Pressemitteilung: 16-20


djb begrüßt Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht: "Nein heißt Nein!" wird endlich Gesetz

Pressemitteilung vom

Mit großer Mehrheit hat der Deutsche Bundestag heute für eine umfassende Reform des Sexualstrafrechts gestimmt. Damit wird das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung seiner besonderen Bedeutung entsprechend künftig deutlich besser geschützt werden, wie es der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) schon seit den 1990er Jahren fordert und mit einem Grundsatzpapier vom 9. Mai 2014 vorgezeichnet hat.

Nach – noch – geltender Rechtslage sind Übergriffe nicht als sexuelle Nötigung/Vergewaltigung gemäß Paragraph 177 StGB strafbar, wenn sich eine an sich widerstandsfähige Person nicht aktiv verteidigt, der Täter darum keinen Widerstand überwinden muss durch den Einsatz körperlicher Gewalt oder schwerster Drohungen gegen Leib oder Leben, oder wenn er nicht eine schutzlose Lage ausnutzt. Überraschungsangriffe, Schockstarre oder Dulden unter dem Eindruck von Angst oder anderen Drohungen – ohne aktiven Widerstand liegt derzeit keine strafbare Handlung vor. Selbst ein klares „Nein“ reicht bislang für die Strafbarkeit eines sexuellen Übergriffs nicht aus.

djb-Präsidentin Ramona Pisal: "Das entspricht nicht dem Stellenwert sexueller Selbstbestimmung. Sie ist absolut zu respektieren, ganz unabhängig davon, ob sich die andere Person aktiv zur Wehr setzt. Und es widerspricht dem Rechtsverständnis der Bevölkerung. Die Reform beruht auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens für ein modernes Sexualstrafrecht, ohne überkommene Rollenbilder und Klischees."

Der djb, zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure und Politiker_innen haben sich überparteilich, beharrlich, vehement und letztlich erfolgreich für einen Paradigmenwechsel eingesetzt: "Es war höchste Zeit, den Grundsatz "Nein heißt Nein" endlich im Strafgesetzbuch zu verankern – von tätlichen sexuellen Belästigungen wie "Begrapschen" bis hin zu sexuellen Nötigungen und Vergewaltigungen. Alle nicht einverständlichen sexuellen Handlungen, die gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person vorgenommen werden, sind strafwürdig. Das postuliert auch die Istanbul-Konvention des Europarats aus dem Jahr 2011, die Deutschland unterzeichnet hat und nun endlich ratifizieren kann", so Dagmar Freudenberg, Vorsitzende der Kommission Strafrecht im djb.

Mit der Umsetzung der Istanbul-Konvention sind nun auch die Bedingungen dafür geschaffen, dass die Rechtspraxis im Bereich sexualisierter Gewalt den Anforderungen genügt, die sich aus der UN-Frauenrechtskonvention ergeben.