Stellungnahme: 01-20


des Deutschen Juristinnenbundes (djb) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthaltes und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)

Stellungnahme vom

Der djb greift in dieser Stellungnahme lediglich die besonders Frauen und Kinder betreffenden Regelungen des am 3. August 2001 von Bundesinnenminister Otto Schily der Öffentlichkeit vorgestellten Referentenentwurfs eines Zuwanderungsgesetzes heraus.

Der djb appelliert dringend an die Bundesregierung, den Referentenentwurf so zu ändern, dass die in unserem Grundgesetz verankerten Verfassungsaufträge für eine gleichberechtigte Gesellschaft der Geschlechter (Art. 3 Abs. 2 GG) und ausreichenden humanitären Schutz von Frauen (Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 2 Abs. 2 und Art. 16a Abs. 1 GG) im neuen Recht ihren Niederschlag finden. Auch eine weitere Verbesserung des Schutzes der Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) darf nicht aus den Augen verloren werden, wobei - nicht nur dort - darauf zu achten ist, dass nur unwesentliche Regelungen dem Verordnungsgeber überlassen werden dürfen.

Der djb fordert die Bundesregierung auf, die Reform des Ausländer- und Asylrechts in einem Gesetzgebungsverfahren ohne wahlkampftaktisch bestimmte Hektik zu erarbeiten. Insbesondere müssen die Fachverbände und -organisationen trotz des außerordentlich engen Zeitrahmens, der für die Beratung des Gesetzentwurfes vorgesehen ist, angehört und ihre Stellungnahmen in die Beratung des Gesetzes einbezogen werden. Dabei dürfen, anders als dies bei der Besetzung der Unabhängigen Zuwanderungskommission geschehen war, die Frauenorganisationen nicht vernachlässigt werden.

Im Einzelnen:

1. Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung und der Erwerbstätigkeit (insbesondere §§ 16 ff. AufenthG-E)

Der djb kritisiert, dass die Vereinfachung der Zuwanderung im Regelverfahren und die neu geschaffenen Zuwanderungsmöglichkeiten im Bereich der Arbeitsmigration vor allem Männern zu Gute kommen werden. Positiv zu bewerten ist zwar der gleiche Zugang zum Arbeitsmarkt für nachziehende Familienangehörige von Arbeitsmigranten - ganz überwiegend Ehefrauen -, die künftig ohne Wartezeit Zugang zum Arbeitsmarkt haben sollen (§ 29 Abs. 5 AufenthG-E). Dies kann aber nicht ausreichen. Der djb fordert, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter als Gesichtspunkt des gesamtgesellschaftlichen Interesses und als Auswahlkriterium in die vorgeschlagenen Einzelregelungen und auch in die Gesetzesbegründung aufgenommen wird. Mit dem Zuwanderungsgesetz sendet die Bundesrepublik Deutschland eine Botschaft an migrationswillige Menschen in aller Welt aus. Diese Botschaft muss lauten: In Deutschland wird Gleichberechtigung ernst genommen. Willkommen als Arbeitsmigranten sind genauso Frauen wie Männer und in der Auswahlentscheidung wird nicht diskriminiert. Gerade qualifizierte und hochqualifizierte Frauen, die in ihrer Heimat nur wenig Chancen haben, eine ihrer Ausbildung entsprechende Beschäftigung zu finden, sollen ausdrücklich dazu zu ermutigt werden, sich in Deutschland zu bewerben.

In seiner jetzigen Fassung entspricht der Entwurf weder der rechtlichen Verpflichtung des Gesetzgebers auf die Gleichberechtigung aus Art. 3 Abs. 2 GG, noch dem gesellschaftlichen Interesse der Bundesrepublik Deutschland, noch dem geschlechterspezifischen Programm der Bundesregierung, das die Bundesregierung mit der Einführung des Prinzips des Gender-Mainstreaming als handlungsleitendes Grundprinzip für ihre Gleichstellungspolitik formuliert hat. Auch ist weder aus dem Wortlaut noch aus der Begründung des Gesetzentwurfs erkennbar, dass die Regelungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter untersucht und bewertet sowie entsprechende Maßnahmen zur Gleichstellung ergriffen wurden.

Die Begründung des vorgelegten Gesetzentwurfs nennt als alleinigen Grund für die Eröffnung neuer Zuwanderungsmöglichkeiten wirtschaftliche und demographische Interessen. Die Kriterien für die Auswahl von Arbeitsemigranten sind in den einzelnen Zuwanderungstatbeständen dementsprechend formuliert. Das neu zu schaffende Bundesmigrationsamt und die Arbeitsverwaltung werden ihren außerordentlich weiten Entscheidungsspielraum allein im Hinblick auf diese Interessen ausüben. Die besten Chancen haben junge Arbeitsemigranten, die Qualifikationen im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich nachweisen können. Dass es sich dabei ganz überwiegend um Männer handelt, zeigt die Statistik zur "Green Card" für Computerspezialisten.

Im langfristigen gesellschaftlichen Interesse liegt es jedoch, dass auch qualifizierte Frauen nach Deutschland kommen. Für die Integrationsmöglichkeiten der Zuwandernden und eine geschlechtergerechte gesellschaftliche Struktur insgesamt ist es unbedingt notwendig, dass Frauen nicht nur als Familienangehörige oder Engpassarbeitskräfte in niedrig bezahlten Berufssparten zuwandern.

Gesetzgeber und Verwaltung sind auch bei der Regelung von Arbeitsmigration an das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 2 GG gebunden. Eine mittelbare Diskriminierung muss daher ausgeschlossen sein und ein tatsächlich gleichberechtigter Zugang zur Arbeitsmigration muss durch entsprechende Maßnahmen gefördert werden.

1.1. Vorgesehene Änderungen:

Der Entwurf sieht vor, dass Aufenthaltserlaubnisse für die Aufnahme einer Beschäftigung oder Ausbildung nach Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit und nach deren Vorgaben erteilt werden können, wobei Ausnahmen von der Zustimmungspflicht durch Rechtsverordnung festgelegt werden können (vgl. §§ 17, 18 jeweils i.V.m. §§ 39 ff AufenthG-E).

Durch diese Regelungen soll das bisherige doppelte Genehmigungsverfahren (Arbeit/ Aufenthalt) durch ein internes Zustimmungsverfahren ersetzt werden sowie der Arbeitsverwaltung erheblich mehr Spielraum und Einfluss bei der Zulassung von Arbeitsmigration eingeräumt werden. Aufenthaltserlaubnisse für ein Studium sollen weiterhin nach Ermessen der Ausländerbehörden erteilt werden (vgl. § 16 AufenthG-E).

Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, dass bei besonderem wirtschaftlichen Interesse auch Selbständige eine Aufenthaltserlaubnis bekommen können (vgl. § 21 AufenthG-E). Eine begrenzte Anzahl besonders geeigneter Zuwanderer soll über ein Auswahlverfahren aufgenommen werden, wenn ein neu zu schaffendes Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeit nach Beteiligung des (ebenfalls neu einzuberufenden) Zuwanderungsrates einen entsprechenden Bedarf an einer bestimmten Zahl von Zuwanderern festgestellt hat (vgl. § 20 Abs. 4 AufenthG-E). Das Auswahlverfahrens nach einem Punktesystem soll durch Rechtsverordnung ausgestaltet werden, jedoch zumindest die Kriterien Alter, Qualifikation, Sprachkenntnisse, Familienstand, Beziehungen zu Deutschland und Herkunftsland des Zuwanderungsbewerbers berücksichtigen (vgl. § 20 AufenthG-E).

Hochqualifizierte Ausländer sollen künftig die Möglichkeit haben, nach Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit von Anfang an eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis zu bekommen (vgl. § 19 AufenthG-E).

1.2. Änderungsvorschläge des djb zu den einzelnen Regelungen:

Studium, Ausbildung (§§ 16, 17 AufenthG-E)

Hier ist in den Gesetzestext, zumindest aber in die Begründung aufzunehmen, dass im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für die Aufnahme eines Studiums oder zur Aus- und Weiterbildung auf ein quantitativ ausgewogenes Geschlechterverhältnis geachtet werden muss. Frauen und Männer aus aller Welt sind aufgerufen, in Deutschland zu studieren oder sich anders beruflich zu qualifizieren.

Hinsichtlich der bei der Aus- und Weiterbildung erforderlichen Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit, die (wie bei § 18 AufenthG-E) nach den in §§ 39 ff. AufenthG-E festgelegten Maßgaben erteilt wird, ist auf das zu § 18 AufenthG-E noch Auszuführende entsprechend zu verweisen.

Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte (§ 19 AufenthG-E):

Auch bei der Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte ist jede Geschlechterdiskriminierung zu verbieten. Die Unternehmen sind zu verpflichten, ausdrücklich auch Frauen zu suchen. Sie müssen nachweisen, dass ihre Ausschreibung ausdrücklich auch an Frauen gerichtet war und haben besonders zu begründen, dass nur männliche Bewerber gefunden worden sind.

Beschäftigung (§ 18 i.V.m. §§ 39 ff AufenthG-E):

Bei der Festlegung von Ausnahmen von der im Einzelfall erfolgenden Bedarfsprüfung bzw. Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit für einzelne Berufssparten muss durch eine entsprechende Formulierung im Gesetzestext oder in der Begründung gewährleistet werden, dass Frauen nicht mittelbar diskriminiert werden. Dabei ist zum einen darauf zu achten, dass diese Regelungen nicht faktisch vor allem Männern die Möglichkeit eröffnen, als Engpassarbeitskräfte nach Deutschland zu kommen. Zum anderen muss gewährleistet sein, dass durch eine erleichterte Zuwanderung für Berufsgruppen, die niedrig bezahlt werden und denen vor allem Frauen angehören (wie beispielsweise bei Krankenschwestern und Pflegepersonal), das Lohnniveau nicht auf Dauer niedrig gehalten wird.

Zuwanderung im Auswahlverfahren, Punktesystem (§ 20 AufenthG-E):

Das Punktesystem für die dauerhafte Zuwanderung qualifizierter Menschen muss schon sprachlich zum Ausdruck bringen, dass die Bundesrepublik auch Frauen als Zuwandernde wünscht. Hier ist ein zusätzlicher Absatz mit der Aussage erforderlich, dass bei der Ausgestaltung des Auswahlsystems eine faktische Benachteiligung von Frauen ausgeschlossen sein muss. Dies kann auch dadurch geschehen, dass bei der nach Absatz 4 festzulegenden Höchstzahl für die Zuwanderung im Auswahlverfahren zu quotieren ist.

Punkte sollte es nicht nur für die Berufserfahrung geben, sondern auch gesellschaftlich notwendige Arbeit, wie die Erziehungs- und Pflegearbeit, sind zu berücksichtigen, wenn Frauen nur dadurch im Vergleich zu einem gleich qualifizierten männlichen Bewerber eine geringere Berufserfahrung aufweisen können. In seiner vorgeschlagenen Ausgestaltung ist das Punktesystem geeignet, die ledige Berufsfrau potenziell zu diskriminieren.

Es sollte klargestellt werden, dass der positiv zu berücksichtigende Familienstand auch für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gilt.

Im Hinblick auf Art. 321 des am 11. Juli 2001 von der Europäischen Kommission vorgestellten Vorschlags für eine "Richtlinie des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Arbeit" ist in § 20 Abs. 3 AufenthG-E eine allgemeine Nichtdiskriminierungsklausel aufzunehmen, die sicherstellt, dass die in § 20 Abs. 3 AufenthG-E genannten Kriterien (Alter, Berufserfahrung, Familienstand, Herkunftsland) nicht diskriminierend angewandt werden.
Damit verbindet der djb zugleich die dringende Aufforderung, die neuen EU-Richtlinien gegen Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit unter Ausschöpfung aller Spielräume umzusetzen, um den alltäglichen Hürden ausländischer Menschen auf dem Weg zur Integration zu begegnen. Die Bundesrepublik hat die Chance, dabei aus den Fehlern bisheriger, oft sanktionsschwacher und damit wirkungsloser Gleichstellungspolitik zu lernen und integrierte Maßnahmen gegen Ausgrenzung auch, aber nicht nur von Migrantinnen und Migranten angemessen zu gestalten.

Selbständige (§ 21 AufenthG-E):

Hier ist neben dem wirtschaftlichen Interesse und den besonderen regionalen Bedürfnissen auch das gesellschaftliche Interesse im Gesetzestext zu nennen. Dadurch könnten insbesondere auch weibliche Selbständige oder auch männliche Selbständige, von denen zu erwarten ist, dass sie die Erwerbstätigkeit von Frauen fördern, bevorzugt berücksichtigt werden.

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Sachverständigenrat (§§ 74, 75 AufenthG-E):

Der Sachverständigenrat beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Zuwanderungsrat, § 75 AufenthG-E) muss geschlechtergerecht besetzt sein (vgl. Gesetz über die Berufung und Entsendung von Frauen und Männern in Gremien im Einflussbereich des Bundes, BGBl 1994, S. 1406) und nach geschlechtergerechten Verwaltungsvorschriften arbeiten. Seine Gutachten müssen Aussagen zu den Auswirkungen der Aufnahme von Migrantinnen und Migranten auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung enthalten. Dies setzt voraus, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seine Daten auch geschlechtergetrennt erhebt (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E), so dass Aussagen zu dem quantitativen Geschlechterverhältnis nicht nur bei der Arbeitsmigration insgesamt, sondern auch bezogen auf die einzelnen Berufssparten möglich sind. In dem Gutachten des Zuwanderungsrates sollen Aussagen zum Erfordernis der Zuwanderung im Auswahlverfahren nach § 20 AufenthG-E und ggf eine Empfehlung zur Höchstzahl enthalten sein (vgl. § 75 Abs.3 Satz 3 AufenthG-E). Hier fordert der djb, dass diese Aussagen und Empfehlungen sich auch zu dem einzuhaltenden Geschlechterverhältnis mit dem Ziel verhalten müssen, dass eine geschlechtergerechte Zuwanderung im Bereich der Arbeitsmigration ermöglicht wird. Dasselbe gilt für den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu erstellenden Bericht, der auch Empfehlungen zum innerstaatlichen Aufnahmebedarf für bestimmte Personengruppen und zur Verbesserung der Integrationsangebote enthalten können soll (§ 74 Abs. 2 Satz 2 AufenthG-E). Auch bei den dort genannten Empfehlungen sind zur Verwirklichung des gesellschaftlichen Ziels einer zwischen Männern und Frauen gleichberechtigten Gesellschaft (vgl. Art. 3 Abs. 2 GG) nach Geschlechtern differenzierende Aussagen zu treffen.

2. Regelungen zum Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (insbesondere §§ 22 ff., 60 AufenthG-E) einschließlich Asylverfahren (Art. 3 ZuwG-E)

2.1 Geschlechtsspezifische Verfolgung

Der djb fordert die Bundesregierung auf, eine gesetzliche Klarstellung in § 60 Abs. 12und in § 25 Abs. 2 AufenthG-E vorzunehmen, um geschlechtsspezifische Verfolgung angemessen berücksichtigen zu können.

Hinsichtlich der Situation von Frauen fehlt die Klarstellung, dass geschlechtsspezifische Verfolgung eine Form von politischer Verfolgung in Anknüpfung an das unverfügbare Merkmal "Geschlecht" ist. Von geschlechtsspezifischer Verfolgung sind insbesondere betroffen:

  • Frauen, die geschlechtsbezogener Diskriminierung entweder von seiten staatlicher Stellen oder von Seiten Privater ausgesetzt sind, wenn der Staat sie nicht ausreichend schützen kann oder will. Die Formen geschlechtsbezogener Diskriminierung reichen von Entrechtung von Frauen über sexuelle Gewalt bis hin zur rituellen Tötung;
  • Frauen, die Verfolgung befürchten, weil sie kulturelle oder religiöse Normen übertreten haben oder sich diesen nicht beugen wollen. Dazu gehören Vorschriften über Kleidung oder Auftreten in der Öffentlichkeit und auch die Genitalverstümmlung;
  • Frauen, die Verfolgung aufgrund der Aktivitäten oder der Ansichten von Familienangehörigen befürchten;
  • Frauen, die aus denselben Gründen Verfolgung fürchten wie Männer, wobei die Art der Verfolgung geschlechtsbezogen sein kann.

Diese Verletzungen sind Formen politischer Verfolgung und begründen asylrechtlich relevante Abschiebungshindernisse. In diesen Fällen muss der Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 (iVm § 25 Abs. 1 oder 2) AufenthG-E sichergestellt werden.

§ 60 Abs. 1 AufenthG-E sollte in Ausfüllung und in Anlehnung an das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG und der GK3 wie folgt gefasst werden:

"Eine Person darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihres Geschlechts, ihrer Abstammung, ihrer Rasse, ihrer Behinderung, ihrer Sprache, ihrer Heimat und Herkunft, ihres Glauben, ihrer religiösen oder politischen Anschauungen bedroht ist."

§ 25 Abs. 2 AufenthG-E ist entsprechend zu formulieren.

Diese Formulierung orientiert sich an Art. 3 Abs. 3 GG, der wiederum alle Merkmale beinhaltet, die in Art. 1 A Nr. 2 und Art. 33 Nr. 1 der Genfer Konvention festgehalten sind. Die hier vorgeschlagene Fassung des § 60 Abs. 1 AufenthG-E macht deutlicher als bisher, dass das Asyl- und Abschiebungsrecht von dem Art. 3 Abs. 3 GG zugrunde liegenden Toleranzgebot getragen wird.

"Wie das Diskriminierungsverbot im Inland Schutz vor Benachteiligung wegen des Geschlechts, der Rasse, der Herkunft und der religiösen und politischen Anschauung gewährt, gewährt das Asylrecht bei einer wegen dieser Merkmale im Ausland erlittenen oder drohenden Verfolgung Schutz vor dem Zugriff des verfolgenden Staates." (Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 1983, BVerwGE 67, 184, 187; siehe auch BVerwGE 76, 143, 157f.)

Mit dieser Formulierung würde die Bundesrepublik Deutschland auch ihren völker- und europarechtlichen Verpflichtungen gerecht werden und sich dem Standard westlicher Industriestaaten anschließen. Der djb verweist insbesondere auf die Richtlinien zu geschlechtsspezifischer Verfolgung des "Immigration and Refugee Board of Canada" (IRB) vom 8. März 1993 und den Beschluss des Exekutivkomitees des UNHCR Nr. 39 (XXXVI), 1985, 36. Sitzung, der den Vertragsstaaten empfiehlt, Frauen als "soziale Gruppe" im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anzuerkennen.

2.2 Nichtstaatliche Verfolgung und sonstige Ausreisehindernisse

Der djb fordert zudem, die Regelungen zum Abschiebungsschutz für Opfer nichtstaatlicher Verfolgung nach § 60 Abs. 7 AufenthG-E als zwingende Vorschriften zu gestalten. Zwar enthält § 60 Abs. 7 AufenthG-E im Vergleich zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG insofern eine Verbesserung, als statt der Ermessensnorm4 nunmehr eine "Sollensnorm"5 greift. Mit Blick auf Art. 3 EMRK6 bedarf es jedoch eines absoluten Schutzgebotes.

Der Gesetzentwurf gibt zwar vor, den Status von Opfern nichtstaatlicher Verfolgung durch Abschaffung der Duldung zu verbessern (so die Gesetzesbegründung auf S. 152). Die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG-E für den in § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG-E definierten Personenkreis7 ist jedoch in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. Die in § 60 Abs. 11 AufenthG-E enthaltene Regelung belässt die Menschen, denen nicht nach Ermessen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, im Zustand der permanenten Unsicherheit. Im Übrigen bleibt angesichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 105, 232) die rechtsdogmatische Qualifizierung der "neu" kreierten Bescheinigung im Sinne des § 60 Abs. 11 AufenthG-E völlig unklar. In allen Fällen, in denen bei Vorliegen "nur" tatsächlicher oder rechtlicher Ausreisehindernisse8, die nicht unter § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG-E fallen, keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, wird aber auch keine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung erteilt. Für diese Gruppe der bisher Geduldeten kann bei der Frage der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht von den Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG-E abgesehen werden (insbesondere: gesicherter Lebensunterhalt, Einreise mit erforderlichem Visum). Der djb hält daher ein Überdenken der gesamten Regelungen für erforderlich.

2.3. Asylverfahren

Der djb fordert, dass mit Blick auf die besondere Schutzbedürftigkeit unbegleiteter Minderjähriger von einer Handlungsfähigkeit im Asylverfahren erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres auszugehen ist. Deutschland ist das einzige Land in der Europäischen Union, in dem die Asylverfahrensfähigkeit bereits mit Vollendung des 16. Lebensjahres beginnt. Jugendliche unter 18 Jahren als Minderjährige zu behandeln entspricht auch dem Grundgedanken in Art. 2 lit. K und Art. 10 des Entwurfs der "Richtlinie des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft" der EG-Kommission.

Der djb fordert des Weiteren mit Blick auf Art. 14 des Entwurfs der "Richtlinie des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft" der EG-Kommission verfahrensrechtliche Schutzvorschriften in das AsylVfG aufzunehmen. Die besondere Schutzbedürftigkeit bestimmter Flüchtlingsgruppen setzt eine problemspezifische Qualifikation der Entscheider und Entscheiderinnen bzw. Beratung der Betroffenen voraus. Daraus folgt, dass im Asylverfahren speziell geschulte EntscheiderInnen im Umgang mit Minderjährigen zur Verfügung stehen müssen und dass traumatisierte Menschen vor der Anhörung auf das Verwaltungsverfahren vorzubereiten sind und sie eingehend über ihre rechtliche Situation und die Verfahrensbestimmungen aufzuklären sind, um sie zu befähigen, ihre Belange im Verfahren wahrzunehmen.

Nach §§ 20 Abs. 2 und 23 Abs. 2 AsylVfG-E soll künftig derjenige, der der Weiterleitung zur Aufnahmestelle bzw. der Aufforderung zur Anhörung nicht nachkommt, bei einem späteren Asylantrag wie ein Asylfolgeantragsteller behandelt werden. Dies verkennt die humanitären Schutzbedürfnisse von Frauen und Kindern auf der Flucht, wenn

  • nicht eine den Bedürfnissen traumatisierter Frauen und Kinder entsprechende Aufnahmestelle vorhanden ist oder
  • diesen nicht das Recht eingeräumt wird, sich zunächst zum im Bundesgebiet bereits aufhaltenden Ehemann bzw. Vater begeben zu dürfen.

Der djb fordert sicherzustellen, dass diese Fälle von der in §§ 20 Abs. 2 und 23 Abs. 2 AsylVfG-E angeordneten entsprechenden Anwendung der Vorschriften über den Asylfolgeantrag ausgenommen werden. Hierzu sind die genannten Vorschriften zumindest entsprechend zu ergänzen.

Schließlich fügt der Entwurf in § 30 Abs. 2 AsylVfG eine Ziffer 7 an, wonach Asylanträge von im Asylverfahren handlungsunfähigen Ausländern als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen sind, wenn zuvor die Asylanträge der Eltern oder des allein sorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Minderjährige eigene Asylgründe haben können, wie etwa bei Zwangsprostitution, bei Kindersoldaten oder bei von Genitalverstümmelung bedrohten Mädchen. Der djb fordert daher, in diese Ziffer 7 zumindest als Ausnahme klarstellend aufzunehmen, dass die Vorschrift keine Anwendung findet, wenn für den im Asylverfahren handlungsunfähigen Ausländer eigene Asylgründe geltend gemacht werden (so auch die Gesetzesbegründung zu Art. 3 Nr. 19 ZuwG-E auf S. 213).

3. Regelungen zum Familiennachzug einschließlich eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten (insbesondere §§ 27 ff AufenthG-E)

3.1. Familienangehörige von politisch Verfolgten

Der djb begrüßt, dass seine Forderung, die Angehörigen von Flüchtlingen i.S.d. Genfer Flüchtlingskonvention (GK) mit denen von anerkannten Asylberechtigten beim Familiennachzug gleichzustellen, im Referentenentwurf berücksichtigt worden ist (§§ 30 Abs. 1 Nr. 2 und 32 Abs. 21 Nr. 1 AufenthG-E). Er begrüßt auch, dass in § 34 Abs. 2 AufenthG-E ein an den Eintritt der Volljährigkeit anknüpfendes eigenständiges Aufenthaltsrecht für Kinder von Asylberechtigten und Flüchtlingen geregelt werden soll.

Das genügt jedoch nicht. Der djb fordert, § 26 AsylVfG (Art. 3 Nr. 17 ZuwG-E) dahingehend zu ergänzen, dass die Rechtsfolgen der Schutzgewährung nach § 60 Abs. 1 AufenthG-E9 an jene des Art. 16a Abs. 1 GG anzugleichen sind. Auch für Flüchtlinge nach § 60 Abs. 1 und § 25 Abs. 2 AufenthG-E, denen nur die Anerkennung als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention10 - das sogenannte "kleine Asyl" - gewährt wird, hat der Grundsatz des Familienasyls zu gelten. Seit der Drittstaatenregelung in Art. 16a Abs. 2 GG sind eine weit größere Anzahl politisch Verfolgter als vorher auf den bloßen Abschiebungsschutz als Konventionsflüchtling angewiesen. In diesen Fällen können die Angehörigen schon kein Familienasyl (§ 26 AsylVfG) erhalten, sondern ihr aufenthaltsrechtlicher Status richtet sich allein nach den allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften zum Familiennachzug. Die Drittstaatenregelung hat zusätzliche Verfahren allein dadurch produziert, dass bei Einreise über einen sicheren Drittstaat11 das Familienasyl nicht greift. Da einer Trennung der Familienmitglieder in der Regel der in Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verfassungsrechtlich garantierte Schutz von Ehe und Familie entgegensteht (vgl. BVerwGE 109, 305), bewirkt der Ausschluss vom Familienasyl eine gezielte, sachlich nicht gerechtfertigte statusrechtliche Schlechterstellung.

3.2. Nachzug von Kindern allgemein

Der djb fordert, Kinder von Ausländern beim Familiennachzug gleich zu behandeln und die im Gesetzentwurf vorgesehenen und nicht nachvollziehbaren Differenzierungen nach dem Aufenthaltsstatus und der Herkunft der Eltern in jene, die bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 32 Abs. 1 AufenthG-E), und jene, die nur bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres (§ 32 Abs. 2 AufenthG-E) nachziehen dürfen12, aufzuheben. Zudem ist der Kindernachzug auch zu einem Elternteil allein zu ermöglichen. Bei gemeinsam sorgeberechtigten Elternteilen, die beide hier leben, muss es ausreichen, wenn ein Elternteil die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für den Familiennachzug erfüllt.
Der Entwurf sieht ein Nachzugsrecht vor für minderjährige ledige Kinder von Ausländern13, die aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis haben oder als Hochqualifizierte oder im Auswahlverfahren eine Niederlassungserlaubnis erhalten haben. Gehören die Eltern nicht zu diesem Personenkreis, so müssen sie entweder beide oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthalts- bzw. Niederlassungserlaubnis besitzen und das Kind zusammen mit ihnen in das Bundesgebiet eingereist sein. Trifft keine dieser Voraussetzungen zu, bekommt das Kind nur eine Aufenthaltserlaubnis, wenn es das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Eine Ausnahme hiervon ist in das Ermessen gestellt und kann insbesondere dann erteilt werden, wenn das Kind ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache besitzt.

Die Herabsetzung des Nachzugsalters auf 12 Jahre (von jetzt 16 Jahren, vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 2 AuslG) steht im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, der zudem als Grundsatz den Regelungen zum Familiennachzug in § 27 Abs. 1 AufenthGE vorangestellt werden soll. Sie widerspricht der Praxis in den anderen europäischen Staaten und dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine "Richtlinie des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung", die in Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b allgemein ein Nachzugsrecht minderjähriger Kinder14 festschreibt, ohne jede Differenzierung.

Die alleinige Personensorge als Voraussetzung für den Kindernachzug vorzusehen widerspricht ebenfalls dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission betreffend das Recht auf Familienzusammenführung. Dieser sieht in Art. 5 Abs. 1 Buchstabe c bei geteilter elterlicher Sorge lediglich die Zustimmung des anderen Elternteils vor. Eine Einschränkung ist nur insoweit gegeben, als maßgeblich auf das Kindeswohl abzustellen ist (vgl. Art 7 Nr. 5 des Richtlinienvorschlags). Zudem stellt die alleinige Sorge in Deutschland seit drei Jahren eine Ausnahme dar. Die Regel ist die gemeinsame elterliche Sorge. Auch sind die Sorgerechtsentscheidungen anderer Staaten zu hinterfragen, da es Staaten gibt, in denen das Sorgerecht grundsätzlich nicht den Frauen zugesprochen wird.
Nicht nachvollziehbar ist, dass bei gemeinsam sorgeberechtigten Elternteilen, die beide hier leben, beide Elternteile die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für den Familiennachzug erfüllen müssen. Auch dies steht im Widerspruch zum grundgesetzlich verankerten Schutz der Familie und den genannten Regelungen im Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission betreffend das Recht auf Familienzusammenführung.

3.3. Nachzug von sonstigen Verwandten allgemein

Der Entwurf geht zudem von einem Familienbegriff aus, der den heutigen Lebensverhältnissen nicht entspricht. Rechtsansprüche auf Nachzug sind nur für die Kernfamilie vorgesehen. Demgegenüber begründet Art. 5 Abs. 1 des Richtlinienvorschlages der Europäischen Kommission betreffend das Recht auf Familienzusammenführung einen Anspruch auf Familienzusammenführung auch für Verwandte in der aufsteigenden Linie, wenn der Zusammenführende für ihren Unterhalt aufkommt und sie in ihrem Herkunftsland keine sonstigen familiären Bindungen mehr haben (Buchstabe d), und für unverheiratete volljährige Kinder, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können (Buchstabe e). Zwar ist die jetzige Regelung in § 22 AuslG15 - diese Regelung findet sich nahezu wortgleich in § 36 AufenthG-E wieder - in Bezug auf den nachzugsberechtigten Personenkreis weitergehend, sie begründet jedoch keinen Anspruch, sondern eröffnet nur ein Ermessen.

Von diesen Regelungen sind Frauen besonders betroffen, da in vielen ausländischen Familien zumindest die Groß-/Eltern zum engeren Kreis der Familie gehören und häufig Versorgungsleistungen in der Familie übernehmen oder von ihren volljährigen Kindern versorgt werden müssen. Das Fehlen des Familienverbandes bedeutet dann, dass ein Familienmitglied (meist die Mutter) nicht erwerbstätig sein kann und damit u.a. auch dessen (ihr) Kontakt zur deutschen Gesellschaft eingeschränkt ist. Eine Folge kann auch sein, dass die Ehefrau oder die Tochter in das Herkunftsland "geschickt" wird, um dort die pflegebedürftigen Groß-/Eltern zu versorgen. Hat die Familie ein geistig oder körperlich schwer behindertes Kind, das im Heimatstaat nicht allein für sich sorgen könnte, so wird es auch hier die Mutter oder die große Schwester sein, die mit diesem Kind bei Eintritt der Volljährigkeit in den Heimatstaat zurück muss. Menschen in diesen Fallvarianten auf eine bloße Ermessensvorschrift zu verweisen, die zudem nur auf Fälle einer außergewöhnlichen Härte beschränkt ist (vgl. § 36 AufenthG-E), ist integrationsfeindlich und (in Fällen der Betreuungs- oder Pflegebedürftigkeit einzelner Familienangehöriger) wegen der damit einher gehenden Unsicherheit auch inhuman. Der djb fordert daher mit einem erweiterten Familienbegriff die im Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission betreffend das Recht auf Familienzusammenführung vorgesehenen Nachzugsrechte für Verwandte aufsteigender Linie und für behinderte volljährige Kinder umzusetzen und es nicht für diese Personengruppen bei der bloßen Ermessensnorm in § 36 AufenthG-E zu belassen.

3.4. Eigenständiges Aufenthaltsrecht (§ 31 AufenthG-E)

Der djb begrüßt die in § 31 AufenthG-E vorgeschlagenen Regelungen.
Die Forderung des djb, § 19 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Ausländergesetzes zu ändern, um die Lebenssituation nachgezogener Ehefrauen und insbesondere die Situation von Frauen in Misshandlungsbeziehungen zu verbessern, war bei der ab 1. Juni 2000 in Kraft getretenen Änderung der Vorschrift umgesetzt worden. § 19 Abs. 1 Nr. 1 AuslG wurde dahingehend geändert, dass das eigenständige Aufenthaltsrecht bereits nach zwei Jahren statt wie bisher nach vier Jahren ehelicher Lebensgemeinschaft gewährt wird, und § 19 Abs. 1 Nr. 2 AuslG wurde dahingehend geändert, dass statt einer "außergewöhnlichen Härte" eine "besondere Härte" genügt, um den weiteren ehegattenunabhängigen Aufenthalt zu ermöglichen. Zur "besonderen Härte" gehören auch solche Umstände, die zur Auflösung der ehelichen Gemeinschaft geführt haben (§ 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG: "Eine besondere Härte im Sinne von Satz 1 Nr. 2 liegt insbesondere vor, (...) wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes.").

Diese Änderungen finden sich wortgleich in § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG-E wieder.
Eine weitere Verbesserung enthalten die Absätze 3 und 4 der Regelung. So verweist Abs. 3 zur Sicherung des eigenen Unterhalts auf Unterhaltsansprüche gegen den ehemaligen Ehegatten und Abs. 4 begründet bei der erstmaligen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auch dann einen Rechtsanspruch darauf, soweit nach dem Eintritt der Voraussetzungen für eine Verselbständigung des Aufenthaltsrechts noch Sozialhilfebedürftigkeit gegeben ist. § 31 Abs.4 AufenthG-E eröffnet damit den betroffenen Frauen die Möglichkeit, sich ohne Gefährdung des Aufenthaltsrechts eine eigene wirtschaftliche Existenz zu schaffen. Allerdings haben sie nach der Gesetzesbegründung (S. 158) hierfür nur ein Jahr Zeit - danach gelten auch für sie die allgemeinen Voraussetzungen - und es handelt sich nur um eine Ermessensvorschrift.

Die Beschränkung der Ausnahmevorschrift vom Sozialhilfebezug auf die erstmalige Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis findet sich - glücklicherweise - nicht im Gesetzeswortlaut des § 31 Abs. 4 AufenthG-E wieder. Anderenfalls würde auch die in Satz 2 der Vorschrift getroffene Ermessensregelung keinen Sinn machen: Für das erste Jahr besteht ein unbedingter Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auch bei Sozialhilfebezug, danach kann eine weitere Verlängerung auch bei Sozialhilfebezug von Ermessenserwägungen abhängig gemacht werden. So kann auch den Fällen Rechnung getragen werden, in denen es in der Ehe schwer misshandelten Frauen entweder gerade wegen der Misshandlungen nicht gelingt, sich bereits im ersten Jahr eine eigene Existenz aufzubauen, oder weil sie hierzu zunächst eine Berufsausbildung oder Weiterbildungsmaßnahmen durchlaufen müssen.


Bonn, den 5. September 2001

Ursula Nelles
1. Vorsitzende

Maren Thomsen
Vorsitzende der Kommission Migrantinnen

 


Anmerkungen

1 In Art. 32 des Richtlinienvorschlags wird festgelegt, dass "die Mitgliedstaaten diese Richtlinie anwenden, ohne unterschiedliche Behandlung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, genetischer Merkmale, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, politischer oder sonstiger Überzeugungen, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung" (allgemeine Nichtdiskriminierunsklausel, entspricht Art. 13 und 21 der Grundrechte-Charta).
2 Entspricht dem Wortlaut des heutigen § 51 AuslG.
3 Genfer (Flüchtlings-) Konvention vom 28. Juli 1951, BGBl II 1953 S. 559, Bekanntmachung vom 28.4.1954, BGBl II S. 619; mit Zusatzprotokoll vom 31. 1. 1967, in Kraft am 5.11. 1969, BGBl II S. 1293)
4 § 53 Abs.6 Satz 1 lautet: "Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat kann abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht."
5 § 60 Abs. 7 AufenthG-E hat den gleichen Wortlaut wie der jetzige § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG (siehe vorherige Fußnote), nur statt des Wortes "kann" findet sich das Wort "soll".
6 Art. 3 EMRK lautet: "Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
7 Entspricht dem im heutigen § 53 AuslG angesprochenen Personenkreis.
8 Vgl. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG-E, nach heute geltendem Recht (§ 55 AuslG): Abschiebungshindernisse
9 Entspricht dem heutigen § 51 Abs. 1 AuslG.
10 Siehe Fn.3.
11 Also insbesondere bei Einreise auf dem Landweg, wozu auch die vom Flüchtling nicht bewiesene Einreise auf dem Luftweg zählt.
12 Unverändert geblieben ist das Nachzugsrecht bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres für Kinder von EU-Staatsangehörigen, vgl. § 3 FreizügG/EU-E.
13 Zudem sieht § 28 Abs. 1 (Nr. 2) AufenthG-E auch das Nachzugsrecht ausländischer Kinder von Deutschen Staatsangehörigen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor.
14 D.h.: Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres!
15 § 22 Satz 1 AuslG lautet:
"Einem sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers kann (...) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist."