Stellungnahme: 01-26


zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG (Gleichstellung der Frau) - Annex

Stellungnahme vom

Das Europäische Parlament hat seine Stellungnahme zu dem Änderungsvorschlag der Europäischen Kommission am 31. Mai 2001 abgegeben. Der Rat hat am 23. Juli 2001 einen gemeinsamen Standpunkt beschlossen. Die Europäische Kommission hat jeweils Stellung genommen. Der Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit des Europäischen Parlaments hat am 16. Oktober 2001 seine Empfehlung verabschiedet. Das Europäische Parlament hat in zweiter Lesung am 24. Oktober 2001 eine modifizierte Stellungnahme beschlossen.
Der djb nimmt diese Diskussion in den Organen der Europäischen Union zum Anlass, seine Stellungnahme vom 13. Dezember 2000 geringfügig zu überarbeiten.
Der djb begrüßt, dass das Europäische Parlament in seiner Stellungnahme eine Reihe von Punkten aufgegriffen hat, die Gegenstand der Stellungnahme des djb vom Dezember 2000 waren. Dies betrifft u.a. die Einführung der Definition von mittelbarer Diskriminierung, Aspekte des Mutterschutzes, konkretere Formulierungen des Rechtsschutzes und der Sanktionen sowie die Kompetenzen und die Ausstattung der sogenannten unabhängigen Stellen.
Der djb nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass das Europäische Parlament in seiner Stellungnahme darüber hinaus eine Reihe von sinnvollen Konkretisierungen und Begriffsklärungen vorschlägt - so zur Terminologie Gleichstellung und Gleichbehandlung, zur sexuellen Belästigung, zur Rückkehr an den Arbeitsplatz, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu den Ausnahmen von der Richtlinie und zur Viktimisierung. Der djb unterstützt diese Forderungen des Europäischen Parlaments und ist der Auffassung, dass sie zur Klarheit beitragen, das Ziel der Richtlinie verdeutlichen sowie ihre Umsetzung erleichtern und die Erreichung des Ziels verbessern.
Anerkennend verfolgt hat der djb, dass das Europäische Parlament weiterhin eine Reihe von Punkten zur Änderung vorgeschlagen hat, die nicht in dem Vorschlag der Europäischen Kommission enthalten waren, von dieser nicht unterstützt wurden und auch vom Rat abgelehnt werden. Zu diesen Forderungen des Europäischen Parlaments nimmt der djb wie folgt Stellung:

Vorbeugende Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung und Beratung durch Vertrauenspersonen
Der djb schließt sich der Auffassung des Rates an, dass diese konkreten Vorschläge zur Vermeidung sexueller Belästigung den Rahmen der Richtlinie und den mit ihr bezweckten Vorgaben an die Mitgliedstaaten verlassen. Wenngleich die Forderung des Europäischen Parlaments inhaltlich im Grundsatz geteilt wird und die Einführung präventiver Maßnahmen sowie ein System der Beratung durch Vertrauenspersonen grundsätzlich sinnvoll sein können, so ist der djb dennoch der Auffassung, dass diese Überlegungen Teil der konkreten Umsetzung der Richtlinie sein sollten. Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Sozialpartner sollten den Freiraum behalten, selbst zu entscheiden, welche Maßnahmen sie zur Vermeidung von sexueller Belästigung für geeignet halten.

Gleichstellungspläne der Arbeitgeber
Der djb ist der Auffassung, dass Gleichstellungspläne sowohl im öffentlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft ein sinnvolles Instrument zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern darstellen. Deshalb bedauert der djb, dass das Europäische Parlament in seiner modifizierten Stellungnahme nicht mehr eine entsprechende Änderung der Richtlinie dahin gehend, dass die Aufstellung solcher Pläne angeregt wird, fordert. Der djb hofft, dass sich wenigstens die abgeschwächte Forderung durchsetzen lässt, die Richtlinie so zu ändern, dass die Mitgliedstaaten notwendige Maßnahmen treffen müssen zur Gewährleistung einer geplanten und systematischen Förderung von Frauen am Arbeitsplatz. Der djb bedauert, dass sich das Europäische Parlament hier nicht dem Vorschlag des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit angeschlossen hat, diese Verpflichtung zur Förderung auch auf den Bereich des gleichen Entgelts für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu beziehen.

Verbandsklage
Der djb unterstützt das Europäische Parlament in seiner Forderung nach Aufnahme einer Bestimmung, die die Einführung einer echten Verbandsklage neben der vorgesehenen Prozessstandschaft beinhaltet. Allerdings gibt der djb zu bedenken, dass - wie der Rat zutreffend zur Begründung seiner Ablehnung dieser Forderung ausführt - damit die Richtlinie 76/207 weiter gehen würde als die Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG und in diesem Punkt die angestrebte Einheitlichkeit der Formulierungen nicht erreicht würde. Der djb sieht darüber hinaus die Möglichkeit - unabhängig von einer entsprechenden Formulierung in der geänderten Richtlinie 76/207 - eine Verbandsklage auf Ebene der Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzung der geänderten Richtlinie einzuführen.

Vergaberecht
Der djb schließt sich dem Vorschlag des Europäischen Parlaments in der ersten Lesung an, mit der geänderten Richtlinie für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu schaffen, die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Berücksichtigung der Gleichstellung und an Gesichtspunkte der Frauenförderung zu knüpfen. Da das Vergaberecht europäischen Vorgaben folgt und darüber hinaus ein wichtiges Instrument zur Steuerung bestimmter Interessen und zur Verwirklichung gesetzter Ziel der öffentlichen Hand darstellt, würde eine solche Änderung der Richtlinie wesentlich zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen und den Mitgliedstaaten Handlungsspielraum eröffnen. Der djb bedauert, dass weder der Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit noch das Europäische Parlament diesen Punkt in der zweiten Lesung wieder aufgegriffen hat. Der djb hofft, dass diese Forderung bei der Beratung des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine Koordinierungs-Richtlinie zur Vergabe öffentlicher Aufträge (KOM (2000) 275 vom 10. Mai 2000) vom Europäischen Parlament erneut vorgebracht wird.

29. Oktober 2001

Margret Diwell
Präsidentin
 Maren Thomsen
Vorsitzende der Kommission
Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht
  Sabine Overkämping
Stellv. Vorsitzende der Kommission
Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht