Stellungnahme: 00-06


zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption vom 3. Januar 2000

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund begrüßt es sehr, dass das Haager Übereinkommen vom 29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Internationalen Adoption (AdÜbk) jetzt auch von der Bundesrepublik ratifiziert werden soll und die dort vorgegebenen Regelungen im deutschen Recht umgesetzt werden. Der Entwurf kann insgesamt als gelungen bezeichnet werden. Er berücksichtigt richtigerweise die in der Bundesrepublik gewachsenen Strukturen in der Adoptionsvermittlung und kommt im wesentlichen den Bedürfnissen der Praxis entgegen. In einigen Punkten sind jedoch Fragen zu klären oder Verbesserungsvorschläge zu machen. Diese werden im folgenden aufgeführt.


1. Rechtsposition der freien Träger

Der Entwurf wirft hinsichtlich der Rechtsposition und der rechtlichen Verpflichtungen, die freie Träger als zugelassene Organisationen in der Funktion von anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen und als Auslandsvermittlungsstellen haben, verschiedene Fragen auf, die nicht hinlänglich geklärt erscheinen.

An mehreren Stellen in der Begründung wird gesagt, dass die freien Adoptionsvermittlungsstellen hoheitlich beliehen seien. Nähere Ausführungen über die Form der Beleihung, die gesetzliche Grundlage hierfür und den Umfang der Beleihung fehlen jedoch bisher. Lediglich in § 7 III AdVermiG E heißt es, dass die Jugendämter die Wahrnehmung der Aufgaben nach den Abs. 1 und 2, sofern sie diese nicht selbst ausführen, durch vertragliche Aufgabenübertragung auf anerkannte Adoptionsvermittlungsstellen und Auslandsvermittlungsstellen sicherzustellen haben, wobei das nähere durch Landesrecht geregelt werde.

Bei dieser Formulierung wird deutlich, dass nicht nur Auslandsvermittlungsstellen, sondern auch diejenigen Vermittlungsstellen in freier Trägerschaft, die nur Inlandsadoptionen vornehmen gemeint sind. Die Beleihung freier Träger mit hoheitlichen Befugnissen auch für die Vermittlungsarbeit im Inland wird auf S. 114 der Begründung ebenfalls erwähnt.

In Literatur und Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass die Übertragung von Hoheitsgewalt an Private unter Gesetzesvorbehalt steht (s. Maurer, Allg. Verw.recht, 9.A., §23 Rdnr. 58).

Es ergeben sich hiermit eine Reihe von Rechtsfragen:

In welchem Umfang werden in der Tätigkeit der Adoptionsvermittlungsstellen freier Träger hoheitliche Aufgaben gesehen?

Wenn dies über die Aufgaben des § 7 AdVermiG hinausgehen soll, wo wird eine gesetzliche Grundlage hierfür geschaffen?

U.W. ist die Zuordnung hoheitlicher Befugnisse mit den freien Trägern nicht diskutiert worden. Diese müssen bei hoheitlicher Tätigkeit damit rechnen, im Einzelfall auf dem Verwaltungsgerichtsweg verklagt zu werden. Ist es aus der Aufgabenstellung heraus zwingend geboten, dass die freien Träger hoheitlich tätig werden?

Wer ist Klagegegner? Ist es der freie Träger oder könnte es auch die beleihende Behörde sein? Auch wenn letztere Frage wohl in dem Sinne zu beantworten sein wird, dass die freien Träger, die im eigenen Namen und eigenverantwortlich handeln, selbst Klagegegner sind, (hierzu Maurer a.a.O. Rdnr. 59 zu §23;. Wolff, Verw.recht II, 5.A., Anm. 10 zu §104) erhebt sich dann noch die Frage einer eventuellen Haftung.

Haftet bei seinem Verschulden der freie Träger selbst, oder wäre die beleihende Behörde haftbar?

Wer ist die beleihende Behörde?

Wenn es sich um hoheitliches Handeln handelt, kommt Art. 34 GG in Verb. mit § 839 BGB zum Zuge: verletzt der Beliehene, also hier die Adoptionsvermittlungsstelle vorsätzlich oder fahrlässig eine Amtspflicht, so ist sie Beamter im haftungsrechtlichen Sinne. Es haftet dann für den verursachten Schaden diejenige Person des öffentlichen Rechts, die ihn beliehen hat, soweit die Haftung nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (s. auch Maurer, a.a.O. Rdnr. 59 und Wolff, a.a.O. Anm. 11 zu § 104). Dies entspricht auch dem Sinn dieser Vorschriften, einen finanziell potenten Schuldner zu gewährleisten.

Inzwischen dürfte es h.M. sein, dass die vom Jugendamt auf dem Gebiet der Adoptionsvermittlung entfaltete Tätigkeit die Ausübung eines öffentlichen Amtes ist (s. Wiesner u.a.; Komm. zu SGB VIII, 2.A., Rz. 4 vor AdVermiG; OLG Hamm in Fam RZ 93,704). Begründet wird dies im wesentlichen mit der Monopolstellung im Adoptionsvermittlungsbereich, dem Verbot einer Vermittlungstätigkeit für nicht zugelassene Adoptionsvermittlungsstellen und der unmittelbaren Rechtswirkung ihres Tuns gegenüber Dritten, insbesondere bei Erstellung eines Adoptionseignungsberichts oder der Ablehnung der Eignung der Adoptionsbewerber (noch zweifelnd hierzu Marx in NDV 89, S.8 ff, dann aber auch in Richtung auf verwaltungsgerichtliche Nachprüfbarkeit argumentierend Marx in ZfJ 99,9).

In § 7 Abs. 3 AdVermiG E wird die Pflichtaufgabe der Jugendämter im Adoptionsbereich spezifiziert: Es sind Aufgaben nach § 7 Abs. 1 und 2 AdVermiG E, also die notwendigen Ermittlungen bei den Adoptionsbewerbern und bei dem Kind bei Inlands- und bei Auslandsfällen sowie die Eignungsprüfung der Adoptionsbewerber ggf. für die Aufnahme eines ausländischen Kindes und die Erstellung eines Adoptionseignungsberichts. Diese können durch vertragliche Aufgabenübertragung auf staatliche oder anerkannte Adoptionsvermittlungsstellen oder Auslandsvermittlungsstellen wahrgenommen werden.

Aus dieser Konstruktion ist zu schließen, dass die Überprüfung der Eignung der Adoptionsbewerber und möglicherweise die Ablehnung derselben, durch den freien Träger ebenso wie bei eigenem Handeln der Jugendämter unmittelbare Rechtswirkungen für die Adoptionsbewerber haben, was die Charakterisierung als Verwaltungsakt ausmacht. Es ist deshalb davon auszugehen , dass eine hoheitliche Beleihung zwingend notwendig ist, jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen im örtlichen Bereich ein freier Träger die Pflichtaufgabe des Jugendamtes wahrnimmt.

Bei den überregional arbeitenden Auslandsvermittlungsstellen freier Träger wären weitere Überlegungen anzustellen: Die Monopolstellung, die die Jugendbehörde im örtlichen Bereich hat, kommt ihnen nicht zu. Die Adoptionsbewerber können sich, wenn sie bei einer dieser Stellen abgelehnt werden, jederzeit an eine andere Auslandsvermittlungsstelle wenden. Eine Ablehnung hätte hier keine allgemein gültige Wirkung. Es ist auch zu bedenken, dass einige überregional arbeitende Vermittlungsstellen Wert darauf legen, dass Adoptionsbewerber nur diesem Träger wichtig erscheinende Voraussetzungen mitbringen. Dies könnte z.B. die Religionszugehörigkeit sein. Einem von der katholischen Kirche getragenen Verband steht es frei, nur solche Bewerber zu akzeptieren, die praktizierende Katholiken sind, während diese von einer anderen Adoptionsvermittlungsstelle oder Auslandsvermittlungsstele evtl. als sehr geeignete Bewerber akzeptiert werden.

Auch steht es einem freien Träger frei, nicht mit allen Konventionsländern zusammenzuarbeiten, sondern evtl. nur mit einigen wenigen Ländern, was jetzt in der Praxis bereits der Fall ist.

Inwieweit in Bezug auf die überregional arbeitenden Auslandsvermittlungsstellen überhaupt eine Beleihung angezeigt ist, bedürfte noch einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung, sowohl aus Sicht des Verwaltungsrechts, als auch der Praxis der Adoptionsvermittlung.
Wenn man zu einem positiven Ergebnis käme, müssten dann zumindest in der Vertragsgestaltung die notwendigen Einschränkungen gemacht werden.

Zurück zur Frage, welche Körperschaft die Beleihung vornimmt: Aus der Aufgabenübertragung durch die Jugendämter könnte man entnehmen, dass die Beleihung durch die örtlichen Jugendämter erfolgen solle. Für die Frage der Haftung wäre hieraus zu schließen, dass das örtliche Jugendamt für schuldhaftes Handeln des freien Trägers haftbar wäre, sofern dies nicht gesetzlich ausgeschlossen würde?

Andererseits nimmt im Bereich der Auslandsadoptionsvermittlung die staatliche und die freie Auslandsvermittlungsstelle für die von ihr betreuten Fälle gem. Art. 9 und 14 bis 21 des AdÜbk solche Aufgaben wahr, die Aufgaben der Zentralen Behörden sind entspr. der Regelung in Art. 22, dass die Aufgaben einer Zentralen Behörde von staatlichen Stellen oder von zugelassenen Organisationen wahrgenommen werden können. Damit kämen die staatlichen Zentralen Behörden als Beleihende in Frage. Nach dem AdÜbk wird die zugelassene Organisation einer Aufsicht in bezug auf ihre Arbeitsweise, Zusammensetzung und Finanzlage unterstellt (Art. 11 Abs. 3), was in gewissem Umfang bei einer Beleihung ebenfalls vorgesehen ist. Diese Aufsicht muss allerdings nicht durch die Zentrale Behörde ausgeübt werden, sondern durch die "zuständige Behörde" des Zulassungsstaates, womit also keine Aussage gemacht wird über das Rechtsverhältnis zwischen Zentraler Behörde und zugelassener Organisation. Der Entwurf trifft eine entsprechende Regelung in § 4 Abs.4 AdVermiG E wonach die Anerkennungsbehörde gewisse Informationsrechte bezüglich der Arbeitsweise erhält und ein Recht auf Akteneinsicht. In der Begründung wird nochmals unterstrichen, dass diese Aufsicht sich auf die personellen und institutionellen Rahmenbedingungen bezieht, dass hierbei aber nicht die Eigenverantwortung der Adoptionsvermittlungsstelle hinsichtlich der Beurteilung des einzelnen Vermittlungsfalles geschmälert werde. Diese Konstruktion, entspricht durchaus der Realität im Zusammenspiel zwischen öffentlichen und freien Trägern in der Praxis der Adoptionsvermittlung.

Da die Zuständigkeit für die Anerkennung als zugelassene Adoptionsvermittlungsstelle und als Auslandsvermittlungsstelle den Regelungen durch Landesrecht überlassen bleibt, müsste dort eine gesetzliche Regelung getroffen werden, welche Behörde die Beleihung vornimmt.

Facit: Die Beleihung der Adoptionsvermittlungsstellen und der Auslandsvermittlungsstellen mit öffentlichen Aufgaben nach Landesrecht müsste deutlich machen, welche Behörde die Beleihende ist. Sie müsste weiterhin - wenn die Haftung für schuldhaftes Handeln beim freien Träger liegen soll, weil er bei der Bearbeitung des Einzelfalles eigenverantwortlich handelt - den Haftungsausschluss der beleihenden Behörde gesetzlich vorsehen.

Welche Aufgaben der staatlichen und freien Vermittlungsstellen wären ggfs. als hoheitliche einzuordnen?

Hierzu wäre ebenfalls eine gesetzliche Klärung erforderlich. Nicht alle Handlungen, die im Zusammenhang mit Adoptionsvermittlung wahrgenommen werden, sind hoheitlicher Natur, sondern nur solche, die gegenüber Dritten unmittelbare Rechtswirkungen entfalten. Als hoheitlich dürften folgende Handlungen einzuordnen sein, für den Fall, dass sie allgemein wirksam sind: die Prüfung der Adoptionsvermittlungsstelle bezüglich der allgemeinen Eignung von Adoptionsbewerbern zur Annahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland und die Mitteilung des Ergebnisses an die Adoptionsbewerber (§ 7 Abs. 2 AdVermiG E) sowie die Überprüfung der Adoptionsbewerber bezüglich ihrer Eignung zur Annahme eines bestimmten Kindes und die Mitteilung hierüber an die Adoptionsbewerber (§7 Abs. 1 Ad-VermiG E).

In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Entwurf die Prüfung der Adoptionsbewerber bezüglich ihrer Eignung zur Annahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland auf deren Antrag als Anspruch der Adoptionsbewerber ausstaltet, während in Bezug auf die Bewerbung für ein im Inland lebendes Kind ein solcher Anspruch nicht gesetzlich normiert wird.

Auch sieht § 7 Abs. 2 AdVermiG vor, dass in jedem Fall ein Adoptionseignungsbericht erstellt wird. Eine solche Regelung wird den Anforderungen in der Praxis nicht gerecht. In vielen Fällen erkennt die Adoptionsvermittlungsstelle schon nach einer einmaligen Beratung, dass die Bewerber weder für die Aufnahme eines inländischen noch eines ausländischen Kindes geeignet erscheinen. Sie wird in einem solchen Fall eine Ablehnung aussprechen, ohne einen ausführlichen Bericht zu erstellen. Freilich kann es dann in einem Fall, in dem sich Adoptionsbewerber tatsächlich gerichtlich gegen eine Ablehnung wehren, erforderlich werden, die Ablehnung nachträglich schriftlich sorgfältig zu begründen. In der größten Zahl dieser Fälle wird es jedoch vielmehr Aufgabe der Adoptionsvermittlungsstelle sein, im mündlichen Gespräch die Bewerber davon zu überzeugen, dass es besser für sie ist, von ihrem Adoptionswunsch Abstand zu nehmen, gegebenenfalls ihnen dabei zu helfen, ihre Kinderlosigkeit besser zu akzeptieren.

Wir schlagen vor, in § 7 Abs. 2 AdVermiG eine Regelung in einer den Bedürfnissen der Praxis in der Adoptionsvermittlung entsprechenden Weise vorzunehmen und hierbei die Bewerber um ein in Deutschland lebendes Kind und die Bewerber um ein im Ausland lebendes Kind gleichzustellen.

Der Entwurf ordnet als hoheitliche Aufgaben weiterhin die Mitteilung des Scheiterns des Vermittlungsverfahrens an die Adoptionsbewerber ein und qualifiziert diese als Verwaltungsakt (§6 Abs. 2 AdÜbkAG). Zutreffend ist dies für § 6 Abs. 1 Nr. 2 (Frage der Eignung der Adoptionsbewerber) und §6 Abs. 1 Nr. 1 (endgültige Absage bez. der Adoptionsvermittlung, weil die Adoptionsbewerber ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachkommen).

Bei § 6 Abs. 1 Nr. 3 wird es sich in der Regel um Gründe handeln, die die deutsche Vermittlungsstelle nicht beeinflussen kann, für die sie also auch nicht haftbar gemacht werden kann, z.B. die ausländische Adoptionsvermittlungsstelle hat - irrtümlich oder absichtlich - inzwischen das Kind an andere Adoptionsbewerber vermittelt aus Gründen, die auf inländischer Seite niemand zu vertreten hat, was in der Praxis öfters vorkommt. Zu denken wäre hier lediglich an eine gerichtliche Überprüfung der Frage, ob tatsächlich die Weigerung der zuständigen Heimatbehörde vorliegt.

Im Falle des § 6 Abs.1 Nr. 4, in dem das Kind gegen den Willen der Adoptionsbewerber aus ihrer Obhut ausscheidet, gibt es die Möglichkeit von Rechtsmitteln gegen die Herausnahme zum Familiengericht, ggf. zum Vormundschaftsgericht, Gerichte, die sehr viel besser als das Verwaltungsgericht geeignet sind, über Probleme dieser Art zu entscheiden. Der Weg über die rechtsförmliche Mitteilung des Scheiterns erscheint hier als entbehrlicher Formalismus.

§ 6 Abs. 1 Nr. 5 ist zu unkonkret und wird oft der Interessenlage nicht gerecht werden, wenn es beispielsweise die Adoptionsbewerber selbst sind, die von einer weiteren Verfolgung des Verfahrens Abstand nehmen wollen.

Die sonstigen Aufgaben einer Adoptionsvermittlungsstelle, die einen breiten Raum einnehmen, wie z.B. die Suche nach geeigneten Adoptionsbewerbern für ein schwierig zu vermittelndes Kind, die Beratung der Adoptionsbewerber bezüglich der Bearbeitung der eigenen Kinderlosigkeit o. auch die Akzeptanz einer im Interesse des zu vermittelnden Kindes erfolgten Ablehnung einer bestimmten Familie sind u.E. nicht als hoheitliche einzustufen und sind auch deshalb zu Recht im Entwurf nicht als rechtsförmlich ausgestaltet.


2. Zuständiges Gericht für die Überprüfung des hoheitlichen Handelns bei der Adoptionsvermittlung.

Die Vormundschaftsgerichte, die zuständig sind für den Beschluss betreffend die Annahme als Kind, wären wegen ihrer Sachnähe sehr viel besser als die Verwaltungsgerichte geeignet, im Streitfall über die Richtigkeit oder die Fehlerhaftigkeit einer gerichtlich nachprüfbaren Entscheidung bei der Adoptionsvermittlung zu urteilen. Wir schlagen daher vor, die betreffenden Angelegenheiten durch ausdrückliche gesetzliche Regelung den Vormundschaftsgerichten im FGG Verfahren zuzuweisen. Ein Beispiel dafür, dass gegen das Handeln einer Verwaltungsbehörde der Rechtsweg zum Amtsgericht eröffnet werden kann, bietet das Personenstandsrecht (§ 45 PStG). Eine solche Zuordnung würde u.E. auf eine große Akzeptanz im Bereich der Adoptionsvermittlung stoßen.


3. Die Adoptionsbegleitung gem. § 9a AdVermiG.

Es ist zu begrüßen, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich auch für den Fall, dass das Kind im Ausland bereits adoptiert wurde, der Familie Beratung und Unterstützung anbietet. Nicht akzeptiert werden kann aber u.E. eine Lösung wie hier vorgesehen, dass eine Beobachtung des Kindes für zwei Jahre nach der Platzierung zwangsweise vorgenommen wird und eine Kontrollfunktion haben soll. Da die im Ausland vorgenommene Adoption im Regelfall im Inland unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet, ist das adoptierte Kind ebenso zu behandeln wie das leibliche Kind, d.h. gemäß Art. 6 GG darf der Staat gegen den Willen der Eltern nur aufgrund des staatlichen Wächteramtes tätig werden. Voraussetzung hierfür wäre eine drohende Kindesgefährdung. Diese kann aber nicht schon darin gesehen werden, dass das Kind sich in der Adoptivfamilie erst einleben muss. Es ist auch zu bedenken, dass das Handeln in der Jugendhilfe sich insgesamt viel mehr in Richtung auf Beratung und Unterstützung entwickelt hat, als auf Kontrolle und Eingriff.


4. Aufbewahrung der Adoptionsvermittlungsakten, § 9 b Abs. 1 AdVermiGE

Diese Regelung wird als sehr wichtig angesehen. Eine Befristung ist im Entwurf bisher nicht vorgesehen. Sollte die Diskussion ergeben, dass eine Aufbewahrungsfrist vorgesehen werden soll, so plädieren wir dafür, diese möglichst lang zu bemessen, wir schlagen vor 70 Jahre. Die Erfahrung hat gezeigt, dass adoptierte Menschen sich oft erst im fortgeschrittenen Alter mit über 50 Jahren darum bemühen, mehr über ihre familiären Wurzeln zu erfahren, und dass es selbst in diesem Alter noch sehr wichtig für sie ist, die entsprechenden Informationen zu erhalten.
Das Argument, dass leibliche Eltern davor geschützt werden müssten, dass noch nach langer Zeit Nachforschungen nach ihnen angestellt werden, kann nicht überzeugen. Der Adoptierte hat ohnehin nach derzeitigem Recht und dem Entwurf das Recht, die ursprüngliche Geburtsurkunde einzusehen. Wünscht ein "gefundener" Elternteil den Kontakt mit dem Kind nicht, so kann er diesen natürlich ablehnen. Im übrigen hat die Erfahrung in diesen sehr zahlreichen Suchfällen gezeigt, dass insbesondere Mütter sehr dankbar sind, wenn das erwachsene adoptierte Kind mehr über seine leibliche Mutter erfahren möchte (s. Baer u. a. NDV 1988, S.148ff.).

Im Zusammenhang mit dem in § 9 b Abs. 2 AdVermiGE geregelten Akteneinsichtsrecht ist auch § 1758 BGB zu ändern. Es sollte vorgesehen werden, dass das adoptierte Kind vom 16. Lebensjahr an - auch ohne Zustimmung der Adoptiveltern - ein Akteneinsichtsrecht hat und selbständig darüber entscheidet, ob es Kontakt zur Herkunftsfamilie aufnehmen will, sofern diese einverstanden ist. Es sollte ferner eine Aufklärungspflicht der Adoptiveltern über die Adoption normiert werden, die an keine bestimmte Altersgrenze, sondern an den frühestmöglichen Zeitpunkt der Einsichtsfähigkeit des Kindes geknüpft sein sollte.


5. Einreise und Aufenthalt des Adoptivkindes.

Gemäß § 6 des Staatsangehörigkeitsgesetzes erwirbt das ausländische minderjährige Kind die deutsche Staatsangehörigkeit mit der Adoption durch einen Deutschen. Es hat dann Anspruch auf einen deutschen Pass und kann als Deutscher einreisen. Bestehen Zweifel im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit der ausländischen Adoption oder soll das Kind erst im Inland adoptiert werden, oder ist keiner der Annehmenden Deutscher, so bedarf das Kind zur Einreise eines Sichtvermerks.
Gemäß Art. 5c und 17d AdÜbK ist eine Adoption im Ausland, o. die Entscheidung, dass das Kind zum Zweck einer Adoption ausreisen soll, nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass dem Kind die Einreise in den betreffenden Staat und der ständige Aufenthalt dort bewilligt worden sind oder werden. Um diese Bedingungen zu erfüllen, musste der Entwurf die entsprechenden ausländerrechtlichen Regelungen vorsehen, was durch § 5 Abs. 4 und 5 und § 6 Abs. 3 AdÜbkAG erfolgt ist.

Die vorgesehenen Regelungen stehen im Ergebnis in Übereinstimmung damit, was von der Jugendhilfe immer gefordert wurde, nämlich dass die Einreisemöglichkeit für das Kind dann abgesichert wird, wenn geklärt ist, dass aus der Sicht der zuständigen Fachstellen und der beteiligten Personen selbst einer Adoption nichts im Wege steht.
Fraglich erscheint aber, ob es erforderlich ist, zu diesem Zweck die Fiktion vorzunehmen, dass das vorgeschlagene Kind in Ansehung seiner Einreise und seines Aufenthaltes als Kind der Adoptionsbewerber gelten soll. Hier könnten sich Konflikte mit dem Familienrecht ergeben, gerade in den Fällen, in denen es unklar ist, ob eine rechtswirksame Adoption vorliegt. Logisch erscheint es zwar, die Regelungen wie beim Familiennachzug eines ausländischen Kindes vorzusehen. Das ließe sich aber auch durch eine gesetzliche Formulierung erreichen, die diese Regelungen analog anwendet, ohne eine Fiktion vorzunehmen.

Wenn es sich um ausländische Annehmende handelt, ist zunächst zu prüfen, ob in der Person des Annehmenden die Voraussetzungen für den Nachzug eines Kindes vorliegen, denn es gibt keinen Grund, einem zu adoptierenden Kind den Nachzug zu gestatten, wenn er einem leiblichen Kind nicht gestattet würde. Insofern verweist § 5 Abs. 4 AdÜbkAG zu Recht darauf, dass die Voraussetzungen nach dem Ausländerrecht zu prüfen sind.


6. Der Referentenentwurf eines Gesetzes über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht (AdWirkG) erscheint in mehrfacher Hinsicht problematisch:

a) Nach Art. 23 AdÜbk wird die dem Übereinkommen entsprechende Adoption in den anderen Vertragsstaaten kraft Gesetzes anerkannt, wenn die zuständige Behörde des Staates, in dem sie durchgeführt worden ist, bescheinigt, dass sie gemäß dem Übereinkommen zustande gekommen ist. Einer - dann ohnehin nur deklaratorischen - Feststellung des Vormundschaftsgerichts, dass das Kind einem nach den deutschen Sachvorschriften angenommenen Kind gleichsteht, bedarf es in diesen Fällen daher nicht. Rechtsunsicherheiten können auch insoweit nicht entstehen, als der Generalbundesanwalt durch Justizverwaltungsakt die Echtheit einer Bescheinigung über die in einem anderen Vertragsstaat vollzogene Annahme, die Übereinstimmung ihres Inhalts mit Art. 23 des Übereinkommens sowie die Zuständigkeit der erteilenden Stelle auf Antrag prüft und bestätigt. Die Bestätigung bringt den vollen Beweis für die geprüften Umstände.

b) Soweit in § 2 des AdWirkG die Umwandlung einer schwachen in eine starke Adoption angesprochen ist, bedarf es für die Umwandlungsentscheidung zwar einer Rechtsgrundlage, die Art. 27 des AdÜbk voraussetzt und die bisher im deutschen Adoptionsrecht nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Insoweit würde es jedoch genügen, die entsprechende Regelung im BGB vorzusehen. Die Wirkungen der nach Art. 27 des AdÜbk durchgeführten Umwandlung einer schwachen in eine starke Adoption treten aber nach dem Übereinkommen wieder kraft Gesetzes ein, so dass es auch insoweit einer deklaratorischen Feststellung des Vormundschaftsgerichtes nicht bedarf.

c) Konstitutive Wirkung kann eine Umwandlungsentscheidung oder eine Feststellung des Vormundschaftsgerichts, dass das Kind einem nach den deutschen Sachvorschriften angenommenen Kind gleichsteht, nur haben, wenn die auf einer ausländischen Entscheidung oder nach ausländischen Sachvorschriften auf einem Rechtsgeschäft beruhende Adoption nicht dem AdÜbk entspricht, d.h. im wesentlichen dann, wenn Nichtvertragsstaaten beteiligt waren. In diesen Fällen sollten die Wirkungen der Adoption aber wie bisher im FGG geregelt werden (vgl. § 16 a FGG).

d) Aus der Anwendung der Vorschriften des FGG folgt, dass sowohl bei der Feststellung der Rechtswirksamkeit der Auslandsadoption als auch der Umwandlungsentscheidung einer schwachen in eine starke Adoption nicht nur wie in § 3 Abs. 2 AdWirkGE vorgesehen das Jugendamt und das Kind angehört werden müssen, sondern selbstverständlich auch die Eltern (vgl. § 50 a FGG). Nur dies entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Wenn § 3 Abs. 1 AdwirkG, um diese Anhörungspflicht zu umgehen, vorsieht, dass ein Ausspruch über die Wirkungen der Adoption für und gegen alle mit Ausnahme der Eltern wirkt, von denen das Kind abstammt, so wäre die Folge eine sog. hinkende Adoption. Diese kann aber niemals dem Wohl des Kindes entsprechen, da es unter Umständen Unterhaltsansprüchen der Eltern ausgesetzt ist und Kollisionen sich auch in Sorgerechtsfragen ergeben können. Rechtsstaatlichen Grundsätzen und auch dem Schutz des Kindes entspricht es allein, eine Anhörung der Eltern sowohl bei der konstitutiven Feststellung als auch bei der Umwandlung einer schwachen in eine starke Adoption vorzusehen. Falls die Eltern unbekannt oder nicht erreichbar sind, kann diesen Schwierigkeiten auf andere Weise begegnet werden (z.B. öffentliche Zustellung, Zweitadoption im Inland, die gem. § 1747 Abs. 4 BGB eine Einwilligung der Eltern nicht voraussetzt, wenn ihr Aufenthalt auf Dauer unbekannt ist).

e) Soweit § 2 Abs. 3 AdWirkG einen Ausspruch des Vormundschaftsgerichts vorsieht, dass das Kind in Ansehung der elterlichen Sorge und der Unterhaltspflicht des Annehmenden einem nach den deutschen Sachvorschriften angenommenen Kind gleichsteht, ist es ebenfalls erforderlich, die Eltern zu beteiligen, da andernfalls mehrere Sorgeberechtigte für das Kind auftreten könnten. Im übrigen ist zu überlegen, ob nicht in Anlehnung an das Sorgerechtsübereinkommensausführungsgesetz das Familiengericht zuständig sein sollte. Im übrigen sollte man alle drei Varianten des § 2 gleich ausgestalten, d.h. die Anrufung des Vormundschaftsgerichts müsste immer auf Antrag des Annehmenden oder des Angenommenen möglich sein, nicht, wie bei der Umwandlungsentscheidung nach § 2 Abs. 2 AdWirkG vorgesehen, nur auf Antrag des Annehmenden.

Falls es dabei bleibt, dass die Eltern des Kindes nicht beteiligt werden sollen, ist es auch unsinnig einen Vorbescheid zu erlassen, denn dieser wirkt dann wiederum nicht gegen die Eltern. Die Adoptionsentscheidung selbst müsste dann vielmehr für die Eltern anfechtbar sein.

f) In allen Fällen eines Verfahrens nach dem AdWirkG sollte für das Kind ein Verfahrenspfleger bestellt werden.



Prof. Dr. Ursula Nelles
1. Vorsitzende

Sabine Heinke
Vorsitzende der Kommission
"Familienrecht" des djb