Stellungnahme: 07-07


zur Errichtung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte - Frauen und Männer gleichermaßen am Grundrechtsschutz in Europa beteiligen!

Stellungnahme vom

1. Der Deutsche Juristinnenbund (djb) begrüßt nachdrücklich die Schaffung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Die Grundrechte-Agentur soll die Organe der Union und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Gemeinschaftsrecht in grundrechtlichen Fragen unterstützen, vor allem bei der Rechtsetzung oder Vornahme anderer Handlungen. Damit wird die Agentur dazu beitragen, dass die nachträgliche Grundrechtskontrolle, die in Europa die nationalen Gerichte, der EuGH und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausüben, durch eine Kontrolle im Vorfeld von Grundrechtseingriffen ergänzt wird. Der djb hält es deshalb für eine richtige Entscheidung, dass die Grundrechte-Agentur als unabhängige Instanz ausgestaltet ist und insbesondere, dass die Organe der Agentur mit unabhängigen Persönlichkeiten, die Grundrechtsexperten/-innen sind, besetzt werden müssen. Vorbildlich ist in diesem Zusammenhang, dass eine ausgewogene Beteiligung von Frauen und Männern in den Gremien der Agentur vorgesehen ist.

2. Nach Ansicht des djb schärft die Einrichtung der Grundrechte-Agentur in wünschenswerter Weise das grundrechtliche Profil der Union. Erfreulich ist nach Ansicht des djb, dass die Zuständigkeit der Grundrechte-Agentur auf Bewerberländer und assoziierte Staaten erstreckt werden kann. Der djb betont, dass das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern zum unabdingbaren Kontrollmaßstab der Agentur gehören: Diskriminierungsverbot und Gleichstellungsgebot sind fundamentale Grundrechte, die zu den gemeinsamen Grundwerten der Union und ihrer Mitgliedstaaten gehören. Dies betont auch die Präambel der Verordnung, die die Agentur schafft. Zu ihrer Verwirklichung in allen Politikbereichen sind die Europäische Union gemäß Art. 3 Abs. 2 EG und die Mitgliedstaaten gemäß ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere nach dem UN-Übereinkommen über die Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) verpflichtet. Daher darf die fast zeitgleiche Schaffung des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen, welches die Gemeinschaftsorgane nur in technischer Hinsicht unterstützen soll, nicht dazu führen, dass die Gleichheit von Frauen und Männern aus dem europäischen Grundrechtsschutz durch die Agentur ausgeblendet wird.

3. Im Interesse eines umfassenden Grundrechtsschutzes begrüßt der djb die Erklärung der Mitgliedstaaten, dass sie und die Gemeinschaftsorgane von der Grundrechte-Agentur auch Stellungnahmen im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (dritte Säule des Unionsrechts) anfordern können. Es dient der Glaubwürdigkeit europäischer Politik, wenn dieser grundrechtlich äußerst sensible Bereich von allen Formen des Grundrechtsschutzes in Europa erfasst ist.

4. Positiv ist nach Überzeugung des djb schließlich, dass die Grundrechte-Agentur über die „Plattform für Grundrechte“ ein Kooperationsnetz mit nichtstaatlichen Akteuren und Institutionen der Zivilgesellschaft erhalten wird. Hierbei sollte auch die Expertise von nationalen und europäischen Juristinnenvereinigungen genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund fordert der djb die Bundesregierung auf

  1. a)  für den Verwaltungsrat wirklich unabhängige Grundrechtexperten/-innen und eine gleiche Anzahl qualifizierter Frauen und Männer vorzuschlagen, um eine unabhängige und effektive Agentur mit ausgewogener Beteiligung der Geschlechter sicherzustellen, und
    b)  sich bei den anderen Mitgliedstaaten dafür einzusetzen, dass diese in gleicher Weise verfahren;
     
  2. sicherzustellen, dass Diskriminierungsverbot und Gleichstellungsgebot von der Grundrechte-Agentur als Kontrollmaßstab angewendet werden;
     
  3. von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Expertise der Grundrechte-Agentur im Bereich der dritten Säule des Unionsrechts zu nutzen.
     
  4. darauf hinzuwirken, dass nationale und europäische Juristinnenvereinigungen in die „Plattform für Grundrechte“ aufgenommen werden.


Den künftigen Verwaltungsrat der Grundrechte-Agentur fordert der djb auf

  1. eine gleiche Anzahl von hochqualifizierten Frauen und Männern als Mitglieder des wissenschaftlichen Ausschusses der Agentur auszuwählen;
     
  2. Diskriminierungsverbot und Gleichstellungsgebot als Kontrollmaßstab anzuwenden.

Berlin, 03. Mai 2007

Jutta Wagner
Präsidentin                                     

Dr. Katja Rodi
Vorsitzende der Kommission Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht