Pressemitteilung: 24-15


DSA gilt seit 17.02.24, Schutz vor digitaler Gewalt im Netz weiterhin lückenhaft

Pressemitteilung vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt, dass mit dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) erstmals eine einheitliche europaweite Regulierung aller digitalen Dienste in Kraft getreten ist. Die harmonisierten Vorschriften sollen für ein sicheres, vorhersehbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld sorgen – ein wichtiger Baustein für den gewaltfreien Diskurs in einer demokratischen Gesellschaft.

„Die europaweite Vereinheitlichung der Haftung und Sorgfaltspflichten für Diensteanbieter ist ein wichtiger, historischer Schritt. Wir dürfen aber nicht vergessen, worum es hier geht: Den Schutz derer, die von digitaler Gewalt betroffenen sind: ganz überwiegend Frauen und Mitglieder der LGBTQ* Community. Es reicht nicht, geschlechtsspezifische digitale Gewalt als systemisches Risiko zu begreifen. Wir müssen Betroffene in die Lage versetzen, effektiv gegen digitale Gewalt vorzugehen“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Das von der EU-Kommissionspräsidentin als „Grundgesetz des Internets“ gefeierte Regelungswerk verbessert die Rechtsdurchsetzung Betroffener jedoch nicht: So lässt der DSA Umfang und Grenzen der Haftung weitgehend unverändert. Stattdessen nimmt er sogenannte systemische Risiken, die von den Diensteanbietern ausgehen, in den Blick. Er formuliert besondere Sorgfaltspflichten (abhängig von Art und Größe der Dienste) und regelt deren Durchführung und Durchsetzung. Der Schutz vor digitaler Gewalt bleibt lückenhaft: Der DSA bietet weder Löschungsansprüche für Betroffene noch Fristen für das Tätigwerden von Diensteanbietern, nachdem sie auf rechtswidrige Inhalte aufmerksam gemacht wurden. Problematisch ist, dass der DSA nicht definiert, was „rechtswidrige“ Inhalte sind, und die Definition damit den einzelnen Nationalstaaten überlässt. In der Folge kann sich die Entfernung von Inhalten weiterhin auf einzelne Mitgliedsstaaten beschränken. U.a. weil Nutzenden in Deutschland kein Zustellungsbevollmächtigter im Inland mehr zur Verfügung steht, bleibt der DSA hinter dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zurück, das der DSA ersetzt.

Wo Frauen sich im Netz öffentlich äußern, riskieren sie sexistische Belästigung, pornografische Pöbeleien, die Androhung von Vergewaltigungen bis hin zu Morddrohungen. Deep Fakes und andere Formen bildbasierter sexueller Gewalt treffen vor allem Frauen. „Viele Frauen ziehen sich zurück und partizipieren nicht mehr am digitalen öffentlichen Diskurs. Dies bedeutet nicht nur die Verletzung individueller Rechte, es schadet unserer Demokratie“, so die Vorsitzende der Kommission Digitales, Anke Stelkens. Der djb fordert nicht nur die Schließung der Schutzlücken insbesondere im Bereich bildbasierter sexueller Gewalt, sondern auch eine Umsetzung der vom Bundesjustizminister bereits im April letzten Jahres vorgelegten Eckpunkte für ein Gesetz gegen Digitale Gewalt, zu denen der djb Stellung bezogen hat.