Stellungnahme: 03-16


zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes

Stellungnahme vom

Beschluss des BVerfG
vom 9. April 2003, 1 BvR 1493/96, 1 BvR 1724/01

 

1. In § 1600 Abs. 1 sollte die Anfechtungsbefugnis des biologischen Vaters nicht nur daran geknüpft werden, dass er glaubhaft macht, der Erzeuger des Kindes zu sein, sondern dass er zudem bereit ist, seinerseits elterliche Verantwortung zu übernehmen. Allein die Klarstellung der Abstammungsverhältnisse kann, jedenfalls dann, wenn die übrigen Beteiligten hierzu nicht beitragen wollen, kein ausreichender Grund für den Eingriff in deren Rechtsposition sein. 2. Die in § 1600 Abs. 2 BGB enthaltene Legaldefinition der sozial-familiären Beziehung ist zu eng und dürfte vor allem in Fällen, in denen die Ehe der Mutter und des als Vater geltenden Mannes geschieden wird, zu Unklarheiten führen: Die Übernahme tatsächlicher elterlicher Verantwortung kann auch durch Umgang und Unterhaltszahlung erfolgen und ist daher keineswegs daran gebunden, dass der Vater mit der Mutter verheiratet ist, wie der Entwurf vorsieht, tatsächliche elterliche Verantwortung kann also auch dann ausgeübt werden, wenn der Vater mit der Mutter verheiratet war. Daher sollte zur Klarstellung in die Legaldefinition der Übernahme tatsächlicher Verantwortung die Formulierung "... wenn der Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder war ..." aufgenommen werden.

Die im Entwurf vorgesehene Definition legt zumindest nahe, dass in allen Fällen, in denen die Ehe der Mutter geschieden ist, der biologische Vater anfechten kann. Dies ist ein zu weitgehender Eingriff in die Rechte von Kind und Mutter und dem als Vater geltenden Mann und kann in dieser Konsequenz auch nicht gewollt sein, zumal die Rechtsposition des verheiratet gewesenen Vaters dann schlechter ist, als desjenigen, der mit der Mutter und dem Kind zusammen lebt bzw. - auch nach der Definition des Entwurfs - sechs Monate in beliebiger Frist - zusammen gelebt hat. Dies kann auch mit Rücksicht auf die aus der Ehe sich ergebenden laufenden und nachwirkenden Verpflichtungen des Vaters nicht richtig sein.

3. Das Umgangsrecht in § 1685 BGB sollte zugleich auch als ein Recht des Kindes ausgestaltet werden.

4. Auch wenn durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Abwägung zwischen den einzelnen Interessenpositionen vorgegeben ist, führen die vorgesehenen Regelungen zur Anfechtung der Vaterschaft durch einen Dritten zu einer Rechtsbeeinträchtigung von Müttern, die ihr Leben aus häufig auch verständlichen Gründen ohne den Erzeuger ihres Kindes führen wollen. Da noch immer, wie aus den auch von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Untersuchungen hervorgeht, überwiegend Frauen Kinder versorgen, sind selbstverständlich überwiegend Frauen durch die aus dem Anfechtungsrecht des biologischen Vaters resultierenden Auseinandersetzungen und Belastungen betroffen.

12. August 2003

Margret Diwell
Präsidentin

Sabine Heinke
Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht,
Recht anderer Lebensgemeinschaften