Stellungnahme: 05-01


zum Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt KOM(2004) 2 endgültig/2 vom 25.2.2004

Stellungnahme vom

I. Allgemeine Einschätzung

1. Der djb begrüßt die Initiative der Kommission zu einem weiteren Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Binnenmarkt. Er weist jedoch darauf hin, dass der Gemeinsame Markt und damit auch der Binnenmarkt nach der Konzeption des EG-Vertrags, wie sie insbesondere in Artikel 2 zum Ausdruck kommt, kein Ziel an sich ist. Seine Verwirklichung wird vielmehr angestrebt, um u.a. folgende Ziele zu erreichen: "Förderung eines hohen Maßes an sozialem Schutz, der Hebung der Lebenshaltung und Lebensqualität, des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes, der Gleichstellung von Frauen und Männern und eines hohen Maßes an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität". Während der vorliegende Richtlinienvorschlag dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, welches nach Art. 2 ebenfalls zu den Zielen der Gemeinschaft gehört, breiten Raum einräumt, erscheinen die eben zitierten Ziele überwiegend in den Ausnahmebestimmungen. Es drängt sich daher von vornherein die Frage auf, ob der Vorschlag mit der Binnenmarktkonzeption des EG-Vertrags vereinbar ist.

2. Dies gilt insbesondere bezüglich derjenigen Regelungen, die die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung fördern sollen. Während die im Vorschlag enthaltenen Regelungsansätze zur Erleichterung der Niederlassung von Dienstleistungsunternehmen vorwiegend durch Verwaltungsvereinfachung (Überprüfung der Genehmigungserfordernisse, einheitliche Ansprechpartner und Formulare u.ä.) als geeignete Instrumente erscheinen, stellt die spezifische Ausformung des Herkunftslandsprinzips in dem Entwurf eine Abweichung von dessen Ausgestaltung durch die Rechtsprechung des EuGH dar und hat das Potential, den bisher erreichten acquis communautaire, insbesondere auf den Gebieten Arbeitnehmerschutz, Umweltschutz und Verbraucherschutz zu gefährden.

3. Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit bisher eine andere Ausprägung des "Herkunftslandsprinzips" verwendet. Danach können Mitgliedstaaten nichtdiskriminierende Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG) nur aufrecht erhalten, wenn sie durch zwingende Gründe des allgemeinen Interesses objektiv gerechtfertigt sind. In diesem Zusammenhang müssen die Mitgliedstaaten berücksichtigen, ob Anforderungen, die der Dienstleistungserbringer nach dem Recht seines Herkunftslandes bereits erfüllen muss, das schutzwürdige Allgemeininteresse angemessen wahren. Deswegen hat der EuGH beispielsweise entschieden, dass bei nur geringfügigem Einsatz der Arbeitnehmer eines französischen Unternehmens in Belgien die belgischen Behörden die Wahrung des Arbeitnehmerschutzes durch die französischen Vorschriften zum Mindestentgelt als ausreichend ansehen müssen, solange nicht dargetan ist, dass die Zahlung des belgischen Mindestlohnes für nur wenige Tage im Monat einen so erheblichen Vorteil für die Arbeitnehmer darstellt, dass der damit verbundene administrative Aufwand gerechtfertigt ist (EuGH C-165/98 - Mazzoleni - Slg. 2001, I-2189) und im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerüberlassung festgestellt, dass ein Mitgliedstaat nicht die Stellung einer Sicherheit im Inland verlangen kann, wenn eine Zeitarbeitsfirma eine äquivalente Sicherheit bereits nach dem Recht der Herkunftslandes im Ausland gestellt hat (EuGH C-279/00 - KOM v Italien - Slg. 2002. I-1425, Rn 34). Der EuGH hat aber zahlreiche nationale Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit anerkannt, so z.B. das Genehmigungserfordernis für Arbeitnehmerüberlassung (EuGH C-279/80 - Webb - Slg. 1981, 3305), das Erfordernis der Stellung einer Sicherheit für Zeitarbeitsfirmen (EuGH C-279/00, Rn. 27), die Anforderung, Arbeitsunterlagen für entsandte Arbeitnehmer auf Baustellen bereitzuhalten (EuGH C-369/96 - Arblade - Slg. 1999, 8453, No 63, 74) sowie zuletzt die Verpflichtung des Generalunternehmers, für die Zahlung des Mindestlohnes an entsandte Arbeitnehmer durch seine Subunternehmer zu bürgen (EuGH C-60/63 - Wolff & Müller v Pereira - 12.10.2004). Mit dieser Rechtsprechung hat der EuGH die Balance zwischen verschiedenen Zielen des EG-Vertrags gewahrt. Der Richtliniengeber sollte diese Balance nicht zerstören, indem er den Mitgliedstaaten auch in nicht harmonisierten Bereichen die Berufung auf Allgemeininteressen wie Schutz der Arbeitnehmer, effektive Durchsetzung sozialer Vorschriften und Gesundheitsschutz untersagt. Vielmehr sollte es der Ehrgeiz der Kommission sein, tragfähige Harmonisierungsvorschriften zu entwerfen, wie sie es z.B. mit dem Grünbuch über Dienstleistungen im allgemeinen Interesse (KOM (2003) 270 endg) und dem Entwurf einer Richtlinie über Zeitarbeit (KOM (2002) 741 endg) begonnen hat. Dementsprechend muss die Anwendung der RL 96/71/EG Vorrang vor der neuen Richtlinie haben, was in Art. 17 und 24 deutlicher als jetzt klarzustellen ist.

4. Welche Auswirkungen der Vorschlag auf die Gleichstellung von Frauen und Männern hat, ist schwer abzuschätzen, da die Kommission auf die im Rahmen des "Gender Mainstreaming Prinzips" (vgl. Art. 3 Satz 2 EG) erforderliche diesbezügliche Folgenabschätzung (gender impact assessment) bedauerlicherweise verzichtet hat. Um eine Abschätzung zu ermöglichen, müsste festgestellt werden, wie viele Dienstleistungsunternehmen in der EU von Frauen geleitet werden und wie hoch der Anteil der Frauen an den Beschäftigten dieser Unternehmen ist. Weiter wären Angaben dazu erforderlich, ob und inwiefern diese Unternehmen ihre Dienstleistungen vorwiegend Männern oder Frauen anbieten und ob sich die Bedingungen der Dienstleistungserbringung nach Geschlecht unterscheiden.

5. Unabhängig vom Ergebnis einer solchen Datenerhebung muss sichergestellt werden, dass die Kohärenz der vorgeschlagenen Richtlinie mit dem acquis communautaire auf dem Gebiet der Geschlechtergleichstellung gewahrt wird, insbesondere mit den Richtlinien 76/207/EWG (novelliert durch RL 2002/73/EG) sowie RL 2004/113/EG (zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen). RL 76/207/EG deckt in ihrer novellierten Fassung auch den Zugang zur selbständigen Tätigkeit ab und untersagt auch (mittelbar) diskriminierende Anforderungen an den Erwerb der erforderlichen Qualifikationen für die Niederlassung als Selbständige. Es wäre insofern wünschenswert, wenn hier ein Querverweis auf die RL in den Erwägungsgründen der RL aufgenommen würde. Die Kohärenz mit RL 2004/113/EG erfordert Änderungen im Richtlinienentwurf (s.u. III).

6. Nur ergänzend weist der djb auf die bei der Anhörung vor dem Europäischen Parlament geäußerten Zweifel über die Rechtsgrundlage hin.


II. Gesundheitsdienste und Pflege, soziale Dienste

1. Qualität

Die Mitgliedstaaten tragen die Verantwortung für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung ihrer Bevölkerung. Dazu gehören Regelungen zur Finanzierung sowie zur Zulassung, Bedarfsplanung und Qualitätssicherung. Sie sind verantwortlich für die Schaffung eines leistungsfähigen und für jeden zugänglichen Gesundheitssystems, Art. 152 Abs. 5 EGV. Dabei gehört zum Gesundheitssystem nicht nur die unmittelbare Behandlung von Krankheiten im stationären Bereich und durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Vor allem angesichts kürzerer Verweilzeiten in Krankenhäusern durch Fallpauschalen wird eine gute nachstationäre Betreuung immer wichtiger. Auch bei chronisch Kranken und pflegebedürftigen älteren Menschen kommt es entscheidend auf die qualitativ hochwertige ambulante Betreuung an. Der Richtlinienvorschlag hindert die Bundesrepublik an der vollen Wahrnehmung dieser Verantwortung.

Gesundheitsdienstleistungen müssen auch von privaten Anbietern auf einem hohen, durch Rechtsvorschriften gesicherten Niveau erbracht werden. Auf qualitativ hochwertige Dienstleistungen durch professionelle Kräfte sind insbesondere Frauen angewiesen. Dies hängt damit zusammen, dass Frauen zwar ihre Ehemänner und häufig auch Eltern oder Schwiegereltern pflegen und während Krankheiten begleiten, aufgrund des Altersunterschiedes in vielen Ehen und der statistisch längeren Lebenserwartung von Frauen überleben sie jedoch häufig den Ehepartner und sind dann selbst im Alter auf bezahlte Pflegekräfte angewiesen. Aber auch schon in jüngerem Lebensalter sind Frauen und insbesondere Mütter von kleineren Kindern eher auf professionelle Pflegedienstleistungen angewiesen, weil kein Partner zur Betreuung und Unterstützung im familiären Umfeld zur Verfügung steht.

Der Vorschlag zeigt keinen ausreichenden Ansatz zur Gewährleistung einer hohen oder auch nur standardisierten Qualität, obwohl der Kommission die unterschiedlichen Standards in den Mitgliedstaaten bekannt sind. Entscheidend für die Qualität der Dienstleistung in diesem Bereich ist, welche beruflichen Qualifikationen ein Dienstleitungserbringer bzw. dessen Beschäftigte aufweisen. Dazu wird in der Zusammenfassung Nr. 5 lediglich erwähnt, dass der Richtlinienvorschlag den Vorschlag für eine Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (KOM(2002) 119 endgültig vom 7.3.2002) "ergänzt". Der Richtlinienvorschlag nimmt aber in Art. 17 Ziff. 8 nicht die gesamte Berufsanerkennungsrichtlinie vom Herkunftslandprinzip aus, sondern nur noch nicht genau bezeichnete Artikel. Er lässt zudem unbeachtet, dass in der Richtlinie nicht alle Berufe bzw. Abschlüsse aufgeführt sind, deren gegenseitige Anerkennung aus Gemeinwohlinteresse Voraussetzung für eine grenzüberschreitende Dienstleistung sein sollte.

Stattdessen setzt der Richtlinienvorschlag in Kap. IV "Qualität der Dienstleistungen" auf mehr Information für die Dienstleistungsempfänger - als zusätzliches Instrument durchaus geeignet -, den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung - entbehrlich bei reglementierten Berufsqualifikationen - und freiwillige Zertifizierung, deren Effizienz wegen der Freiwilligkeit begrenzt sein dürfte. Das reicht einerseits nicht aus, um Dienstleistungsempfänger zu schützen, es wäre andererseits überflüssig, wenn den Mitgliedstaaten Maßnahmen in den sensiblen Bereichen in Form von Genehmigungsvorbehalten generell erlaubt wären. Abweichungen vom Herkunftslandprinzip sind ihnen nach Art. 19 für eine Tätigkeit im Gesundheitswesen aber nur zum Schutz des Dienstleistungserbringers gestattet. Dies ist unzureichend. Jedenfalls müssen Gründe des Gesundheitsschutzes und der Sicherung eines bestimmten qualitätsbezogenen Standards ebenfalls eine Abweichung vom Herkunftslandprinzip rechtfertigen können.


2. Kontrolle

Der Vorschlag überträgt in Art. 34-36 die Kontrolle des Dienstleistungserbringers sowie der von ihm erbrachten Dienstleistungen dem Herkunftsland. Das bringt schon wegen der räumlichen Distanz Probleme mit sich, abgesehen von der fehlenden Befugnis, in einem anderen Mitgliedstaat mit ordnungspolitischer Zielsetzung tätig werden zu können. Auch dürfte das Interesse des Herkunftsstaates gering sein, nicht in seinem Hoheitsgebiet ausgeübte Tätigkeiten, die keine Relevanz für seine Bevölkerung haben, zu überwachen. Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet Gesetzesverstöße festgestellt werden, kann nur Ermittlungen erbitten. Selbst bei schwersten Verstößen ist als "Sanktion" nur die Unterrichtung aller anderen Mitgliedstaaten und der Kommission vorgesehen. Das reicht nicht aus, um Dienstleistungsempfänger im Bereich des Gesundheitswesen und der Pflege vor rechtswidrigem Verhalten eines Dienstleistungserbringers mit Gefahren für Leib oder Leben zu schützen.


3. Entsandte Arbeitnehmer/innen

Der Richtlinienvorschlag lässt in Art. 17 die Entsenderichtlinie 96/71/EG im Wesentlichen unberührt, so dass die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen am Arbeitsort gelten; auf die Bedenken zur Verlagerung der Kontrollbefugnis in den Entsendestaat durch Art. 24 (oben I No 3) sei verwiesen. Jedoch enthält die Entsenderichtlinie den Grundsatz der Geltung allgemeinverbindlicher Tarifverträge des Aufnahmestaates nur für den Baubereich, sie ist in Deutschland auch nur für diesen Bereich durch das Arbeitnehmerentsendegesetz umgesetzt. Im frauenpolitischen Interesse ist schon wegen der Überrepräsentanz von Frauen im Gesundheitswesen zu fordern, dass die diese Bestimmung der Entsenderichtlinie erweitert wird.

Die Bekämpfung illegaler Arbeit dürfte erheblich erschwert werden durch das Verbot, vom Dienstleistungserbringer eine Eintragung im Entsendemitgliedstaat zu verlangen. Der Herkunftsmitgliedstaat ist zwar verpflichtet, den Dienstleistungserbringer anzuhalten, auch gegenüber dem Entsendemitgliedstaat Angaben über die Identität des entsandten Arbeitnehmers und andere Angaben zu machen, die Kontrollen ermöglichen. Effektiver und erforderlich ist aber eine Verpflichtung des Dienstleistungserbringers direkt gegenüber dem Entsendemitgliedstaat vor Aufnahme der Tätigkeit, um illegale Arbeit strukturell bekämpfen zu können.


4. Ordnungspolitische Bedenken

Bedenken ergeben sich auch aus ordnungspolitischen Gründen. Niederlassungen in Mitgliedstaaten mit geringem sozialen Schutzniveau werden bestenfalls zu Nivellierungen, eher aber zu einem Wettbewerb nach unten führen. Auch gesteigerte Informationspflichten der Dienstleistungserbringer wiegen nicht den Nachteil auf, dass Dienstleistungsempfänger sich den unterschiedlichsten Rechtsordnungen gegenübersehen und im Inland keinen wirksamen behördlichen Schutz in Anspruch nehmen können, da die inländischen Behörden nicht zu Kontrollen befugt sind. Aus deutscher Sicht sind z.B. die ordnungsrechtlichen Bestimmungen des Heimgesetzes, die Bestimmungen des Hygiene- und Gesundheitsschutzes und die Vorschriften des SGB XI für die Zulassung und den Betrieb als anerkannter Pflegedienst nicht nur sinnvoll, sondern unverzichtbar. Art. 9 bis 13 stellen nicht sicher, dass Genehmigungen von der Einhaltung solcher und ähnlich essentieller Vorschriften abhängig gemacht werden dürfen bzw. Dienstleistungserbringer bei festgestellten Verstößen ausgeschlossen werden können. Soweit ein Mitgliedstaat für seine Maßnahmen die Generalklausel des Art. 9 Abs. 1 b) in Anspruch nimmt, ist er einem ständigen Rechtfertigungszwang gegenüber der Kommission ausgesetzt.



III. Forderungen des djb

Der Entwurf muss insgesamt auf Kohärenz mit dem acquis communautaire überprüft werden. Der djb legt besonderen Wert auf die Kohärenz mit dem Gleichstellungsrecht sowie die Nichtanwendung der Richtlinie auf den Bereich der sozialen Dienste.

Um die Kohärenz des Entwurfs mit der RL 2004/113/EG zu wahren, muss vom Herkunftslandsprinzip (Art. 17) ebenso wie vom Grundsatz der Rechtsdurchsetzung allein durch das Herkunftsland eine weitere Ausnahme gemacht werden. RL 2004/113/EG legt es in die Hand der Mitgliedstaaten, die Einhaltung des Verbotes der Geschlechtsdiskriminierung beim Angebot von Dienstleistungen effektiv zu überwachen und hierfür besondere Institutionen einzurichten. Der Diskriminierungsschutz ist zu wichtig, als dass den Opfern von Diskriminierungen zugemutet werden könnte, sich mit ihren Beschwerden an eine unabhängige Stelle in einem anderen Mitgliedstaat wenden zu müssen, nur weil die Diskriminierung von einem Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ausging. Eine Ergänzung von Art. 24 oder eine gesonderte Regelung muss gewährleisten, dass Entsende- und Aufnahmestaat gleichermaßen für die Durchsetzung des Diskriminierungsschutzes zuständig sind.

Die Anwendung des Richtlinienvorschlags auf soziale Dienste, Gesundheits- und Pflegedienste ist abzulehnen. Diese Dienste unterliegen nicht nur in Deutschland in sich geschlossenen und aufeinander abgestimmten Regelungen, wobei es erhebliche Unterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt. Dabei handelt es sich in diesem Bereich im Wesentlichen nicht um rein marktbezogene Dienstleistungen wie etwa im gewerblichen Bereich, bei denen sich Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger (Verbraucher) als ebenbürtige Vertragspartner gegenüberstehen. Der Dienstleistungsempfänger nimmt vielmehr aus öffentlichen Mitteln oder Solidarbeiträgen finanzierte Leistungen in Anspruch, die ein langfristiges Finanzierungskonzept der öffentlichen Hand und der Selbstverwaltungskörperschaften voraussetzen. Dazu kommt, dass der kranke Mensch nicht wie ein sonstiger Konsument die Wahl hat, ob er eine medizinische Leistung in Anspruch nehmen will. Er muss darauf vertrauen können, dass sein Heimatstaat dafür sorgt, dass die benötigten Dienste und Leistungen in der notwendigen hohen Qualität zu ihm im Einzelnen bekannten Bedingungen zur Verfügung stehen und einer ständigen Qualitätskontrolle unterliegen. Das ist bei Einbeziehung der sozialen Dienste und der Gesundheits- und Pflegedienste in den Geltungsbereich des Richtlinienvorschlags nicht gewährleistet.

Die richtige Regelungsstrategie für diesen Bereich liegt im Zusammenhang mit noch zu entwickelnden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen für Dienstleistungen im allgemeinen Interesse, wobei die besonderen Bedürfnisse von Frauen in den Regelungen ihren Niederschlag finden müssen, um geschlechtergerechte Dienstleistungen im allgemeinen Interesse zu gewährleisten. Solange dies nicht gelingt, muss die Sicherung der Qualität unter Beachtung von Art. 49 und 43 EG in den Händen der Mitgliedstaaten bleiben.

3. Januar 2005

Margret DiwellIngrid Weber
PräsidentinVorsitzende der Kommission
 Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht
 
 
 Prof. Dr. Dagmar Schiek
 Mitglied der Kommission Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht
 Dr. Christine Fuchsloch
 Vorsitzende der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich