Der Deutsche Juristinnenbund (djb) kritisiert die geplante Einführung eines neuen Instituts der „Verantwortungsgemeinschaft“, zu der der Justizminister am 05.02.2024 Eckpunkte veröffentlicht hat, als voreilig und planlos. „Eine Verantwortungsgemeinschaft, wie wir sie aus dem französischen Modell des pacte civil de solidarité kennen, etabliert sich sehr schnell als ein Modell, dass Frauen benachteiligt“, betont djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.
Ausweislich der veröffentlichten Eckpunkte soll die Verantwortungsgemeinschaft ausdrücklich nicht in Konkurrenz zur Ehe stehen. In einer jederzeit leicht auflösbaren „Verantwortungsgemeinschaft“ sollen sich Menschen zusammenschließen können, die ein Bedürfnis nach einer rechtlichen Anerkennung ihrer persönlichen Nähebeziehung haben. Es sind weder Steuervorteile noch erbrechtliche oder aufenthaltsrechtliche Konsequenzen vorgesehen. Die Verantwortungsgemeinschaft soll keine Rechtsfolgen im Verhältnis zu Kindern – also etwa hinsichtlich der rechtlichen Elternschaft oder des Sorgerechts – nach sich ziehen. Auch sollen keine „durchsetzbaren“ Rechte auf und keine „durchsetzbaren Pflichten zur Verantwortungsübernahme“ begründet werden.
Tatsächlich ist zu befürchten, dass bei heterosexuellen Paaren, die sich wegen der vermeintlichen Modernität einer „Verantwortungsgemeinschaft“ gegen eine Ehe entscheiden, auch weiterhin die Frau hauptsächlich die Care-Arbeit für gemeinsame Kinder übernimmt. Beim Scheitern der Beziehung zeigen sich die Gewinner und Verliererinnen: Wer mehr Einkommen erwirtschaftet und mehr Zeit in die eigene Karriere gesteckt hat, wird die Früchte der arbeitsteiligen Verantwortungsgemeinschaft allein ernten. Gleichzeitig bleiben Mütter, die statistisch betrachtet bis heute für den Löwenanteil der Kinderbetreuung zuständig sind, ohne eigene Unterhaltsansprüche auf ihren betreuungsbedingten beruflichen Nachteilen sitzen. Aber auch für gleichgeschlechtliche Paarkonstellationen sind erhebliche, auch finanzielle Nachteile denkbar, die gerade durch die Öffnung der Ehe vermieden werden sollten.
„Eine Ehe light wäre das genaue Gegenteil von verantwortlicher und solidarischer Lebensplanung“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Familienrechtskommission des djb. Wer gegenseitig in guten und schlechten Zeiten Verantwortung übernehmen will, kann eine Ehe eingehen. Das vermeintlich zu komplizierte Scheidungsrecht ist ein wohlausgewogenes Abwicklungsrecht, das für einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Anteile an der Erwerbs- und Sorgetätigkeit während der Partnerschaft sorgen soll. Hier geht jede Vereinfachung zu Lasten derjenigen, die weniger Erwerbseinkommen erwirtschaften.