Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Verabschiedung der EU-Anti-SLAPPs-Richtlinie, sieht jedoch Bedarf nach einer Ausweitung der vorgesehenen Regelungen, um die Einschüchterungswirkung missbräuchlicher Klagen wirksam einzudämmen und den demokratischen Diskurs zu schützen.
Sogenannte „SLAPPs“ (engl. Strategic Lawsuit against Public Participation) sind strategische und missbräuchliche Klagen von einflussreichen Personen, Lobbygruppen und Unternehmen mit dem Ziel, kritische Berichterstattung zu unterdrücken. Betroffen von SLAPPs sind insbesondere Medien, NGOs oder Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen, die im öffentlichen Interesse informieren. „SLAPP-Einschüchterungsprozesse richten sich häufig gegen Frauenrechtsaktivist*innen sowie Betroffene sexualisierter Gewalt und ihre Anwält*innen. Der öffentliche Diskurs in der demokratischen Gesellschaft wird dadurch verengt.“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.
Die EU-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, für SLAPPs mit grenzüberschreitendem Bezug verschiedene Verfahrensgarantien einzuführen, wie beispielsweise die Möglichkeit der vorzeitigen Klageabweisung, der Anordnung einer Sicherheitsleistung oder bestimmter Sanktionen gegen die klägerische Seite.
Dennoch reagiert die EU-Richtlinie bei Weitem nicht auf den dringenden Handlungsbedarf, den die EU-Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag erkannt hatte. So wurde die verpflichtende Verfahrensaussetzung während der Entscheidung über den Antrag auf vorzeitige Klageabweisung sowie die zwingende Gewährleistung von Entschädigungsansprüchen von Betroffenen nicht beibehalten und die umfassende Beweislastumkehr zu Lasten der klagenden Partei signifikant abgeschwächt. In Deutschland wird die Richtlinie die Situation von SLAPPs-Betroffenen somit kaum verbessern. Besonders relevant sind daher die begleitenden Empfehlungen der EU-Kommission vom 27. April 2022, in denen sie die Mitgliedstaaten zur Ausweitung der Regelungen auch auf innerstaatliche SLAPPs auffordert und weitere Maßnahmen auf nationaler Ebene vorschlägt, wie beispielsweise die Sensibilisierung der Justiz oder die Beobachtung einschlägiger Gerichtsverfahren.
„Die EU-Anti-SLAPPs-Richtlinie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Um die Vielfalt des demokratischen Diskurses zu gewährleisten, muss die Bundesregierung jedoch die begleitenden Empfehlungen der EU-Kommission ernst nehmen und zeitnah starke Verfahrensgarantien einführen“, so die stellvertretende Vorsitzende der djb-Kommission Völker- und Europarecht Justine Batura.