Die Evaluation des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) vom Mai 2015 hat ernüchternde Ergebnisse erbracht. Zwar konnte der Frauenanteil in Aufsichtsräten mithilfe der festen Quote auf 35 Prozent gesteigert werden. Die freiwillige Zielgrößenverpflichtung für die Vorstände allerdings hat versagt. Der Frauenanteil liegt unter acht Prozent. Besonders bemerkenswert ist es, dass sich rund 80 Prozent der unter das Gesetz fallenden Unternehmen für den Vorstand gar keine Zielgröße oder die Zielgröße Null gesetzt haben. Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb): „Mit der selbstgesetzten Zielgröße Null oder gar keiner Zielgröße haben die Vorstände deutlich gemacht, dass sie einfach keine einzige Frau unter sich dulden wollen, kein einziger Mann aus ihren Old-Boys-Netzwerken auf seinen Sitz oder seine Chancen verzichten muss.“
Die Bundesministerinnen für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie der Justiz und für Verbraucherschutz haben deshalb einen Gesetzesvorschlag auf den Weg gebracht. Nach dessen Leitlinien soll das FüPoG folgende Regelung enthalten: Besteht der Vorstand eines börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmens aus vier oder mehr Personen, soll bei Neubesetzung mindestens eine Frau bestellt werden. Die Zielgröße Null soll klar und verständlich begründet und veröffentlicht werden. Bei Verstößen gegen die Meldepflicht über Zielgrößen, Fristen und Begründungen soll es künftig spürbare Sanktionen bis zu zehn Millionen Euro geben. Das wäre keine weitgehende Änderung. Eine Frau im Vorstand allein kann eine von traditionellen Männern für traditionelle Männer geprägte Unternehmenskultur nicht ändern. Sie erlebt Anpassungszwang und höhere Anforderungen. Aber es ist ein Anfang! Die feste Besetzungsregel für eine Frau garantiert wenigstens, dass sie nicht wegen eines Mannes weggemobbt wird, wie nicht selten zu beobachten ist.
Der Gesetzgeber ist durch Artikel 3 Abs. 2 GG dazu verpflichtet, für tatsächliche Gleichstellung zu sorgen. Quoten sind hierfür ein rechtmäßiges Mittel, weil sie helfen strukturelle Diskriminierung zu überwinden. Allerdings beginnt Gleichstellung nicht erst in den Vorständen. Der djb fordert deshalb eine Erweiterung der Anforderungen an die Erklärungspflicht im FüPoG. Prof. Dr. Maria Wersig: „Der Gesetzesentwurf der Ministerinnen für eine neue Quote in Vorständen ist ein guter Anfang und muss jetzt umgesetzt werden! Um die Gläserne Decke tatsächlich zu durchbrechen, braucht es allerdings weitreichendere verpflichtende Maßnahmen, nicht nur in den Vorständen, sondern schon auf dem Weg dahin.“