Stellungnahme: 00-05


zur geplanten Neufassung des Heimgesetzes

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund begrüßt die Absicht, das Heimgesetz zu novellieren. Dies ist sehr notwendig, um eine Anpassung an die veränderten Umstände vorzunehmen.

Erstmals wird dabei auch auf das "Betreute Wohnen" für Senioren eingegangen und in § 1 eine Abgrenzung zum Heimgesetz vorgenommen.

Begrüßt wird ausdrücklich auch die Tatsache, dass in § 5 Abs. 9 eine Möglichkeit vorgesehen ist, rückwirkend eine angemessene Kürzung des Heimentgeltes verlangen zu können, wenn auf Seiten des Betreibers Vertrags - bzw. Qualitätsmängel auftreten.

Starke Bedenken bestehen jedoch gegen die vorgesehene Formulierung des § 7 Abs. II Satz 2. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass durch die Möglichkeit einer einseitigen Erhöhung des Entgelts die hilflosen Personen benachteiligt werden. Gerade an dieser Stelle ist verstärkt zu berücksichtigen, dass die Kräfte, sich zu wehren, mit zunehmendem Alter und Krankheit nachlassen. Die Folge könnte sein, dass eine entsprechende Klausel im Heimvertrag unerkannt bleibt und jede Möglichkeit der Einwirkung von vornherein ausgeschlossen wird.

Das im AGB- Gesetz vorgesehene Verbot einer unangemessenen Benachteiligung sollte bei der Neuformulierung eines Gesetzes berücksichtigt und alles vermieden werden, was auch nur annähernd zu Benachteiligungen der Schwächsten unserer Gesellschaft führen könnte.

Als wenig effizient hat sich in der Praxis eine Beteiligung des Heimbeirates gezeigt. Hierbei ist festzustellen, dass sich der Heimbeirat auch aus Heimbewohnern zusammensetzt. Bei den Heimbewohnern hat sich aber gerade in der letzten Zeit eine Veränderung ergeben. Es ist zu berücksichtigen, dass die pflegebedürftigen Menschen immer länger zu Hause bleiben bzw. dass nach Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes in den Familien immer länger versucht wird, die Angehörigen zu pflegen. In die Heime kommen deshalb vorwiegend Leute, die stark pflegebedürftig sind. Diese sind dann aufgrund ihres Gesundheitszustandes auch nicht mehr in der Lage, im Heimbeirat mitzuarbeiten oder gar die Erhöhung eines Entgeltes zu kontrollieren. Dennoch wird, oftmals in Ermangelung anderer noch tatkräftiger Bewohner, der Heimbeirat mit den hilflosen Personen besetzt.

Als günstiger hat sich unter diesen Umständen die Beteiligung eines sogenannten Angehörigenbeirates gezeigt. Es wäre auch denkbar, den Heimbeirat mit Heimbewohnern und/oder an deren Stelle mit Angehörigen zu besetzen. In jedem Falle sollten die Angehörigen der Heimbewohner besonders bei der Erhöhung oder sonstigen Änderungen des Entgeltes beteiligt werden, da sie wegen der gesetzlichen Regelungen zum Aszendentenunterhalt unmittelbar betroffen sind.

Dringend erforderlich ist in den Heimen eine Anlaufstelle für Beschwerden der Heimbesucher, ein Ansprechpartner oder -partnerin vergleichbar einem Ombudsmann/frau. Diese Einrichtung wäre im Gesetz zu etablieren. Die Heimleitung ist in vielen Fällen nicht ansprechbar, wenig erreichbar, gibt vor, keine Zeit zu haben. Auch fürchten die betroffenen Heimbewohner bei Beschwerden, hinterher Repressalien ausgesetzt zu sein. Oftmals aber auch haben sie keine Kraft, sich förmlich zu beschweren, geschweige denn ihre Rechte nach dem Heimvertrag einzuklagen. Ein Ansprechpartner könnte sicherlich zahlreiche Fälle leichter handhaben und zu einer für alle Seiten akzeptablen Lösung beitragen. Auf diese Weise könnte der Gedanke der Mediation auch für diesen Bereich eine Wirkung entfalten.


Bonn, den 20. Juni 2000

Prof. Dr. Ursula Nelles
1. Vorsitzende

Christiane Schreiber
Vorsitzende der Kommission "Ältere Menschen"