zu Gleichstellungsfragen zu ergänzen.

In Absatz 2 Nr. 2 ist davon auszugehen, dass die bzw. der ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte an Vorstellungsgesprächen nur dann sinnvoll teilnehmen kann, wenn ihr bzw. ihm alle diesbezüglichen Unterlagen vorliegen. Es leuchtet daher nicht ein, dass die Unterlagen nur „auf Verlangen“ zur Verfügung zu stellen sind. Dies sollte automatisch geschehen.

Die Pflicht zur Entlastung der Gleichstellungsbeauftragten von ihren dienstlichen Tätigkeiten in Absatz 3 Satz 5 wird sehr begrüßt. Für die Rechtsanwendung und Zielerreichung hilfreich wäre die Benennung eines konkreten zeitlichen Umfangs, z.B. abhängig von der Dienststellengröße. Positiv wird auch Absatz 5 und die Möglichkeit der Entlastung durch die hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte bewertet.

Zu Abschnitt 6 (Gleichstellungsplan)

Es wird angeregt, Abschnitt 6 um eine Regelung zu ergänzen, nach der die für die Planung, Begleitung, Bewertung, Überprüfung und Prüfung des Gleichstellungsplans benötigten Daten und Informationen zum Querschnittsziel Geschlechtergerechtigkeit auch in elektronischer Form verarbeitet werden können. Es könnte so eine Rechtsgrundlage für die Informationsverarbeitung geschaffen werden, die es erlaubt, auch Daten der Hauptgruppe 4 (Personalausgaben und Stellenpläne) in die Auswertungen einzubeziehen.

Aus Abschnitt 6 ist § 24 herauszulösen, der sachlich nicht zur Thematik der Gleichstellungspläne passt.

 

Dr. Afra Waterkamp
Vorsitzende des Landesverbands Sachsen-Anhalt

Dr. Sina Fontana, MLE
Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht,
Öffentliches Recht, Gleichstellung

 


[1]     Vgl. hierzu Gesetzentwurf für ein Sächsisches Gleichstellunggesetz der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, dort § 4 Abs.4, LT-Drs. 6/12511, http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=12511&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=0&dok_id=undefined.

[2]     Gleiches dürfte für Artikel 34 der Landesverfassung von Sachsen-Anhalt gelten.

[3]     Langenfeld in: Maunz/Düring, GG, Stand: 90. EL, Februar 2020, Art. 3 Abs. 2, Rn. 100 f.

[4]     Vertiefend wird auf die Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes e.V. zum Entwurf für ein Gleichstellungsreformgesetz in Mecklenburg-Vorpommern vom 08.01.2016, hier Ziffer 4, verwiesen: www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K5/st16-01/.