Seit dem 5. März 2020 führt die EU-Kommission im Rahmen ihrer Gleichstellungsstrategie 2020 - 2025 eine öffentliche Konsultation zur Entgelttransparenz durch. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat den Fragebogen aus der deutschen Perspektive beantwortet. Die Beantwortung des Fragenkatalogs der EU-Kommission zur Entgelttransparenz ist für das Rechtssystem und die gesellschaftliche Praxis der Bundesrepublik negativ ausgefallen. Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb: „Noch immer verdienen Frauen in Deutschland 20 Prozent weniger als Männer. Beim Lebenserwerbseinkommen sieht es noch düsterer aus: der sogenannte Gender Lifetime Earnings Gap liegt nach einer neuen Studie der Bertelsmann Stiftung bei 40 bis 45 Prozent.Das geltende Recht versagt seit Jahrzehnten darin, den in der Verfassung verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts Wirklichkeit werden zu lassen. Die deprimierenden Ergebnisse der Evaluation des 2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetzes beweisen das nachdrücklich.“
Dabei stünden durchaus effektive juristische Instrumente zur Verfügung. Genau nach diesen und ihrer Bewertung wird im Fragebogen gefragt.
Die Position des djb findet sich wieder: Entgeltregelungssysteme müssen von denjenigen analysiert werden, die die Herren dieser Systeme sind: die Arbeitgeber und die Tarifvertragsparteien. Es stehen bereits betriebliche Prüfverfahren zur Verfügung, die – nicht immer bewusste – Diskriminierungspotenziale in den Regelungssystemen aufdecken können. Notwendig ist also eine gesetzliche Pflicht, Diskriminierungen zu erkennen und abzubauen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist es in Deutschland allein den diskriminierten Personen überlassen, sich durch Anrufung des Gerichts um ihr Recht zu bemühen. Das ist risikoreich, mit Kosten verbunden und wird deshalb nicht genutzt. Wersig: „Für ein effektives Recht muss das Gesetz staatliche oder zivilgesellschaftliche Institutionen ermächtigen, die Einhaltung dieser Pflicht durchzusetzen – durch Verbandsklagemöglichkeiten, auch durch Verbesserung der Rechte der Interessenvertretungen von Beschäftigten (Gewerkschaften, Betriebs-/Personalräte).“