Stellungnahme: 04-08


zum sechsten Bericht über die Umsetzung des LGG Berlin Anhörung des Ausschusses für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen am 31.3.2004 im Abgeordnetenhaus von Berlin

Stellungnahme vom

I. Allgemeine Einschätzung

Der djb begrüßt die weiter gestiegene Repräsentanz von Frauen im unmittelbaren Landesdienst und die Erhöhung der Frauenquote im Eingangsamt des höheren Dienstes.
Erfreulich ist auch, dass der Bericht eine erste Datengrundlage bietet zur Feststellung der Teilhabe von Frauen an Entscheidungsgremien der Hauptverwaltung, die zudem eine bessere Teilhabe ausweist als zunächst angenommen. Der nach § 19 Abs. 3 Ziff.3 LGG zu erwartende erweiterte Bericht sollte sich jedoch kritisch mit Angaben von Einrichtungen (Bericht S. 204 oben) auseinandersetzen, wonach "es zum Teil gesetzliche Vorgaben für die Federführung von Gremien durch eine Senatsverwaltung gibt, ohne dass die Besetzung dieser Gremien nach dem LGG beeinflusst werden kann". Der Landesgesetzgeber sollte alle Möglichkeiten nutzen, entgegenstehende gesetzliche Vorgaben den Regelungen des LGG anzupassen.
Der djb bedauert, dass der Frauenanteil im höheren Dienst mit steigender Vergütung drastisch abnimmt, bei den Beamtinnen noch mehr als bei den weiblichen Angestellten. Bei Leitungspositionen in Haupt- und Bezirksverwaltungen beträgt der Frauenanteil bei Abteilungsleitungen beschämende 9,8 %. Frauen sind in Beförderungsämtern und Leitungspositionen so erheblich unterrepräsentiert, dass dringend über Maßnahmen nachgedacht werden sollte, wie die in diesem Bereich offenbar nicht den Anforderungen des § 8 LGG entsprechende Beförderungspraxis beeinflusst werden kann. Dazu erscheint es notwendig, die Einrichtungen i.S. des § 1 Abs. 1 LGG zu veranlassen, die jeweils in einem Berichtszeitraum mitgeteil-ten Erhebungen an den selbstgewählten Maßnahmen und Zielvorgaben ihres nach § 4 LGG aufgestellten Frauenförderplans zu messen mit Begründungspflicht bei Nichterfüllung der Vorgaben. Nur eine konkrete Auseinandersetzung der Dienststellenleitung mit den Vorgaben aus dem jeweiligen Frauenförderplan und ihrer tatsächlichen Beförderungs- und Stellenbesetzungspraxis kann nach Ansicht des djb hier Abhilfe schaffen. Allgemeine Aussagen wie z.B. die der Senatsverwaltung für Finanzen (Bericht S. 39), dass "man dem Ziel des Hauses, der paritätischen Wahrnehmung von Leitungspositionen durch weibliche Dienstkräfte, wieder näher gekommen" sei, obwohl im Berichtszeitraum bei 14 Höhergruppierungen und Beförderungen im höheren Dienst nur 4 Frauen berücksichtigt wurden, beschönigen nur die Realität.


II. Wirksamkeit der §§ 13, 14 LGG

Diesen Regelungen kommt in Verbindung mit der dazu erlassenen Verordnung - FFV - große Bedeutung zu, da die Gesetzgebungskompetenz für ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft beim Bundesgesetzgeber liegt, der in Verkennung der Situation der Frauen in der Privatwirtschaft ein solches Gesetz nicht für erforderlich hält (dazu Stellungnahme des djb zur Bilanz 2003 vom 22.2.2004).
Umso bedauerlicher ist es, dass der vom Abgeordnetenhaus angeforderte Bericht des Senats vom 30.1.2001 zu der Feststellung gelangt, dass die Vergabestellen die Vorgaben der FFV nicht durchgehend umsetzen, obwohl nur ca. 15 % aller Ausschreibungen wegen des hohen Schwellenwerts des Auftragsvolumens in den Anwendungsbereich der FFV fallen. Die "Handreichung" und der "Nachweis-Leitfaden" (Bericht S. 199) werden nur zu einem gesetzestreuen Verhalten der Vergabestellen führen, wenn die Vergabepraxis überwacht wird. Anzuregen ist auch, über eine Absenkung des Schwellenwertes nachzudenken, da offensichtlich mit 15 % ein zu geringer Teil der Ausschreibungen betroffen ist, um die Privatwirtschaft bei der öffentlichen Auftragsvergabe und staatlicher Leistungsgewährung wirksamer zu Gleichstellungsmaßnahmen zu veranlassen.
Bedauerlich ist auch, dass von den Unternehmen an erster Stelle als praktizierte Gleichstellungsmaßnahme eine flexible Arbeitszeitgestaltung genannt wird, also eine Maßnahme der Familienförderung, wobei die Annahme nahe liegt, dass es vielfach nur oder auch betriebliche Gründe sind, die die Unternehmen zu einer solchen Maßnahme veranlassen. Zumindest sollten die Vergabestellen genauere Angaben von den Unternehmen über die von ihnen praktizierte flexible Arbeitszeitgestaltung verlangen, um überhaupt eine positive Auswirkung feststellen zu können.
In diesem Zusammenhang ist auf § 1 Abs. 2 bis 5 LGG hinzuweisen als einem grundsätzlich gut geeigneten Instrument des Landes, die Grundsätze des LGG bei Privatisierungen fortgelten zu lassen. In Hinblick auf die verstärkten Bemühungen des Landes um Privatisierungen in unterschiedlicher rechtlicher Ausgestaltung hält der djb es aber für erforderlich, dem Senat einen Berichtsauftrag zu erteilen, ob und in welcher Weise bei den in den Absätzen 2 bis 5 genannten Tatbeständen auf eine Fortgeltung der Grundsätze des LGG geachtet worden ist. Dann erst lässt sich erkennen, ob die Sollvorschriften der Absätze 4 und 5 ausreichen oder zwingend ausgestaltet werden müssen.

Berlin, den 23.3.2004

Margret DiwellIngrid Weber
PräsidentinVorsitzende der Kommission Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht