I. Grundsätzliches
Soweit dies nach der kurzen Laufzeit beurteilt werden kann, hat sich die Konzeption und Zielrichtung des Elterngeldgesetzes bewährt. Für eine gute Gesetzestechnik und verwaltungsmäßige Umsetzung spricht, dass es bisher vergleichsweise wenige sozialgerichtliche Streitigkeiten[1] im Zusammenhang mit dem Elterngeld gibt. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Erarbeitung des Gesetzes und seine Umsetzung in einem äußerst engen zeitlichen Rahmen erfolgen mussten.
Bei den geplanten Änderungen handelt es sich um kleinere technische Veränderungen. Der djb vermisst eine Neuregelung, die das Problem des doppelten Anspruchsverbrauchs bei gemeinsamer Teilzeit aufgreift. Außerdem hätte die Übertragung der Partnermonate bei Alleinerziehenden überdacht werden müssen.
Daneben gibt es grundsätzlichere Fragen wie
- die (Nicht-)Gewährung von Elterngeld an Vollzeiterwerbstätige,
- die Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitslosigkeit, Krankheit und Erwerbsminderung im Bezugszeitraum,
- die Weiterentwicklung des Geschwisterbonus und
- die Modalitäten der Einkommensberechnung,
die im Rahmen einer grundlegenderen Novelle nach Vorliegen der Evaluationsergebnisse aufgegriffen werden sollten. Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hofft, dass hierzu – insbesondere seitens des zuständigen Ministeriums – frühzeitig ein Dialog mit den sachkundigen Verbänden erfolgt.
II. Zu den geplanten Änderungen
1. Wehrpflicht- und Zivildienstzeiten (Art. 1 Nr. 1)
Es wird eindringlich davor gewarnt, ohne ein umfassendes Konzept von Verlängerungstatbeständen bereits jetzt singuläre Tatbestände, die nichts mit der Verwirklichung des Elterngeldgesetzes zu tun haben, in
§ 2 Abs. 7 BEEG einzufügen. Es entstehen dadurch offensichtliche Gleichheitsprobleme.
Jeder vernünftige Mensch wird es nachvollziehbar finden, dass durch Wehrdienst- und Zivildienstzeiten die Elterngeldhöhe nicht verringert werden soll. Das Problem besteht jedoch nicht darin, dass es keine guten Gründe dafür gibt, dass solche Zeiten aus dem Bemessungszeitraum herausgenommen werden. Das Problem besteht darin, dass viele andere ebenso anerkennenswerten Tatbestände nicht berücksichtigt werden. Der BEEG hat aus Verwaltungsvereinfachungsgründen eine sehr pauschale Bemessung in einem festen Zeitraum vor der Geburt gewählt. Die Ausnahmetatbestände sind eng geführt und beschränken sich auf Tatbestände, die mit der Verwirklichung des Gesetzes unmittelbar zusammenhängen (Elterngeldbezug für ältere Kinder, schwangerschaftsbedingte Erkrankungen). Dieses Konzept ist in sich schlüssig und auch nicht gleichheitswidrig.
Aus rechtspolitischen Gründen sollte grundsätzlich darüber nachgedacht werden, ob es nicht anerkennenswerte Tatbestände gibt, die den Bemessungszeitraum strecken bzw. hinauszurechnen sind. Es wird abzuwägen sein, ob der Gewinn an Einzelfallgerechtigkeit den zusätzlichen Verwaltungsaufwand für eine bereits jetzt schon kompliziert zu berechnende kurzfristige Leistung rechtfertigt. Nach Auffassung des djb stehen die durchaus bedenkenswerten Vorschläge des Bundesrates zu einer Verwaltungsvereinfachung (BR-Drucksache 341/08) in deutlichem Widerspruch zum Konzept weiterer Verlängerungstatbestände.
Wenn im BEEG weitere Tatbestände zur Erweiterung des Bemessungszeitraums eingeführt werden sollen, so muss ein schlüssiges Gesamtkonzept bestehen. Das bedeutet, dass gleichwertige Tatbestände auch vergleichbar behandelt werden. Alles andere ist verfassungswidrig und stellt die Sozialgerichte unnötig vor das Problem, die Regelung dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Grundgesetz vorlegen zu müssen, oder erfordert ständige Korrekturen in der Gesetzgebung. Sollten die Wehrdienst- und Ersatzdienstzeiten als Tatbestände eingefügt werden, die aus dem Bemessungszeitraum herausgerechnet werden, muss außerdem berücksichtigt werden, dass diese Vergünstigung ausschließlich Männern zu Gute kommt. Schon aus genderspezifischen Gründen müssen auch typische Verlängerungstatbestände von Frauen (z.B. freiwilliges soziales Jahr, Pflegezeiten) berücksichtigt werden.
Sollte der Ausschuss empfehlen, den Privilegierungstatbestand der Wehrpflicht und des Zivildienstes in § 2 Abs. 7 BEEG einzuführen, wird vorgeschlagen, dies auch für folgende andere Zeiten vorzusehen, wobei Umfang und Konkretisierung der einzelnen Zeiten noch genauer geprüft werden muss:
- Zeiten des freiwilligen sozialen Jahres oder eines freiwilligen ökologischen Jahres im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder eines Freiwilligendienstes im Sinne des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 zur Einführung des Programms „Jugend in Aktion“ (ABl. EU Nr. L 327 S. 30) oder eines anderen Dienstes im Ausland im Sinne von § 14b des Zivildienstgesetzes oder eines entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes „weltwärts“ im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297)
- Zeiten nach § 6c Wehrpflichtgesetz (Hilfeleistung im Inneren) und Zeiten des freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes nach § 6b Wehrpflichtgesetz (die Abweichung des BEEG zu § 26 Abs. 2 und 3 SGB III ist nicht verständlich)
- Zeiten der Pflege von Angehörigen (zu prüfen, ob Pflegegeld (in welcher Stufe) bezogen werden muss)
- Zeiten der Krankheit (zu prüfen, mit oder ohne Anspruch auf Krankengeld, Krankentagegeld; Problem der Arbeitsreduzierung aus gesundheitlichen Gründen und generell der Einbeziehung von Selbständigen)
- Zeiten des Bezugs einer Verletztenrente (zu prüfen, ob ein bestimmter Mindestgrad erreicht sein muss)
- Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit (zu prüfen, ob eine Begrenzung auf befristete Renten erfolgen soll und wie ggf. mit entzogenen Dauerrenten zu verfahren ist)
- Zeiten der Arbeitslosigkeit (zu prüfen, ob nur Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld I oder auch solche von Arbeitslosengeld II oder alle Zeiten der Arbeitslosigkeit erfasst werden sollen)
- Zeiten der beruflichen (Erst)Ausbildung, in denen kein Entgelt bezogen wurde
- Zeiten der Weiterbildung (zu prüfen, ob Leistungsbezug nach dem SGB III gefordert werden soll)
- Zeiten der beruflichen Rehabilitation (zu prüfen, ob dabei wie im Arbeitsförderungsrecht eine Begrenzung auf bestimmte Einrichtungen und Personengruppen erfolgen soll)
- bestimmte Zeiten der Gefangenschaft (Gleichstellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III)
- Zeiten von Entwicklungshelfern mit Anspruch auf Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Entwicklungshelfer-Gesetzes (zu prüfen, ob auch Missionare von bestimmten Missionsgesellschaften einzubeziehen sind, so wie in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Bundeskindergeldgesetz)
- Zeiten, in denen für ältere Kinder, die unter Geltung des Erziehungsgeldgesetzes geboren worden sind, fiktiv ein Anspruch auf Elterngeld bestanden hätte (Problem der kurzen Geburtenfolgen für Übergangsfälle).
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird darauf hingewiesen, dass das Elterngeld eine Einkommensersatzleistung auch für Selbständige darstellt. Es reicht daher nicht aus, nur die in den Sozialversicherungsgesetzen genannten typischen Verlängerungstatbestände, die auf abhängig Beschäftigte zugeschnitten sind, vorzusehen. Außerdem sollte überlegt werden, jeweils zeitliche Begrenzungen einzuführen, damit der Bezug zum Einkommensersatz nicht verloren geht.
2. Mindestelternbezugszeit (Art. 1 Nr. 2)
Eine Mindestelterngeldbezugszeit von zwei Monaten ist kritisch zu bewerten, da sie nicht als geeignetes Instrument dafür gesehen wird, die Erziehungsverantwortung der Väter zu stärken. Es ist im Gegenteil zu erwarten, dass vor allem Väter davon abgehalten werden, überhaupt eine (kurze) Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen einer grundsätzlicheren Novelle sollte überdacht werden, die Anzahl der Partnermonate zu erweitern. Dafür sollte sich der Gesetzgeber auch alle Optionen offen halten. Die jetzige Einführung einer Mindestelternzeit von zwei Monaten entsprechend der Anzahl der Partnermonate schränkt diese Gestaltungsmöglichkeiten ein, denn eine Mindestzweimonatsfrist wäre dann ohne sachliche Rechtfertigung.
Es ist zu unterstreichen, dass das Konzept der Partnermonate vom djb voll und ganz unterstützt wird. Bei den Partnermonaten wird auch bei einer niedrigeren zeitlichen Inanspruchnahme das volle Elterngeld für diese Monate gezahlt, es verfallen nur die nicht in Anspruch genommenen Partnermonate. Wird also von den bisher vorgesehenen zwei Partnermonaten nur in einem Monat vom Vater Elterngeld bezogen, so verfällt der weitere Partnermonat. Es reduziert sich die Gesamtzahl der Elterngeldmonate von 14 auf 13. Damit setzt das Gesetz bereits jetzt einen finanziellen Anreiz, dass auch der erwerbstätige Vater zwei volle Monate Elternzeit nimmt bzw. Elterngeld in Anspruch nimmt. Soweit dies aus den öffentlich bekannten Zahlen erkennbar wird, ist dieser Effekt auch erheblich. Die Zahl der Elternteile, die zwei Partnermonate in Anspruch nehmen, ist erheblich höher als diejenige mit nur einem Monat Elterngeldbezug. Will man diesen Effekt ausweiten und eine noch weitergehende Erziehungsverantwortung der Väter unterstützen, sollte die Zahl der Partnermonate erweitert werden. Der Juristinnenbund hat sich bereits in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, dass dieser finanzielle Anreiz erweitert wird. So könnte zum Beispiel entsprechend der Modelle in anderen Ländern für jedes Elternteil vier Monate reserviert werden und die restliche Zeit frei übertragbar sein. Eine sehr klare und gleichberechtigungsfördernde Lösung wäre auch ein gesetzlicher Grundsatz der hälftigen Aufteilung zwischen den Elternteilen mit der Möglichkeit, eine bestimmte maximale Zahl an Monaten auf den anderen Elternteil zu übertragen.
Das Konzept von Partnermonaten ist jedoch etwas grundsätzlich anderes als das Konzept einer Mindestelternbezugszeit. Bei den Mindestelterngeldbezugszeiten verfällt der Gesamtanspruch auf Partnermonate, wenn nicht die Mindestzeit in Anspruch genommen wird. Nimmt ein Vater nur einen Monat Elternzeit, so verfallen zwei Monate Elterngeldbezugszeit. Noch deutlicher wird dies in dem oben angeregten Modell von vier Partnermonaten. Bei vier Partnermonaten würde bei der Inanspruchnahme von drei Monaten ein Monat verfallen. Bei vier Mindestbezugsmonaten würden bei der Inanspruchnahme von drei Monaten vier Monate verfallen. Eine Mindestelterngeldbezugszeit setzt damit zwei gegenläufige Anreize, entweder gar keine Elternzeit oder die Mindestzeit in Anspruch zu nehmen.
Die Neuregelung betrifft aus konzeptionellen Gründen ohnehin nur Fälle, in denen Eltern vor der Geburt des Kindes berufstätig waren. Soweit dies aus den Zahlen erkennbar ist, besteht kein quantitativ erhebliches Problem darin, dass Elternteile nur einen Monat Elterngeld in Anspruch nehmen. Soweit dies aus den Zahlen erkennbar ist, besteht auch kein quantitativ erhebliches Problem darin, dass Elternteile nur einen Monat Elterngeld in Anspruch nehmen. Es müssen offenbar schon jetzt erhebliche persönliche Gründe für eine so kurze Elternzeit vorliegen. Es ist vor allem bei den beruflich stark engagierten Vätern zu befürchten, dass die Neuregelung dazu führt, dass statt wenigstens eines Monats überhaupt keine Elternzeit mehr in Anspruch genommen wird. Möglicherweise soll ein Elterngeldmonat auch mit Urlaubszeiten oder Zeiten der Überstundenabgeltung zusammengelegt werden, so dass die tatsächliche Kinderbetreuungszeit dieses Elternteils länger als einen Monat ist. Solche Gestaltungsmöglichkeiten sollten nicht durch eine Mindestbezugszeit ausgeschlossen werden.
Im Gesetzentwurf wird in der Einzelbegründung darauf verwiesen, dass gegenwärtig in bestimmten Fallkonstellationen (Mutter nicht erwerbstätig) faktisch eine Mindestbezugszeit besteht. Dies rechtfertigt nicht die geplante Gesetzesänderung, denn damit würde ein tatsächlicher oder vermeintlicher Mangel des Gesetzes von einer kleinen Teilgruppe auf alle ausgeweitet werden. Es ist richtig, dass nach § 4 Abs. 2 BEEG die Eltern Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge haben, „wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt“. Aus dieser gesetzlichen Formulierung haben zumindest die ursprünglichen Verwaltungsvorschriften zum Elterngeld abgeleitet, dass in Fällen, in denen der eine Elternteil nicht erwerbstätig ist, der andere mindestens für zwei Monate seine Erwerbstätigkeit reduzieren muss. Diese Interpretation ist nicht überzeugend, denn Ziel dieser Regelung ist, dass die Inanspruchnahme des 13. und 14. Monats nur möglich ist, wenn insoweit eine Einkommensreduzierung erfolgt. Die aktuelle Fassung der Verwaltungsvorschriften ist nicht öffentlich zugänglich, allerdings sind aus der Praxis Fälle bekannt, die auf eine Änderung der Verwaltungsvorschriften schließen lassen. Es wird angeregt, dass durch den BT-Ausschuss die gegenwärtige Verwaltungspraxis zu § 4 Abs. 2 BEEG geklärt wird, um feststellen zu können, ob die hier vorliegende Gesetzesbegründung überhaupt noch aktuell ist. Sollte dies der Fall sein und der Gesetzgeber diese Interpretation der Verwaltung ausschließen wollen, so könnte § 4 Abs. 2 Satz 3 wie folgt gefasst werden:
„Sie haben Anspruch auf höchstens zwei weitere Monatsbeträge, wenn in diesem zeitlichen Umfang eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt“.
In der Gesetzesbegründung sollte diese Veränderung ausdrücklich als Klarstellung bezeichnet werden, damit die bisherigen Fälle auch in diesem Sinne gelöst werden können. Damit keine weiteren Irritationen auftreten, sollte weiter in der Begründung ausgeführt werden, dass die Möglichkeit bestehen soll, auch die Partnermonate im Umfang von weniger als zwei Monaten bei entsprechender Reduzierung des Einkommens durch einen der beiden Berechtigten in Anspruch zu nehmen.
3. Wechsel der Berechtigung (Art. 1 Nr. 3 und 4)
Die geplanten Veränderungen zum Antragsverfahren und im Wechsel der Berechtigung sind uneingeschränkt zu begrüßen.
4. Großeltern-Elternzeit (Art. 1 Nr. 6)
Die Regelung hat einen engen Anwendungsbereich, was zu „Experimentierzwecken“ sachgerecht sein dürfte. So sind beispielsweise bei einer Hochschulausbildung des Elternteils die Großeltern nicht berechtigt, die Elternzeitrechte in Anspruch zu nehmen. Dies mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, ist jedoch sachgerecht, da ein auf längere Zeit angelegtes Studium für die Elternzeit eher unterbrochen werden kann als die allgemeinbildende Schulausbildung. Im Übrigen wäre es schwer vermittelbar, dass nur bis zum 21. Lebensjahr von Studierenden die Großeltern Elternzeit für das Enkelkind in Anspruch nehmen dürfen.
Das Gesetz überträgt nur die Zeitrechte auf die Großeltern (in aller Regel wohl auf die Großmutter), nicht jedoch den Elterngeldanspruch, der neben der schulischen Ausbildung der Eltern regelmäßig 300 Euro betragen dürfte. Diese Begrenzung erscheint – zumindest in dieser Phase der Erprobung – sachgerecht. Die Änderung soll Konzeptionen von der gemeinsamen Erziehungsverantwortung mit den jungen Eltern fördern und eine Teilzeitbeschäftigung der Großmutter unterstützen. Ein voller Elterngeldanspruch, der nur bei voller Aufgabe der Erwerbstätigkeit rentabel ist, würde Fallgestaltungen begünstigen, in der die Kindererziehung allein Aufgabe der nunmehr elterngeldberechtigten Großmutter ist. Es sollte jedoch kein gesetzliches Leitbild geben, nach dem von jungen Großmüttern selbstverständlich erwartet wird, dass sie ihre Erwerbstätigkeit für die Erziehung ihrer Enkel unterbrechen.
III. Weiterer Reformbedarf
1. Gemeinsame Teilzeit
Im ersten Änderungsgesetz zum BEEG sollte das Problem des doppelten Anspruchsverbrauchs bei gemeinsamer Teilzeit gelöst werden. Eher versteckt im BEEG geregelt ist, dass die gleichzeitige Teilzeit und der gleichzeitige Teilelterngeldbezug einen doppelten Anspruchsverbrauch bewirken. § 4 Abs. 2 BEEG regelt, dass Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt wird und die Eltern insgesamt Anspruch auf 12 bzw. 14 Monatsbeträge haben. Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen. Beim gleichzeitigen Bezug von Elterngeld werden jedoch immer zwei Elterngeldmonate bezogen auf einen Lebensmonat des Kindes verbraucht – unabhängig von der Höhe des Einkommensersatzes. Wollen die Eltern ihr Kind wirklich partnerschaftlich erziehen und entscheiden sie sich dafür, dass beide gleichzeitig im Beruf kürzer treten und gemeinsam ihr Kind im ersten Lebensjahr betreuen wollen, dann endet ihr Elterngeldanspruch schon nach sieben Lebensmonaten des Kindes. Die bisherige Regelung macht es extrem unattraktiv für Eltern, gemeinsam und gleichzeitig Elternzeit und Elterngeld zu beanspruchen, indem beide ihre Arbeitszeit reduzieren. In der Praxis nehmen die Eltern daher von solchen Modellen Abstand und wählen die „Vollzeitelternzeit“.
Der djb hat zur Lösung dieses Problems ein Modell entwickelt, zu dessen Einzelheiten auf die Stellungnahme (08-06 vom 14. März 2008) gegenüber dem Ministerium verwiesen wird.
2. Übertragbarkeit der Partnermonate bei Alleinerziehenden
Nach dem Gesetz kann ein einzelner Elternteil unter folgenden Ausnahmen 14 statt 12 Monate Elterngeld beziehen:
- wenn die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist,
- wenn das Kindeswohl gefährdet ist,
- wenn ihm die elterliche Sorge allein zusteht,
- wenn ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht oder
- wenn eine einstweilige Anordnung erlassen wurde, mit der diesem Elternteil die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig übertragen worden ist.
Zusätzlich zu allen Ausnahmen muss eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit erfolgen (vgl. § 4 Satz 4 Nr. 2 BEEG).
Hinsichtlich des Merkmals Unmöglichkeit der Erziehung und Kindeswohlgefährdung sollten die Ergebnisse der Evaluation abgewartet werden. Wir schlagen jedoch schon für die jetzige Novelle vor, die Regelung für die „echten Alleinerziehenden“ so zu formulieren, dass an die tatsächlichen Verhältnisse angeknüpft wird. Angesichts des Zwecks der beiden „Partnermonate“, die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung zu fördern, sollten die Ausnahmen begrenzt und eng gefasst werden. Nur so kann der gleichstellungspolitische Zweck der Partnermonate erreicht werden. Der Tatbestand der Alleinsorge ist eindeutig und wirft keine weiteren Probleme auf, so dass daran angeknüpft werden kann. Allerdings bedarf er eines sinnvollen Alternativtatbestandes, um nicht dem familienrechtlichen Leitbild der gemeinsamen Sorge beider Elternteile auch bei nichtehelichen Kindern entgegenzulaufen. Es kommt hinzu, dass es nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Ausfluss des auch nichtehelichen Vätern zustehenden Elternrechts aus Art 6 Abs. 2 GG ist, unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zur gemeinsamen Sorge zu haben. Dem wird das Gesetz nicht gerecht, wenn alternativ zur alleinigen elterlichen Sorge nur auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht abgestellt wird, das vom Familiengericht nur bei einer erheblichen Meinungsverschiedenheit der Elternteile angeordnet wird. Angesichts der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung wäre es für die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes, die nicht mit dem Vater zusammenlebt, wirtschaftlich unvernünftig, eine Sorgerechtserklärung nach § 1626a BGB zu Gunsten des Kindesvaters abzugeben, weil damit der Elterngeldanspruch im 13. und 14. Lebensmonat des Kindes verloren geht, ohne dass der Vater (mangels Zusammenleben) einen Anspruch erhalten würde. Es muss daher eine Umschreibung von echten Alleinerziehenden und in Scheidung lebenden Ehepartnern gefunden werden, bei denen eine Übertragung der Partnermonate angemessen ist. Dabei sollte an die tatsächlichen Verhältnisse angeknüpft werden. Die hier vorgeschlagene Formulierung erscheint sozialrechtlich handhabbar und gut über den Erlass von Durchführungsanweisungen zu konkretisieren. Ebenfalls gut handhabbar wäre der Tatbestand, dass keine häusliche Gemeinschaft/Lebensgemeinschaft besteht und der Berechtigte diese ablehnt (Anlehnung an § 1567 BGB – Getrenntleben von Ehegatten –).
Jutta Wagner
Präsidentin
Dr. Christine Fuchsloch
Mitglied der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich
[1] Zu dem in der Öffentlichkeit Ende 2006/Anfang 2007 rege diskutierten Problem des Stichtags der Geburt bei der Anwendung des neuen Gesetzes hat das Bundessozialgericht inzwischen wie erwartet entschieden, dass die Regelung rechtmäßig ist und nicht gegen das Grundgesetz verstößt.