Stellungnahme: 20-33


zur BT- Drucksache 19/18314 – Antrag der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, Renata Alt sowie wei-terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Stellungnahme vom

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ehe- und Geburtsnamensrechts – Echte Doppelnamen für Ehepaare und Kinder

I. Vorbemerkungen

Ausgangspunkt des zur Diskussion stehenden Entwurfs ist § 1355 BGB in seiner geltenden Fassung. Die Norm regelt den „Ehenamen“ und soll – so der Vorschlag – erweitert werden.

Nach geltendem Recht können Ehepartner*innen durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen eines Ehepartners oder einer Ehepartnerin zum Ehenamen bestimmen (§ 1355 Abs. 2 BGB). Rechtspolitisch soll so die „Namenseinheit der Familie“ gewährleistet werden, wobei es den jeweiligen Ehepartner*innen freisteht, keinen Ehenamen zu bestimmen, sondern ihre jeweiligen Namen beizubehalten (§ 1355 Abs. 1 S. 3 BGB).

Die Wahl eines „Doppelnamens“, der sich aus den Geburtsnamen oder den aktuell geführten Namen der Ehepartner*innen zusammensetzt, ist mithin de lege lata nicht möglich.

Der beschriebene „Ist-Zustand“ wird, wie in der Praxis festzustellen ist, häufig als unbefriedigend und „veraltet“ empfunden, nicht erst seit der Öffnung der Ehe auch für Personen gleichen Geschlechts.

Der Entwurf versucht – mit einer ergänzenden Änderung zum Namensrecht bei Eltern ohne Ehenamen, aber gemeinsamer Sorge (§ 1617 BGB) – hier Abhilfe zu schaffen.

Im Grundsatz dürfen die vorgesehenen Änderungen auf eine breite Zustimmung hoffen, allerdings liegen in der isolierten Regelung zugleich auch die Schwächen des Entwurfs.

II. Zu den Vorschlägen im Einzelnen

Der Entwurf nimmt in § 1355 II BGB-E den Gedanken der Namensvielfalt auf und versucht, den geänderten Lebenswirklichkeiten Rechnung zu tragen.

Dem kann sicher im Ausgangspunkt gefolgt werden, insbesondere mit Blick auf die Empfehlungen der Arbeitsgruppe zum Namensrecht.

In diesem Zusammenhang darf und sollte jedoch nicht übersehen werden, dass sich der Entwurf auf eine minimalistische Lösung fokussiert. Die Möglichkeit, einen „echten“ Doppelnamen als Ehenamen bestimmen zu können, verschafft zwar eine Wahl auf „Augenhöhe“ und Parität bei der Bestimmung des Ehenamens, löst aber nur ein Teilproblem des zivilrechtlichen Namensrechts, denn das Gesamtgefüge der Norm und ihre (Rechts-)Probleme bleiben unberücksichtigt.

Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Regelung des § 1355 Abs. 5 S. 2 BGB, wonach die geschiedenen Ehepartner*innen zwar ihren Geburtsnamen wieder annehmen können, häufig aber dadurch riskieren, dass eine Namensgleichheit mit dem Kind entfällt, da sich dieses der Änderung nicht anschließen kann (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2004 - XII ZB 30/02 -, juris). Vor dem beschriebenen Hintergrund wird daher in der Praxis nicht selten – nolens volens – auf die Änderung verzichtet.

Soweit der Entwurf eine (folgerichtige) Änderung des § 1617 Abs. 1 BGB in Bezug auf die Namen der Kinder vorsieht, ist mit dem Regelungsvorschlag die Problematik keineswegs beseitigt, sondern wird – im Gegenteil – fortgeschrieben.

Exemplarisch für einen dringenden Handlungsbedarf aus Sicht der Praxis sind zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) aus jüngerer Zeit.

Zum einen ist der Beschluss vom 13.November 2019 – XII ZB 118/17 – zu nennen, der die Schwächen des zivilrechtlichen Namensrechts deutlich aufzeigt. So hat der BGH es auf der Grundlage geltenden Rechts für zulässig erachtet, dass zwei gemeinsame Kinder von Eltern, die erst nach der Geburt des jeweiligen Kindes die gemeinsame Sorge begründet und in der Folge die Ehe geschlossen haben, für ihr zweites Kind an den Geburtsnamen des ersten Kindes gebunden sind, da sie es im konkreten Fall versäumt hatten, den Geburtsnamen des ersten Kindes nach Begründung der gemeinsamen Sorge innerhalb von drei Monaten neu zu bestimmen. Damit waren die „Weichen“ für den Namen des Geschwisterkindes rechtlich gestellt (§ 1617b Abs. 1 S. 4 BGB iVm § 1617 Abs. 1 S. 3 BGB).

Eine solche Bindung vermag man plausibel in der Praxis kaum zu begründen.

Ein weiteres Defizit liegt zum anderen dem Vorlagebeschluss des BGH vom 13. Mai 2020 – XII ZB 429/17 – zugrunde. Aus der gerichtlichen Praxis ist zu berichten, dass es bei der Volljährigenadoption, und zwar unabhängig davon, ob sie stark, das heißt mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption, oder schwach ausgestaltet ist, immer wieder auf „Unverständnis“ stößt, dass der Angenommene kraft Gesetzes als Geburtsnamen den Familienamen des Annehmenden erhält (§ 1757 Abs. 1 S. BGB iVm § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB). Nur auf Antrag kann der bisherige Familienname des Angenommenen dem neuen Familiennamen vorangestellt oder angefügt werden (§ 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB).

Schließlich ist noch ein dritter Gesichtspunkt maßgeblich, nämlich derjenige der Einbenennung (=Auswechslung des Familiennamens eines Kindes, dessen Elternteil wiederverheiratet ist) von Kindern (§ 1618 BGB), die nicht rückgängig gemacht werden kann, sondern eine erneute Heirat des sorgeberechtigten Elternteils voraussetzt.

 

Lösungen für all das bietet das zivilrechtliche Namensrecht nicht, sondern die Betroffenen sind auf den eher „steinigen Weg“ der öffentlich-rechtlichen Änderung angewiesen.

Diese Spaltung der Zuständigkeiten ist weder sachgerecht noch vermittelbar. Eine Änderung ist daher mit Recht Bestandteil der zentralen Empfehlungen der Arbeitsgruppe zum Namensrecht.

III. Fazit

Der Entwurf ist zweifelsfrei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es ist jedoch nur der „kleinste gemeinsame Nenner“ mit Blick auf die Reform des Namensrechts, der ggf. in dieser Legislaturperiode noch zu verwirklichen sein wird.

Nachsteuerungen werden – wie aufgezeigt – unumgänglich sein.

 

 

Prof. Dr. Maria Wersig                              Brigitte Meyer-Wehage
Präsidentin                                                Vorsitzende der Kommission für Familien- und Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften