Das Verwaltungsgericht Berlin hat derzeit einen Fall zu
entscheiden, bei dem es um die Frage geht, "ob eine
Gaststättenerlaubnis allein deshalb widerrufen werden durfte,
weil der Betrieb (ohne jegliche Begleitkriminalität) darauf
ausgerichtet ist, Kontakte zu Prostituierten herzustellen."
In diesem Zusammenhang will das Gericht herausfinden, "ob sich in
den vergangenen Jahrzehnten die sozialethische Bewertung der
Prostitution in unserer Gesellschaft gewandelt hat" und hat
deshalb beschlossen, ein breites Spektrum von Stellungnahmen
verschiedener Institutionen, Körperschaften und
Interessenverbänden einzuholen - darunter auch die des djb.
Die Strafrechtskommission hat eine Außerordentliche
Mitgliederversammlung des Deutschen Juristinnenbundes dazu
genutzt, die anwesenden Mitglieder um die Beantwortung der
aufgeworfenen Frage und eine Einschätzung weiterer Details zu
bitten.
Zusammenfassend lässt sich danach folgendes feststellen:
- Fast 90% der befragten Mitglieder halten die freiwillige, nicht von Kriminalität begleitete Prostitution nicht für sittenwidrig.
- Allerdings zeigt sich im Detail eine gewisse Ambivalenz: während eine große Mehrheit dafür ist, dass sexuelle Leistungen Gegenstand von Verträgen sein können (82%) und alle dafür plädieren, dass Prostituierte sich sozialversichern können (98%), werden Schadenersatzansprüche und Zurückbehaltungsrechte sowie die Werbung für die Prostitution eher kritisch gesehen (53% dagegen).
- Die Strafvorschrift des § 180a Abs.1Nr.2 wird dagegen - soweit sie bereits das Schaffen günstiger Bedingungen für die Prostitutionsausübung unter Strafe stellt - überwiegend abgelehnt (73%).
Soweit für einzelne Haltungen eine Begründung gegeben wurde (wozu
auf dem Fragebogen die Möglichkeit bestand), wurden Besorgnisse
im Hinblick auf den Jugendschutz, die Würde der Frauen und Ihren
Schutz vor Ausbeutung angeführt. Auch Mitglieder, die eine
Sittenwidrigkeit verneinen, halten sie eher für unvermeidlich,
denn für "förderungswürdig" oder "wünschenswert". Deshalb sollte
- so eine häufiger genannte Begründung - der Frau jedenfalls ein
jederzeitiges Rücktrittsrecht bleiben, ohne dass der Kunde
Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Allgemein wird
angemerkt, dass der Schutz und die Rechtsposition von
Prostituierten gestärkt werden sollte. Für den guten Sitten
widersprechend hielten manche allenfalls das Verhalten der
Kunden.
Ansprechpartnerin: Prof. Dr. Ursula Nelles, Münster,
djb-Geschäftsstelle, Tel.: 030/4432700
Bonn, den 20. September 2000