Pressemitteilung: 16-16


Ende eines Aufbruchs: Jüdische Juristinnen nach 1933 und 1945

Pressemitteilung vom

Am 15. Juni 2016 diskutierten Jurist_innen und Historiker_innen bei einer Veranstaltung des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb) in Kooperation mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und Bet Debora in Berlin darüber, wie Verfolgung, Entrechtung und Exil die Berufswege jüdischer Juristinnen in Deutschland nach 1933 zerstörten. Und wie wurde mit den Überlebenden und Rückkehrerinnen nach 1945 umgegangen? Erhielten sie Wiedergutmachung? Konnten sie an ihre einstigen Anfänge anknüpfen?

Erst 1922 hatten Frauen ihre Zulassung zu den beiden juristischen Examen und damit zu den juristischen Berufen wie Rechtsanwältin und Richterin durchgesetzt. Doch für viele Juristinnen war die Karriere als Rechtsanwältin, Ministerialbeamtin oder Richterin kurz. Die Nationalsozialisten machten dabei vor allem dem bisherigen Leben jüdischer Juristinnen und von Juristinnen jüdischer Herkunft ein jähes Ende. Von ihnen emigrierten viele in den 1930er Jahren in die USA, nach Israel, England oder in andere Staaten. Andere wurden ermordet. Wenige kamen nach Kriegsende nach Deutschland zurück.

Wie ging es zunächst nach 1933 und dann nach Kriegsende 1945 in Deutschland, den USA und Israel mit ihren juristischen Karrieren weiter? Wie erlebten sie Deutschland nach ihrer Rückkehr? Welche Bedeutung hat dies für uns heute?

Christiane Wirtz, Staatssekretärin im BMJV betonte in ihrer Begrüßungsrede: „Zum Glück ist die NS-Herrschaft schon lange Geschichte. Doch die Diskriminierung von Menschen, die anders sind als der vermeintliche Normalbürger, ist nach wie vor präsent. Und: sie wächst derzeit. Unsere Geschichte gibt uns Deutschen eine besondere Verantwortung mit auf den Weg. Deshalb ist es auch heute noch wichtig, sich mit den Folgen von Diskriminierung zu beschäftigen. Damit wir sie besser erkennen und auf sie reagieren können.“

Ramona Pisal, Präsidentin des djb, erinnerte daran, dass unter den frühen Juristinnen viele Frauen jüdischen Glaubens oder jüdischer Herkunft waren, so auch die drei Gründerinnen des djb: „Sie sind unsere Vorgängerinnen und Vorkämpferinnen als Juristinnen. Für die Frauen in den juristischen Berufen haben sie den Weg bereitet. Ihre Namen und Biografien dürfen nicht in Vergessenheit geraten.“

Dr. Simone Ladwig-Winters stellte ihr aktuelles Buch „Das Ende eines Aufbruchs. Jüdische Juristinnen und Juristinnen jüdischer Herkunft nach 1933. Minderheitenerfahrung und weibliche Diskriminierung“ vor. Sie ging näher auf die Schicksale von Erna Proskauer, Erna Scheffler und Thea Hochfeld ein und wies in ihrer Rede darauf hin, dass 1945 die Phase der ärgsten Ausgrenzung zwar beendet war. Doch dann mussten sich die zuvor rassistisch verfolgten Frauen im stärkeren Maße wieder gegen die Diskriminierung als Frau zur Wehr setzen, nach dem Motto „wenn der Mann eine gute Stellung hat, ist es ja nicht nötig, dass die Frau einer eigenen Berufstätigkeit nachgeht.“ In der weiteren von Shelly Kupferberg moderierten Diskussionsrunde unter Teilnahme von Rechtsanwalt Stefan Minden aus Frankfurt am Main, Dr. Marion Röwekamp, Berlin, und Dr. Simone Ladwig-Winters, Berlin, wurde das Schicksal der jüdischen Juristinnen insgesamt und anhand einzelner Biografien aus historischer und juristischer Perspektive näher beleuchtet.