Stellungnahme: 04-16


zum Entwurf des Landesdisziplinargesetzes Mecklenburg-Vorpommern

Stellungnahme vom

Der djb bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum o.g. Entwurf eines Landesdisziplinar­gesetzes Mecklenburg-Vorpommern.

Vorab ist anzumerken, dass es der mecklenburg-vorpommersche Gesetzgeber auch im hier vorgelegten Gesetzentwurf abermals versäumt hat, geschlechtsneutrale Formulierungen zu wählen, aus denen hervorgeht, dass nicht nur (männliche) Beamte, sondern auch Beamtinnen von dem Gesetz betroffen sein können. Dies ist ausgesprochen bedauerlich und entspricht nicht den Vorgaben aus Art 3 Abs. 2 GG, da Sprache – dieses gilt auch und insbesondere für Gesetzessprache – ein Abdruck/Spiegel unserer Lebenswirklichkeit ist. Im Übrigen mag hier folgendes Beispiel zu denken geben: Die Schweizer Verfassung formulierte bis 1971: „Stimmberechtigt sind alle Schweizer.“ Dies schloss das Frauenwahlrecht aus. Jetzt heißt es: „Stimmberechtigt sind alle Schweizer und Schweizerinnen.“

Der djb fordert daher eindringlich, noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren nachzubessern und beide Geschlechter umfassende Formulierungen zu wählen.

Der djb hält außerdem insbesondere eine Ergänzung bzw. Änderung von §§ 44, 45, 47 des Gesetzentwurfs für erforderlich:

zu § 44

Nach Abs. 1 Satz 1 sollte ergänzt werden, "Ihr gehört mindestens eine Frau an. Richtet sich das Disziplinarverfahren gegen eine Beamtin, so sollen der Kammer mindestens zwei Frauen angehören."

Eine entsprechende Regelung enthält § 41 Abs. 2 Landesdisziplinargesetz Schleswig-Holstein vom 18. März 2003.

zu § 45

Entsprechend den Ausführungen zu § 44 sollte der Disziplinarsenat mindestens mit zwei Frauen besetzt sein; sofern sich das Disziplinarverfahren gegen eine Beamtin richtet, sollten dem Senat mindestens drei Frauen angehören.

zu § 47

In Abs. 1 Satz 5 heißt es, „Bei den Vorschlägen sollen Frauen und Männer gleichermaßen berücksichtigt werden.“

„Sollen“ ist nicht ausreichend, stattdessen „sind“ Frauen und Männer gleichermaßen zu berücksichtigen, was in der Praxis keinen Schwierigkeiten begegnen dürfte.

In Abs. 3 letzter Halbsatz heißt es, „..., wobei die Zahl der erforderlichen Beamtenbeisitzer vom Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts bestimmt wird“.

Konsequenterweise müsste, wenn die Präsidentin bzw. der Präsident des Oberverwaltungsgerichts hier ausdrücklich Erwähnung findet, es in Anlehnung an Abs. 1 Satz 6 weiter heißen, „..und ihr bzw. ihm die verschlossene Vorschlagsliste zuzusenden ist.“

Zu den weiteren Vorschriften wird außerdem Folgendes angemerkt:

zu § 4

Ungeachtet des auch im jetzigen Recht verankerten Beschleunigungsgebots ziehen sich Disziplinarverfahren unangemessen hin. Sie belasten dadurch zum einen die betroffene Beamtin bzw. den betroffenen Beamten, zum anderen den Behördengang.

§ 4 Satz 2 sollte deswegen dahingehend geändert werden, als Beschäftigte, die mit Ermittlungen nach § 23 Abs. 1 beauftragt werden, (zwingend) für die Dauer ihrer Tätigkeit von ihrem Hauptamt soweit entlastet werden, dass der Abschluss der Ermittlungen durch ihre hauptamtliche Tätigkeit nicht verzögert wird.

zu § 9

In Abs. 2 Satz 1 fehlt bei dem Wort „Bezüge“ ein „n“.

Hinsichtlich einer auferlegten Geldbuße wäre es wünschenswert, wenn diese einem geeigneten, mit der Dienstpflichtverletzung in Zusammenhang zu sehenden gemeinnützigen Zweck zufließen würde.

zu § 10

In Abs. 6 Satz 1 heißt es, dass die Rechtsfolgen der Kürzung der Dienstbezüge sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis erstrecken.

Mit Blick auf die Regelungsgewalt des Landesgesetzgebers wäre es wünschenswert, wenn klarstellend eine einschränkende Ergänzung: „bei einem unter das Landesbeamtengesetz fallenden Dienstherrn“ erfolgt, um § 1 Abs. 1 insofern zu ergänzen.

zu § 11

In Abs. 4 wird allgemein von einem „neuen“ Beamtenverhältnis gesprochen.

Es gelten die Ausführungen zu § 10.

zu § 12

Die in Abs. 3 nunmehr vorgesehene einheitlich geregelte Unterhaltszahlung ist begrüßenswert und nimmt Unsicherheiten und Kompliziertheiten der bisherigen Ermessensregelung.

zu § 18

In Abs. 4 Satz 1 fehlt nach „geführt haben“ ein Komma.

zu § 19

In Abs. 2 Satz 3 heißt es, „Von der Einleitung kann auch abgesehen werden, wenn ein Disziplinarverfahren...nicht verhältnismäßig wäre“.

Satz 3 bezieht sich offensichtlich auf Satz 1. In Satz 1 ist jedoch nicht von einer Ermessensregelung die Rede, sondern hier ist zwingend ein Disziplinarverfahren nicht einzuleiten, wenn nach § 16 oder § 17 eine Disziplinarmaßnahme nicht ausgesprochen werden darf. Deswegen ist das Adverb „auch“ des Satzes 3 insofern verfehlt.

Es kann jedoch benutzt werden, wenn statt dessen der erste Halbsatz des Satzes 3 lauten würde, „ Von der Einleitung ist auch abzusehen, ...“.

Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips wäre eine Ermessensregelung verfehlt und eine gebundene Entscheidung vorzusehen.

In Abs. 4 Satz 1 ist hinter „S. 3322“ die Klammer doppelt gesetzt.

zu § 30

Hinsichtlich der Fertigung von Protokollen wird auf § 168a der Strafprozessordnung verwiesen.

Vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Abkehr von der Strafprozessordnung hin zum Verwaltungsverfahrensrecht wäre eine eigenständige, direkt aus dem Gesetz ablesbare Regelung konsequenter; einer Anlehnung an § 168a StPO steht nichts entgegen.

zu § 36

In Abs. 3 Satz 1 heißt es „...und beabsichtigt die oberste Dienstbehörde, zu dessen...“. Es muss heißen „ zu deren“.

Weiter ist das Wort „es“ nach „teilt“ überflüssig.

Abs. 4 Satz 2 liest sich sehr holperig und könnte unkomplizierter gefasst werden.

zu § 37

Dass die oberste Dienstbehörde grundsätzlich jeder Einstellungs- bzw. Disziplinarverfügung zustimmen muss, stellt eine Regelung dar, die sich beispielsweise weder im schleswig-holsteinischen noch im niedersächsischen Disziplinarrecht findet

Es erscheint fraglich, ob eine solche Regelung tatsächlich mehr Rechtssicherheit für die betroffene Beamtin bzw. den betroffenen Beamten birgt und verfahrensbeschleunigend wirkt.

Wenn an einer Stelle die disziplinarrechtlich verfahrensrelevanten Entscheidungen zusammentreffen sollen, stellt sich die Frage, warum dann nicht eine zentrale Disziplinarbehörde eingerichtet wird, die sich ausschließlich und mit der entsprechenden Professionalität mit Disziplinarverfahren beschäftigt.

Solange dies jedoch nicht der Fall ist, erscheint § 37 Abs. 1 überfrachtet und stellt einen nicht erforderlichen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.

Wenn die Bestimmung aber beibehalten werden sollte, so würde sie sprachlich klarer und ehrlicher lauten, „Die oberste Dienstbehörde muss Einstellungsverfügungen und Disziplinarverfügungen vor ihrem Erlass zustimmen“.

Dass die Verfügungen vorher der obersten Dienstbehörde zugeleitet oder in geeigneter Weise bekannt gemacht werden müssen, erscheint selbstverständlich und im Gesetz nicht besonders erwähnenswert.

Abs. 2 lautet sprachlich besser:

„Die oberste Dienstbehörde kann den Dienstvorgesetzten von der Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung nach Absatz 1 Satz 1 entbinden.“

zu § 43

§ 43 Satz 1 enthält eine Zuständigkeitszuweisung an das Bundesverwaltungsgericht.

Diese Regelung steht nicht im Einklang mit Art. 96 Abs. 4 GG.

Danach kann der Bund für Personen, die zu ihm in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, Bundesgerichte zur Entscheidung in Disziplinarsachen und Beschwerdeverfahren errichten.

Landesbeamte stehen in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

zu § 44

siehe bereits Eingangs:

Nach Abs. 1 Satz 1 sollte ergänzt werden, „Ihr gehört mindestens eine Frau an. Richtet sich das Disziplinarverfahren gegen eine Beamtin, so sollen der Kammer mindestens zwei Frauen angehören.“

Eine entsprechende Regelung enthält § 41 Abs. 2 Landesdisziplinargesetz Schleswig-Holstein vom 18. März 2003.

zu § 45

siehe bereits Eingangs:

Entsprechend den Ausführungen zu § 44 sollte der Disziplinarsenat mindestens mit zwei Frauen besetzt sein; sofern sich das Disziplinarverfahren gegen eine Beamtin richtet, sollten dem Senat mindestens drei Frauen angehören.

zu § 46

Es ist nicht ersichtlich, warum die BeamtenbeisitzerInnen bei ihrer Wahl ihren dienstlichen Wohnsitz möglichst im Bezirk des zuständigen Verwaltungsgerichts haben sollen. Eine Verfahrensverbesserung ist in dem Umstand nicht zu erkennen. Die Regelung ist unpraktisch. Ausreichend ist, dass die Beamtenbeisitzer ihren dienstlichen Wohnsitz im Land Mecklenburg-Vorpommern haben. Dadurch dürfte hinsichtlich des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ebenfalls dem Beschleunigungsgebot Rechnung getragen und einer Verfahrensverzögerung vorgebeugt werden, weil ausreichend Beamtenbeisitzerinnen und -beisitzer zur Verfügung stehen.

zu § 47

siehe bereits Eingangs:

In Abs. 1 Satz 5 heißt es, „Bei den Vorschlägen sollen Frauen und Männer gleichermaßen berücksichtigt werden.“

„Sollen“ ist nicht ausreichend, stattdessen „sind“ Frauen und Männer gleichermaßen zu berücksichtigen, was in der Praxis keinen Schwierigkeiten begegnen dürfte.

In Abs. 3 letzter Halbsatz heißt es, „..., wobei die Zahl der erforderlichen Beamtenbeisitzer vom Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts bestimmt wird“.

Konsequenterweise müsste, wenn die Präsidentin bzw. der Präsident des Oberverwaltungsgerichts hier ausdrücklich Erwähnung findet, es in Anlehnung an Abs. 1 Satz 6 weiter heißen, „..und ihr bzw. ihm die verschlossene Vorschlagsliste zuzusenden ist.“

zu § 48

In Nr. 2 heißt es, „ das durch Artikel 11 des Gesetzes vom...“.

Üblicherweise heißt es, „geändert durch...“

Nr. 4 und 5 erscheinen in dem hier vorliegenden Text doppelt.

In Nr. 6 müßte ergänzt werden „oder war“ nach „befasst ist“.

zu § 53

Abs. 1 sollte nach dem zweiten Halbsatz ergänzt werden durch

„und nicht Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens werden sollen“ und das Wort „nur“ im letzten Halbsatz gestrichen werden. Dafür sollte Satz 3 des Abs. 3 gestrichen werden, der an dieser Stelle zusammenhanglos wirkt.

Abs. 2 Satz 3 ist umständlich gefasst.

Alternativ könnte der Satz lauten,

„Die Frist kann auf Antrag vor ihrem Ablauf verlängert werden, wenn die oberste Dienstbehörde sie aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen voraussichtlich nicht einhalten kann.“

Dass der Antrag von der obersten Dienstbehörde gestellt wird, ergibt sich aus Abs. 2 Satz 1, so dass ihre ausdrückliche Erwähnung unnötig ist.

Gemäß Abs. 4 Satz 2 gilt Absatz 3 Satz 2 und 3 entsprechend.

Dieser Verweisungshinweis bedarf der Klarstellung.

zu § 57

Gemäß Abs. 1 Satz 2 hat das Verwaltungsgericht die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind.

Zur Vereinfachung des Verfahrens erscheint es ausreichend, hinter Satz 1 des Abs. 1 einzufügen, „...es sei denn, sie sind offenkundig unrichtig.“ Dies würde einen ausdrücklichen Beschluss entbehrlich machen.

zu § 59

Positiv ist die nunmehr eröffnete Möglichkeit der Entscheidung durch Beschlussfassung.

zu § 60

Statt des Bezugs auf § 106 Verwaltungsgerichtsordnung enthielte eine ausdrückliche Klarstellung, dass eine Erledigung des Disziplinarverfahrens im Vergleichswege nicht zulässig ist, eine - wünschenswerte - deutlichere Hinweis- und Warnfunktion.

zu § 61

Sofern sich die Klagerücknahme nach § 92 Verwaltungsgerichtsordnung richten soll, müsste die Norm genannt werden, um z.B. Zustimmungserfordernisse auszulösen.

zu § 63

Gemäß §§ 69, 70 des Entwurfs soll ein Revisionsverfahren zulässig sein. Wo ist bei angenommener Anhängigkeit eines Revisionsverfahrens der Antrag nach § 63 Abs. 1 zu stellen?

zu § 66

Hinsichtlich Abs. 2 Satz 2 gelten die Ausführungen zu § 60.

zu §§ 69, 70

Durch ein Landesgesetz soll hier eine Verweisung an ein Bundesgericht vorgenommen werden.

Es ist nicht erkennbar, dass der Landesgesetzgeber die dafür erforderliche Regelungsbefugnis besitzt, siehe auch die Ausführungen zu § 43.

zu § 88

In Abs. 3 heißt es „ die durch Artikel 5 des Gesetzes....geändert worden ist“, statt „geändert durch...“.

zu § 89

Der Zusatz „im Benehmen mit den beteiligten Ministerien“ ist entbehrlich, weil die Binnenabstimmung eine innerdienstliche Angelegenheit darstellt und keiner Verankerung im Gesetz bedarf.

 

 

31. August 2004

 

Dr. Katja Rodi                                                                   Christiane Münter

Vorsitzende des Landesverbandes                              Stellv. Vorsitzende des

Mecklenburg-Vorpommerrn                                         Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommerrn