Stellungnahme: 01-21


zum Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Mutterschutzrechts - Referentenentwurf Stand 1. August 2001

Stellungnahme vom

1. Der Deutsche Juristinnenbund begrüßt die Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Beschäftigungsverbot nach der Entbindung durch den zu än-dernden § 6 Abs. 1 MSchG der Vorgabe des Art. 8 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 anzupassen. Die Gesetzesänderung vom 20.12.1996 (BGBl. I S. 2110), die die Nachgewähr der Mutterschutzfrist nur bei einer Frühgeburt im medizinischen Sinne, nicht aber einer sonstigen vorzeitigen Entbindung vorsah, entsprach insoweit nicht dem europäischen Recht.
2. Zu begrüßen ist auch die Klarstellung in § 17 Satz 1, dass mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote in Ansehung des Erholungsurlaubs als Arbeitszeiten gelten. Das ist schon bisher höchstrichterliche Rechtsprechung, da der Urlaubsanspruch nicht an die tatsächliche Arbeitsleistung, sondern an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft. Auch die Regelung über die Nachgewähr von Erholungsurlaub in § 17 Satz 2 ist zu begrüßen. Der Deutsche Juristinnenbund hält aber eine Erläuterung des Begriffs "nicht erhalten" in der Gesetzesbegründung für erforderlich. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9.8.1994 - 9 AZR 384/92 - EzA § 7 BUrlG Nr. 97 braucht ein Arbeitgeber den Urlaub dann nicht nachzugewähren, wenn er vor Beginn der Schwangerschaft zeitlich festgesetzt war und der Zeitraum nun in die Zeit eines Beschäftigungsverbotes fällt. Dass die Frau auch in einem solchen Fall den Urlaub nicht im Sinne des § 17 Abs. erhalten hat, sollte zur Vermeidung von Unklarheiten und künftigen Rechtsstreitigkeiten in der Begründung klargestellt werden.
3. Der Deutsche Juristinnenbund bedauert, dass die geplante Gesetzesänderung nicht zum Anlass genommen wird, die Einstellungschancen junger Frauen im sog. gebärfähigen Alter zu verbessern. Denn die mutterschutzrechtlichen Regelungen sind u.a. mit erheblichen Kosten für die Unternehmen verbunden und stellen in der Realität ein Einstellungshindernis für junge Frauen dar. Dass dies von den Arbeitgebern so gesehen wird, zeigen die vielfältigen Bemühungen, z.B. durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen den Folgen des Gesetzes möglichst zu entgehen. Der Schutz von Mutter und Kind ist in Art. 6 Abs. 4 GG verankert und unabweisbar notwendig. Ebenso ist aber die Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ernst zu nehmen, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern durchzusetzen und bestehende Nachteile zu beseitigen.
Einstellungshindernisse für junge Frauen können dadurch z.T. abgebaut werden, dass den Unternehmen nicht zu hohe Mutterschutzkosten aufgebürdet werden. Das Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Krankenkassen ist seit Jahrzehnten gleich geblieben, die seitdem erheblich gestiegenen Löhne und Gehälter haben dazu geführt, dass die Unternehmen einen immer höheren Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Abs. 1 MSchG zu zahlen haben. Deshalb ist zunächst eine Erhöhung des Mutterschutzgeldes und damit eine Verringerung des Arbeitgeberzuschusses dringend erforderlich.
Darüber hinaus bietet sich an, das Erstattungs- und Umlageverfahren des §10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und § 14 LohnfortzG auf alle Unternehmen auszudehnen, um eine gerechtere Verteilung der Lasten zwischen Klein-, Mittel- und Großbetrieben zu erreichen. Frauen sind besonders häufig in kleinen und mittelgroßen Unternehmen beschäftigt, seltener dagegen in Großunternehmen. Die Umlage sollte so bemessen werden, dass eine 100prozentige Erstattung möglich ist, besser noch eine 125prozentige, um die Kosten für notwendige Vertretungen und sonstige Organisationskosten abzudecken. Damit wird das Risiko der Mutterschutzkosten gleichmäßig auf alle Unternehmen verteilt, es wird für die Unternehmen kalkulierbar und kann daher die Einstellungschancen junger Frauen erhöhen.


Bonn, den 19. September 2001

 

RAin Margret Diwell
Präsidentin
Ingrid Weber, Vorsitzende Richterin am LAG Berlin
Vorsitzende der Kommission Arbeits-,
Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht