Pressemitteilung: 18-17


Rentenkommission muss geschlechtergerecht denken

Pressemitteilung vom

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am Donnerstag, den 3. Mai 2018, die Mitglieder der Rentenkommission vorgestellt, die – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – bis März 2020 Wege zu einer nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der Alterssicherungssysteme aufzeigen soll.

Immerhin vier der zehn Mitglieder der Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ sind Frauen. Das Ziel der paritätischen Gremienbesetzung ist damit fast erreicht. Gleichzeitig wurden u.a. mit Annelie Buntenbach (DGB), und Prof. Dr. Simone Scherger (Universität Bremen) Personen einbezogen, die Geschlechtergerechtigkeit in der Rente mitdenken.

Auftrag der Kommission ist es, vor dem Hintergrund im Wandel begriffener Beschäftigungsstrukturen und demographischen Veränderungen ein neues Fundament für die gesetzliche, private und betriebliche Rente zu entwickeln. „Der Entwurf für einen verlässlichen Generationenvertrag trägt allerdings nur dann, wenn auch die Frage nach einer angemessenen Alterssicherung von Frauen beantwortet wird“, so die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb) Prof. Dr. Maria Wersig. „Der Gender Pension Gap, das heißt die Differenz der Alterseinkommen zwischen Frauen und Männern, die in Deutschland mit 46 Prozent besonders hoch ist, darf nicht weiter zementiert werden.“

Die zurückliegenden Rentenreformen innerhalb der Europäischen Union haben gezeigt, dass Maßnahmen, die ausschließlich die Finanzierbarkeit des Rentensystems betreffen, zu kurz greifen. Mit der Verlagerung der Alterssicherung auf private und betriebliche Vorsorgearten besteht beispielsweise das Risiko, dass Frauen noch schlechter gestellt werden, weil Sorgearbeit in der zweiten und dritten Säule weniger berücksichtigt wird und die Alterssicherung noch stärker von der Erwerbsdauer und der Einkommenshöhe abhängt.

Rentensysteme müssen vor diesem Hintergrund nicht nur nachhaltig konzipiert sein, sondern eine angemessene Alterssicherung gewährleisten können. Dazu gehört u.a., geschlechtsbezogene Ungleichheiten im Lebensverlauf und deren Ursachen besonders in den Blick zu nehmen, die sich im Gender Pension Gap manifestieren: Erwerbsverläufe, Einkommensdifferenzen, Sorgearbeit. Gleichzeitig geht es um die Ausgestaltung des Rentensystems selbst, das etwa durch die unzureichende Berücksichtigung von Sorgearbeit oder aber den unterschiedlichen Zugang zu betrieblicher Altersvorsorge und daran anknüpfenden Steuervorteilen zum Gender Pension Gap beiträgt. Im Koalitionsvertrag finden sich hier erste, aber immer noch unzureichende Ansätze.

Das Europäische Parlament (EP) hat erst Mitte des letzten Jahres die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Gender Pension Gap zu reduzieren.[1] Dazu – so das EP – sind vielschichtige Maßnahmen erforderlich, die erstens bei Nachteilen im Erwerbsleben und der Verteilung von Sorgearbeit im Lebensverlauf und zweitens beim Rentensystem selbst ansetzen. Darüber hinaus müssen Reformen im Hinblick auf gleichstellungspolitische Ziele analysiert und ggf. angepasst werden. Für die Rentenkommission folgt daraus: Jede Reform muss einen Abbau des Gender Pension Gaps zum Ziel haben und jeder Änderungsvorschlag muss aus gleichstellungspolitischer Sicht evaluiert werden. Zugegeben, keine leichte Aufgabe, aber die Kommission muss die Voraussetzungen für eine angemessene und zumindest existenzsichernde Alterssicherung schaffen: für Männer UND Frauen.

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[1] Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2017 zur Notwendigkeit einer EU-Strategie zur Beendigung und Vermeidung des geschlechtsspezifischen Rentengefälles (2016/2061(INI)).