Pressemitteilung: 00-09


89% der befragten Mitglieder des Deutschen Juristinnenbundes halten die Prostitution nicht für sittenwidrig

Pressemitteilung vom

 

 

Das Verwaltungsgericht Berlin hat derzeit einen Fall zu

entscheiden, bei dem es um die Frage geht, "ob eine

Gaststättenerlaubnis allein deshalb widerrufen werden durfte,

weil der Betrieb (ohne jegliche Begleitkriminalität) darauf

ausgerichtet ist, Kontakte zu Prostituierten herzustellen."

In diesem Zusammenhang will das Gericht herausfinden, "ob sich in

den vergangenen Jahrzehnten die sozialethische Bewertung der

Prostitution in unserer Gesellschaft gewandelt hat" und hat

deshalb beschlossen, ein breites Spektrum von Stellungnahmen

verschiedener Institutionen, Körperschaften und

Interessenverbänden einzuholen - darunter auch die des djb.

 

 

 

 

Die Strafrechtskommission hat eine Außerordentliche

Mitgliederversammlung des Deutschen Juristinnenbundes dazu

genutzt, die anwesenden Mitglieder um die Beantwortung der

aufgeworfenen Frage und eine Einschätzung weiterer Details zu

bitten.

 

 

 

 

Zusammenfassend lässt sich danach folgendes feststellen:

 

  • Fast 90% der befragten Mitglieder halten die freiwillige, nicht von Kriminalität begleitete Prostitution nicht für sittenwidrig.
  • Allerdings zeigt sich im Detail eine gewisse Ambivalenz: während eine große Mehrheit dafür ist, dass sexuelle Leistungen Gegenstand von Verträgen sein können (82%) und alle dafür plädieren, dass Prostituierte sich sozialversichern können (98%), werden Schadenersatzansprüche und Zurückbehaltungsrechte sowie die Werbung für die Prostitution eher kritisch gesehen (53% dagegen).
  • Die Strafvorschrift des § 180a Abs.1Nr.2 wird dagegen - soweit sie bereits das Schaffen günstiger Bedingungen für die Prostitutionsausübung unter Strafe stellt - überwiegend abgelehnt (73%).

 

 

Soweit für einzelne Haltungen eine Begründung gegeben wurde (wozu

auf dem Fragebogen die Möglichkeit bestand), wurden Besorgnisse

im Hinblick auf den Jugendschutz, die Würde der Frauen und Ihren

Schutz vor Ausbeutung angeführt. Auch Mitglieder, die eine

Sittenwidrigkeit verneinen, halten sie eher für unvermeidlich,

denn für "förderungswürdig" oder "wünschenswert". Deshalb sollte

- so eine häufiger genannte Begründung - der Frau jedenfalls ein

jederzeitiges Rücktrittsrecht bleiben, ohne dass der Kunde

Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Allgemein wird

angemerkt, dass der Schutz und die Rechtsposition von

Prostituierten gestärkt werden sollte. Für den guten Sitten

widersprechend hielten manche allenfalls das Verhalten der

Kunden.

 

 

 

 

Ansprechpartnerin: Prof. Dr. Ursula Nelles, Münster,

djb-Geschäftsstelle, Tel.: 030/4432700

 

 

Bonn, den 20. September 2000